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UN-Weltkonferenz gegen Rassismus beginnt heute in Durban (Südafrika)

Erste internationale Großkonferenz zum Thema Rassismus nach dem Ende der Apartheid

Im Folgenden dokumentieren wir die Presseerklärung des UN-Informationszentrums Bonn zur bevorstehenden Weltkonferenz gegen Rassismus, die vom 31. August bis 7. September 2001 in Durban (Südafrika) stattfindet.

DURBAN, 27. August 2001 - Günstige Vorzeichen kennzeichnen den Beginn der Weltkonferenz gegen Rassismus: Bei höchst umstrittenen Themen wie der Situation im Nahen Osten oder der Frage, wer als Opfer von Rassismus anerkannt wird, konnten entscheidende Fortschritte erzielt werden. Auf dem letzten Vorbereitungstreffen in Genf einigten sich die Vertreter der Regierungen, auf die von einigen Ländern geforderte Gleichsetzung von Zionismus und Rassismus zu verzichten.

Die Weltkonferenz gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz ist die erste internationale Großkonferenz nach dem Ende der Apartheid, die sich auf der Grundlage einer breit angelegten Tagesordnung dem Thema Rassismus widmet. Sie beginnt am Freitag, den 31. August 2001 in Durban, Südafrika.

Mehr als 15 Staats- und Regierungschefs und 12.000 Vertreter von 194 Staaten und Nichtregierungsorganisationen werden zur Konferenz erwartet. Ein Großteil der Länder ist durch Minister oder andere hochrangige Regierungsbeamte vertreten. Auch die Sonderorganisationen und Kommissionen der Vereinten Nationen sowie regionale Organisationen und Nichtregierungsorganisationen nehmen teil.

Ziel der Konferenz ist es, eine Erklärung zu verabschieden, welche die Schäden, die durch vergangene Formen des Rassismus entstanden sind, anerkennt. Sie soll ferner das neue, weltweite Bewusstsein über die zeitgenössischen Formen von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit widerspiegeln. Die Länder werden sich auf ein praktisches Aktionsprogramm einigen. Es wird zudem erwartet, dass die Regierungen und die Zivilgesellschaft ein starkes Bündnis eingehen, um den Kampf gegen Rassismus voranzubringen.

Menschen aus der ganzen Welt, die Opfer von Ungleichheit und Ungerechtigkeit geworden sind, werden ihre Anliegen vortragen. Die Hohe Kommissarin für Menschenrechte und Generalsekretärin der Konferenz, Mary Robinson, betonte, dass die intensiven Diskussionen im Vorfeld über die Frage, wer als Opfer anerkannt wird, entscheidend vorangekommen seien. „Es geht darum, diejenigen Opfer auszumachen, deren Leid die Anerkennung und Zusammenarbeit der internationalen Gemeinschaft erfordert", präzisierte sie.

UNO-Generalsekretär Annan betonte, dass „wir eine Konferenz und eine Deklaration brauchen, die unerschrocken auf jede Gesellschaft der Welt schaut sowie auf die Mängel, die dazu führen, dass die Konflikte aufgrund von Rasse oder ethnischer Zugehörigkeit noch verschärft anstatt beseitigt werden". In seiner Rede vor der National Urban League, der ältesten Bewegung für die Rechte der Afroamerikaner, sagte er, „wir müssen die Tragödien der Vergangenheit anerkennen, aber nicht zu ihren Gefangenen werden". Die Monate vor der Konferenz hätten tiefe Risse bei einer Reihe von heiklen Themen wie dem Erbe der Sklaverei und des Kolonialismus sowie der Situation im Nahen Osten enthüllt.

Vorläufige Tagesordnung

Die Tagesordnung besteht aus fünf Hauptthemen:
  • Ursprung, Ursachen, Formen und aktuelle Manifestationen von Rassismus
  • Opfer von Rassismus
  • Maßnahmen zu Verhütung, Erziehung und Schutz mit dem Ziel, Rassismus auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene zu beseitigen
  • Bereitstellung von wirksamer Abhilfe, Schutz, Wiedergutmachung, (Entschädigung) und anderen Maßnahmen auf nationaler, regionaler und internationaler Ebene
  • Strategien zur Verwirklichung der vollständigen und effektiven Gleichberechtigung, darunter internationale Zusammenarbeit und Stärkung der Vereinten Nationen und anderer internationaler Einrichtungen.
Die Konferenz wird traditionelle Formen von Rassismus sowie die Situation besonders anfälliger Gruppen untersuchen: autochthone Bevölkerungsgruppen und ethnische, religiöse und kulturelle Minderheiten. Sie wird neue Gebiete erschließen, da sie Opfer berücksichtigt, denen bei vorherigen Konferenzen nicht viel Aufmerksamkeit zuteil wurde, wie Flüchtlinge, Asylsuchende, Migranten, Roma und Sinti, Opfer von Menschenhandel und die Menschen afrikanischer Abstammung in Lateinamerika und der Karibik.

Deklarationsentwurf

Der Deklarationsentwurf für die Konferenz umfasst einige Bestimmungen, die bereits im Verlauf des Vorbereitungsprozesses verabschiedet wurden.

Bei der zweiten Sitzung des Vorbereitungsausschusses wurde beispielsweise die Solidarität mit den Völkern Afrikas bei ihrem fortdauernden Kampf gegen Rassismus als Teil der Deklaration festgelegt. Dabei erkennen die Länder die Opfer der Völker an sowie auch ihre Bemühungen, das Bewusstsein der internationalen Gemeinschaft für die unmenschlichen Tragödien zu schärfen.

Unter anderem verabschiedete die dritte Sitzung die nachdrückliche Verurteilung der anhaltenden Sklaverei und sklavereiähnlicher Praktiken in einigen Teilen der Welt und verwies auf den dringenden Bedarf, alle Formen des Menschenhandels - speziell mit Frauen und Kindern - zu verhüten, zu bekämpfen und zu beseitigen. Es müsse anerkannt werden, dass gerade diese Menschen den Formen des Rassismus und der Diskriminierung besonders ausgesetzt sind.

Ferner wurde festgehalten, dass die Migration - als Folge der Globalisierung - zugenommen hat, vor allem von Süden nach Norden, und dass es darum sehr wichtig ist, Voraussetzungen zu schaffen, die zu mehr Harmonie, Toleranz und Respekt führen zwischen Einwanderern und den Gesellschaften, in denen sie leben. Aufgrund der positiven Auswirkung auf die Integration sollten die Staaten Familienzusammenführungen erleichtern.

Vorläufiges Aktionsprogramm

Das Aktionsprogramm sieht, im Bereich der Hilfe für die Opfer, vor, dass die Staaten allen Menschen afrikanischer Abstammung die Teilhabe an den politischen, wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Aspekten des gesellschaftlichen Lebens erleichtern sowie auch die Teilhabe am Fortschritt und der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Länder. Die Achtung vor dem kulturellen Erbe dieser Menschen soll gefördert werden. Die Staaten werden aufgerufen, mehr öffentliche Projekte für Frauen und junge Männer afrikanischer Abstammung ins Leben zu rufen, da gerade diese Gruppe stark von Rassismus betroffen ist und dadurch in benachteiligte Randsituationen gedrängt wird.

Ein weiterer Punkt ist die Aufforderung an die Staaten, mit autochthonen Bevölkerungsgruppen zu arbeiten, um deren Zugang zu wirtschaftlichen Aktivitäten und dem Arbeitsmarkt zu fördern und zu stärken, z.B. durch Unternehmensgründungen oder Maßnahmen wie Fortbildung, technische Hilfestellung und die Bereitstellung von Krediten.

Ferner ist vorgesehen, dass die Staaten jegliche Formen einer allgemeinen Zurückweisung von Migranten bekämpfen und sich aktiv gegen alle rassistischen Demonstrationen und Handlungen richten sollen, die fremdenfeindliches Verhalten und Ressentiments gegenüber Migranten zur Folge haben könnten. Das Aktionsprogramm ermutigt die Staaten, die Bevölkerung über die Menschenrechte von Migranten aufzuklären und Informationskampagnen ins Leben zu rufen, damit die Öffentlichkeit objektive Informationen zum Thema erhält.

Das Programm fordert zudem die Staaten auf, zusätzlich zu bereits bestehender nationaler Gesetzgebung und zu den internationalen Instrumenten, eine wirksame Politik mit Maßnahmen zur Bildung, Prävention und dem Schutz zu etablieren, die alle Bürger und Institutionen ermutigen sollen, Positionen gegen Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängende Intoleranz zu beziehen.

Der Reichtum durch Vielfalt, auf nationaler und internationaler Ebene, soll anerkannt, respektiert und maximiert werden. Deshalb wird es als erforderlich angesehen, dass die Staaten Werte vermitteln wie Gerechtigkeit, Gleichheit, Nicht-Diskriminierung, Demokratie, Fairness, Freundschaft, Toleranz und Respekt zwischen Gemeinschaften und Nationen.

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