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"US-Basen bedrohen ganzen Kontinent"

In Kolumbien beraten 1000 Frauen über den Kampf gegen die Militarisierung Lateinamerikas. Ein Gespräch mit Tica Moreno

Tica Moreno ist aktiv in der Bewegung »Weltfrauenmarsch« und hat das am Montag in Bogotá begonnene »Kontinentale Frauentreffen gegen die Militarisierung Lateinamerikas« mitorganisiert.



In Kolumbien findet noch bis kommenden Montag das »Kontinentale Frauentreffen gegen die Militarisierung Lateinamerikas« statt. Was ist das Ziel?

Das Treffen soll die Kämpfe gegen den bewaffneten Konflikt in Kolumbien und gegen die Militarisierung des amerikanischen Kontinents im allgemeinen deutlich machen, vor allem mit Blick auf die US-Militärbasen in der Region. Wir denken, daß das Treffen den alltäglichen Widerstand reflektiert, den die Frauen gegen Imperialismus, Militarisierung und Gewalt gegen Frauen leisten. Die Militarisierung gehört zu den Strategien des Imperialismus. Ihr Ziel ist es, Völker, Territorien und Naturreichtümer zu kontrollieren.

Die mehr als 1000 Personen, die an unserem Treffen teilnehmen, werden im ersten Teil die Konfliktzonen kennenlernen und gemeinsam in Diskussionsforen die Komplexität des Themas Militarisierung erörtern. Zum Abschluß werden wir am 23. August gemeinsam mit Bewegungen in vielen Teilen der Welt vor den Konsulaten Kolumbiens und der USA auf die Straße gehen und gegen Militarisierung sowie Gewalt gegen Frauen demonstrieren.

Warum ein Frauentreffen und nicht eines, an dem auch Männer teilnehmen?

Die Initiative für das Treffen ging von der kolumbianischen Frauenfriedensbewegung aus. Wir vom Weltfrauenmarsch haben uns dem etwa im August 2009 angeschlossen. Anfang dieses Jahres weitete sich die Mobilisierung auf andere Netzwerke und soziale Bewegungen in Amerika aus, so daß der Name der Veranstaltung ergänzt wurde zu »Treffen der Frauen und Völker Amerikas gegen die Militarisierung«.

Wir Frauen wollen deutlich machen, daß Militarisierung und Gewalt Teil eines Projekts sind, das auch auf die Kontrolle der Körper der Frauen zielt. Es ist wichtig, daß alle begreifen, daß die Militarisierung die Körper der Frauen als Instrument, Beute und Kriegsgegenstand mißbraucht. Die Zahl der Vergewaltigungen durch Armeen, paramilitärische Gruppen und auch durch Männer in normalen Gemeinden nimmt zu.

Im Kontext der Militarisierung verschärft sich die sexuelle Ausbeutung der Frauen und der Prostitution zur Unterhaltung der Soldaten.

Zugleich wollen wir aber die Fähigkeit und Bedeutung der Frauen bei der Lösung von Konflikten und beim Kampf um den Frieden deutlich machen. Dazu müssen aber die Frauen eine Hauptrolle als politische Subjekte dieses Kampfes spielen. Die Völker müssen souverän und die Frauen frei sein.

Welche Folgen hat die Existenz von US-Militärbasen für das kolumbianische Volk?

Seit Jahrzehnten erlebt Kolumbien bewaffnete Konflikte, bei denen schon mehr als 40000 Menschen umgekommen sind. Das sind Jahrzehnte der militärischen Zusammenarbeit mit den USA, in denen wegen des angeblichen Kampfes gegen den Drogenschmuggel und den Terrorismus die Verfolgung und Stigmatisierung sozialer Proteste zugenommen hat. Dabei werden die ökonomischen Interessen verschwiegen, die hinter dem Konflikt in Kolumbien stehen: das Aufrechterhalten der Kontrolle über die Naturreichtümer, Territorien und das Volk.

Aber die Präsenz von US-Militärstützpunkten reicht über die Folgen für Kolumbien hinaus. Sie sind aus geopolitischen Gründen und aufgrund der geographischen Lage der Bodenschätze eine Bedrohung des gesamten Kontinents, besonders auch der Veränderungsprozesse in unserer Region. Deshalb ist der Kampf gegen die US-Basen in Kolumbien ein Kampf aller Völker des Kontinents, ein antiimperialistischer Kampf für Frieden und Demilitarisierung.

Sie haben auch am Amerikanischen Sozialforum (FSA) teilgenommen, das am Wochenende in Paraguay zu Ende ging. Wie ist Ihre Einschätzung?

Das Sozialforum hat dazu beigetragen, die Widerstandskräfte zu stärken und zugleich die Alternativen zu bekräftigen, die wir auf dem Kontinent geschaffen haben. Im Rahmen des FSA hat es viele Vereinbarungen gegeben, zum Beispiel über das Thema des Klimawandels und die Notwendigkeit einer radikalen Veränderung des Produktions- und Konsummodells, aber auch über den Kampf gegen die Militarisierung des Kontinents.

Interview: André Scheer

* Aus: junge Welt, 19. August 2010




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