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Ziele nicht erreicht

New York: Erinnerung an Antirassismuskonferenz von Durban 2001

Von Karin Leukefeld *

Bei der Erinnerungsveranstaltung an die weltweite UN-Konferenz gegen Rassismus, rassistische Diskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz von Durban 2001 haben Redner aus aller Welt in New York daran erinnert, daß die ehrgeizigen Ziele von damals noch lange nicht erreicht seien. Um »die Flut von Rassismus und Intoleranz einzudämmen«, die sich in weiten Teilen der Welt ausbreite, müsse mehr getan werden, sagte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon. Man habe bisher nicht genug gegen solche »unmenschlichen Ansichten und schädlichen Verhaltensweisen« getan, räumte Ban Ki Moon ein und nannte den Kampf »gegen Antisemitismus, Islamophobie (…) und gegen alle Vorurteile, die auf religiöser Identität« beruhten.

Boykott verurteilt

Der UN-Botschafter Nassir Abdulaziz Al-Nasser aus Katar, der die Versammlung leitete, forderte die Staaten auf, weitere Gesetze zu erlassen, um Rassismus und Intoleranz einzudämmen und »den Opfern Gerechtigkeit« zu gewähren. Navi Pillay, die Hohe UN-Kommissarin für Menschenrechte, meinte, die »bedauerliche Lücke zwischen den Verpflichtungen aus dem Jahr 2001 und dem, was an effektiven Maßnahmen ergriffen« worden sei, müsse überwunden werden. Alle Anwesenden müßten »hier und jetzt« versprechen, die »Anstrengungen national, regional und global wiederzubeleben«. Der südafrikanische Präsident Jacob Zuma forderte alle UN-Mitgliedsstaaten auf, den Kampf gegen Rassismus im eigenen Land zu führen. Nur so könne die Erklärung von Durban und das Aktionsprogramm umgesetzt werden.

Bedauerlich sei, daß westliche Staaten der wichtigen Erinnerungsveranstaltung ferngeblieben seien und andere Staaten gedrängt hätten, sich ihnen anzuschließen, hieß es in einem Kommentar der chinesischen Tageszeitung Daily News. Der Boykott beweise die Scheinheiligkeit im Umgang mit fundamentalen Menschenrechten. 14 Staaten, darunter Kanada, Israel, die USA und Deutschland, nahmen an der Konferenz nicht teil, weil sie zu »antisemitischen« Zwecken hätte genutzt werden können. Auf der Durban-II-Konferenz war Israel wegen der Diskriminierung der Palästinenser und der anhaltenden Besatzungspolitik kritisiert worden.

Eine weltweite Kampagne israelfreundlicher Gruppierungen wie der Nichtregierungsorganisation UN-Watch hatte Regierungen und Politiker zur Nichtteilnahme gedrängt. UN-Watch hatte auch einen Gegenkongreß in New York vorbereitet und war daraufhin vom Forum der offiziellen UN-Erinnerungsveranstaltung ausgeschlossen worden.

Für Wiedergutmachung

Der Inselstaat Antigua und Barbados forderte derweil Wiedergutmachung für die Nachkommen des afrikanischen Sklavenhandels. Auch 400 Jahre später seien Nachfahren früherer Sklaven der Diskriminierung ausgesetzt, sagte Bald­win Spencer, Ministerpräsident und Außenminister des Inselstaates. Die Staaten, die früher Sklaven eingesetzt hätten, müßten sich für die Verbrechen entschuldigen. Wiedergutmachung könne in Form von Wirtschaftshilfe an die betroffenen Nationen geleistet werden.

Der frühere stellvertretende UN-Generalsekretär des Zentrums gegen Apartheid, E.S. Reddy, warf den westlichen Staaten vor, als Regierungen mit den Konzernen, mit denen sie kooperierten, vom globalen Rassismus zu profitieren. Bei einer Veranstaltung sagte Reddy, der Kampf gegen Rassismus sei »ein Krieg für unsere grundlegenden Menschenrechte und Würde«. Die Hinrichtung des Afroamerikaners Troy Davis in den USA am Vorabend der Durban-Erinnerungsveranstaltung zeige die »weiße Überheblichkeit bei Teilen der US-Regierung«. Es gebe einen »unverfrorenen Willen, die lange Geschichte des institutionalisierten Rassismus fortzusetzen«.

* Aus: junge Welt, 27. September 2011

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