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Blackwaters Schmierentheater

Mordende US-Privatarmee kaufte sich bei irakischen Regierungskreisen frei

Von Karin Leukefeld *

Neuer Skandal um die US-amerikanische Söldnerfirma Blackwater (heute Xe): Sie hat 2007 in Irak nicht nur unschuldige Zivilisten getötet, sondern anschließend irakische Politiker geschmiert, um eine Untersuchung des Massakers abzuwenden.

Der ehemalige Präsident der US-Sicherheitsfirma Blackwater, Gary Jackson, soll die Zahlung von einer Million Dollar zu Bestechungszwecken veranlasst haben. Das berichtet die »New York Times« unter Berufung auf vier ehemalige Mitarbeiter der Firma. Mit dem Geld habe man irakische Behördenvertreter dafür »belohnen« wollen, dass sie Klagen gegen die Taten von Blackwater-Mitgliedern zum Schweigen bringen.

Anlass der Kritik war ein Einsatz auf dem Nisour-Platz in Bagdad- Mansour, bei dem am 16. September 2007 17 Iraker getötet und viele weitere verletzt worden waren. Die Sicherheitskräfte hatten angegeben, sie seien bedroht worden, tatsächlich schossen sie den Weg für ein Fahrzeug der US-Botschaft frei, das in unübersichtlichem Verkehr stecken geblieben war.

Das Bestechungsgeld sei gezahlt worden, weil die öffentliche und massive Kritik in Irak dem Ruf der Firma geschadet hätte, so die vier Ehemaligen gegenüber der »New York Times«. Lizenzen mit Aufträgen im Wert von Hunderten Millionen Dollar hätten auf dem Spiel gestanden. Blackwater hat seit 2004 mehr als 1,5 Milliarden Dollar allein für den Schutz von US-Diplomaten und für deren Lufttransfer in Irak erhalten.

Die Identität der früheren Blackwater-Mitarbeiter wurde nicht veröffentlicht. Zwei sollen an Gesprächen über die Zahlung von Bestechungsgeldern direkt teilgenommen. Inzwischen sei aber niemand von ihnen mehr bei Blackwater beschäftigt. Die Folgen des Massakers am Nisour-Platz waren für Blackwater so dramatisch, dass die Firma den Namen wechselte und sich heute Xe nennt.

Eine Sprecherin von Xe wies die belastenden Aussagen der vier ehemaligen Blackwater-Söldner als »grundlos« zurück. Auch das US-Außenministerium erklärte, keine Kenntnis über Bestechungszahlungen zu haben. Bestechung von Regierungsstellen ist nach US-Gesetz verboten. Eine gerichtliche Untersuchung wurde auf Initiative eines Ehemaligen eingeleitet.

Gegen Mitarbeiter der Firma wird auch wegen Waffenschieberei ermittelt. Auf Initiative irakischer Betroffener wurde ein Verfahren gegen fünf Blackwater-Mitarbeiter eingeleitet, die damals im Einsatz waren. Die Verhandlung soll im Februar 2010 beginnen.

Aber nicht nur in den USA, auch in Deutschland »kümmern« sich private Sicherheitsfirmen um den Schutz für Wirtschaft und Hilfsorganisationen in Kriegs- und Krisengebieten. In Irak sorgt die bei München ansässige »Result Group«, die von einem früheren Mitglied der Sondereinsatzgruppen MEK, SEK und GSG 9 gegründet wurde, für den »ganzheitli- chen Schutz von Großprojekten wie Baustellen, Anlagen und Camps«, heißt es auf deren Internetseite.

BND-Präsident Ernst Uhrlau sagte bei einer Sicherheitskonferenz 2007: »Irak, Afghanistan, Balkan - kein großer internationaler Militäreinsatz ist heute mehr denkbar ohne die Unterstützung durch private Sicherheitsakteure - in einigen low intensity conflicts (Konflikte mit geringer Intensität - K. L.) treten diese sogar an die Stelle staatlicher Akteure und werden zum entscheidenden Element des Konfliktmanagements.« Die Bundeswehr kooperiert bei Auslandseinsätzen nach eigenen Angaben nicht mit privaten Sicherheitsfirmen. Anfang 2008 wurde bekannt, dass Heckler & Koch die Firma Blackwater/Xe mit Maschinenpistolen ausrüstet.

* Aus: Neues Deutschland, 12. November 2009


Outsourcing der Mörder

Von Roland Etzel **

Eine Überraschung ist das wohl für niemanden mehr: Die Mörderbande der US-amerikanischen Privatarmee Blackwater hat nicht nur das Leben zahlloser unschuldiger Menschen in Irak auf dem Gewissen - das wusste man schon -, sondern betrieb danach auch noch mit einer Million Dollar ein bisschen »Landschaftspflege« im irakischen Behördendickicht, um deren Untersuchungseifer zu befrieden. Offenbar mit Erfolg.

Selbst wenn es jetzt zu Hause eine Untersuchung der Schmiergeldzahlung geben sollte, weil die Bestechung ausländischer Regierungen nach US-Gesetz strafbar ist - viel mehr als mit nationalem Pathos verkleistertes Gerichts-theater ist nicht zu erwarten. Wenn es um wegen Kriegsverbrechen angeklagte US-Bürger geht, ist die amerikanische Justitia gewöhnlich nicht nur blind, sondern auch stumm und taub und trägt Stars and Stripes. Wäre dies anders, müsste auch das State Department einen Großteil dessen, was dort bisher als Außenpolitik betrieben wurde, für kriminell erklären und ad acta legen.

Und Blackwater gilt ja als nichtstaatlich, gehört nicht zur Army. Ein Teil der mörderischen Drecksarbeit ist so längst per Outsourcing »in die Privatwirtschaft« entsorgt worden. Ein Wunder, dass in Deutschland noch keiner auf das Geschäft mit Söldner-Leasing gekommen ist. Oder doch? Es ist bestimmt nicht zu früh, Aufmerksamkeit dagegen zu mobilisieren.

** Aus: Neues Deutschland, 12. November 2009 (Kommentar)

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