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Nahostkonflikt: Die Ereignisse ab September 2002

Zusammengestellt aus Agenturmeldungen

1. bis 8. September 2002

Am 1. September erschossen israelische Soldaten vier Palästinenser in der Nähe eines Feldes bei Hebron, das von jüdischen Siedlern bestellt wird. Die Armee behauptete, die vier Männer, die Werkzeugtaschen bei sich trugen, wollten in die Siedlung eindringen. Nach palästinensischen Angaben handelt es sich bei den Getöteten um Arbeiter aus einem Steinbruch.
Als Reaktion auf die israelischen Militäroperationen vom 31. August und 1. September hat die palästinensische Autonomiebehörde alle Gespräche mit der israelischen Seite ausgesetzt.
Am 2. September reist der dänische Außenminster Pe Stig Möller in den Nahen Osten, um das Papier der EU-Außenminister (siehe Chronik vom 31. August) mit Israels Premier Scharon und Palästinenserpräsident Arafat sowie mit den Regierungen in Ägypten und Saudi-Arabien zu besprechen.
Die palästinensische Bürgerrechtsorganisation "Al Haq" aus Ramallah legte am 2. September der Frankfurter Rundschau eidesstattliche Versicherungen vor, wonach es sich bei der Tötung von vier Palästinensern am 1. September um eine kaltblütige Exekution gehandelt habe. Die tödlichen Schüsse seien erst erfolgt, nachdem die vier Arbeiter mit erhobenen Händen von israelischen Soldaten abgeführt worden waren. Wenig später habe er eine erste Gewehrsalve gehört, danach seien weitere Schüsse erfolgt. Die Version der israelischen Armee lautete: Die Soldaten hätten auf eine Gruppe Palästinenser geschossen, als diese in jüdisches Siedlerland eindringen wollten. Die Armee gab zu, dass die vier Palästinenser unbewaffnet waren. Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser hat inzwischen einen General mit der Untersuchung des Vorfalls beauftragt.

Israels Oberstes Gericht hat am 3. September ein Präzedenzurteil in Sachen Deportationen gefällt. Es erlaubte, zwei Geschwister eines militanten Palästinensers nach Gaza abzuschieben; in Bezug auf eine dritte Person wurde die Deportation nicht zugelassen. Die Anschiebung der zwei Geschwister wurde auf zwei Jahre befristet. Begründet wurde das Urteil damit, dass die beiden Geschwister ihren Bruder (der beschuldigt wird, Drahtzieher eines Selbstmordattentats gewesen zu sein) aktiv unterstützt haben. Daher gehe von den beiden eine akute Bedrohung Israels aus. Der dritte Palästinenser darf nicht abgeschoben werden, da er in die Attentatspläne seines Bruders (ihm werden Busanschläge zur Last gelegt) nicht eingeweiht gewesen sei. Das Gericht ließ den Einwand der Kläger, die Abschiebung verstoße gegen die Vierte Genfer Konvention, nicht gelten, sondern berief sich auf Art. 78 des Kriegsrechts, das einer Besatzungsarmee zur Gefahrenabwehr das befristete Umsiedeln der Bewohner innerhalb eines Territoriums gestatte. (Dass Gazastreifen und Westjordanland ein Gebiet darstellen sollen, ist eine interessante Interpretation. Sie widerspricht der Tatsache, dass Palästinenser keine Reisefreiheit zwischen beiden Teilen genießen.) - Während das Urteil in Bürgerrechtskreisen auf Kritik stieß, sah das ultrarechte Knesseth-Mitglied Benny Elon in ihm einen "ersten kleinen Schritt zu einer breiten Transferlösung". - Am 4. September wurden die beiden Geschwister in den Gazastreifen abgeschoben.

In einem Fernsehinterview zum jüdischen Neujahrstag (er beginnt am 6. September) am 5. September kündigte Ariel Scharon an, mit Palästinensern verhandeln zu wollen, die "begriffen haben, dass sie mit Terror nichts erreichen können".
Scharon ging auf Distanz zu dem europäischen Drei-Phasen-Plan (siehe Chronik vom 31. August). Er beharrt auf "Nulltoleranz" gegenüber einer politischen Rolle Arafats. Auch lehnt er jede Festlegung auf eine palästinensische Staatsdeklaration ab.
Beim zweiten Prozesstag gegen Fatah-Chef Marwan Barghouti in Tel Aviv kam es zu einem Eklat. Die Verteidiger Barghoutis boykottierten die Verlesung der Anklage. Barghouti sagte: "Ich erkenne das Gericht nicht an. Es ist ein Gericht der Besatzung".

Die UN-Sonderbeauftragte Catherine Bertini legte am 5. September einen Bericht vor, wonach die humanitäre Lage in Palästina kurz davor stehe, außer Kontrolle zu geraten. 1,5 Mio. der insgesamt 3,3 Mio. Bewohner können danach ohne fremde Hilfe nicht mehr überleben. Wenn Israel die Isolierung der besetzten Gebiete nicht lockere, werde sich die Situation weiter verschärfen. Vor kurzem hatte bereits eine US-amerikanische Einrichtung ähnlich alarmierende Zustände beschrieben (vgl. ).

Der 6. September stand wegen des Beginns des jüdischen Neujahrs im Zeichen verschärfter israelioscher Sicherheitsmaßnahmen. Armeeeinheiten drangen in Dschenin ein und erschossen zwei Mitarbeiter der palästinensischen Sicherheitskräfte. (Israel sagte, die beiden seien bei einem Schusswechsel nur verletzt worden).
Den Gazastreifen hat die israelische Arme wieder in drei Teile geteilt. Kampfhubschrauber feuerten uf einen Metallbetrieb in Chan Junis. Israel behauptet, dort würde Munition hergestellt.
Mittlerweile hat eine von Verteidigungsminister Ben-Elieser eingesetzte Untersuchungskommission zur Klärung der 13 getöteten Zivilisten des vergangenen Wochenendes die beteiligten Offiziere und Soldaten freigesprochen. Alle Vorschriften seien korrekt eingehalten worden.

Nach dem Tod zweier israelischer Soldaten rückte die Armee in der Nacht zum 7. September in die Stadt Dir el Balah im Zentrum des Gazastreifens ein. Laut Armee wurden vier Männer festgenommen. Zudem sei das Büro der Fatah-Bewegung zerstört worden, in dem Sprengstoff gefunden worden sei.
In der Nacht zum 8. September nahm die Armee im Westjordanland 19 Palästinenser fest.
Aus Furcht vor neuen Terroranschlägen während des jüdischen Neujahrsfestes verhängte die israelische Armee in der Nacht zum 8. September erneut eine strikte Ausgangssperren über alle besetzten Städte im Westjordanland. Von dem Ausgehverbot waren mehr als 800.000 Menschen unmittelbar betroffen. Bei Zusammenstößen in mehreren Städten des Westjordanlandes waren am Tag zuvor mehrere Palästinenser, darunter auch Kinder, zum Teil lebensgefährlich verletzt worden.

Am 8. September hat Israel 14 palästinensischen Abgeordneten die Ausreise aus dem Gazastreifen zu einer außerordentlichen Parlamentsversammlung verweigert, die am 9. September in Ramallah (Westjordanland) stattfinden soll. Die Regierung begründete das Verbot nach Palästinenserangaben mit der Verbindung der Abgeordneten zu militanten Gruppen. Die Versammlung soll unter anderem die Kabinettsumbildung von Palästinenserführer Yassir Arafat vom Juni genehmigen sowie über die geplanten politischen Reformen und die allgemeinen Wahlen zur Jahreswende abstimmen. Unter den Abgeordneten, denen Israel die Reise verweigerte, ist auch ein Stellvertreter von Parlamentspräsident Ahmed Kurei. - Die Regierung hat außerdem angedeutet, dass sie Arafat an einer Rede vor den Abgeordneten hindern und ihn in seinem Hauptquartier in Ramallah festhalten wolle. In diesem Fall soll aber die Versammlung in Arafats Amtsräumen stattfinden, hieß es.

9. - 15. September 2002

Palästinenser-Chef Yassir Arafat hat am 9. September Selbstmordattentate und andere Anschläge auf israelische Zivilisten eindeutig verurteilt. In einer Rede vor palästinensischen Parlamentariern in Ramallah grenzte Arafat jede Art des Terrors von legitimem Widerstand gegen Israels Besatzung ab. Arafats einstündige Ansprache bildete am Montag den Auftakt einer mehrtägigen Sitzung des gewählten Autonomierates. Der Rat soll den Reformprozess der palästinensischen Selbstverwaltung erörtern und Arafats Kabinettsumbau bestätigen. Vor allem dank europäischer Vermittlung war das Treffen zu Stande gekommen, das erste dieser Art seit fast zwei Jahren. An die Adresse Israels sagte er: "Wir wollen Sicherheit und Stabilität für uns und für euch." - Israels Regierung nannte Arafats Rede nicht relevant.

Die Fatah-Bewegung hat mit der EU den Entwurf einer Gewaltverzichtserklärung erarbeitet, in der die Fatah zusagt, Angriffe auf Zivilisten in Israel nicht durchzuführen und sie sogar verhindern zu wollen. Allerdings gibt es nach Auskunft eines Fatah-Sprechers noch Vorbehalte in seiner Bewegung. Die israelische Zeitung Ha'aretz veröffentlichte den Entwurf im Internet. Der zentrale Satz heißt wörtlich:
In Übereinstimmung mit den übergeordneten Interessen des palästinensischen Volkes und mit unseren moralischen Werten, toleranten Religionen und unserem Glauben weisen wir, die Fatah-Bewegung, Angriffe auf israelische Zivilisten zurück und werden sie verhindern."
Israel wies die Erklärung als ungenügend zurück, weil damit Anschläge auf jüdische Siedler nicht ausgeschlossen seien.
Bei einer Razzia im Westjordanland töteten am 10. September israelische Soldaten einen palästinensischen Geheimdiensmitarbeiter.
Am 11. September entging Arafat nur knapp einem Misstrauensantrag im palästinensischen Parlament. In der Diskussion wurde sehr viel Kritik an Arafats Führungsstile laut. Arafat ließ daraufhin ein Dekret verlesen, in dem er "freie und allgemeine Wahlen von Präsident und Parlament für alle Palästinenser aus Gaza, Westjordanland und Jerusalem am 20. Januar" ankündigte. Sein Kabinett trat geschlossen zurück. Innerhalb 14 Tagen wolle jetzt Arafat ein neues Interims-Kabinett bilden.
Lob gab es am 12. September von Seiten der israelischen Regierung für das Aufbegehren des Palästinenserparlaments gegen Arafat. Verteidigungsmninister Ben-Elieser sagte: "Es könnte sein, dass wir am Anfang einer Art Wandel stehen". - Von offizieller Palästinensischer Seite hieß es am 12. September, der von Arafat am Vortag genannte Termin für die Neuwahlen (20. Januar 2002) sei möglicherweise nicht zu halten. Es sei unmöglich, Wahlen abzuhalten unter israelischer Besatzung. Die internationale Gemeinschaft solle handeln, um einen israelischen Rückzug sicherzustellen.

In der Nacht zum 12. September rückten israelische Streitkräfte in Gaza ein. Dort brachten sie ein Wohnhaus zu Einsturz, in dem ein vor achte Monaten getötetes Hamas-Mitglied gewohnt haben soll.
In der Nacht zum 13. September marschierten israelische Truppen wieder in mehrere palästinensische Städte ein. In Rafah wurde ein Aktivist der Al-Aksa-Brigaden beim Schusswechsel mit israelischen Soldaten getötet. In einem Flüchtlingslager in Dschabalia sollen drei Palästinenser durch eine vorzeitig explodierende Bombe getötet worden sein.

Die israelische Zeitung Haaretz berichtete, die israelische Armee habe neue Anzeichen für Versuche, irakische Waffen über die jordanische Grenze ins Westjordanland und in den Gazastreifen zu schmuggeln. Ziel Bagdads sei es, die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wegen des möglichen Angriffs durch die USA auf den israelisch-arabischen Konflikt zu lenken, hieß es.
Irak hat nach Angaben eines palästinensischen Aktivisten die finanzielle und materielle Unterstützung für den Aufstand der Palästinenser gegen Israel massiv verstärkt. Den Familien von Selbstmordattentätern zahlt Bagdad je 25.000 Dollar, behauptete Ibrahim Zanen, ein Sprecher der "Arabischen Befreiungsarmee" in Gaza, am 13. September. "Irak unterstützt den palästinensischen Aufstand mit allen Mitteln", sagte Zanen. Nach Ansicht von Iraks Staatschef Saddam Hussein habe ein Selbstmordattentäter "die höchste Stufe des Märtyrertums" erreicht. Daher seien die Zahlungen an Hinterbliebene der Attentäter um je 15.000 Dollar angehoben worden. Weiter sagte Zanen, Familien in Rafah im Gazastreifen, deren Haus von israelischen Truppen zerstört wurde, erhielten je 5.000 Dollar von Irak. Für jedes zerstörte Haus in Dschenin gebe es 25.000 Dollar.

Die Al-Aksa-Brigaden, eine bewaffnete Splittergruppe der Fatah, wollen den Kampf gegen Israel nicht aufgeben. "Wir werden weitere Attentate verüben, bis die Besatzung unseres Landes beendet ist", hieß es in einer Erklärung der Al-Aksa-Brigaden am 15. September. Die Antwort auf die "Massaker" von Israels Ministerpräsident Ariel Scharon werde "sehr hart sein".

16. - 22. September 2002

Am 17. September legte das "Quartett" aus USA, Russland, UNO und EU einen Friedensplan vor. Er entspricht im Wesentlichen dem Plan der Europäischen Union und sieht drei Phasen bis zur Gründung eines souveränen Palästinenserstaates im Jahr 2005 vor. Bereits im kommenden Jahr soll ein provisorischer Staat geschaffen werden. Israel ist nach Worten von Außenminister Peres bereit, den Plan des Nahost-Quartetts zu befolgen. Bei den Palästinensern stießen die Pläne auf ein geteiltes Echo. Palästinenserführer Jassir Arafat sprach von einem "positiven Schritt". Die Palästinenser hofften jetzt, dass die Beschlüsse auch in die Tat umgesetzt würden. Arafats Berater Nabil Abu Rudeineh sagte dagegen, mit dem Plan würden die Erwartungen der Palästinenser nicht erfüllt. "Das Quartett hätte einen Mechanismus vorlegen sollen, wie die israelische Besatzung beendet und ein unabhängiger palästinensischer Staat mit Jerusalem als Hauptstadt geschaffen wird", sagte er. Dies sei der einzige Weg zu Frieden und Stabilität in der Region.

Bei der Explosion einer Bombe in einer palästinensischen Schule nahe der Stadt Hebron im Westjordanland wurden fünf Schüler verletzt. Zum Zeitpunkt der Explosion hielten sich die meisten der 400 Schüler in ihren Klassen auf. Die Schule liegt an einer Straße, die zu mehreren jüdischen Siedlungen in dem Gebiet führt. Nach israelischen Rundfunkangaben wurde der Anschlag von jüdischen Extremisten verübt. Bei der Untersuchung des Geländes fanden Experten eine zweite Bombe, die jedoch entschärft werden konnte.
Im Gazastreifen setzte die israelische Armee ihre Offensive gegen mutmaßliche palästinensische Extremisten fort. Einheiten zerstörten neun mutmaßliche Waffenfabriken und besetzten Teile der Stadt Chan Junis. Dort wurden 23 Verdächtige festgenommen. Ihnen wird vorgeworfen in den vergangenen Tagen Mörsergranaten auf jüdische Siedlungen in dem Gebiet abgefeuert zu haben.
In einem Dorf bei Ramallah zerstörte die israelische Armee 17 fast fertig gestellte Wohnhäuser. Nach palästinensischen Angaben begründete Israel den Schritt damit, dass die Häuser in dem Dorf Ein Sinia auf von Israel allein kontrolliertem Gebiet "illegal" gebaut worden seien. In palästinensischen Kreisen hieß es dazu, die Häuser stünden etwa vier Meter auf palästinensischem Land, das nach den Verträgen von Oslo von Israel allein kontrolliert werde. Die israelische Armee wollte zu dem Zwischenfall zunächst keine Stellungnahme abgeben.

Bei einem Selbstmordanschlag bei Umm el Fahem im Norden Israels ist am 18. September neben dem Attentäter ein Polizist ums Leben gekommen, weitere Menschen wurden verletzt. Der Attentäter hatte sich an einer Bushaltestelle in die Luft gesprengt, als mehrere Polizisten ihn kontrollieren wollten. Es war der erste Anschlag seit mehr als einem Monat. Die extremistische Gruppe Islamischer Dschihad bekannte sich zu der Tat.

Am 19. September sprengte sich in Tel Aviv ein Palästinenser in einem voll besetzten Linienbus in die Luft. Die Explosion tötete außer dem Attentäter fünf Passagiere und verletzte mehr als 60 Menschen. (Ein sechstes Opfer erlag einen Tag später seinen Verletzungen). Der neuerliche Anschlag ereignete sich gegen 13 Uhr im Zentrum von Tel Aviv in der Nähe einer großen Synagoge. Von den mehr als 60 Verletzten schwebten zehn am Nachmittag in Lebensgefahr, teilte ein Sprecher der israelischen Polizei mit. Die radikal-islamische Hamas-Organisation bekannte sich zu dem Anschlag und kündigte an, die Tat sei der Auftakt für eine neue Welle von Selbstmordattentaten. Die palästinensische Autonomiebehörde verurteilte in einer Erklärung das Attentat: Es gebe Israels Ministerpräsident Ariel Scharon "nur einen Grund, seine Offensive gegen die Palästinenser fortzusetzen". Die Anschläge vom 18. und 19. September beendeten mehr als sechs Wochen der relativen Ruhe und versetzten den Hoffnungen auf einen möglichen Neubeginn einen herben Rückschlag.

Noch am Tag des palästinensischen Selbstmordanschlags in Tel Aviv beschloss die israelische Regierung, Palästinenserpräsident Jassir Arafat erneut in in Ramallah festzusetzen. Am 20. September rückten israelische Truppen- und Panzerverbände in Arafats Hauptsitz, die Mukata, ein. Sie sprengten mehrere Gebäude und forderten die Auslieferung von 19 palästinensischen Sicherheitskräften, die in Vorbereitung und Ausführung von Terroranschlägen verwickelt sein sollen. Nur zwei Gebäude blieben intakt. Aus palästinensischen Quellen verlautete am Freitag, israelische Scharfschützen hätten bei einem Feuergefecht mit Mitgliedern von Arafats Leibgarde "Force 17" einen hochrangigen palästinensischen Offizier in der Mukata erschossen. - Nach einem Bericht der Internetausgabe der Tageszeitung Haaretz hatten die Vereinigten Staaten Arafat zur Auslieferung der 19 Palästinenser aufgefordert, die seit Juni im Amtssitz des Vorsitzenden der Autonomiebehörde Zuflucht suchen. Im israelischen Fernsehen wurde gezeigt, wie in der Nacht zum Freitag acht Palästinenser mit hoch erhobenen Armen aus dem Gebäudekomplex traten und sich ergaben. Israel besteht unter anderen auf der Auslieferung des palästinensischen Geheimdienstchefs im Westjordanland, Taufik Tiraui, sowie des Kommandeurs von Arafats Leibgarde, Machmud Damra.
Die israelische Armee verfügte nach den jüngsten palästinensischen Anschlägen über Ramallah sowie über alle anderen größeren Autonomiegebiete eine Ausgangssperre.
In der Frühe des 20. September wurden in Gaza-Stadt bei einer israelischen Militäraktion nach palästinensischen Angaben zwei Palästinenser getötet und sieben verletzt. Die israelischen Truppen zerstörten Eisengießereien, Werkstätten und Garagen, in denen Armeeangaben zufolge Granaten und Kassam-II-Raketen hergestellt worden seien.

Ministerpräsident Ariel Scharon ist einem Bericht der "New York Times" vom 21. September zufolge entschlossen, im Fall eines irakischen Angriffs dieses Mal militärisch zurückzuschlagen. Die Zeitung beruft sich in ihrem Bericht als Quelle auf nicht näher genannte israelische und westliche Diplomaten-Kreise. Der frühere Botschafter Israels in den USA David Ivri sagte der Zeitung, für Israel würde es im erneuten Angriffsfall um die Glaubwürdigkeit seiner Abschreckung gehen. Heute verfüge Israel im Vergleich zur Lage 1991 über weitaus mehr Optionen, um sich wirksam zu verteidigen, sagte Ivri der Zeitung. Dazu gehöre beispielsweise auch der Anschluss Israels an das satellitengestützte Raketen-Frühwarnsystem der USA. Auch scheine der Irak heute nicht mehr über so viele Scud-Raketen zu verfügen wie damals, sagte Irvi.

Am 21. September verstärkte die israelische Armee ihre Angriffe auf das Hauptquartier von Arafat in Ramallah. Mehrere Nebengebäude des Amtssitzes wurden zerstört. Arafat ist in einer Etage des Bürogebäudes isoliert, nachdem die israelischen Truppen eine Verbindungsbrücke und eine Treppe in dem Gebäude zerstört hatten.

Fast überall gingen in der Nacht zum 22. September tausende Palästinenser für Arafat auf die Straße, in Ramallah versuchten sie auf das Gelände des Amtssitzes von Arafat durchzudringen. Vier Palästinenser wurden dabei offenbar durch Soldaten getötet und dutzende weitere verletzt, wie palästinensische Krankenhausmitarbeiter mitteilten.
Die Proteste begannen, nachdem ein Palästinenser aus dem Amtssitz Arafats am Abend des 21. September berichtet hatte, Soldaten hätten Drähte rund um das Gebäude gelegt. Eine israelische Armeesprecherin bestätigte, es werde eine Explosion "als Teil einer laufenden Operation" geben. Die israelische Armee forderte am Abend in Ramallah über Lautsprecher in arabischer Sprache alle Menschen zum Verlassen des Hauptquartiers auf. Alle sollten herauskommen, da es eine "riesige Explosion" geben werde. Kurz nach Bekanntwerden dieser Drohung sammelten sich trotz der Ausgangssperren überall in den Autonomiegebieten empörte Menschen. In Ramallah schlossen sich einige hundert Einwohner westlichen Friedensaktivisten auf dem Weg zu Arafats Hauptquartier an. In Nablus gingen etwa 2.000 Menschen auf die Straße, im nahegelegenen Flüchtlingscamp Balata waren es ebenso viele. Auch aus Jericho, Bethlehem, Dschenin und mehreren Orten im Gazastreifen Massenkundgebungen gemeldet. Die israelische Armee ging mit Gummigeschossen und scharfer Munition gegen die Demonstranten vor. Dabei wurde im Flüchtlingslager Balata bei Nablus wurde ein 19-Jähriger erschossen, in Ramallah wurden zwei Palästinenser getötet, darunter ein Journalist. Auch in Tulkarem wurde ein Mann getötet.

Der außenpolitische EU-Repräsentant Javier Solana sagte am 21. September, der Vorstoß Israels werde keinen Beitrag zur Beendigung des Terrorismus leisten. Die Belagerung könnte dagegen die Bemühungen behindern, die Autonomiebehörde zu reformieren und eine friedliche Lösung zufinden. - Das französische Außenministerium forderte einen Stopp der Aktion. Die Militäraktion sei unannehmbar und müsse unverzüglich beendet werden, hieß es in einer Erklärung. Außerdem müsse das Leben Arafats und seiner Minister unangetastet bleiben. - Auch die USA hatten darauf hingewiesen, dass die Zerstörung des Amtssitzes nicht dem Frieden diene. - Der UN-Sicherheitsrat will sich auf Antrag der Palästinenser am 23. September mit der Entwicklung im Nahen Osten auseinandersetzen.
Ägypten forderte am 22. September die USA auf, Israel "sofort" zu einem Ende der Militäroffensive gegen den Palästinenserpräsidenten zu bewegen. Außenminister Joschka Fischer (Grüne) rief Israelis und Palästinenser eindringlich zu einem Ende der Gewalt auf.

Am 22. September hat die Armee in dem belagerten Amtssitz von Palästinenserpräsident Jassir Arafat auch Wasser, Strom und Telefonleitungen zerstört. Ein Palästinenser teilte per Handy mit, die Klimaanlage in Arafats Amtsräumen funktioniere nicht mehr. Man werde der Forderung der israelischen Armee, 50 Palästinenser auszuliefern, "niemals" nachkommen. Das wäre "politischer Selbstmord". Arafat selbst sagte, er sei bereit, notfalls als Märtyrer zu sterben. Die israelische Armeeführung rechnet damit, dass Arafat und seine Getreuen sich binnen 48 Stunden ergeben. Verteidigungsminister Benjamin Ben Elieser sagte, es sei nicht beabsichtigt, Arafats Amtssitz zu stürmen. Die Armee habe Zeit. - Unterdessen zerstörte die israelischen Armee weiter Reste des Hauptquartiers. Planierraupen rissen den Flügel eines Gebäudes neben Arafats dreistöckigem Amtsitz ein. Palästinensische Spitzenpolitiker äußerten die Befürchtung, dass der Amtssitz wegen der Sprengungen und Erschütterungen in unmittelbarer Nähe einstürzen könne. - In einem Interview mit dem US-Sender CNN sagte Außenminister Schimon Peres, Israel werde das Leben Arafats nicht gefährden. Der angerichtete Schaden werde repariert. Israel stoppte die Zerstörungsaktion offenbar auf Druck aus Washington. Dan Kurzer, US-Botschafter in Tel Aviv, hatte bei der Regierung Scharon interveniert.

23. - 30. September 2002

Am 23. September trat auf Antrag der Arabischen Liga der UN-Sicherheitsrat zusammen um über die Lage im Nahen Osten zu beraten. In der Debatte erhob UN-Generalsekretär Kofi Annan schwere Vorwürfe gegen Israel. Annan wies darauf hin, dass in den sechs Wochen vor dem 18. und 19. September (den Tagen der beiden Selbstmordattentate) in Israel relative Ruhe herrschte, während die israelische Armee 54 Palästinenser tötete. Man könne von den Palästinensern keine Reform ihrer Sicherheitsdienste erwarten, "wenn das wenige, was von der ... bereits schwer geschwächten Infrastruktur ihrer Autonomiebehörde noch vorhanden ist, jetzt endgültig zerstört" werde, sagte er mit Blick auf die neuerliche Offensive der israelischen Armee und die Zerstörung des Amtssitzes von Arafat. Er beschuldigte Israel auch gegen das humanitäre Kriegsvölkerrecht zu verstoßen: "Ich appelliere erneut an Israel, mehr Sorge für den Erhalt palästinensischen Lebens zu tragen und sich Strategien und Aktionen zu enthalten, die der Vierten Genfer Konvention zuwider handeln." Die USA brachten sogar eine eigene Resolution in den Sicherheitsrat ein. Darin wird Israel zur "sofortigen Einstellung aller Aktionen in und um Ramallah" aufgefordert. In dem Resolutionsentwurf heißt es weiter, die Zerstörung der palästinensischen Infrastruktur "verschärft die Situation weiter und trägt nicht zum Fortschritt der angestrebten Sicherheitsreform" in den Palästinensergebieten bei. Außerdem verlangt der Entwurf der Amerikaner das "Ende aller Gewaltakte, einschließlich aller Terrorakte, Provokationen, Anstiftungen und Zerstörungen". Zugleich werden die Selbstmordattentate in Israel verurteilt.
Israel verweigerte am 23. September dem Nahostbeauftragten der EU, Miguel Angel Moratinos, den Zugang zu Arafat. Die EU hatte zuvor ein "schnellstmögliches" Ende der Belagerung gefordert. Frabkreich sprach von einer "unzumutbaren" Belagerung.
Arafat selbst äußerte seinen Durchhaltewillen. Über Telefon erklärte er auf einer Kundgebung in Bethlehem: "Die Lage ist gefährlich. Aber das palästinensische Volk hat schon schlimmere Situationen erlebt und ist als Sieger hervorgegangen."

In der Nacht zum 24. September setzte die israelische Armee ihre Angriffe in den Palästinensergebieten fort. Bei schweren Kämpfen zwischen bewaffneten Palästinensern und israelischen Soldaten in Gaza-Stadt wurden nach palästinensischen Angaben mindestens neun Menschen getötet. Wie Ärzte eines Krankenhauses in Gaza mitteilten, gab es mindestens 24 Verletzte. Nach Angaben aus palästinensischen Sicherheitskreisen waren israelische Soldaten in der Nacht mit Panzern und Bulldozern in zwei der am dichtesten bewohnten Stadtteile eingerückt. Auch Kampfhubschrauber hätten die Truppen unterstützt. 13 Werkstätten wurden zerstört, die nach israelischen Angaben zur Waffenprodutkion gedient haben. Die Palästinenser bezeichneten die Militäroperation als die größte in Gaza seit Beginn der Intifada.

In den Morgenstunden des 24. September verabschiedete der UN-Sicherheitsrat eine bindende Resolution, in der Israel u.a. zur Beendigung der Belagerung von Arafats Amtssitz und zu Räumung der besetzten Gebiete aufgefordert wird. Die USA enthielten sich der Stimme, da ihrer Meinung nach der palästinensische Terror gegen israelische Zivilbevölkerung in dem Dokument zu kurz komme. Die Resolution ist ein unter Mithilfe der europäischen Staaten Frankreich, Großbritannien, Norwegen, Irland und Bulgarien zustande gekommenes Kompromisspapier, enthält aber doch eindeutige Aufforderungen an die israelische Seite, ihre Gewaltpolitik zu beenden. Dass die USA auf ihr Vetorecht verzichteten und sich bei der Abstimmung nur der Stimme enthielten, könnte darauf hindeuten, dass sich die USA demnächst vom UN-Sicherheitsrat als eine Art Gegenleistung eine Zustimmung zu einer harten Irak-Resolution erhoffen. Die USA hatten zunächst einen eigenen Entwurf eingebracht, von dem schließlich auch einige Punkte in die nun vorliegende Reolution aufgenommen wurden. (Wir dokumentieren die Resolution 1435 (2002) im Wortlaut.) - Der israelische Rundfunk erklärte am 24. September, die israelische Regierung werde der UN-Resolution vom Vortag nicht folgen.
EU-Außenkommissar Chris Patten kritisierte am 25. September die Isolation Arafats durch israelisches Militär. Täglich werde die Situation der Palästinenser dramatischer, sagte Patten in Straßburg. Israel behindere außerdem die Hilfslieferungen in die betroffene Region.

Im Gazastreifen erschossen israelische Soldaten am 26. September einen bewaffneten Palästinenser, der in die jüdische Siedlung Elei Sinai eindringen wollte. Er habe ein Maschinengewehr und Handgranaten bei sich gehabt. (Im vergangenen Oktober, teilte die Netzeitung mit, hatten zwei Palästinenser in der Siedlung um sich geschossen und Handgranaten geworfen. Dabei starben zwei Israelis, 15 weitere wurden verletzt.) - In Dschenin im Westjordanland wurde ein Palästinenser getötet, als israelisches Militär in den Westteil der Stadt vordrang. Nach Angaben seines Sohnes hatte der Mann ein Fenster in seiner Wohnung geöffnet, um die Truppenbewegungen zu beobachten.
Wegen der anhaltenden Belagerung von Jassir Arafats Amtssitz in Ramallah hat die palästinensische Autonomiebehörde ihre Beratungen über Reformen unterbrochen. Es könne nicht über Reformen gesprochen werden, "während unser Präsident einer solch grausamen und nie dagewesenen Aggression ausgesetzt ist", sagte Arafats Stellvertreter Mahmud Abbas am 25. September. - Auch zu Verhandlungen über einen israelischen Abzug von Arafats Hauptquartier sind die Palästinenser nicht mehr bereit. Ein geplantes Treffen wurde abgesagt. Der palästinensische Kabinettsminister Sajeb Erakat begründete dies mit der Weigerung Israels, internationalen Diplomaten Zugang zu Arafat zu gewähren.

Die israelische Regierung will die Belagerung Arafats trotz UN-Resolution nicht beenden. Einige Männer, die sich in dem Amtssitz des Palästinenserchefs aufhielten, seien "die größten Terroristen, die es gibt", sagte Ministerpräsident Ariel Scharon in einem am 26. September veröffentlichten Interview mit der "Jerusalem Post". Ganz oben auf der Fahndungsliste Israels steht der palästinensische Geheimdienstchef im Westjordanland, Taufik Tirawi. Er soll Extremisten finanziert und sich an Anschlägen gegen Israel beteiligt haben.
Israels Armee hat am 26. September in Gaza mit Kampfhubschraubern in einem Wohnviertel Autos angegriffen und dabei mindestens drei Menschen getötet. Nach israelischen Angaben befanden sich Hams-Mitglieder darunter. 27 Menschen wurden bei dem Raketenangriff verletzt. Bei weiteren Zwischenfällen im Westjordanland und im Gazastreifen kamen ein israelischer Offizier und vier weitere Palästinenser ums Leben. In Hebron starb ein junges Mädchen nach dem Einatmen von Tränengas.
Der israelische Parlamentsausschuss für Außen- und Sicherheitsfragen missbilligte einstimmig die Militäraktion in Ramallah. Der Ausschussvorsitzende sprach von einer "idiotischen Maßnahme". Die Militäraktion habe nur zu einer massenhaften Unterstützung für Arafat geführt. Ähnlich äußerte sich der frühere Verteidigungsminister Mosche Arens.

UN-Generalsekretär Kofi Annan kritisierte am 27. September den Angriff auf ein Wohnviertel in Gaza vom Vortag. Israel müsse solche Angriff einstellen und die Menschenrechte respektieren, sagte er. Israel habe die Verantwortung für das Leben von Zivilisten.
Am 27. September haben israelische Soldaten das 21-jährige Mitglied der Hamas- Bewegung, Mohammed Yamur, erschossen.
Zum zweiten Jahrestag der Intifada hat es in vielen arabischen Ländern Kundgebungen gegeben, auf denen die Demonstranten ihre Solidarität mit den Palästinensern ausdrückten. - In den palästinensischen Gebieten selbst protestierten Zehntausende gegen die israelische Besatzung. Die zweite Intifada war am 28. September 2000 durch den provokativen Besuch des jetzigen Ministerpräsidenten Ariel Scharon auf dem Tempelberg ausgelöst worden. In den vergangenen zwei Jahren sind über 1.800 Palästinenser und 620 Israelis ums Leben gekommen. Palästinenserpräsident Jassir Arafat rief die Bevölkerung über eine Telefonschaltung zu weiterem Widerstand auf. Mehrere Organisationen riefen zum zivilen Ungehorsam gegen die von Israel verhängte Ausgangssperre auf. Arafats Fatah und die radikalislamische Hamas-Organisation kündigten die Fortsetzung der Intifada und neue Selbstmordanschläge an.
Zwei Palästinenser wurden von der israelischen Armee getötet.

Der israelische Premierminister Ariel Scharon hat am 29. September beschlossen, die Belagerung des Hauptquartiers von Palästinenserpräsident Jassir Arafat wieder aufzuheben. Wie die israelische Tageszeitung "Ha'aretz" in ihrer Online-Ausgabe berichtet, habe Scharon die Entscheidung bei einer Besprechung mit führenden Kabinettsmitgliedern und hohen Offizieren getroffen. Panzer, gepanzerte Fahrzeuge und Jeeps zogen am im Lauf des Tags vor den Gebäuden ab und fuhren zu einem nahegelegenen Parkplatz in Ramallah. Palästinenserpräsident Jassir Arafat wurde nach dem Abzug der Panzer auf den Schultern seiner Leibwächter aus dem Gebäude getragen und von jubelnden Palästinensern begrüßt. Arafat sprach aber von einem Täuschungsmanöver Israels. Der Abzug der israelischen Truppen kam vermutlich auf amerikanischen Druck zustande. Am Wochenende hatte Scharons Büro-Chef Dov Weisglass in Washington mit der Sicherheitsberaterin von US-Präsident George W. Bush, Condoleezza Rice, über die Belagerung verhandelt. Dabei hatten die USA deutlich gemacht, an einer schnellen Lösung des Konfliktes interessiert zu sein, auch im Interesse der Irakpolitik der USA.
Stunden später befanden sich nach Augenzeugenberichten wieder israelische Panzer auf dem Weg in die Stadt Ramallah. Eine aus etwa zehn Panzern und gepanzerten Fahrzeugen bestehende Fahrzeugkolonne näherte sich gegen 19 Uhr dem Norden der Stadt, in der das Hauptquartier von Palästinenserpräsident Arafat liegt. Die Panzer seien von der jüdischen Siedlung und Militärbasis Beit El gestartet, die sich in der Nähe des Hauptquartiers befindet. Aus israelischen Regierungskreisen verlautete nach einem Bericht der "Netzeitung", die Belagerung werde mit einem weiter um das Gelände gezogenen Ring fortgesetzt. Man wolle weiterhin in der Lage sein, palästinensische Terroristen festzunehmen. Arafat und seine Mitarbeiter, die nicht auf einer Fahndungsliste stünden, könnten die Stadt jederzeit verlassen.

Die israelische Regierung hat am 30. September auch offiziell eingeräumt, dass die Belagerung des Amtssitzes von Palästinenserchef Jassir Arafat auf Druck der USA erfolgt sei. Washington habe mehr darauf insistiert, als Israel zunächst erwartet habe, sagten Berater von Ministerpräsident Ariel Scharon am Montag laut dem israelischen Rundfunk. "Wäre die Belagerung nicht aufgehoben worden, hätte dies die Beziehungen zwischen beiden Ländern geschädigt", werden die Beamten zitiert. Laut Kabinettsminister Natan Scharansky hatte die Regierung nicht erkannt, dass die USA die Belagerung als wesentliches Hindernis für den geplanten Irak-Krieg gesehen hätten. "Wir hätten dies sicherlich vor zwei Wochen bedenken sollen."

US-Präsident George W. Bush hat am 30. September ein Haushaltsgesetz des Kongresses unterzeichnet, in dem die US-Regierung aufgefordert wird, ihre Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen. Bush äußerte aber Bedenken und erklärte, er betrachte dies als Empfehlung und nicht als Anordnung. Die Jerusalem-Politik der USA habe sich nicht geändert. US-Außenamtssprecher Richard Boucher sagte, der endgültige Status von Jerusalem müsse von Israelis und Palästinensern in Verhandlungen geklärt werden. Der Kongress hat bereits mehrfach von früheren Regierungen in Washington eine Verlegung der US-Botschaft aus Tel Aviv nach Jerusalem verlangt. Aber diese hatten mit Rücksicht auf die Haltung der arabischen Welt die Entscheidung immer wieder vertagt. Die Palästinenser beanspruchen Ost-Jerusalem als Hauptstadt eines künftigen Palästinenser-Staates. Israel hatte den Ostteil der Stadt 1967 erobert, anschließend annektiert und Jerusalem als Hauptstadt des jüdischen Staates proklamiert.

Fortsetzung der Chronik: Oktober 2002


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