Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

August/September 2004

Friedensbewegung in den Medien

Am 30. September stimmte der Bundestag über die Verlängerung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr ab. Gegen die große Mehrheit der Parlamentarier meldete sich die Friedensbewegung zu Wort, wie am selben Tag die Internetzeitung www.ngo-online.de zu berichten wusste:

(...) Überschattet wurde die Abstimmung von einem Raketenanschlag auf das Bundeswehr-Camp in Kundus, bei dem am Mittwoch drei deutsche und zwei weitere Soldaten verletzt worden waren. Das Netzwerk Friedenskooperative zeigte sich dadurch in seinen Bedenken bestätigt, dass die militärische Präsenz terroristische Gewalt eher anziehe als abschrecke.
Kritik am Bundeswehr-Einsatz kam nicht nur von den beiden PDS-Abgeordneten, sondern auch von der FDP. Die ungelöste Frage des Drogenanbaus mache aus dem Einsatz eine "mission impossible". Der stellvertretende Kommandeur der Nato-geführten Internationalen Sicherheitstruppen (Isaf) in Afghanistan, der deutsche Generalmajor Wolf-Dieter Loeser, hatte zuvor verlangt, noch in diesem Jahr gegen den Schlafmohnanbau und seine politischen Profiteure vorzugehen. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) dagegen besteht darauf, dass sich die Bundeswehr in Afghanistan weiterhin nicht in diese Angelegenheit einmischt.

Der Bundesausschuss Friedensratschlag kritisierte, die Fortschritte beim Aufbau Afghanistans seien auch drei Jahre nach dem Krieg äußerst bescheiden. Die Macht der Warlords sei ungebrochen, auch in Kundus und Feisabad, wo die Bundeswehr im Einsatz ist. "Es ist Augenauswischerei, wenn Verteidigungsminister Struck immer wieder betont, wie "beliebt" deutsche Soldaten bei der Bevölkerung in Afghanistan seien", kritisierte Peter Strutynski, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag. "Sie mögen beliebt sein, sofern sie sich als humanitäre Helfer betätigen. Dafür gibt es aber geeignetere Hilfsorganisationen."
Der militärische "Schutz" erweise sich in den Augen der meisten Hilfsorganisationen als hinderlich. Die Sicherheitslage für das zivile Hilfspersonal habe sich eher verschlechtert, da die Bundeswehr und andere Streitkräfte eigene Hilfsprojekte durchführten und als "Helfer in Uniform" aufträten, sagte Jürgen Lieser, Vorstandsmitglied des Verbandes entwicklungspolitischer Nichtregierungsorganisationen (VENRO). (...)

Wiederaufbau und humanitäre Hilfe seien Angelegenheiten der zivilen Hilfsorganisationen und sollten nicht zum Auftrag der Streitkräfte gehören, forderte Lieser. Eine bewaffnete humanitäre Hilfe sei zum Scheitern verurteilt. "Insofern ist auch die Bezeichnung regionales Wiederaufbauteam für den Bundeswehr-Einsatz irreführend", so Lieser.
Die kosten für den Einsatz sollen 310 Millionen Euro betragen. Dieses Geld, so Friedensratschlag-Sprecher Strutinsky, wäre besser angelegt in rein zivilen Programmen zur Unterstützung sozialer, medizinischer, schulischer und infrastruktureller Projekte. Fast alle zivilen Hilfsorganisationen bezeichneten die sogenannte zivil-militärische Zusammenarbeit als kontraproduktiv.

Aus: www.ngo-online.de

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Die beschlossene Lieferung von Fuchs-Radpanzern an den Irak (siehe auch unsere Meldungen vom 28. und 29. Sept.) beschäftigt die Medien auch noch am 30. September. In der Frankfurter Rundschau wird berichtet, dass sich in der politischen Klasse (Bundestag und Regierung, Parteien) kaum Widerspruch erhebt. Lediglich die Friedensbewegung begehre auf. Die Vermutung wird laut, dass Berlin die Lieferung selbst vorgeschlagen habe. In dem Artikel heißt es u.a.:

(...) Offenbar habe das Kanzleramt selbst den Vorschlag gemacht, die Panzer zu liefern, um den deutschen Beitrag zur Stabilisierung Iraks "etwas eindrucksvoller" zu gestalten. Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) habe erst nach ausgiebiger Prüfung nachgegeben und 20 Panzer für entbehrlich erklärt. Der Export sei ein politisches Signal an die USA und die UN, dass Deutschland den Irak-Aufbau ernst nehme.
An der "roten Linie" - keine Bundeswehr-Soldaten nach Irak - ändert sich dadurch für die Regierung nichts. Im übrigen gelte Allawi international als legitimiert, was die Deutschen beim Besuch des Präsidenten Ghasi al Dschawar in Berlin ausdrücklich anerkannt hätten.
So hält sich der Widerspruch gegen die Lieferung in Grenzen. Der Bundesausschuss Friedensratschlag und das Netzwerk Friedenskooperative veröffentlichten scharfe Stellungnahmen. In den Bundesparteien blieb aber der Grüne Hans-Christian Ströbele eine kritische Einzelstimme. (...)

Aus: Frankfurter Rundschau, 30. September 2004

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Das Neue Deutschland geht am 30. September auf eine Erklärung der Friedensbewegung ein, die - auf Initiative der IPPNW und des Komitees für Grundrechte und Demokratie - anlässlich der Entscheidung des Bundestags über die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan veröffentlicht wurde. In dem Artikel heißt es u.a.:

(...) Eine zivile Kooperation bedürfe nicht des militärischen Schutzes, heißt es in der Erklärung der deutschen Friedensbewegung, signiert unter anderem von den Ärzten in sozialer Verantwortung (IPPNW), der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsgegnerInnen, dem Friedensratschlag und dem Komitee für Grundrechte.
Die Verquickung humanitärer und militärischer Interessen gefährdet sogar die Arbeit der zivilen Helfer, argumentieren sie. Die Gesellschaft für bedrohte Völker hatte jüngst von 23 Mitarbeitern internationaler Hilfswerke gesprochen, die in diesem Jahr bereits getötet wurden – gegenüber sieben Getöteten im ganzen Jahr zuvor. (...)

Aus: Neues Deutschland, 30. September 2004

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Ende September wurde durch eine Veröffentlichung von Spiegel-Online bekannt, dass die Bundesregierung vorhabe, neben anderem militärischen Gerät auch 20 Fuchs-Panzer an die irakische Armee zu liefern. Die Friedensbewegung protestierte. In den überregionalen Printmedien (z.B. FR, FAZ,) fand eine Erklärung der Bonner Friedenskooperative Erwähnung, in anderen Zeitungen (z.B. Hessische Allgemeine) wurde erwähnt, dass der Exportbeschluss "in der Friedensbewegung heftig kritisiert" werde:
(...) Das Bonner Netzwerk Friedenskooperative warf der Bundesregierung vor, Deutschland ohne Not "in das Irak-Desaster zu verstricken". Die Nato begebe sich auf eine Rutschbahn in den Kombattanten-Status.
Aus: Frankfurter Rundschau, 29.09.2004

www.ngo-online.de berichtete bereits am Vortag über eine andere Erklärung aus der Friedensbewegung u.a.:

(...) Nach Ansicht des Sprechers des Friedensratschlags Peter Strutynski widerspreche die Rüstungsexportabsicht der Bundesregierung nicht nur der eigenen Beschlusslage (den Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung vom Januar 2000), sondern desavouiere nachträglich auch die kritische Position der Bundesregierung in der Irakkriegsfrage. (...)
Der Bundesausschuss Friedensratschlag kritisierte zudem den Zeitpunkt der Lieferung. Gerade in einer Situation, in der in den USA und in Großbritannien über das Scheitern des Irakkrieges öffentlich diskutiert werde und in der andere Nationen, die am Krieg beteiligt waren, sich aus dem Irak zurückziehen, beginne die Bundesregierung sich als "Kriegspartei ins Spiel zu bringen". Damit bringe sie andere Staaten der Europäischen Union in Zugzwang, gefährdet ihre eigene Position als vermittelnde Macht im Nahen Osten und wird zum Angriffsziel des irakischen Widerstands. (...)

Aus: www.ngo-online.de. Siehe auch auf unserer Seite: "Erst Panzer - dann Soldaten?" - Presseerklärung.

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Ende September wird der Bundestag die Afghanistan-Mission der Bundeswehr verlängern. Aus diesem Anlass veröffentlichten verschiedene Friedensorganisationen eine gemeinsame Erklärung, in welcher der Militäreinsatz abgelehnt wird. Prof. Andreas Buro (Grävenwiesbach) wurde in der "jungen Welt" über die Gründe der Ablehnung befragt. Ein Ausschnitt aus dem Interview (das wir in voller Länge dokumentiert haben):

Frage: Ist Ihr Appell angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag nicht aussichtslos?
Andreas Buro: Selbstverständlich werden Bundestag und Bundesregierung nicht die Positionen der Friedensbewegung übernehmen.
F: Warum wenden Sie sich trotzdem an das Parlament?
Schon deshalb, um die ständige Behauptung, es gebe keine Alternative zur herrschenden Politik, Lügen zu strafen und Alternativen aufzuzeigen. Wir fordern ja nicht nur den Abzug des deutschen Militärs. Wir wollen auch, daß Deutschland sich in Afghanistan im Sinne ziviler Konfliktbearbeitung engagiert, und zwar in der Höhe der eingesparten militärischen Mittel. (...)

Aus: junge Welt, 28. September 2004

Am selben Tag veröffentlichte die alternative Internetzeitung www.ngo-online.de den größten Teil der Erklärung: "Friedensorganisationen fordern Ende des ISAF-Mandats". Siehe auch: Die Erklärung der Friedensorganisationen im Wortlaut.

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Am 18. und 19. September fand in Berlin eine Konferenz statt, die sich mit sozialen und friedenspolitischen Aspekten der EU-Verfassung befasste. Das Neue Deutschland berichtete u.a.:

Der Entwurf einer EU-Verfassung diene der Ausrichtung Europas an den Interessen der Konzerne und Banken. Das war der Tenor einer zweitägigen Veranstaltung des Netzwerkes »Europa von unten« in Berlin. »Europa von unten« ist ein offener Zusammenschluss von Organisationen wie Attac und dem Deutschen Friedensrat, von Gewerkschaften und Einzelnen.
Er sitze in einem »militaristischen Horrorklub«, berichtete Tobias Pflüger von seiner Arbeit im Unterausschuss Sicherheit und Verteidigung des Europäischen Parlaments (EP). Der parteilose Friedensforscher ist seit Juni EP-Mitglied mit PDS-Mandat. Selbst Grünen-Parteichefin Angelika Beer sorge sich in dem Gremium nur noch um die angeblich schlechte Ausrüstung der Geheimdienste, meinte Pflüger und warnte zum wiederholten Male vor der Militarisierung der EU durch den Verfassungsentwurf. Dabei gehe es um einen Prozess, »der schon läuft« und nun in den Verfassungsrang erhoben werden solle. Die nationalen Regierungen, besonders die Frankreichs und der Bundesrepublik, seien »Hauptakteure« dieser Entwicklung. Wie beim Sozialabbau sei im militärischen Bereich »das Problem nicht die EU, sondern die deutsche Regierung».
Pflüger setzt in Friedensfragen nicht viel Hoffnung auf das Parlament, dem er angehört. Dessen Mehrheit stehe hinter dem Militarisierungskurs. Überdies habe es bei dem Verfassungsentwurf kein Entscheidungsrecht. Das liege allein beim EU-Ministerrat, in dem die Regierungen den Ton angeben. (...)

Aus: Neues Deutschland, 21.09.2004

Ähnlich auch der Tenor in einem Bericht der "jungen Welt":

(...) Führend beim Sozialabbau seien ebenso wie bei der Militarisierung der EU die Bundesrepublik und Frankreich, erklärte Tobias Pflüger. »Das Problem ist nicht die EU, sondern die deutsche Regierung«, stellte er klar. Der Parlamentarier und aktive Friedensforscher forderte, den Kampf gegen den Verfassungsentwurf fortzusetzen. In den EU-Gremien gebe es einen deutliche Mehrheit für den Militarisierungskurs. So sei der Unterausschuß »Sicherheit und Verteidigung« des EU-Parlaments ein »militaristischer Horrorklub«, beschrieb Pflüger seine Erfahrungen seit Juni. In den entscheidenden Ausschüssen hätten bundesdeutsche Abgeordnete das Sagen.
In der Öffentlichkeit der Bundesrepublik spiele die Verfassung kaum eine Rolle, wurde auf der Konferenz mehrfach bedauert. Die Bürger als die Betroffenen wüßten kaum etwas über deren Folgen. Der Inhalt sei kompliziert, aber die Grundlinien wie Sozialabbau und Militarisierung eindeutig, sagte Pflüger. Dagegen müsse sich der Widerstand einer Gegenbewegung richten. ATTAC-Vertreter Lindner setzt darauf, die Proteste europaweit zu koordinieren und zu vernetzen. (...)

Aus: junge Welt, 21.09.2004

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Einen Bericht im Zusammenhang mit den Abstimmungsaktionen zur EU-Verfassung gabe es schließlich noch im "Neuen Deutschland" am 10. September. Der Autor, Damiano Valgolio, stellte die Aktion in einen Zusammenhang mit anderen Initiativen, die sich kritisch mit der EU-Verfassung befassen. Es heißt in dem Artikel u.a.:

(...) Kann sich die Europäische Union eine Verfassung geben, ohne, dass die Menschen in Europa gefragt werden? »Nein«, sagt Gerald Häfner, Sprecher des Vereins »Mehr Demokratie«, »ohne Referendum ist das inakzeptabel«. Sein Verein fordert schon seit Jahren eine Verfassungsänderung, um bei wichtigen Fragen bundesweite Volksabstimmungen zu ermöglichen. Während sich in Regierungslager und Opposition erneut Referendumsbefürworter zu Wort melden, wollen immer mehr politische Gruppen und Netzwerke selbst Druck machen. (...)
Malte Kreuzfeld, Sprecher des globalisierungskritischen Attac-Netzwerkes, kritisiert nicht nur das Demokratiedefizit bei der europäischen Verfassungsgebung. Vor allem an den Inhalten des Konstitutionsentwurfes stört ihn einiges: »Die neoliberale Verfassung kann als Grundlage für den weiteren Sozialabbau dienen«. Gemeinsam mit Friedensgruppen aus der ganzen Republik haben auch die Globalisierungskritiker die Bürger direkt nach ihrer Meinung zur europäischen Konstitution befragt. Bei der Testabstimmung, die symbolträchtig am 1. September, dem Antikriegstag, begann, sollte die Aufmerksamkeit der Bürger auf die Knackpunkte der EU-Verfassung gelenkt werden.
»Vielen ist es wie Schuppen von den Augen gefallen«, sagt Peter Strutynski, Sprecher des bundesweiten Friedensratschlages. Die Kriegsgegner waren an den Referendumsaktionen in mehr als 30 Städten beteiligt: »Den meisten Menschen war gar nicht nicht bekannt, dass der Verfassungsentwurf regelrechte Aufrüstungsparagrafen enthält.« Erwartungsgemäß hätten sich zwischen 80 und 90 Prozent der Befragten gegen die militärpolitische Ausrichtung in der EU-Verfassung ausgesprochen. Strutynski hält die Auseinandersetzungen um die EU-Verfassung für die zentrale Aufgabe der Anti-Kriegsbewegung in den nächsten Monaten. »Unsere Losung ist: Ja zu Europa - nein zu dieser Verfassung«, so der Friedensaktivist.
An dem Probereferendum beteiligten sich sich neben verschiedenen Friedensgruppen wie dem Darmstädter Signal, der DFG-VK und KAIROS Europa auch der hessische Landesverband der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Wie in Italien und Frankreich, wo Arbeitnehmerverbände und soziale Bewegungen schon seit rund einem Jahr gegen die EU-Verfassung mobil machen, scheinen auch in Deutschland erste Bündnisse zu entstehen. »Wir wollen das Thema weiter am Kochen halten«, kündigt Jochen Nagel, Landesvorsitzender der GEW-Hessen an. Für ihn werden in der EU-Verfassung »Militarisierung und neoliberale Strukturen festgeschrieben«. Aber Nagel ist zuversichtlich, dass sich an dem Entwurf noch Änderungen durchsetzen lassen. Gerade wenn sich die Diskussion um ein Referendum weiter ausbreite. »Auch in unserem Bundesvorstand und in den anderen Gliederungen des DGB werden Initiativen vorbereitet«, sagt der Gewerkschafter.
Als auf Attac-Initiative im Juni das erste offene Treffen der EU-Kritiker stattfand, gehörten neben der GEW auch ver.di und die IG Metall zu den Unterstützern. Auf dem Treffen entstand das Netzwerk »Europa von unten«, das am 18. und 19. September eine weitere Konferenz in Berlin plant. Unter dem Motto »Ein anderes Europa ist möglich« sollen die aktuellen Entwicklungen in der EU diskutiert und gemeinsame Kampagnen zu dem Thema angestoßen werden. Die Gewerkschaften IG Bau und ver.di, sowie die Naturschutzorganisation BUND und die Finanzmarkt-Kritiker von WEED werden Vertreter schicken. Und die linken EU-Kritiker denken schon weiter: Nächster wichtiger Termin ist das Europäische Sozialforum in London. Die Diskussion um die EU wird ein Schwerpunkt des internationalen Treffens zwischen dem 15. und dem 17. Oktober sein. (...)

Aus: Neues Deutschland, 10. September 2004

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Dass vielerorts Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Friedensinitiativen an den Protesten gegen Hartz IV beteiligt sind, ist bekannt. Dass sie darin auch eine anerkannte Rolle spielen, ist vielleicht aber nicht typisch. Dies ist der Fall in der nordhessischen Kleinstadt Bad Hersfeld. Wir zitieren aus einem Artikel in der Frankfurter Rundschau (Überschrift: "Aufklären und protestieren"):

Aufklärung gehört zur Strategie des Protests. Seit einigen Wochen ruft das Bad Hersfelder Bündnis "Straße der sozialen Gerechtigkeit" zu Montagsdemos auf. Schnell sei dabei aber klar geworden, wie verunsichert und schlecht informiert die Betroffenen seien, sagt Hansjörg Hirschfelder von der örtlichen Friedensinitiative. Deshalb hat das Bündnis eine Kontaktstelle für Beratungen zur neuen Arbeitslosenhilfe II eingerichtet.
Etwa 20 Gruppen und Initiativen haben sich zusammengeschlossen, darunter der DGB, Attac, die Bahnhofsmission, die Friedensinitiative und der Verein Frauen helfen Frauen. "Straße" heißt das Bündnis, weil alle politischen Hausnummern beteiligt sein sollen. Hirschfelder leitet die Beratung ehrenamtlich mit seinem Kollegen Klaus Delft vom DGB. (...)

Aus: Frankfurter Rundschau, 9. September 2004

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"Tücher als Zeichen für Frieden" heißt die Überschrift über einen Artikel, den wir in der Westfälischen Rundschau gefunden haben. Darin werden Aktivitäten der Siegener Friedensbewegung geschildert:

Der Bürgermeister von Hiroshima, Tadatoshi Akiba, fordert über die Siegener Friedensbewegung hiesige Schüler zu einem Malwettbewerb auf. Bis zum 16. Dezember sollen Jugendliche 50 mal 70 Zentimeter großen Friedenstücher herstellen.
"Der 16. Dezember ist in Siegen ein Tag der Mahnung und des Gedenkens", erinnerte Prof. Dr. Wolfgang Popp vom Zentrum für Friedenskultur. Bei der Gestaltung der Friedenstücher ist der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Sie sollen aber einen Bezug zu Siegen haben und sich mit Krieg und Frieden auseinandersetzen. Die Tücher gehen von Siegen aus über Leeds nach New York. Dort findet im Mai 2005 die Atomwaffensperrkonferenz statt, zu der auch die "Bürgermeister für den Frieden" eingeladen sind. Zusammen mit 610 Städten aus aller Welt gehört Siegen zu dieser Initiative.
Bürgermeister Ulf Stötzel, der um die Schirmherrschaft der Mal-Aktion gebeten worden war, sie aber nicht übernommen hatte, betonte in der gestrigen Ratssitzung: "Ich führe die Linie meiner drei Vorgänger im Bürgermeisteramt fort, die darin besteht, auf internationale Konferenzen und Deklarationen zu verzichten". Fragen der Abrüstung seien nach deutschem Recht ausschließlich Bundesangelegenheiten. "Sollte es die Mehrheit des Rates für sinnvoll erachten, die Abscheu vor Gewalt durch eine Dienstreise nach New York zu unterstreichen", so möge dies der neue Rat beschließen.

Aus: Westfälische Rundschau, 9. September 2004

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Vom 1. September an führten zahlreiche Friedensinitiativen Umfragen über die Militarisierungstendenzen in der EU-Verfassung durch. Über die Ergebnisse informierte eine Presseerklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag. Die alternative Internetzeitung "www.ngo-online.de" berichtete noch am selben Tag:

Lokale Friedensinitiativen haben in den letzten Tagen in über 30 Städten Städten Umfragen zu Teilen der EU-Verfassung durchgeführt. Unbekannt war den meisten der Befragten, dass die Verfassung die Möglichkeit eines Einsatzes von EU-Streitkräften in weltweiten Kampfeinsätzen vorsieht. Auch die Forderung an alle Mitgliedstaaten "ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu verbessern", stieß auf Verwunderung und starke Kritik. Ebenso deutlich - es waren sich bei jeder Frage knappe 90 Prozent der Befragten einig - war die Ablehnung der vorgesehenen Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen und die Forderung nach einem Referendum.
Obwohl die von dem Bundesausschuss Friedensratschlag angestoßene Umfrage schätzungsweise zwei- bis dreitausend Menschen miteinbezog, sieht sie Peter Strutynski, Sprecher des Bundesausschusses als "im statistischen Sinne als nicht repräsentativ" an. Er vermutet, Bürger die generell dem militärpolitischen Kurs der EU zustimmen, hätten sich warscheinlich überhaupt weniger an dieser Abstimmung beteiligt. Erschreckend sei jedoch vorallem das Desinteresse und die Frustration vieler Passanten gewesen. br> (...) Als besonders alarmierend schätzt Peter Strutynski auch eine Unkenntnis vieler Menschen ein, was die Inhalte der EU-Verfassung angeht. Gerade die rüstungs- und militärbezogenen Artikel seien weitgehend unbekannt - "sicher auch eine Folge davon, dass Politiker sie systematisch verschweigen".

Aus: Internetzeitung www.ngo-online, 8. September 2004

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Am 6. September berichteten einige Zeitungen vom Friedenspolitischen Kongress, der am 3. und 4. September in Hannover stattfgefunden hatte.

Mit einer Resolution gegen die geplante EU-Verfassung endete am Samstag der dritte Friedenspolitischen Kongreß. Rund 300 Vertreter von Gewerkschaften, Friedens- und sozialen Bewegungen waren zu dem Treffen nach Hannover gekommen.
Ein neues U-Boot vom Typ 212 A kostet 460 Millionen Euro, das sind 10 000 Jahresgehälter für Altenpflegerinnen. Vier Stück davon will allein die Bundeswehr in den kommenden Jahren kaufen. »Hartz IV« soll vor allem den Pflegebereich mit Ein-Euro-Jobs ausstatten. Ein Eurofighter kommt Finanzminister Hans Eichel mit 108 Millionen Euro zu stehen. Das entspricht 20 000 Hüftgelenken. Und die sollen nach dem Willen der Jungen Union bekanntlich für Senioren künftig sowieso nicht mehr finanziert werden. 24 Milliarden Euro will die Bundeswehr in den kommenden zehn Jahren für den Kauf der Eurofighter ausgeben. »Wirtschaft brutal – Krieg global«, lautete der Titel des Kongresses. Das Ziel, einen Zusammenhang zwischen Sozialabbau und Aufrüstung herzustellen, wurde – anders als noch im vergangenen Jahr – diesmal nicht verfehlt. 7,5 Milliarden Euro will Deutschland bis 2020 im Durchschnitt jährlich für Rüstung ausgeben. 3,6 Milliarden soll die Absenkung der Arbeitslosenhilfe dem Fiskus jährlich ersparen. »Und während die Militärausgaben in den kommenden Jahren steigen, werden auch die Renten sinken«, betonte Anne Rieger, IG-Metall-Bevollmächtigte und Vorsitzende des Friedensratschlags, zum Auftakt des Treffens. Denn ihre Besteuerung steigt von 50 auf 62 Prozent. (...)

Aus: junge Welt, 6.09.2004

Seit drei Jahren wird in Hannover um den 1. September herum ein "Friedenspolitischer Kongress" veranstaltet. Eine Vorankündigung haben wir in der "jungen Welt" gefunden:

»Wirtschaft brutal – Krieg global«, so das diesjährige Motto des Friedenskongresses in Hannover. Er soll ganz im Zeichen von »Hartz IV« und »Agenda 2010« stehen. Rund 300 Vertreter von Gewerkschaften, Parteien, Friedensgruppen und aus der globalisierungskritischen Bewegung treffen sich am heutigen Freitag zu der zweitägigen Veranstaltung in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Hauptredner sind bei diesem dritten Antikriegstreffen der Europa-Abgeordnete Tobias Pflüger, Anne Rieger von der IG Metall, Fred Schulz vom DGB und Thomas Gebauer von Medico International. (...)

Aus: junge Welt, 3. September 2004

Zum selben Thema brachte das "Neue Deutschland" ein Interview mit Anne Rieger, einer der Referentinnen auf dem Kongress. Anne Rieger ist Sprecherin des Bundesausschusses Friedensratschlag. Ein Auszug aus dem Interview:

ND: »Sozialabbau und Rüstung« ist ein spannender Kongresstitel. Gibt es da einen Zusammenhang?
Rieger: Ja natürlich. Wenn ein Staat massiv im Sozialbereich kürzt mit der Begründung, es sei kein Geld da, gleichzeitig aber Milliarden für Rüstungsprogramme verschwenden kann, fragt man sich doch automatisch: Wo kommt das Geld für das Kriegsgerät her. Bekanntlich kann jeder Euro ja nur einmal ausgegeben werden. Nehmen sie Hartz IV und die Auslandseinsätze der Bundeswehr. Letztere kosten den Steuerzahler 1,8 Milliarden Euro. Genau die gleich Summe wollte die Regierung bei den Arbeitslosen einsparen, indem sie ihnen einen Monat lang kein Arbeitslosengeld II auszahlt. Erst die Demos haben Rot-Grün zur Umkehr gezwungen.
Wird im Militäretat nicht gespart?
Im Gegenteil. Der Haushaltsentwurf für den Einzelplan 14, den so genannten Verteidigungsetat, liegt für 2005 mit 23,9 Milliarden Euro sogar um 100 Millionen über dem Etat von 2004. Und ab 2007 wird der Etat um jeweils 800 Millionen Euro steigen. Kürzt Struck nun bei bisherigen Rüstungskäufen, dann kann man sicher sein, dass die Milliarden für andere Projekte im Militärhaushalt verwendet werden. Solche, die der Intervention weitab des Nato-Gebietes dienen, wie der Kriegstruppentransporter A 400 M.
Wie sieht es da mit der öffentlichen Unterstützung für Friedensforschung durch eine rot-grüne Bundesregierung aus?
Politikberater Roland Berger erhielt 14,3 Millionen Euro Honorar für Beraterverträge für Struck und Scharping. Gleichzeitig sollen etablierten Einrichtungen der Friedensforschung eine Million Euro gestrichen werden. Das führt zu massiven Einschnitten bei Personal und Projekten. Der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung werden in 2004 statt 2,2 Millionen Euro nur noch 1,7 Millionen zur Verfügung stehen.
(...)
Aus: Neues Deutschland, 3. September 2004

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Der 1. September wird traditionell von der Friedensbewegung auf lokaler Ebene begangen. Das hat zur Folge, dass Presseberichte meist nur in Regional- und "Heimat"-Zeitungen und in den Lokalteilen der großen überregionalen Zeitungen erscheinen. Eine Ausnahme macht meistens die Verleihung des Aachener Friedenspreises. Am 2. September berichtete z.B. die taz:

Die diesjährigen Trägerinnen des Aachener Friedenspreises haben der Türkei und Russland massive Verletzungen der Menschenrechte vorgeworfen. Von Demokratie könne in diesen beiden Ländern keine Rede sein, sagten sie bei der Entgegennahme der Auszeichnung. Geehrt wurden die türkische Rechtsanwältin Eren Keskin, die verfolgten Kurdinnen hilft, und die "Petersburger Soldatenmütter", die gegen den Tschetschenien-Krieg protestieren und sich für russische Wehrpflichtige einsetzen.
Die Türkei sei noch immer kein Rechtsstaat und Folter eine "staatliche Verhörmethode", sagte Keskin. Das Militär bestimme weiterhin die Innen- und Außenpolitik und sei Teil des Wirtschaftssystems. Den EU-Staaten warf Keskin vor, sie verlangten zwar eine Demokratisierung der Türkei, machten aber Geschäfte mit Firmen des Militärs. Die zweite Vorsitzende des türkischen Menschenrechtsvereins IHD bietet seit 1997 in Istanbul Rechtshilfe für Frauen an, die in der Haft vergewaltigt wurden. Sie gehörte auch zu den Strafverteidigern von Abdullah Öcalan. Die Vorsitzende der "Soldatenmütter von Sankt Petersburg", Ella Poljakowa, forderte die Beendigung der Kämpfe in Tschetschenien. Die 1991 von zehn Bürgerrechtlerinnen gegründete Organisation demonstriert gegen den Tschetschenien-Krieg, berät Wehrpflichtige und prangert Gewalt in der Armee an. Mit ihrer Hilfe hätten bislang mehr als 100.000 Männer den Kriegsdienst verweigern können, sagte Poljakowa.

Aus: taz, 2. September 2004

Eine Meldung zum Aachener Friedenspreis fand sich auch in der Frankfurter Rundschau:

Die türkische Menschenrechtlerin Eren Keskin und die Organisation "Petersburger Soldatenmütter" haben am Mittwochabend den Aachener Friedenspreis 2004 erhalten. Damit wurden Keskins "mutige Äußerungen" zur Verletzung der Menschenrechte in der Türkei und ihr Einsatz für verfolgte Frauen in Kurdistan gewürdigt, sagte der Vorsitzende der Bürgerinitiative Aachener Friedenspreis, Otmar Steinbicker, bei der Verleihung in Aachen. Die "Rechtsschutzorganisation Soldatenmütter" erhalte die Auszeichnung wegen des Engagements für 100 000 Deserteure und Kriegsdienstverweigerer, die vor gewalttätigen Zuständen in der russischen Armee bewahrt worden seien. Die Preisverleihung findet traditionell am 1. September, dem Antikriegstag, statt.
Ella Poljakowa von den "Soldatenmüttern" verlangte ein Ende der "Verbrechen an der tschetschenischen Bevölkerung". Auch solle die "Sklavenhaltung" in der russischen Armee aufhören. Praxis sei, dass Männer mit Gewalt von der Straße weg in die Kasernen gebracht würden.

Aus: Frankfurter Rundschau, 2. September 2004

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Das "Neue Deutschland" berichtete daneben auch über andere Aktionen der Friedensbewegung zum Antikriegstag, z.B.:

(... Der Antikriegstag am 1. September war für die Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) Anlass, die Kampagne »Rüstungshaushalt senken« zu starten. Mit Unterstützung bundesweiter und regionaler Organisationen – so der Kooperation für den Frieden, Attac, GEW Baden-Württemberg, Pax Christi, NaturwissenschaftlerInnen-Initiative für Frieden und Zukunftsfähigkeit, Bundesjugendwerk der AWO – rief die DFG-VK dazu auf, im September und Oktober Protestpostkarten an Bundeskanzler Gerhard Schröder zu schicken. Auf denen soll mit Nachdruck eine Senkung der Militärausgaben gefordert werden. (...)

Ausführlich auch der Bericht in der linken Zeitung "jungen Welt":

(...) Im Rahmen des Antikriegstages erinnerten Schüler des Oranienburger Louise-Henriette-Gymnasiums mit der Ausstellung »Sich fügen heißt lügen« im Rathaus in Frankfurt (Oder) an den vor 70 Jahren von den Nazis ermordeten Dichter Erich Mühsam. In Berlin wurde am Morgen mit einer Kranzniederlegung an der Neuen Wache an den deutschen Überfall auf Polen am 1. September 1939 gedacht.
»Abrüstung statt Sozialabbau« war das Motto einer Antikriegsdemonstration in Hamburg. »Mit der Agenda 2010 sind Bundesregierung, CDU/CSU und FDP dabei, den massivsten sozialpolitischen Kahlschlag seit Bestehen der Bundesrepublik durchzusetzen«, erklärte Lühr Henken vom Friedensforum der Hansestadt. Mit dem Argument »Die Kassen sind leer« sollen vor allem Arbeitslose, Rentner und Kranke die Löcher stopfen. »Für bestellte neue Waffen allerdings ist Geld da: Wohl 70 Milliarden Euro werden in den nächsten zehn Jahren dafür draufgehen«, so Henken weiter. Die Bundeswehr werde fit gemacht für die schnellen Eingreiftruppen von NATO und EU.
(...)
Im Zentrum der Aktivitäten zum Antikriegstag standen zudem der anhaltende Irak-Krieg, der Israel-Palästina-Konflikt und die neue Verfassung der Europäischen Union, mit der die EU auf Aufrüstung und weltweite Interventionsfähigkeit festgelegt wird. »Wir protestieren gegen die Interventionsdoktrin von USA und NATO wie gegen die Militarisierung der EU als fatal falsche Antwort auf den Unilateralismus der einen Supermacht«, sagte Manfred Stenner vom Netzwerk Friedenskooperative in Bonn.
Der PDS-Vorsitzende Lothar Bisky erklärte in Berlin, im Gedenken an die Millionen Opfer des Zweiten Weltkrieges gelte es, »dem Kampf um die friedliche Lösung von Konflikten eine neue Dimension zu geben«. Deshalb setze sich die PDS dafür ein, daß im vorliegenden Entwurf der EU-Verfassung »die friedensstiftende Rolle Europas als Verfassungsauftrag und das Prinzip der friedlichen Konfliktlösung als Grundsatz für das politische Agieren und sicherheitspolitische Handeln festgeschrieben werden«.
Der DGB, traditionell engagiert am Antikriegstag, bezog sich in seinem Aufruf zum 1. September derweil ausdrücklich positiv auf die EU. »Für den Deutschen Gewerkschaftsbund steht die Europäische Union in der Verantwortung, alle zivilen Möglichkeiten der Friedenserhaltung und Kriegsvermeidung auszuschöpfen, um drohende als auch vorhandene Konflikte politisch zu lösen. In Anbetracht zahlreicher kriegerischer Auseinandersetzungen und der Bedrohung durch den internationalen Terrorismus muß Europa dieser Verantwortung gerecht werden«, heißt es in einer entsprechenden Erklärung des DGB. Und weiter: »Mit der Europäischen Verfassung und dem Ausbau der Europäischen Außen- und Sicherheitspolitik steigen die Chancen, daß Europa verstärkt dazu beiträgt, internationale Konflikte mit friedlichen Mitteln zu lösen.« (...)

Aus: junge Welt, 2. September 2004

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Die Salzgitter Zeitung berichtete von einer lokalen Veranstaltung des DGB u.a.:

(...) In Salzgitter folgten zahlreiche Menschen dem Aufruf des DGB Region Südostniedersachsen und DGB Salzgitter und versammelten sich zur Kundgebung am Stadtmonument in Lebenstedt. Der DGB- Kreisvorsitzende Matthias Wilhelm unterstrich schon in seinem Begrüßungswort die Ziele der Teilnehmer: "Wir fordern die Hinwendung zu friedlicher Konfliktbearbeitung und globaler Gerechtigkeit."
"Es ruft uns zu ,Erinnere dich’. Soll selbst beim Einkaufen noch der Vergangenheit gedacht werden? Ja!" Mit diesen Worten verdeutlichte Kunsterzieherin Margot Michaelis in ihrem Vortrag über das Stadtmonument dessen Bedeutung als Mahnmal gegen Krieg, Faschismus und Zwangsarbeit.
Über die Wichtigkeit der Erinnerungsarbeit sprach Elke Zacharias vom Arbeitskreis Stadtgeschichte und dankte den ehemaligen KZ-Häftlingen, die zur Gedenkfeier auf dem Friedhof Jammertal erschienen waren.
Hauptredner Dr. Michal Berndt vom Friedensratschlag Kassel zog in seiner Rede den Bogen vom Zweiten Weltkrieg hin zur aktuellen Tagespolitik. Er forderte Abrüstung statt Sozialabbau: "Frieden heißt immer auch soziale Gerechtigkeit. In der Bundesrepublik und weltweit." (...) Aus: Salzgitter Zeitung, 2. September 2004

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Mit dem Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag Lühr Henken, Hamburg, führte das "Neue Deutschland" anlässlich des Antikriegstags ein kurzes Gespräch, das am 1. September erschien:

ND: Die Friedensbewegung 2004: Resignation oder Hoffnung?
Henken: Sie ist zuletzt kleiner geworden, aber in den letzten 50 Jahren stetig gewachsen – Remilitarisierung, Atomtod, Mittelstreckenraketen und die Irakkriege markieren Höhepunkte des Protests. Immer mehr Menschen sind gefolgt.
Wie groß ist das Potenzial?
Es zeigt sich immer im konkreten Protest. Etwa bei der Berliner Demonstration 2003 gegen den Irakkrieg – 500000 Menschen. Dann reichen die Kräfte der Organisierten kaum für das Organisieren.
Die SPD warb zuletzt mit dem Logo »Friedensmacht« – Anspruch oder Fiktion?
Eine Fiktion, wenn man es an der realen Politik misst. Seit Beginn der 90er Jahre wird die Bundeswehr kontinuierlich auf Auslandseinsätze vorbereitet. Rot-Grün hat daran überhaupt nichts geändert. Peter Struck hat das Einsatzgebiet abgesteckt: die ganze Welt...
Die Koalition hat immerhin Rüstungsexportrichtlinien eingeführt.
2003 war der Wert des Großwaffenexports 2,7mal höher als 2002.
Die Bundeswehr baut ab, rüstet sie auch ab?
Marschflugkörper für die Luftwaffe und auf Korvetten sorgen für Präzisionsschlagkraft. Bis 2014 sind etwa 70 Milliarden Euro nur für neue Waffen geplant. In fünf Jahren sollen dafür 50 Prozent mehr Geld ausgegeben werden als heute. Das ist Aufrüstung, keine Abrüstung.

Aus: ND, 01.09.2004

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Am 31. August berichtete auch die junge Welt von den bevorstehenden Aktivitäten von Friedens- und Gewerkschaftsbewegung zum Antikriegstag. In dem Artikel "Gedenken ab 5.45 Uhr" heißt es u.a.:

(...) 65 Jahre nach dem 1. September 1939 nehmen Kriege und Gewalt in der Welt wieder zu. Die Hamburger Forschungsstelle »Kriegsursachenforschung« zählte im vergangenen Jahr 40 Kriege und bewaffnete Konflikte. 17 Monate nach dem Beginn der US-Invasion im Irak gibt es für die Bevölkerung keinen Frieden. (...)
Laut Bundesausschuß Friedensratschlag finden anläßlich des Antikriegstags bundesweit mehr als 170 Veranstaltungen statt. Inhaltliche Schwerpunkt: der Irak-Krieg und die Situation im Nahen Osten sowie die Militarisierung der Europäischen Union.
In Ahlen, Bonn, Braunschweig, Lüdenscheid, Bochum, Strausberg und Hamburg fanden bereits am Wochenende die ersten Proteste statt. Der Großteil der Veranstaltungen ist für Mittwoch angekündigt. Den frühesten Zeitpunkt für das Gedenken am Antikriegstag wählten das Kasseler Friedensforum und der dortige DGB. Am Morgen des 1. September gibt es in Erinnerung an den Überfall auf Polen vor 65 Jahren um 5.45 Uhr eine Kundgebung am »Mahnmal für die Opfer des Faschismus«.
In zahlreichen Städten und Gemeinden führen Friedensgruppen eine Abstimmungsaktion über die EU-Verfassung durch. Dabei sollen Passanten über ihre Meinung zu den Militarisierungsabsichten und zur neoliberalen Wirtschafts- und Sozialpolitik der EU befragt werden.
Zu den jüngsten Entwicklungen in Nadschaf und im übrigen Irak erklärte der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, Peter Strutynski, die Ereignisse zeigten die vollkommene Delegitimierung und Isolierung der Besatzungsmächte unter Führung der USA. (...) Das Friedens- und Entmilitarisierungsabkommen zwischen den schiitischen Geistlichen Großajatollah Ali Al Sistani und Prediger Muqtada Al Sadr zeige, wie es im Irak insgesamt gehen könnte: »Die Moscheen den Gläubigen – Irak den Irakern – die Besatzung nach Hause!«

Aus: junge Welt, 31. August 2004

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Wieder hatten die Blockadeaktionen anlässlich des Irakkriegs ein gerichtliches Nachspiel - und damit wenigstens ein kleines Medienecho. Die Frankfurter Rundschau berichtete am 31. August in ihrem Lokalteil:

Zu Geldstrafen wegen Nötigung hat das Amtsgericht Frankfurt am Montag vier Gegner des Irak-Krieges verurteilt. Die Angeklagten hatten im März 2003 an einer Sitz-Blockade vor der US-Airbase teilgenommen.
"Das Urteil ist hanebüchen. Ich kann das nicht akzeptieren." So reagierte eine 61-jährige Frankfurterin, die sich gemeinsam mit drei Männern vor Gericht verantworten musste. Wie hunderte andere hatten die vier im März 2003 gegen den US-geführten Irak-Krieg protestiert sowie dagegen, dass Kriegsflugzeuge von US-Stützpunkten in Deutschland starteten. Im vorliegenden Fall hatten Demonstranten eine halbe Stunde lang die Straße vor einer US-Siedlung blockiert, so dass es zu einem Stau kam.
Richterin Heidrun Walter wertete die Protestaktion als Nötigung und verhängte Geldstrafen in Höhe von 15 Tagessätzen. Die Staatsanwältin hatte 20 Tagessätze gefordert, die richterliche Milderung war eine Anerkennung der "ehrenwerten Motive" der Kriegsgegner. Die sind trotzdem erzürnt - und empfinden das Urteil als ungerecht. (...)
"Unverhältnismäßig" nennt Verteidiger Thomas Matthes das gestrige Urteil. Er hat zudem die Ungleichbehandlung der Blockierer durch die verschiedenen Amtsrichter im Blick. Richterin Walter begründete das Urteil unter anderem mit einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der festlegte, dass "politische Fernziele bei der Prüfung der Rechtswidrigkeit nicht berücksichtigt" werden können. Die Verurteilten erwägen jetzt, Rechtsmittel einzulegen.

Aus: FR, 31.08.2004

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Der bevorstehende Parteitag der Republikanischen Partei hat Hunderttausende Bush-Gegner in New York auf die Straße gebracht. Es war eine der größten Friedens- und Antikriegs-Demonstrantionen der letzten Jahrzehnte in den USA. In der Frabkfurter Rundschau hieß es dazu am 30. August u.a.:

(...) Die Behörden machten zunächst keine Angaben über die Zahl der Teilnehmer an dem Demonstrationszug in Manhattan. Tausende Polizisten waren seit dem Morgen im Bereich der Marschroute vom Union Square in Richtung Madison Square Garden im Einsatz, wo heute der Republikaner-Parteitag beginnt. Für die Nacht zum Montag wurden im Central Park Auseinandersetzungen befürchtet, da viele Demonstranten "Protest-Picknicks" angekündigt hatten.
Zu dem Demonstrationszug strömten Mitglieder von mehr als 900 Gruppen aus allen Teilen der USA, die die Politik der Bush-Regierung ablehnen. "Wir alle rufen den Republikanern hier in New York zu: Nein zum Krieg in Irak, Nein zu gewaltsamen Regimewechseln, Nein zu vorbeugenden Kriegen, Nein zu dieser Wirtschaftspolitik, Nein zur gesamten Bush-Agenda", sagte die Direktorin der Anti-Bush-Dachorganisation United for Peace and Justice (UPJ), Leslie Cagan.
Schon vor Beginn des Parteitags nahm die Polizei hunderte Gegner von US-Präsident George W. Bush fest. Am Samstag hatten sich Tausende an Protestaktivitäten beteiligt, darunter eine Klingelparade, mit der am Ground Zero symbolisch die Regierungszeit Bushs ausgeläutet wurde. Eine Fahrraddemonstration endete am Freitagabend (Ortszeit) mit der Festnahme von bis zu 250 Teilnehmern.

Aus: Frankfurter Rundschau, 30. August 2004

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Eine Pressemitteilung zu den Aktivitäten der Friedensbewegung anlässlich des Antikriegstags (1. September) wurde am 27. August fast vollständig in der alternativen Netzeitung www.ngo-online dokumentiert:
www.ngo-online.de

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Der von der Friedensbewegung und den Gewerkschaften traditionell als Antikriegstag begangene 1. September wird in diesem Jahr auch die EU-Verfassung zum Thema haben. Die junge Welt veröffentlichte hierzu ein Interview mit Peter Strutynski, Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag (Interviewer: Markus Bernhardt), aus dem wir auszugsweise zitieren:

(...) Wir werden vom 1. bis zum 4. September in vielen Städten Aktionen durchführen, die sich aus aktuellem Anlaß schwerpunktmäßig mit der EU-Verfassung auseinandersetzen. In diesem Rahmen wollen wir herausfinden, welche Ansichten in der Bevölkerung dazu vorhanden sind. Eine inoffizielle Test-Volksabstimmung, könnte man sagen.
Frage: Ein repräsentatives Meinungsbild dürfte so aber kaum zustande kommen.
Darum geht es auch nicht in erster Linie. Die Aktion, an der sich neben Friedensgruppen auch das ATTAC-Netzwerk beteiligt, soll über die dicksten Brocken der Verfassung informieren. Das sind die Militarisierungs- und Aufrüstungsparagraphen sowie die unverhohlene Orientierung auf eine neoliberale Wirtschaftspolitik. Die wenigsten Menschen wissen, was in diesem Dokument überhaupt alles drinsteht.
F: Soll die Aktion auch die Forderung nach einer Volksabstimmung über die EU-Verfassung unterstützen?
Der vierte Abschnitt unseres Fragebogens bezieht sich auf ein Referendum.
Der Bundesausschuß Friedensratschlag ist entschieden der Meinung, daß über ein so wichtiges Dokument die Bevölkerung entscheiden muß. Es ist skurril, wenn heute SPD und Grüne, die einst angetreten waren, Plebiszite auf Bundesebene zu ermöglichen, ein solches Referendum strikt ablehnen und gleichzeitig CDU und CSU plötzlich die Volksabstimmung für sich entdecken. Wir werden uns von diesen politischen Spielchen nicht beirren lassen.
(...) Wir sagen nein zur EU-Verfassung, weil mit ihr Europa in eine falsche Richtung gedrängt werden soll. Gleichzeitig streiten wir aber weiter für das Projekt einer zivilen und sozialen Europäischen Union. Dies sollte man unbedingt auseinanderhalten. (...)

Aus: junge Welt, 21. August 2004

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Der von US-Präsident Bush angekündigte Truppenabzug aus Deutschland hat auch in der Friedensbewegung Reaktionen hervorgerufen. Eine Initiative aus der Pfalz, einer Region, die mit US-Militäreinrichtungen reich gesät ist, meldete sich zu Wort. www-ngo-online berichtete am 18. August u.a. (Berichte in überregionalen Tageszeitungen sind nicht entdeckt worden):

Der von Präsident Bush angekündigte Abzug Zehntausender US-Soldaten auch aus Deutschland wird von der AG Frieden in Trier begrüßt. Sie hofft grundsätzlich auf Abzüge und Auflösungen von militärischen Kriegseinheiten. "Wir setzen uns weiterhin dafür ein, dass der Kriegsflughafen Spangdahlem geschlossen wird - Daher sind jetzt Konversionsprojekte und Alternativen zur Monostruktur der Region zu beginnen. Die Regierung handelt fahrlässig, wenn sie trotz klarer Anzeichen für den (Teil)abzug des Militärs nicht endlich mit konkreten Konversionsprojekten beginnt!" so Markus Pflüger von der AG Frieden Trier (...)
Tourismus, Freizeit, nachhaltiges Wirtschaften und erneuerbare Energien sind Konversionsvorschläge, letzteres würde die Region unabhängiger machen von endlichen Energieressourcen, um die zur Zeit und in Zukunft vermehrt Kriege geführt werden. "Die Menschen der Region, besonders direkte Anwohner leiden durch den Kriegsflughafen: Lärm und Abgase - z.B. das hochgiftige und krebserregende Nato-Treibstoffgemisch JP-8, erhöhtes Verkehrsaufkommen und Tiefflüge vermindern die Lebensqualität - dies lässt sich weder durch Geld noch durch Arbeitsplätze ausgleichen." so Markus Pflüger. (...)
"Die aktuelle Umstrukturierung des US-Militärs bedeutet leider nicht Abrüstung, sondern eine qualitative Aufrüstung hin zu flexibleren Strukturen für weitere weltweite Kriegseinsätze - wir kritisieren diesen Kurs und fordern von der Landes- und Bundesregierung sich für zivile Konfliktbearbeitung statt Militarisierung einzusetzen."
Statt die US-Militärs mit Milliarden zu subventionieren müssten Mittel für nachhaltige zivile Projekte in der Region zur Verfügung gestellt werden. Ebenso müsste - besonders angesichts des aktuellen Sozialabbaus - der Umbau der Bundeswehr zur kriegsführungsfähigen Interventionsmacht im Rahmen der ausgebauten Militärmacht Europa und der NATO gestoppt werden, so die AG Frieden.

Aus: Internetzeitung www.ngo-online.de

Und einen Tag später (19. August) fand sich auf derselben Internet-Seite eine Presseerklärung des außenpolitische Sprechersd des Parteivorstandes der PDS, Wolfgang Gehrcke, worin verlangt wird, dass die USA auch gleich ihre Atomwaffen aus Deutschland abziehen sollten. In dem Beitrag von www.ngo-online.de heißt es u.a.:

(...) Der angekündigte Truppenabzug der USA sei dem amerikanischen Wahlkampf geschuldet und solle darüber hinaus die Konzentration von finanziellen Mitteln in neue Waffensysteme und schnelle Eingreiftruppen möglich machen. Der Truppenabzug habe nichts mit Abrüstung zu tun, meinte Gehrcke.
Die Bundesregierung sollte jetzt die Initiative zu Verhandlungen mit den USA über den Abzug der Atomwaffen und die Schließung von Ramstein und Grafenwöhr ergreifen. Die PDS forderte die Bundesregierung auf, die vom Truppenabzug betroffenen Gemeinden mit den wirtschaftlichen Folgen nicht allein zu lassen. Notwendig seien jetzt Konversionsprojekte, die verhindern, dass noch mehr Arbeitslosigkeit entsteht.

Aus: Internetzeitung www.ngo-online.de

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Am 17. August erschien ein Interview mit einer Vertreterin der Bürgerinitiative "Freier Himmel". Darin geht es noch einmal um das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Frankfurt/Oder, wonach die militärische Nutzung des sogenannten "Bombodroms" vorerst untersagt wurde. Die Gegner des Militärübungs- resp. Bombenabwurfplatzes ruhen sich auf diesem Urteil aber nicht aus. Barbara Lange, die Sprecherin der Bürgerinitiative, sagte u.a.:

"Solange die Gerichtsprozesse laufen, dürfen keine Bomben in Nordbrandenburg abgeworfen werden. Das Verteidigungsministerium kann keine Rechtsmittel mehr einlegen und muß das Hauptsacheverfahren abwarten. Das wird nach Schätzung unserer Anwälte mindestens fünf Jahre dauern. Solange sind wir auf der sicheren Seite."
"Die Gerichte haben uns eine Atempause verschafft, aber wir haben nicht vor, nachzulassen. Für den 12. September ist die nächste große Demonstration in Rheinsberg unter dem Motto "Protest ohne Grenze(n)" geplant."

Aus: junge Welt, 17. August 2004

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Die Bürgerinitiative "FreieHeide" hat großen Anteil daran, dass es dem Verteidigungsministerium nach vielen Jahren heftiger politischer und juristischer Auseinandersetzungen immer noch nicht gelungen ist, das "Bombodrom" militärischen Zwecken zuzuführen. In einem neuerlichen Gerichtsurteil musste die Bundesregierung klein beigeben. Das Urteil wurde in vielen überregionalen Zeitungen gewürdigt. Die taz berichtete darüber u.a.:

Das "Bombodrom" in der Kyritz-Ruppiner Heide darf weiterhin nicht in Betrieb genommen werden. Im Rechtsstreit um den geplanten Luft-Boden-Schießplatz in Nordbrandenburg erlitt die Bundesregierung erneut eine Niederlage. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Frankfurt (Oder) untersagte die militärische Nutzung bis zur abschließenden Entscheidung. Damit sei der Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam (VG) zugunsten der früheren Gemeinde Schweinrich bestätigt worden, teilte das Gericht gestern mit. (Az. 3B325/03)
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) begrüßte die Entscheidung und appellierte an die Bundesregierung, auf die Militärpläne zu verzichten. Es müsse überlegt werden, ob die "moralisch fragwürdige Planung weiter durchgepaukt werden soll". Die Brandenburger Grünen fordern, "die Pläne zu beerdigen".
Der Anwalt der Bombodrom-Gegner nannte die OVG-Entscheidung einen "großen und verdienten Sieg nach 11 Jahren Widerstand". Das "törichte Vorhaben der Luftwaffe" müsse nun endgültig aufgegeben werden, erklärte Reiner Geulen. Die BI "Freie Heide" forderte Verteidigungsminister Peter Struck auf, die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide festzulegen. (...)

Aus: taz, 11. August 2004

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Der Hiroshima-Tag (6. August) wird weltweit von Friedensinitiativen genutzt, um auf die Gefahr durch Atomwaffen aufmerksam zu machen. In Deutschland fanden viele lokale Aktionen statt, die sich in der Berichterstattung lokaler und regionaler Medien niederschlugen. Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 7. August von der Veranstaltung in Hiroshima u.a.:

Am 59. Jahrestag des ersten Atombombenabwurfs hat Hiroshimas Bürgermeister die USA heftig für ihre Pläne zur Entwicklung neuer Atomwaffen kritisiert. "Die egozentrische Weltsicht der USA wird zunehmend extrem", sagte Tadatoshi Akiba (...). Washington ignoriere die UN und das Völkerrecht, wenn sie die Forschungen zur Entwicklung kleinerer und gewissermaßen "benutzerfreundlicher" Atomwaffen wieder aufnehme, sagte Akiba.
Etwa 40.000 Menschen, darunter auch der japanische Ministerpräsident Junichiro Koizumi, nahmen an der offiziellen Trauerfeier teil.

Aus: Süddeutsche Zeitung, 7. August 2004

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Auch für Ausländer gilt: Wer sich in der Friedensbewegung engagiert, hat mehr vom Leben. Zumindest steigen die Chancen türkischer Kriegsdienstverweigerer hier zu Lande Asyl zu erhalten, wenn sie sich politisch betätigen. Die Süddeutsche Zeitung berichtet am 3. August in einem Dreispalter von Mehmet Cetiner. Ein Foto zeigt ihn bei einem "Auftritt" bei Ostermarsch Rhein/Ruhr 2002 in Düsseldorf. In dem Artikel (Autor: Hans-Jörg Heims) heißt es u.a.:

(...) Vor neun Jahren war der Vermessungsingenieur aus seiner Heimat geflohen, um der bevorstehenden Einberufung in die türkische Armee zu entgehen. Kein Einzelfall, wie Joachim Thommes, Politischer Geschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner (DFG-VK) zu berichten weiß. Etwa 150 junge Männer haben in den vergangenen drei Jahren politisches Asyl in Deutschland beantragt, weil sie den in der Türkei obligatorischen Dienst an der Waffe verweigern. Doch die Rechtsprechung war bisher eindeutig: Wehrdienstverweigerung löse keine Verfolgung in der Türkei aus ...
(...) Cetiner kann ein wenig hoffen. Denn das Verwaltungsgericht Freiburg ist im Februar erstmals von der bisherigen Rechtsprechung abgewichen. In dem Verfahren stand eine Richterin dem Wehrdienstverweigerer Turgay Coskun das Recht auf Asyl zu. (...) Ausschlaggebend wa .. Coskuns politisches Engagement in der Bundesrepublik. Mehrmals hatte der Kurde Protestaktionen von Wehrdienstverweigerern vor türkischen Konsulaten organisiert. (...)
Auch Cetiners Anwalt Stefan Urbach sieht seinen Mandanten aufgrund dessen "vielfältiger exilpolitischer Aktivitäten" bei einer Abschiebung von Folter bedroht. (...) Exilpolitische Aktivitäten können ein Grund für die Gewährung eines Asyls sein, räumte der Richter in der Verhandlung ein. Die Grenze, an der exponiertes Engagement beginnt, sei aber sehr weit.

Süddeutsche Zeitung, 3. August 2004


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