EU-Embargo gegen Iran: Ein "weiterer Schritt zum Krieg"
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
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EU verhängt totales Öl-Embargo gegen Iran
- Ein Beitrag zur Konflikteskalation
- Friedensratschlag: Es gibt Alternativen zum Kriegskurs
Kassel, 23. Januar 2012 - Mit Sorge reagiert der Bundesausschuss Friedensratschlag auf den Beschluss der EU vom Montag, Öl-Lieferungen aus dem Iran vollständig verhindern zu wollen. Damit sei "ein weiterer Schritt zum Krieg" gemacht worden, sagte der Sprecher des Friedensratschlags in einer ersten Stellungnahme in Kassel:
Seit Monaten schon wird in israelischen Regierungskreisen über einen Militärschlag gegen Ziele im Iran diskutiert. Allein die Tatsache, dass eine solche Diskussion stattfindet, zeugt von der Missachtung des strikten Gewaltverbots, das die Charta der Vereinten Nationen allen Staaten der Welt auferlegt hat. Der im November 2011 veröffentlichte Bericht der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) enthält weder neue Erkenntnisse über das iranische Atomprogramm noch belastbare Belege für einen akuten „Griff nach der Bombe“. Gleichwohl gehen die Regierungen der EU davon aus, dass der Iran Atomwaffen entwickelt, weil er die zivile Atomindustrie vorantreibt.
Letzteres kann dem Iran aber nach internationalem Recht nicht verweigert werden. Zum iranischen „Atomprogramm“ ist nämlich grundsätzlich festzustellen: Teheran nimmt ein Recht für sich in Anspruch, das alle anderen Staaten dieser Welt auch haben: den atomaren Kreislauf zu schließen, um die Kernkraft zu zivilen (energetischen) Zwecken voll nutzen zu können. Genau das sieht auch der Atomwaffensperrvertrag vor. Das muss uns nicht gefallen - zumal wir spätestens seit Fukushima wissen, dass auch die zivile Nutzung der Kernkraft lebensbedrohend und letztlich eben nicht beherrschbar ist.
Die Europäische Union hat sich ohne Not ins Kielwasser der USA begeben. Die im Januar 2012 von der US-Administration angeordnete Strafmaßnahme gegen die iranische Zentralbank verfolgt das Ziel, den internationalen Ölhandel mit Iran ganz zum Erliegen zu bringen. Dies hat die EU mit ihrem "beispiellosen Sanktionspaket" (so der britische Außenminister Hague) nun bestätigt, das offiziell am 1. Juli in Kraft tritt, aber heute schon von den meisten EU-Staaten durchgeführt wird. Japan beteiligt sich ebenfalls am Embargo, Südkorea wird folgen.
Damit wird dem Iran, der von den Ölexporten in die genannten Länder sehr stark abhängig ist, die wichtigste Lebensader durchschnitten. Die Sanktionen der USA und der EU können also die gesamte Volkswirtschaft des Iran lahmlegen. Der Schritt der EU stellt eine immense Verschärfung des politischen Klimas dar, bringt den Iran in eine fast ausweglose Situation und die ganze Region an den Rand eines Krieges.
Gegenmaßnahmen sind somit programmiert, die Spannungen und die wechselseitige Kriegsrhetorik werden sich gefährlich hochschaukeln. Verlierer ist wie immer in solchen Fällen die Zivilgesellschaft im Iran, die jeglicher Möglichkeit beraubt wird, demokratische und soziale Fortschritte gegen das herrschende System durchzusetzen.
Zur gefährlichen Drohkulisse des Westens gibt es Alternativen. Wir nennen nur die wichtigsten:
- Anerkennung des Rechts auf Weiterentwicklung des zivilen Atomprogramms des Iran und dessen internationale Kontrolle (gemäß Atomwaffensperrvertrag);
- Verhandlungen zwischen USA und Iran über gegenseitige Nichtangriffsgarantien Iran;
- baldige Einberufung einer UN-Konferenz über die Errichtung einer atomwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag lädt die Friedensbewegung für den kommenden Sonntag zu einer
bundesweiten Aktionsberatung nach Kassel ein: 29. Januar, 11.30 bis 16.30. Im Café Buch-Oase, Germaniastr. 14, 34119 Kassel.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
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