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Force de frappe und britische Atomwaffen

Arsenale und Einsatzstrategien der Atomwaffenmächte Frankreich und Großbritannien

Im Juli 2004 begann die kritische Wochenzeitung "Freitag" eine Artikelfolge, die sich mit der atomaren Rüstung und den Einsatzdoktrinen der führenden Kernwaffen-Mächte beschäftigen will. Die ersten beiden Artikel erschienen am 23. Juli und am 13. August 2004. Sie befassen sich mit der französischen Force de frappe und mit dem britischen Atomwaffenarsenal. Autor beider Beiträge ist Wolfgang Kötter.
Im Folgenden dokumentieren wir Auszüge aus den Artikeln. Die vollständigen Texte sind im Archiv des "Freitag" abzurufen (www.freitag.de).


Viel Sinn für den atomaren Sündenfall

Frankreichs Atomstreitmacht "Force de frappe" im Wandel

Von Wolfgang Kötter

(...) Wer nach Wurzeln für den unerschütterlichen Glauben Frankreichs an sein Atomwaffenarsenal sucht, wird eine Erklärung in tief sitzenden Verletzungen des nationalen Selbstwertgefühls finden, in denen sich die vierziger Jahre des zurückliegenden Jahrhunderts spiegeln. Französische Atomphysiker gehörten zu den Pionieren des friedlichen wie auch militärischen Gebrauchs der Kernenergie, als im September 1939 der Ausbruch des II. Weltkrieges ihren Arbeiten einen zusätzlichen Schub verschaffte. Mit dem Erwerb von Uran aus Belgisch-Kongo sowie erheblicher Mengen schweren Wassers aus Norwegen wurden maßgebliche Vorkehrungen für den Bau einer eigenen Atombombe getroffen, doch setzte die deutsche Okkupation im Juni 1940 diesen Ambitionen ein jähes Ende. Französische Wissenschaftler sollten - soweit sie ins Exil gingen - in den folgenden Jahren in England und später in Kanada am britischen Atomprojekt mitarbeiten und zugleich erfahren, wie sehr sie beim Manhattan-Projekt der Amerikaner unerwünscht waren. Damals reifte die Überzeugung, Frankreich werde nur dann zur Nuklearmacht aufsteigen, wenn es sich voll und ganz auf ein eigenes Arsenal stützen könne.

Unmittelbar nach Kriegsende wurde daher auf Betreiben von General de Gaulle das französische Nuklearprogramm unter der Ägide des Commissariat ŕ l´énergie atomique (CEA) wieder aufgenommen. Als nach den USA (1945) und der UdSSR (1949) auch Großbritannien im Jahre 1952 seine erste Nuklearbombe erfolgreich getestet hatte, forcierte das die Entfaltung des französischen Atomwaffenprojekt ebenso wie die militärische Integration Westdeutschlands in das westliche Bündnis.

Weitere - aus Pariser Sicht - frustrierende Erfahrungen taten ein Übriges: Mit dem von US-Präsident Eisenhower Ende 1953 aufgelegten "Atoms for Peace"-Programm sollte die amerikanische Vormacht auf nuklearem Gebiet zementiert werden. Schwer brüskiert fühlte sich Paris, als die Amerikaner im April 1954 das Begehren von Außenminister Bidault zurückwiesen, durch den Einsatz von Kernwaffen eine Niederlage der französischen Kolonialarmee im nordvietnamesischen Dien Bien Phu abzuwenden. Frankreichs Machtelite schwor sich auf das Axiom ein: Atomwaffen braucht, wer seine "Souveraineté Nationale" garantieren und sich weltpolitisch Gehör verschaffen will.

Sankt-Florians-Prinzip

So detonierte am 13. Februar 1960 auf dem Testgelände Reganne in der Sahara der erste französische Atomsprengsatz. Als dieses Versuchsgelände wegen der Unabhängigkeit Algeriens zwei Jahre später nicht mehr zur Verfügung stand, verlegte die Force de frappe ihre Kernwaffenversuche in den Südpazifik. Es sollte über die Jahrzehnte hinweg 215 davon gegeben haben, ehe im Mai 1996 die Testanlagen auf den Polynesien-Inseln Moruroa und Fangataufa endgültig geschlossen wurden.

Parallel zu den ersten erfolgreichen Nukleartests wurde damit begonnen, die Trägersysteme zu bauen. Die luftgestützte Funktion übernahm zunächst der Überschallbomber Mirage IV mit einer Reichweite von 1.500 Kilometern. Um allerdings Ziele in der Sowjetunion glaubhaft bedrohen zu können, mussten in den USA zusätzlich Flugzeuge zur Luftbetankung gekauft werden, um den Aktionsradius auf 3.000 Kilometer zu erweitern. Einen Durchbruch beim Bau strategischer Raketen verzeichnete die Force de frappe mit dem Transport eines Satelliten in den Weltraum durch die Trägerrakete Diamant am 26. November 1965. Darüber hinaus begannen die Arbeiten an Boden-Boden- sowie See-Boden-Raketen, die mit 150-Kilotonnen-Sprengköpfen ausgerüstet waren. Auf dem Plateau d´Albion in Alpes De Haute-Provence entstanden 18 unterirdische Silos zur Stationierung ballistischer Raketen. Als seegestützte Trägermittel dienten fünf atombetriebene U-Boote, die mit je 16 Mittelstreckenraketen bestückt waren und gleichfalls eine Reichweite von bis zu 3.000 Kilometern aufwiesen.

Frankreichs Diplomatie flankierte dieses Programm in den internationalen Gremien nach dem Sankt-Florians-Prinzip mit der Formel: "Wir sind zwar für die Beseitigung aller Kernwaffen, aber vorher müssen die nuklearen Supermächte abrüsten". Man unterstützte lediglich solche Abkommen, von denen die eigene atomare Aufrüstung nicht tangiert wurde. So unterzeichnete Frankreich 1959 den Antarktisvertrag wie auch den Weltraumvertrag von 1967, nahm aber weder an Verhandlungen zum Teilteststoppvertrag von 1963 noch zum Kernwaffensperrvertrag von 1970 teil. (...)

Als mit den Jahren die Radikalverweigerung kontraproduktiv zu werden begann, wurde auf mehr Kooperation umgeschaltet. So beschloss die Regierung Mitterrand 1992, dem Kernwaffensperrvertrag beizutreten und sich unter die Erstunterzeichner eines umfassenden Teststoppvertrages zu begeben (...)

In Diensten Europas

Über Jahrzehnte hinweg folgte die französische Nuklearstrategie der Doktrin einer massiven Vergeltung. Da eine solche Totalabschreckung in den achtziger Jahr zusehends an Glaubwürdigkeit verlor, wurde zur "Strategie der flexiblen Reaktion" übergegangen - der "Stratégie plus nuancée redete", die Revisionen hinsichtlich der Struktur und Einsatzplanung der Kernwaffen auferlegte. Dies um so mehr, als man sich mit dem Ende des Kalten Krieges zu einer grundsätzlichen Neubewertung der eigenen Position in der Weltpolitik gezwungen sah. (...)

(...) Die fällige Neuorientierung verlangte daher auch nach einer Modifizierung der französischen Nuklearpolitik und lief auf die Frage hinaus: Wie lässt sich das vorhandene Atompotenzial weiterhin als Instrument französischer Außenpolitik nutzen? Eine endgültige Antwort scheint bis heute nur bedingt gefunden. Wiederholt gab es vage Angebote, Frankreich könne seine Kernwaffen möglicherweise in Form einer "konzertierten Abschreckung" einer Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GASP) der EU zu Verfügung stellen. (...)

Plateau d´Albion geschleift

Derzeit verfügt Frankreich über rund 350 Nuklearsprengköpfe. Als luftgestützte Trägermittel stehen drei Geschwader mit insgesamt 60 modernen Mirage-Bombern vom Typ 2000-N und einer Reichweite von 2.750 Kilometern zur Verfügung. Sechs mit je 16 nuklearen Interkontinentalraketen bestückte U-Boote sowie auf dem Flugzeugträger Charles de Gaulle stationierte Super-Etendard-Maschinen mit Luft-Boden-Raketen an Bord bilden die seegestützten Systeme. Auf die landgestützte Komponente der Force de frappe wurde zwischenzeitlich vollends verzichtet - die Mittelstreckenraketen sind verschrottet und die Silos auf dem Plateau d´Albion geschleift. Frankreich stellt momentan weder waffenfähiges Plutonium noch hochangereichertes Uran her. Die Wiederaufbereitungsstätte in Marcoule wie auch die Uran-Anreicherungsanlage in Pierrelatte wurden geschlossen. Aus Kostengründen wird die Einführung von etwa 300 Kampfflugzeugen des Typs Rafale als Nachfolger der Mirage-Bomber und der Etendard-Flugzeuge zeitlich gestreckt. Bis 2008 soll die Innovation der U-Boot-Flotte vollendet sein. Die drei bisher in Dienst gestellten Boote Triomphant, Temeraire und Vigilant gehören jedenfalls schon einer neuen Generation an, durch ihre mit sechs Sprengköpfen ausgerüsteten Raketen - Reichweite bis 10.000 Kilometer - erreichen sie eine territorial unbegrenzte Einsatzfähigkeit.

Imperiale Attitüden

Frankreich versucht heute, sein Nukleararsenal so zu modernisieren, dass es nicht nur flexibler, sondern auch im Sinne einer globalen Interventionsfähigkeit einsetzbar ist, basierend auf einer wohl proportionierten Triade aus strategisch-nuklearen, taktisch-nuklearen sowie konventionellen Streitkräften. Dazu veranschlagt die Verteidigungsplanung 2003 - 2008 17 Milliarden Euro für den Bau eines weiteren U-Bootes, die Entwicklung einer Langstreckenrakete sowie die von Jagdbombern abzufeuernde Mittelstreckenrakete Amiliore mit einer Reichweite von 500 Kilometern. Bis spätestens 2010 soll überdies mit dem Bau kleinerer Sprengköpfe, so genannten "Mininukes", begonnen werden, womit die Hemmschwelle für den operativen Einsatz von Kernwaffen weiter gesenkt werden dürfte.

Bereits im Juni 2001 hatte Präsident Chirac mit einem Vortrag am Institut des Hautes Etudes de Défense Nationale (IHEDN) eine angepasste Abschreckungsdoktrin skizziert, indem er an die Adresse von Staaten, die atomare, biologische oder chemische Waffen entwickeln, die Warnung richtete: "Falls ihre Absichten uns gegenüber feindselig sind, müssen die Führer dieser Staaten wissen, dass sie sich damit einem Gegenschlag mit inakzeptablen Schäden aussetzen." Und Verteidigungsministerin Michčle Alliot-Marie bekräftigte Anfang dieses Monats: Es gäbe immer mehr Staaten, die versuchten, sich Kernwaffen zu verschaffen und sie möglicherweise - auch gegen Frankreich einzusetzen. Denen könne man sagen: "Achtung, lasst ihr euren Drohungen Taten folgen, werden wir euch zerstören." Das gelte genauso für einen Angriff mit chemischen oder biologischen Potenzialen. Mit anderen Worten: Um sich gegenüber den imperialen Attitüden der USA schadlos zu halten, kopiert Frankreich weitgehend deren Muster - bis hin zu einer analogen Präventivstrategie.

Aus: Freitag 31, 23.Juli 2004

Vorbereitet auf nukleare Missionen

Großbritanniens Atomstreitmacht ist vollkommen auf die Kooperation mit den USA angewiesen

Von Wolfgang Kötter


Großbritanniens Kernwaffenarsenal wäre ohne die enge Kooperation mit den USA undenkbar. Bereits im II. Weltkrieg waren britische Wissenschaftler in Los Alamos am Bau der amerikanischen Atombombe beteiligt - diese Verflechtung sollte sich nach einer kurzen Unterbrechung (McMahon-Gesetz 1946) bis in die Gegenwart fortsetzen. (...)

Der erste britische Atomsprengsatz explodierte am 10. März 1952 auf den Monte-Bello-Inseln in Australien, fünf Jahre später folgte auf den Christmas Islands der Test einer ersten Wasserstoffbombe. Dabei erreichte der nukleare Fallout auf dem australischen Festland und den vorgelagerten Inseln sogar Melbourne, so dass weite Teile der betroffenen Regionen über Jahre hinweg schwer kontaminiert blieben. Als dagegen massive Proteste laut wurden, wich die britische Nuklearplanung auf das Testgelände in der Wüste von Nevada (USA) aus. Seit auch dort 1991 die Nuklearversuche eingestellt sind, beteiligen sich britische Experten an sogenannten "subkritischen Tests" der US-Nuklearstreitmacht, die es technologisch hochentwickelten Staaten erlauben, ihre Atomarsenal per Computersimulation zu optimieren.

Innerhalb ihrer "special relationship" einigten sich Briten und Amerikaner schon 1958 auf das Mutual Defence Agreement (MDA), das den Informationsaustausch ebenso wie den Transfer von Technologie und Nuklearmaterial (Plutonium, hoch angereichertes Uran und Tritium) regelt. Angesichts der seit 2001 geltenden Sicherheitsdoktrin der Bush-Administration, die auch einen präventiven Einsatz von Kernwaffen ausdrücklich vorsieht, ist diese Kooperation inzwischen heftig umstritten. So warnt etwa der British American Security Information Council (BASIC) davor, das MDA Ende 2004 erneut zu verlängern. Nicht allein die Kosten von 5,3 Milliarden Pfund sorgen für Unmut, mehr noch ist es die Vermutung, im Gespann mit den Amerikanern könnte es nur eine Frage der Zeit sein, bis Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag wie dem Teststoppvertrag verletzt werden und das Nichtverbreitungsregime für Kernwaffen weiter unterminiert wird. Das wäre, so der britische Labour-Abgeordnete Alan Simpson, "eine Einladung an andere, sich dem Atomklub in gleicher Weise anzuschließen."

Bereits seit geraumer Zeit dürfen die USA im britischen Kommunikationszentrum Menwith Hill eine Kontrollstation für ihr im Weltraum stationiertes Infrarotsystem zur globalen Beobachtung von Raketenstarts betreiben. Auch signalisierte Verteidigungsminister Geoffrey Hoon sein Einverständnis mit der von amerikanischer Seite gewünschten Modernisierung der Radar-Frühwarnanlage auf der Royal Air Force Basis Fylingdales. (...)

Labours Machtantritt 1997: Gegen jeden Verzicht auf den Ersteinsatz von Kernwaffen

Jahrzehntelang hatte die Labour Party vehement für eine einseitige nukleare Abrüstung plädiert. Kaum war Tony Blair als Premierminister vereidigt, sah die Welt anders aus. "Es hat uns Jahre aufreibender Debatten gekostet, aber als wir 1997 an die Regierung kamen, hatten wir uns klar für die nukleare Abschreckung entschieden", erinnert sich der damalige britische Verteidigungsminister George Robertson. Dies bedeutete zugleich: keinen Verzicht auf den Ersteinsatz von Kernwaffen.

Wie Frankreich hatte auch Großbritannien nach dem Ende der Ost-West-Polarität in der ersten Hälfte der neunziger Jahre begonnen, sein Nuklearpotenzial zu "reformieren". Durch Modernisierungen und Umstrukturierungen schmolz der Gesamtbestand an einsatzfähigen Kernwaffen zunächst auf 30 Prozent des ursprünglichen Arsenals. Um nur ein Beispiel zu nehmen: die Trident-U-Boote verfügen heute über eine Feuerkraft, die bei einem Drittel des entsprechenden Potenzials der einstigen Polaris-U-Boote liegt. 1998 wurden zudem die Tornado-Jagdbomber vom Fliegerhorst Brüggen (Nordrhein-Westfalen) ins englische Marham und ins schottische Lossiemouth verlegt.

Ein Jahr zuvor bereits hatte die nukleare Produktionsstätte in Cardiff nach 36-jährigem Betrieb ihre Pforten geschlossen. Derzeit werden Kernsprengköpfe nur noch in der etwa 80 Kilometer westlich von London gelegenen Rüstungsfabrik Aldermaston zusammengebaut und in neu eingerichteten Labors mit Lasertechnologie sowie hydrodynamischen Tests überprüft. Im Ergebnis dieses Rückbaus verfügt Großbritannien nach Angaben des renommierten Bulletin of the Atomic Scientists zur Zeit über 185 einsatzbereite Atomsprengköpfe, während weitere 15 nukleare Sprengsätze eingelagert seien, gewartet oder überprüft würden.

Parallel dazu beschränkt man sich - seit die Tornado-Jagdbomber ihre nukleare Funktion eingebüßt haben - bei den strategischen Trägermitteln allein auf die seegestützte Komponente, ergänzt durch einen mit den USA gemeinsam unterhaltenen Pool von 58 Trident-Raketen auf der U-Boot-Basis Kings Bay im Bundesstaat Georgia. Die Trident-Raketen sind flexibel einsetzbar, denn abhängig von der angestrebten Reichweite können sie mit einem Sprengkopf für strategische oder mit bis zu drei Mehrfachsprengköpfen für taktische Aufgaben ausgerüstet werden. Über eine mögliche Trident-Nachfolgegeneration wird augenblicklich höchst kontrovers debattiert, möchte doch die Regierung die heikle, weil kostspielige Entscheidung bis nach den Parlamentswahlen 2006 verschieben. (...)
(...)
Als früh gestartete Kernwaffenmacht war Großbritannien von jeher an der völkerrechtlichen Absicherung seines nur mit wenigen geteilten Monopols interessiert. So wurde mit den USA und der UdSSR bereits 1963 jener Teststoppvertrag ausgehandelt, der Kernwaffenversuche in der Atmosphäre, im Weltraum und unter Wasser verbot. Später setzte sich London aktiv für den Kernwaffensperrvertrag von 1970 ein, dessen Überprüfung im nächsten Jahr fällig ist. Ein Ereignis, das schon jetzt seine Schatten voraus wirft, da sich Großbritannien wie die übrigen Atommächte mit dem Vorwurf konfrontiert sieht, die mit dem Abkommen seinerzeit übernommenen Abrüstungsverpflichtungen ignoriert zu haben. (...)
(...)

Falklandkrieg 1982: radioaktive Fracht vor der argentinischen Küste

Über den nationalen Rahmen hinaus sind die britischen Kernwaffen der Befehlsgewalt der NATO zugeordnet. Das heißt, Einsatzoptionen wie Zielplanung entsprechen Politik und Strategie der Allianz, die sich ihrerseits weitgehend an die Nukleardoktrin der USA anlehnt. Im Ernstfall entscheidet demzufolge der Supreme Allied Commander Europe (SACEUR), ein amerikanischer Vier-Sterne-General als Oberkommandierender des NATO-Hauptquartiers Europa, über mögliche Atomschläge.

Das für den britischen Generalstab der Einsatz von Kernwaffen kein virtueller Vorgang ist, lässt sich jüngster Vergangenheit entnehmen. Während des Falkland-Krieges von 1982, geführt unter Premierministerin Margaret Thatcher, hatte Argentinien mehrfach dagegen protestiert, dass die britische Flotte im Südatlantik mit Atomwaffen bestückt war. Wie es hieß, waren an Bord des von der argentinischen Luftwaffe am 4. Mai 1982 versenkten Kreuzers Sheffield Kernwaffen gelagert. Seither liegt die radioaktive Fracht, so die argentinische Version, auf dem Meeresgrund vor der argentinischen Küste. (...) Wie ein Sprecher des britischen Verteidigungsministeriums bestätigte, handelte es sich seinerzeit tatsächlich um Nuklearwaffen zur U-Boot-Abwehr. Vor Auslaufen der Schiffe aus britischen Marinehäfen habe aus Zeitgründen keine Möglichkeit mehr bestanden, die Raketen auszugliedern - ein Einsatz sei jedoch nie vorgesehen gewesen. Die Atomwaffen seien dann aber auf See umgeladen und nach Großbritannien zurückgebracht worden, sie hätten nie südamerikanische Gewässer erreicht. (...)

Auch die jetzige Labour-Regierung schließt die gezielte Anwendung von Atomwaffen nicht aus. Während des Irak-Krieges im März/April 2003 Jahr erklärte Verteidigungsminister Hoon ausdrücklich, sollten der Irak oder andere "kritische Staaten" Massenvernichtungswaffen gebrauchen, dann sollten diese Gegner wissen, "dass wir unter den richtigen Voraussetzungen bereit sind, unsere Nuklearwaffen zu nutzen".



Das britische Kernwaffenarsenal 2004

Anzahl der verfügbaren Trägermittel: 64

maximale Reichweite der Langstreckenraketen: 7.400 Kilometer

durchschnittliche Explosionskraft je Sprengkopf: 100 Kilotonnen*

Zahl der Sprengköpfe der auf U-Booten stationierten Trident-Raketen: 200

Stationierungsjahr: ab 1994

* Die Sprengkraft von Kernwaffen wird bezogen auf den herkömmlichen Sprengstoff Trinitrotoluol (TNT) angegeben.
Quelle: Bulletin of the Atomic Scientists




Aus: "Freitag", 13. August 2003

Die Wochenzeitung "Freitag" veröffentlichte im Juli/August/September eine Reihe von Beiträgen über die Atomwaffenarsenale und -politik der Kernwaffenstaaten. Es erschienen:


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