Business as usual: Deutsche Waffen gehen weiter in alle Welt
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
- Der Bundestag tauscht bekannte Positionen aus
- Fortschritte bei der Opposition
- Regierungskoalition bügelt alle kritischen Anträge ab
Berlin/Kassel, 31. Januar 2013 - Anlässlich der Debatte über den deutschen Rüstungsexport im Bundestag erklären die Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag in einer ersten Stellungnahme:
Die Friedensbewegung fordert seit langem, einen Stopp des Waffenexports. Eine Forderung, die angesichts der zur Entscheidung anstehenden umfangreichen Exportvorhaben schwerer Waffen in Zonen hoher Spannungen im Wert von etwa 30 Milliarden Euro umso dringlicher wird. Die schwarz-gelbe Bundesregierung versucht mit dem gezielten Rüstungsexport in ausgewählte „befreundete“ Länder außerhalb von NATO und EU Außenpolitik zu betreiben – ungeachtet der Menschenrechtslage im Empfängerland. Dabei missachtet sie den hohen Stellenwert dieses Kriteriums und das Richtlinien-Gebot der restriktiven Handhabung.
Verheerend sind auch Lieferungen von Kleinwaffen in Länder insbesondere außerhalb von EU und NATO, die im Jahr 2011 einen Rekord verzeichneten. Darüber hinaus unterliegt der Endverbleib von Waffenlieferungen und in Lizenz im Ausland hergestellter Waffen keiner wirksamen Kontrolle.
Die Friedensbewegung kritisiert außerdem die Intransparenz der Entscheidungsfindung durch den geheim tagenden Bundessicherheitsrat ebenso wie die extrem späte Veröffentlichung bereits vorgenommener Exportentscheidungen und die wenig aussagekräftige Auflistung dieser Exporte. Es ist ein Skandal, dass erst Ende Januar 2013 der
Rüstungsexportbericht für das Jahr 2011 [externer Link] im Bundestag diskutiert wird.
Die Friedensbewegung fordert darüber hinaus ein Programm zur Konversion von Rüstungsgütern in zivile Produkte.
All dies lässt die Bundesregierung völlig ungerührt. Die Redner/innen der Regierungskoalition verteidigten in der Debatte alle Waffenexporte – gleichgültig, welche Diktaturen davon profitieren. Und die „Argumente“ sind altbekannt: Rüstungsexporte sind nun einmal ein Mittel der Außenpolitik, sie dienen der Stabilität in unsicheren Regionen, sie sichern die exportabhängige Rüstungswirtschaft in Deutschland. Wer hier noch von „restriktiver“ Exportpolitik spricht, weiß entweder nicht, wovon er/sie redet, oder er/sie lügt bewusst.
Es ist zu begrüßen, dass die Oppositionsfraktionen im Bundestag in drei getrennten Anträgen sich der deutschen Rüstungsexportproblematik angenommen haben. Dabei werden allerdings unterschiedliche Intentionen und Reichweiten deutlich.
Wir verhehlen nicht, dass die Forderungen der
Fraktion DIE LINKE den Vorstellungen der Friedensbewegung am nächsten kommen: keine Genehmigungen mehr für den Export von Rüstungsgütern - auch keine Weitergabe von „überschüssigen“ Rüstungsgütern – Auflage eines beschäftigungssichernden Konversionsprogramms zur Umwandlung von Rüstungsproduktion in die Herstellung ziviler Güter.
Für die Zeit, in der der Rüstungsexport noch fortgesetzt wird, finden sich in den Forderungen der
Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN [externer Link] Ansätze, die in die richtige Richtung weisen. So etwa die Forderung danach, das Entscheidungskriterium „Menschenrechtslage im Empfängerland“ gesetzlich zu verankern und es somit strafrechtlich zu bewehren. Unterstützenswert ist zudem die Forderung nach einem Verbot der Vergabe von Lizenzen zur Kriegswaffenproduktion an Länder außerhalb von NATO und EU. Auch sollten keine Hermesbürgschaften, die den kommerziellen Rüstungsexport staatlich ankurbeln, mehr erteilt werden.
Gemeinsame Positionen von BÜNDNIS 90/Die GRÜNEN und
SPD [externer Link], wie die strikte Kontrolle des Endverbleibs und die zeitnahe Veröffentlichung des Rüstungsexportberichts sind ebenfalls zu begrüßen. Zwar betonen diese beiden Oppositionsparteien, dass sie für eine restriktivere Rüstungsexportpolitik stehen, lassen aber den politischen Willen vermissen, konsequent für eine Reduzierung des deutschen Waffenexports einzutreten. Wir erinnern nur daran, dass auch unter der früheren rot-grünen Bundesregierung zahlreiche Waffenexporte in autoritäre Regime (z.B. Vereinigte Arabische Emirate, Indonesien, Ägypten, Saudi-Arabien) genehmigt worden waren.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Kassel)
Lühr Henken (Berlin)
Lesen Sie auch:
Rüstungsexporte als Mittel der Außenpolitik
Die Bundesregierung legt ihren Rüstungsexportbericht 2011 vor. Von Lühr Henken und Peter Strutynski / Pressemitteilung der Aktion "Aufschrei" (16. November 2012)
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