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Killer im Angebot

Ein Urteil gegen vier frühere Blackwater-Söldner rückt das Unternehmen wieder ins Licht der Öffentlichkeit. Dabei sollte es doch längst aufgelöst sein

Von Dago Langhans *

Schuldig, lautete das Urteil für vier frühere Mitarbeiter des privaten »Militärdienstleisters« Blackwater. Am 22. Oktober ahndete ein US-Bundesgericht in Washington die Beteiligung der Söldner an einem Blutbad 2007 in Bagdad. Einer der Angeklagten wurde wegen Mordes, die drei anderen wurden wegen Totschlags im Affekt verurteilt. Ein konkretes Strafmaß wurde noch nicht verkündet. Zwei Verteidiger haben bereits erklärt, den Gerichtsspruch anzufechten. Ein erstes Verfahren gegen die Beschuldigten war im Dezember 2009 gescheitert. Im Frühjahr 2011 ordnete ein Berufungsgericht die Wiederaufnahme des Verfahrens gegen die Personen an, die jetzt verurteilt wurden. Beobachter erwarten für den Hauptangeklagten eine lebenslange Haftstrafe, für die drei anderen langjährige Gefängnisstrafen. Dabei wurde Blackwater der Welt jahrelang gern als ein Unternehmen wie jedes andere vorgeführt.

Das sahen die »Dienstleister« auch so. Bei der Befragung vor einem Komitee des US-Repräsentantenhauses hatte Blackwater-Boss Erik Prince 2007 zu dem Massaker in Bagdad erklärt: »Ich glaube, dass wir uns jederzeit angemessen verhalten haben.« Angemessen waren eher die Umsätze, die der in zahlreiche Firmenableger verästelte Sicherheitskonzern schon in jenem Jahr erzielte: 600 Millionen Dollar wurden 2007 dank diverser Verträge mit dem State Department, dem US-Verteidigungsministerium, dem Heimatschutzministerium und der CIA »erwirtschaftet«. Für die Einsätze im Irak wurden mittels eines globalen Netzes von Vertragsfirmen nicht nur Spezialisten aus den USA rekrutiert, sondern in zunehmendem Maße billigere Mitarbeiter aus Nepal, Chile, El Salvador, den Philippinen und Kroatien, die alle über einschlägige Militärerfahrungen vornehmlich in Sondereinheiten verfügten. Strafrechtlich bietet diese Methode den Vorteil, dass diese Söldner im Zweifelsfall nicht von US-Gerichten belangt werden können.

Zusätzlichen Schwung erhielt der Aufstieg des paramilitärischen Unternehmens durch die internationale Erweiterung des Geschäftsfeldes: Mit den Firmenablegern »Total Intelligence Solutions« und »Terrorism Research Center« konnte es seine Dienste Firmen wie Monsanto, Chevron, dem Walt-Disney-Konzern und den Finanzgiganten Deutsche Bank und Barclays anbieten. Jeremy Scahill, ein ausgewiesener Kenner der Branche, berichtete in The Nation, dass »Total Intelligence Solutions« dem Saatgut- und Pestizidmulti Monsanto angeboten hat, Mitarbeiter zur Infiltration von Umweltgruppen zur Verfügung zu stellen.

Wenn selbst das wirtschaftsfreundliche Magazin Capital Blackwater-Gründer Erik Prince einen Bericht mit dem Titel »Der Kriegsgewinnler« widmet, wie im Juli 2013 geschehen, scheint es um das Renommee schlecht bestellt. Trotz zahlreicher Namensänderungen war die Söldnerfirma niemals ihr miserables Image losgeworden. Das resultierte unter anderem aus einem Vorfall am 16. September 2007. Damals hatten Blackwater-Söldner auf dem Nissur-Platz in Bagdad offiziellen irakischen Angaben zufolge 17 Zivilisten erschossen. Im Auftrag des US-Außenministeriums hatten sie damals einen Diplomatenkonvoi durch die irakische Hauptstadt geleitet – und wahllos das Feuer eröffnet. Nach dem Wahlsieg Barack Obamas 2008 hatte das State Department einen Vertrag mit Blackwater gekündigt. Nach Ermittlungen zahlreicher US-Behörden gegen die Firma musste deren Chef rund 100 Millionen Dollar für Anwälte und Strafen zahlen. 2009 wurde der Firmenname in Xe geändert und 2011 in Academi. Seit 2010 ist Erik Prince nicht mehr dabei. Für geschätzte 200 Millionen Dollar verkaufte er das Unternehmen an eine Investorengruppe. Zeitgleich verlagerte er seinen Wohnsitz nach Abu Dhabi – wo nach seinen Worten »ein freundliches Geschäftsklima, geringe bis gar keine Steuern" geboten werden und »keine wildgewordenen Staatsanwälte und keine Gewerkschaften« das Business stören. Seinem Metier hingegen ist der Milliardär treu geblieben. Im Auftrag des dortigen Kronprinzen stellte Prince ein Elitebataillon aus 800 Söldnern zusammen. Diese private Streitmacht ist für Sondereinsätze inner- und außerhalb der Emirate gedacht, für die Sicherung der Ölpipelines und der Hochhäusern vor Attentaten und zur Niederschlagung von Aufständen. »Solche Truppen könnten eingesetzt werden, wenn die Emirate mit Unruhen in ihren überfüllten Arbeitslagern oder Protesten konfrontiert sind, die sich in den letzten Jahren in der arabischen Welt ausgebreitet haben«, wusste die New York Times aus ihr zugespielten Dokumenten zu berichten. Prince erwirkte aufgrund dieser Veröffentlichungen eine Gegendarstellung, in der behauptet wird, dass er das verantwortliche Unternehmen »Reflex Responses« weder leite noch besitze und er lediglich für Beratung und Rekrutierung verantwortlich sei. Seit 2013 ist Prince Vorsitzender der »Frontier Resources Group«, einer Investmentfirma, die in über einem Dutzend afrikanischer Staaten tätig ist. Verbunden ist sie mit der »Frontier Services Group«, die über enge Verbindungen zu chinesischen und israelischen Investoren verfügt.

Der Hintergrund dürften die gewaltigen Anstrengungen vor allem der Volksrepublik China sein, in Afrika an Rohstoffe zu gelangen. Bis 2025 wollen die Chinesen dort für Häfen, Airports, Schienenwege und Straßen die gewaltige Summe von einer Billion US-Dollar investieren. Da könnten für ein privates Sicherheits- und Logistikunternehmen mehr als Brosamen abfallen.

Erik Prince ist mittlerweile nach Österreich umgezogen. Mit Hauptwohnsitz residiert der ehemalige US-Navy-Seal und Blackwater-Boss im beschaulichen Burgenland, in Neusiedl am See. Vermutlich aus steuerrechtlichen Gründen.

* Aus: junge Welt, Montag, 3. November 2014




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