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Irak: Chronik wichtiger Ereignisse

1. bis 11. Mai 2003

1. bis 4. Mai
  • Erstmals seit zwölf Jahren soll es wieder eine diplomatische Vertretung Großbritanniens in Irak geben. Die ersten vier Mitarbeiter würden bereits am Wochenende nach Bagdad reisen, teilten der britische Außenminister Jack Straw am 1. Mai in London mit. Sobald die neue irakische Regierung im Amt sei, solle auch eine richtige Botschaft wieder eingerichtet werden. Die britische Botschaft in Bagdad war am 12. Januar 1991, vier Tage vor Beginn des Golfkriegs, geschlossen worden.
  • Der bisherige dänische Botschafter in Syrien, Ole Wöhler Olsen, ist zum Leiter einer der vier Verwaltungszonen im Nachkriegsirak ernannt worden. Er soll künftig für die Region Basra verantwortlich sein, teilte der dänische Außenminister Peter Stig Möller am 1.Mai in Kopenhagen mit. Olsen ist gläubiger Moslem. Er war bereits in den dänischen Botschaften in Marokko, Algerien, Saudi-Arabien, Ruanda, Chile und Peru tätig. Möller sagte, aufgrund seiner Vertrautheit mit der arabischen Welt sei Olsen der richtige Mann für diese Aufgabe.
  • In Falludschah westlich von Bagdad sind in der Nacht zum 1. Mai sieben US-Soldaten bei einem Granatenangriff verletzt worden. Das sagte ein amerikanischer Hauptmann der Nachrichtenagentur AFP. Zwei Männer hatten demnach die beiden Granaten auf das Grundstück der ehemaligen Zentrale der Baath-Partei geworfen, in der sich jetzt US-Büros befinden. Zwei Militärfahrzeuge seien durch die Detonation beschädigt worden. In Falludschah hatte amerikanisches Militär am 28. April 17 irakische Demonstranten erschossen.
  • Mitarbeiter der Uno sind am 1. Mai erstmals seit Beginn des Irak-Kriegs in das Quartier der Vereinten Nationen in Bagdad zurückgekehrt. Ale großen UN-Behörden seien nun wieder vor Ort vertreten, sagte UN-Sprecherin Veronique Taveau. Die UN-Mitarbeiter hatten Irak am 18. März, zwei Tage vor Beginn der Angriffe, verlassen.
  • Beim Beschuss des Hotels "Palestine" am 8. April in Bagdad durch einen US-Panzer (siehe unsere Chronik vom 8. April) handelte es sich nach den Worten von US-Außenminister Colin Powell um einen kriegsbedingten Unfall. "Wir bedauern, dass das passiert ist, aber wir glauben wirklich, dass es ein Kriegsunfall war", sagte Powell am 1. Mai in der spanischen Hauptstadt Madrid vor Journalisten. Soweit bisher bekannt, seien die zur Befreiung des Stadtviertels eingesetzten US-Soldaten unter Beschuss geraten und hätten sich verteidigt. "Wir glauben, dass es kein Fehlverhalten auf Seiten unserer Soldaten gab", sagte Powell. Die Untersuchungen zum genauen Hergang würden aber fortgeführt. Bei der Pressekonferenz in Madrid trugen einige Kamera-Teams T-Shirts, bedruckt mit Namen und Bild des getöteten spanischen Kameramanns Jose Couso sowie der Aufschrift "ermordet". Auf der Rückseite war zu lesen: "Wir wollen Antworten".
  • US-Präsident George W. Bush hat die großen Kampf-Operationen in Irak für beendet erklärt. In einer Rede auf dem Flugzeugträger "Abraham Lincoln" vor der Küste Kaliforniens sagte Bush am 1. Mai (Ortszeit, MEZ: 2. Mai), die USA und ihre Alliierten hätten sich durchgesetzt. Der Krieg in Irak habe einen Sieg im Kampf gegen den Terrorismus gebracht. Bush ging auch auf die angeblich in Irak vorhandenen Massenvernichtungswaffen ein, die die USA als Anlass für den Krieg genommen hatten. "Wir haben die Suche nach versteckten chemischen und biologischen Waffen begonnen und haben Informationen über Hunderte Stellen, die nun untersucht werden", sagte der Präsident. Weiter sagte Bush, die Schlacht in Irak sei ein Sieg im Krieg gegen den Terrorismus gewesen, der nach den Anschlägen vom 11. September begonnen habe, und der weiter gehe, sagte Bush. "Die Befreiung Irak ist ein entscheidender Schritt in der Kampagne gegen den Terror." "Wir haben einen Verbündeten der El Kaida beseitigt und eine Finanzquelle der Terroristen abgeschnitten."
  • Die Deutsche Presseagentur (dpa) geht in einer Meldung vom 2. Mai der Frage nach, warum US-Präsident George W. Bush zwar das Ende der Kampfphase im Irak verkündet, eine formelle Siegeserklärung aber vermieden hat. Die Antwort gab der Präsidentensprecher Ari Fleischer: "Es ist im juristischen Sinne nicht das Ende der Feindseligkeiten". Das hätte nämlich rechtliche Konsequenzen gehabt, denen die USA zur Zeit noch aus dem Weg gehen wollen. Nach den Genfer Konventionen ist die Siegermacht nach dem Ende des Krieges zum Beispiel verpflichtet, Kriegsgefangene unverzüglich freizulassen. Die USA halten aber noch rund 7.000 Iraker gefangen. Die USA wollen die Männer noch über den möglichen Verbleib geheimer Waffen im Irak verhören. Die Konventionen verbieten nach dem Kriegsende auch die gezielte Suche nach Anführern des feindlichen Regimes. Es ist jedoch ein Hauptanliegen der US-Regierung, möglichst viele Mitglieder aus der einstigen Führungsriege in Irak festzunehmen. Die Haager Konvention von 1907 regelt die Aufgaben einer Besatzungsmacht nach Ende der Feindseligkeiten. Sie muss die Sicherheit gewährleisten, Gesetz und Ordnung wiederherstellen und dabei die die Gesetze des Landes respektieren. Die USA wollen den Irak aber von Grund auf erneuern und mit neuer Verfassung und neuem Rechtswesen zum Modellstaat in der Region machen. Der US- Zivilverwalter Jay Garner benehme sich aber "absolut so wie ein Besatzer", sagte Rechtsprofessor Robert Goldman der "Washington Post". Eine Siegeserklärung wäre nach Ansicht von Beobachtern auch deshalb verfrüht, weil die amerikanische Begründung für den Angriff bis heute nicht belegt ist: Die US-Truppen haben bislang keinen Hinweis auf Massenvernichtungswaffen im Irak gefunden. Auch fehlt bisher jeglicher Nachweis einer direkten Verbindung zwischen dem früheren Machthaber Saddam Hussein und dem El Kaida-Netzwerk von Osama bin Laden.
  • Die Bundesregierung hat am 2. Mai die Erklärung von US-Präsident George W. Bush zum Ende der Kampfhandlungen im Irak begrüßt. Zugleich bekräftigte Regierungssprecher Bela Anda aber, dass die Regierung auch im Nachhinein ihre Ablehnung des Krieges nicht aufgeben werde. Berlin sei gegen den Krieg gewesen und werde diese "grundsätzliche Bewertung" nicht zurücknehmen. Jetzt komme es darauf an, den Frieden im Irak und in der Region zu gewinnen, sagte Anda. Der Wiederaufbau müsse unter dem Dach der Vereinten Nationen stattfinden. Deutschland sei bereit, sich mit einem angemessenen Maß daran zu beteiligen.
  • US-Truppen in Irak haben in der Nacht zum 2. Mai den zweiten Tag in Folge Razzien in Saddam Husseins Heimatstadt Tikrit durchgeführt. Wie ein Sprecher der Streitkräfte mitteilte, wurden ein Dutzend Häuser durchsucht und etwa 20 Personen festgenommen, darunter ein mutmaßlicher Funktionär der Baath-Partei. Außerdem sei ein Iraker erschossen worden, als er versucht habe, einem US-Soldaten das Gewehr wegzunehmen.
  • Das US-Kommandozentrum in Katar teilte mit, man habe Misban Chadr Hadi, einen der führenden Funktionäre der Baath-Partei, in der Nähe von Bagdad in Gewahrsam genommen. Hadi gehörte dem Revolutionsrat Saddam Husseins an. Er galt seit Anfang der 80er Jahre als dessen enger Vertrauter. Seit 1982 war er Minister ohne Zuständigkeitsbereich. Im Jahr 1991 war er an der Niederschlagung des Schiiten-Aufstandes im Südirak beteiligt. Hadi war einer von vier Führungsmitgliedern, der im März mit der Teilung Iraks in vier Kontrollbezirke beauftragt wurde. Gefangen genommen wurde Hadi offenbar schon am Donnerstagabend, in einer von der 3. US-Infantriedivision kontrollierten Gegend. Hadi steht auf der von den USA erstellten Liste der 55 meistgesuchten Iraker (Platz 41).
    Gleichzeitig verwirrte das Zentralkommando in Katar mit der Feststellung, man habe den ehemaligen Handelsminister Muhammad Mahdi el Salih festgenommen. Dessen Festnahme war schon am 23. April erklärt worden. In Katar hieß es, die Diskrepanz müsse noch geklärt werden.
  • Die US-Truppen in Irak haben zwei weitere Vertreter des gestürzten Regimes in Gewahrsam genommen. Dabei handelt es sich nach Angaben des Oberkommandos Mitte in Doha um Abd el Tawab Mullah Huwaisch, den Direktor des Büros für die Rüstungsindustrie, sowie um Taha Muhil el Din Maruf, der irakischer Vizepräsident und Mitglied des Revolutionsrates von Saddam Hussein war. Beide Männer standen auf der der von den USA erstellten Liste der 55 meistgesuchten Iraker: Huwaisch an 16. und Maruf an 42. Stelle.


Kriegskosten: Neue Schätzungen

Im Irakkrieg sind tausende Menschen ums Leben gekommen. Aus einer Vielzahl unterschiedlicher Quellen, die oft nur Schätzungen nennen, ergibt sich nach einer dpa-Aufstellung folgendes Bild des Krieges in Zahlen:

SOLDATEN IM EINSATZ
  • Alliierte: rund 300.000 Soldaten in der Region, darunter 255.000 Amerikaner, 45.000 Briten und 2.000 Australier
  • Irak: rund 380.000 Soldaten
TOTE, VERWUNDETE, KRIEGSGEFANGENE
  • Alliierte: 171 Soldaten getötet (davon 138 US-Soldaten und 33 Briten), darunter auch Tote bei Explosionen von Munition, versehentlichem Beschuss durch eigene Truppen. 495 US-Soldaten verwundet
  • Irak: mindestens 2.300 Soldaten getötet (US-Schätzung)
  • 1.200 bis 2.600 Zivilisten getötet, mehr als 5.000 verletzt (irakische Schätzungen)
  • aktuell 6.800 irakische Kriegsgefangene (US-Zentralkommando)
  • zu Vermissten liegen keinerlei Schätzungen vor
  • Medien: mindestens 10 Journalisten durch Kampfhandlungen getötet
WAFFEN DER ALLIIERTEN
  • Etwa 15.000 Präzisionsbomben, etwa 8.000 ungesteuerte Sprengkörper und etwa 800 Marschflugkörper eingesetzt
  • rund 30 000 Einsätze geflogen
KRIEGSKOSTEN
  • bisher mehr als 25 Milliarden Dollar
  • USA: 79 Milliarden Dollar für Irak-Krieg und Folgen (darin 62,6 Milliarden reine Kriegskosten);
  • Briten: 3 Milliarden Pfund (4,5 Milliarden Euro) für Irak-Krieg
KRIEGSSCHÄDEN, FOLGE-, UMWELTSCHÄDEN
  • Kultur: 170.000 Kunstgegengestände aus Irakischem Nationalmuseum von Plünderern gestohlen, Nationalbibliothek abgebrannt
  • Infrastruktur: Wasser- und Stromversorgung teilweise zerstört, unter anderem Krankenhäuser und öffentliche Gebäude geplündert
  • Umwelt: wenige Ölquellen wurden in Brand gesteckt - Geschätzte Kosten für den Wiederaufbau des Iraks mindestens 100 Milliarden Dollar


  • US-Präsident George W. Bush hat sich überzeugt gezeigt, dass im Irak noch Massenvernichtungswaffen gelagert werden. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis US-Truppen diese aufspürten, sagte der US-Präsident am 3. Mai auf seiner Ranch im texanischen Crawford. "Saddam Hussein hatte Massenvernichtungswaffen", sagte Bush. "Wir werden sie finden." Die irakische Führung habe jahrelang Zeit gehabt, die Waffen in geheimen Tunneln und Höhlen zu verstecken. (Und die US-Truppen haben nun ebenfalls Zeit, entsprechende Waffen zu verstecken um sie sodann zu finden. Polemische Anmerkung des Chronisten.)
  • Der polnische Außenminister Wlodzimierz Cimoszewicz teilte am 3. Mai am Rande des EU-Gipfels mit, eine von den USA, Großbritannien und Polen geführte internationale Truppe solle Ende dieses Monats damit beginnen, im Irak für Sicherheit und Ordnung zu sorgen. Der Irak solle dazu in drei Sektoren aufgeteilt werden, die von jeweils einem der drei Staaten kontrolliert würden, verlautete aus US-Regierungskreisen. Zehn Staaten hätten bislang die Entsendung von Soldaten zu der Stabilisierungstruppe zugesagt. Neben den USA, Großbritannien und Polen zählten dazu die Ukraine, Italien, Spanien, Dänemark, Bulgarien, die Niederlande und Albanien. Die internationale Stabilisierungstruppe solle unter dem Oberkommando von US-General Tommy Franks stehen und unabhängig von den 135.000 im Irak stationierten Soldaten der US-geführten Kampfeinheiten sein, hieß es. Dem Plan zufolge soll eine US-Division mit bis zu 20.000 Mann einen der drei Sektoren kontrollieren. In den beiden anderen würde jeweils eine internationale Division unter dem Kommando von Großbritannien und Polen stationiert.
    Die Vereinten Nationen (UNO) seien nicht Teil dieses Konzepts, hieß es weiter. Die USA bereiteten aber eine Resolution für den UNO-Sicherheitsrat vor, mit der der Organisation Aufgaben im Irak übertragen werden sollten, und zwar solche, die sie am besten lösen könne wie humanitäre Hilfe und den Wiederaufbau.
  • Im Rahmen der Vorbereitungen für die Bildung einer Übergangsregierung für den Irak hat die US-Zivilverwaltung nach Angaben aus Kreisen des irakischen Ölministeriums den erfahrenen irakischen Öltechnokraten Thamir Abbas Ghadhban zum Interims-Ölminister bestimmt. Zum Chef seines Beraterstabes wurde der ehemalige Chef der US-Aktivitäten des Ölkonzerns Royal Dutch/Shell, Phillip Carroll ernannt
  • Die US-Armee hat in der irakischen Stadt Tikrit mehrere Waffentransporte einer paramilitärischen Widerstandsgruppe entdeckt und zerstört. Der von Washington in Bagdad eingerichtete arabische Rundfunksender berichtete am 3. Mai, die US-Soldaten hätten die mit Granatwerfern beladenen Transporter aus der Luft mit "Apache"-Kampfhubschraubern angegriffen. Nach Angaben des Senders waren US-Soldaten in Tikrit in den vergangenen Tagen zwei Mal mit Granatwerfern angegriffen worden, ohne dass jemand verletzt wurde. Das nördlich von Bagdad gelegene Tikrit ist die Heimatstadt des irakischen Ex-Machthabers Saddam Hussein. Zahlreiche Einwohner der Stadt hatten unter Saddam wichtige Positionen in Staat und Militär bekleidet.
  • Führende Vertreter von fünf irakischen Parteien haben am 3. Mai in Bagdad über die Bildung einer Übergangsregierung verhandelt. An dem Treffen beteiligten sich unter anderem der Kurdenführer Massud Barsani von der Demokratischen Partei Kurdistans (KDP), der Vorsitzende des Irakischen Nationalkongress (INC), Ahmed Chalabi, sowie der Chef der Wifaq-Partei Ejad Alawi. Der Kurdenführer Dschalal Talabani (Patriotische Union Kurdistans/PUK)) und der Vorsitzende des schiitischen Hohen Rats für die Islamische Revolution im Irak (SCIRI), Mohammed Bakr el Hakim, ließen sich vertreten. In Bagdad hieß es, Mitte der Woche wolle der hochbetagte ehemalige Außenminister Adnan Padschaschi zu der Gruppe der Fünf stoßen.
  • Mehrere hundert Iraker haben am 3. Mai das von ausländischen Journalisten bewohnte Hotel "Palestine" in Bagdad gestürmt. Die US-Armee hatte wenige Stunden zuvor ihre Wachsoldaten rund um das bisher mit Stacheldraht und Panzersperren abgeriegelte Haus abgezogen und lediglich drei Panzer vor dem Hotel gelassen, berichtete dpa. Die Protestierenden drangen am Vormittag in die Empfangshalle des Hotels ein. Sie forderten Arbeitsplätze und beklagten sich über die fehlende Strom- und Wasserversorgung in der Stadt. Als eine kleine Gruppe von US-Soldaten später in das Hotel zurückkehrte, verlagerte sich der Protest auf einen Platz vor dem Gebäude.
  • Der erst nach der Einnahme von Bagdad durch US-Truppen ernannte Polizeichef von Bagdad, Suhir el Naimi, ist nach US-Angaben vom 3. Mai zurückgetreten. Für die US-Truppen, die sich um die Wiederherstellung der zivilen Ordnung im Irak bemühen, ist dies ein Rückschlag. Der Sprecher der US-Truppen in Bagdad, Alan King, sagte, Naimi habe Altersgründe geltend gemacht. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt. El Naimi war erst am 24. April ernannt worden und hat mehr als 380.000 Dollar in Bar und 100 Kilogramm Gold von Plünderern sichergestellt.
  • In den für die Iraker gewohnten Uniformen - blaue Hosen, weiße Hemden -, aber unbewaffnet, regelten die irakischen Polizisten am 4. Mai unter Aufsicht von US-Truppen den Verkehr auf den wie immer verstopften Kreuzungen der Hauptstadt. Auch Streifenwagen waren wieder im Einsatz. Nach US-Militärangaben haben insgesamt inzwischen rund 3.000 irakische Polizeibeamte ihren Dienst wieder aufgenommen.
  • Chaos und Plündern ist aber weiterhin auf der Tagesordnung im Irak - auch in Bagdad. Am 4. Mai drangen Plünderer in einen Präsidenten-Palast in Bagdad ein, um dort mitzunehmen, was von früheren Plünderungen noch übrig geblieben war. Der Mob schleppte Lampen, Gemälde, Kühlschränke und sogar einen beschädigten Oldtimer aus dem Palast. Dabei ist es auch zu Gefechten zwischen Plünderern und US-Soldaten gekommen. Wie eine dpa-Korrespondentin beobachtete, wurden dabei zwei Plünderer verletzt. Einer von beiden wurde von einem Krankenwagen mit einer Schusswunde im Bein ins Krankenhaus gebracht. "Ich habe auf ihn geschossen, weil er uns vorher mit einer Neun-Millimeter-Pistole beschossen hatte", sagte einer der Soldaten. Gegen unbewaffnete Plünderer, die auf ihren großen Lastwagen Polstermöbel und Gardinenstangen abtransportierten, gingen die Soldaten zur Empörung vieler Anwohner nicht vor. "Die Amerikaner haben sich das Beste aus den Palästen selbst mitgenommen und dann die Iraker zur Plünderung eingeladen", sagte einer von ihnen.
  • Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz hat von den US-Streitkräften in Irak erneut Zugang zu sämtlichen Kriegsgefangenen gefordert. Bislang werde dies dem Komitee nicht ausreichend gewährt, kritisierte eine IKRK-Sprecherin am 4. Mai in Bagdad. Sie forderte die Alliierten auf, die Genfer Konvention zu Kriegsgefangenen zu beachten. Das US-Hauptquartier in Katar hatte am Vortag die Freilassung von 342 irakischen Kriegsgefangenen mitgeteilt. Den Angaben zufolge befinden sich weiterhin "knapp 3.600 Gefangene" in US-Gewahrsam.
  • Die Gefahr, dass es im Irak im Nachgang zum Krieg zu einer humanitären Katastrophe kommt, ist nach Einschätzung der UNO noch nicht gebannt. Auf der ersten Pressekonferenz der Vereinten Nationen (UNO) in Bagdad nach der Rückkehr ihrer Mitarbeiter in den Nachkriegs-Irak am 4. Mai forderte deren Koordinator für die Irak-Hilfe, Ramiro Lopez da Silva, deshalb rasches Handel bei der Verteilung von Lebensmittelhilfen und bei der Wiederherstellung der im Krieg teilweise zerstörten Wasser- und Stromversorgung. Die UNO hat angekündigt, im Laufe des Mai ihre Lebensmittellieferungen, geschützt von den im Irak stationierten US-Truppen, wieder aufzunehmen. Nach Angaben eines Vertreters des Welternährungsprogamms der UNO, WFP, sind für Mai 500.000 Tonnen Lebensmittel für den Import in den Irak vorgesehen, im Juni und Juli weitere 600.000 Tonnen. Ein Kompetenzstreit zwischen der von den USA eingerichteten Administration im Irak und den UNO-Helfern scheint allerdings programmiert. So wollen die USA als Siegermacht die für die Grundversorgung zuständigen irakischen Ministerien reaktivieren, während die UNO die Versorgungsfrage mit eigenen Administratoren lösen will. Auf Angebote der Kriegsgegner Frankreich und Deutschland, bei humanitären Wiederaufbau-Vorhaben mitzuwirken, haben die USA bisher ebenfalls kühl reagiert.
5. bis 11. Mai
  • Die US-Streitkräfte haben eine für die Entwicklung irakischer Massenvernichtungswaffen verantwortlich gemachte Wissenschaftlerin in Gewahrsam genommen. Huda Sali Mahdi Ammasch befinde sich in der Hand der US-Truppen, sagte ein Pentagon-Beamter am 5. Mai in Washington. Die Wissenschaftlerin ist die einzige Frau auf der Liste der 55 von den USA meistgesuchten Irakern, wo sie an drittletzter Stelle steht.
  • In der irakischen Hauptstadt Bagdad ist ein US- Soldat von einem Iraker angeschossen und schwer verletzt worden. Wie das US-Zentralkommando mitteilte, wurde der Infanterist von einer Kugel am Kopf getroffen.
  • Die USA erwarten bereits noch im Mai die Bildung einer Übergangsregierung im Irak mit bis zu neun Vertretern verschiedener Gruppen. "Bis zur Mitte dieses Monats wird man wirklich die Grundzüge einer irakischen Regierung mit einem irakischen Gesicht sehen, die mit der Koalition zusammenarbeitet", sagte der amerikanische Zivilverwalter Jay Garner nach Medienberichten am 5. Mai in Bagdad. Was man wahrscheinlich sehen werde, sei ein Gremium aus "sieben, acht, neun Führungspersönlichkeiten". Als mögliche Regierungsmitglieder, die sich abzeichneten, nannte der Garner Massud Barsani, den Führer der Demokratischen Partei Kurdistans, Ahmed Chalabi vom Irakischen Nationalkongress, Dschalal Talabani von der Patriotischen Union Kurdistans, Abdelasis el Hakim, dessen älterer Bruder den Höchsten Rat der Islamischen Revolution leitet, sowie Ajad Allawi vom Irakischen Nationalen Akkord. Garner fügte hinzu, dass wahrscheinlich auch ein Christ zu dem Spitzengremium gehören werde.
  • In der nordirakischen Provinzhauptstadt Mosul wählten Vertreter der verschiedenen Stämme und Religionsgruppen am 5. Mai zum ersten Mal einen unabhängigen Stadtrat. Zum Bürgermeister von Mosul, der drittgrößten irakischen Stadt, wurde der pensionierte General Ghanam el Bassu bestimmt. Bassu sagte dem arabischen Fernsehsender El Dschasira, die Wahl sei der erste Schritt zur Demokratie. Bassu hatte sich gegen zwei Kandidaten, darunter der frühere Polizeichef, durchgesetzt. Im Stadtrat sitzen den Angaben zufolge Araber, Kurden, Christen und Turkmenen.
  • Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) will Experten in den Irak entsenden, um Berichte über Plünderungen von Atomanlagen zu überprüfen. Der Chef der Behörde, Mohammed ElBaradei, habe die Vereinten Nationen (UNO) um eine entsprechende Erlaubnis gebeten, aber noch keine Antwort erhalten, sagte eine IAEA-Sprecherin am 5. Mai in Wien. ElBaradei forderte im ZDF die Wiederaufnahme der Waffenkontrollen im Irak und bekräftigte, für den Krieg gegen das Land habe es im Hinblick auf atomwaffenfähiges Material keinerlei Rechtfertigung gegeben. Die USA hätten der Behörde zugesagt, für die Sicherheit der Atomanlagen zu sorgen, sagte die IAEA-Sprecherin. Die Medienberichte über Plünderungen seien beunruhigend. Die "Washington Post" hatte am Vortag berichtet, irakische Anlagen mit großen Mengen hochradioaktiven Materials seien offenbar geplündert worden und derzeit könne man nicht sagen, ob etwas fehle. Die IAEA verfügt über eine detaillierte Liste von radioaktivem Material unter anderem der Forschungsanlage Tuwaitha, die von der Behörde versiegelt worden ist. Berichten zufolge sollen US-Streitkräfte im vergangenen Monat die Siegel gebrochen und die Anlage betreten haben.
  • Bundesverteidigungsminister Peter Struck geht von einer raschen Normalisierung der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Vor seinem Gespräch mit US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld am Rande des NATO-Ukraine-Rates in Washington am 5. Mai sagte Struck, die Differenzen über Irak lägen hinter beiden Staaten. Struck äußerte die Erwartung, dass er das Eis mit Rumsfeld "in fünf Minuten" brechen könne. Er werde Rumsfeld sagen: "Lasst uns den Streit vergessen und zur Normalität zurückkehren." Beide hätten jenseits des Streits über Irak immer gute Kontakte gehabt. Struck sieht aber "keinen Grund, ein Geschenk in die USA mitzunehmen", sagte der Verteidigungsminister. Er erinnerte daran, dass die Bundeswehr die amerikanischen Liegenschaften in Deutschland während des Irak-Krieges mit 4.200 Soldaten geschützt habe. Noch immer sind 3.100 Soldaten zum Schutz von US-Einrichtungen im Einsatz. Dafür seien die Amerikaner sehr dankbar, sagte Struck. - Die Bundesregierung hält die NATO für geeignet, sich beim Wiederaufbau Iraks zu engagieren. Aus Regierungskreisen verlautete am 5. Mai, dafür sei nicht zwingend ein UN-Mandat erforderlich. Auch bedeute ein NATO-Engangement nicht unbedingt eine Beteiligung der Bundeswehr. Struck betonte: "Ich hielte es für besser, wenn die Vereinten Nationen die Verantwortung übernähmen." Die Frage einer deutschen Beteiligung "stellt sich zur Zeit nicht".
  • Deutschland wird in dieser Woche den Großteil seiner ABC-Abwehrkräfte aus Kuwait abziehen. Verteidigungsminister Peter Struck sagte in Washington, das zu Beginn des Irak-Krieges auf 220 Soldaten aufgestockte Kontingent werde wieder auf 60 Mann reduziert. Die sechs "Fuchs"-Spürpanzer blieben in Kuwait. Allerdings seien dann wegen der verringerten Soldatenzahl nur noch zwei Panzer "aktiv im Dienst". Nach Ende des Irak-Krieges würden in Kuwait nicht mehr so viele Kräfte gebraucht.
  • Bundesverteidigungsminister Peter Struck hat sich am 6. Mai bei seiner Rückreise aus den USA äußerst überrascht und verärgert über den polnischen Vorschlag gezeigt, das deutsch-polnisch-dänische Korps in Irak einzusetzen. Struck sagte, er werde den Vorschlag prüfen und auch mit seinem dänischen Kollegen am Mittwoch in Kopenhagen darüber sprechen. Klar sei allerdings, dass "die Beteiligung jedes einzelnen deutschen Soldaten der Beschlussfassung der Bundesregierung und des Bundestages bedarf. Der polnische Verteidigungsminister Jerzy Szmajdzinski war mit seinem Vorschlag an die Öffentlichkeit gegangen, ohne den deutschen oder den dänischen Kollegen zu informieren. In der "Washington Times" vom 5. Mai hatte er sich unter Verweis auf das in Stettin stationierte Korps geäußert: "Wir hätten gerne deutsche Truppen." Dann gebe es eine fertigte Struktur für das Kommando.
  • Struck zog eine positive Bilanz seines Treffens mit dem amerikanischen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld, dem amerikanischen Vizeaußenminister Richard Armitage und Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice am 5. Mai. "Die Reise ist ein Erfolg insofern, als die deutsch-amerikanischen Beziehungen auf einem guten Weg zur Normalisierung sind", sagte er. Abgesehen von dem Streitpunkt Irak habe es Gemeinsamkeiten bei den Themen Afghanistan und Kampf gegen den internationalen Terrorismus gegeben. Rumsfeld habe von sich aus die Reduzierung deutscher Truppen angesprochen, die derzeit dabei sind, amerikanische Einrichtungen in Deutschland zu schützen, sagte Struck. Sie würden in nächster Zeit von 3.100 auf 2.200 verringert.
  • Der Sohn des gestürzten irakischen Präsidenten Saddam Hussein, Kusai, hat einem Zeitungsbericht zufolge vor Beginn des Irak-Krieges fast eine Milliarde Dollar aus der Zentralbank beiseite geschafft. Die Bargeldmenge sei so groß gewesen, dass drei Anhänger nötig gewesen seien, um sie wegzufahren, berichtete die "New York Times" am 6. Mai unter Berufung auf irakische Kreise. Angeblich wurde der Abtransport des Geldes von Saddam selbst angeordnet. Es habe sich um etwa ein Viertel der Geldreserven der irakischen Zentralbank in harter Währung gehandelt: 900 Millionen Dollar und rund 88 Millionen Euro.
  • Der Präsident des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK), Jakob Kellenberger, hat die USA aufgerufen, ihren Pflichten als Besatzungsmacht in Irak nachzukommen und mehr für die Wiederherstellung der Sicherheit zu unternehmen. Gemäß dem Völkerrecht habe eine Besatzungsmacht "klare Pflichten und Rechte", sagte Kellenberger am 6. Mai vor einem geplanten Treffen mit dem US-Zivilverwalter Jay Garner in Bagdad. Zu den Pflichten gehörten die "Wiederherstellung von Recht und Ordnung, die Sicherstellung des Wohlergehens der Bevölkerung und der Schutz von lebenswichtigen Einrichtungen wie Krankenhäusern". Vorrang hat laut Kellenberger die Verbesserung der Sicherheitsbedingungen, "damit die Leute ihre Arbeit wieder aufnehmen und wieder ein normales Leben führen können".
  • Die Plünderungen weltberühmter Kulturgüter in irakischen Museen sind nach Einschätzung von US-Justizminister John Ashcroft das Werk von "Verbrecherbanden". Die Täter würden der Justiz nicht entkommen, selbst wenn sie es geschafft hätten, Kunstwerke außer Landes zu bringen, versicherte Ashcroft am 6. Mai bei einer internationalen Konferenz am Sitz von Interpol in Lyon. Plünderungen und Raub seien von "organisierten Verbrecherbanden" verübt worden und nicht das Werk einzelner Täter.
  • Mit einwöchiger Verspätung ist am 6. Mai der erste Hilfsflug der Europäischen Union (EU) für die irakische Bevölkerung gestartet. Die belgische Militärmaschine vom Typ C-130 soll nach einem Zwischenstopp in Athen am 7. Mai Bagdad erreichen, wie ein EU-Kommissionssprecher sagte. An Bord sind 19 Tonnen Hilfsgüter für Krankenhäuser, darunter Impfstoffe, Operationsgerät und Betäubungsmittel.
  • Bei der mutmaßlichen Explosion einer US-Streubombe auf einem amerikanischen Stützpunkt in Nordirak sind am 6. Mai US-Soldaten verletzt worden. Die Männer seien über eine freie Fläche auf dem Gelände gelaufen, als der Sprengsatz explodierte, berichteten Augenzeugen. Einer der Soldaten schwebte in Lebensgefahr, er hatte Splitter im Auge und im Kopf. Das Gelände wurde weiträumig abgesperrt. Mehrere gelbe Gegenstände waren dort zu sehen.
  • Rund 130 der 220 in Kuwait eingesetzten deutschen ABC-Abwehrkräfte sind am Abend des 6. Mai nach Deutschland zurückgekehrt. Sie landeten nach mehr als sechsstündiger Reise auf dem Flughafen Hannover-Langenhagen. Die meisten Soldaten stammen aus dem ostwestfälischen Höxter. Verteidigungsminister Peter Struck hatte ihre Rückkehr am Tag zuvor angekündigt. Nach Ende des Irak-Krieges würden in Kuwait nicht mehr so viele Kräfte benötigt. Aktiv im Einsatz bleiben zwei der sechs "Fuchs"-Spürpanzer.
  • Die US-Regierung hat von der Türkei gefordert, die Regierung müsse sich für ihre "Fehler" im Irak-Konflikt entschuldigen. Sie müsse die Fehler einräumen und versprechen, den USA in Zukunft nach Kräften zu helfen, sagte der stellvertretende US-Verteidigungsminister Paul Wolfowitz am 6. Mai in einem Interview mit dem türkischen Fernsehsender CNN-Türk. Wolfowitz kritisierte auch die türkische Armee. Sie habe auf die Ablehnung des türkischen Parlaments zur US-Truppenstationierung Anfang März nicht reagiert. Seiner Auffassung nach hätte sie darauf hinweisen müssen, dass die Unterstützung der USA im Interesse der Türkei sei. Die türkische Regierung wies die Vorwürfe zurück. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan sagte nach Berichten türkischer Medien, sein Land habe keineswegs Fehler gemacht. Regierungssprecher Cemil Cicek kritisierte im Gegenzug die USA, die Fehler gemacht hätten. So hätten die Amerikaner ihre Versprechen nicht gehalten, die sie nach dem ersten Golf-Krieg 1991 der Türkei gemacht hätten.
  • Die US-Armee hat der Ex-Firma von US-Vizepräsident Dick Cheney weit lukrativere Aufträge erteilt als bislang bekannt. Halliburton sei nicht nur mit der Löschung der Brände auf den irakischen Ölfeldern beauftragt worden, sondern auch mit der Ölförderung und dem Vertrieb von Ölprodukten, sagte der demokratische US-Abgeordnete Henry Waxman am 6. Mai abends (Ortszeit). Die Übernahme der Ölförderung durch eine US-Firma stehe im Widerspruch zu den wiederholten Beteuerungen der Regierung, das irakische Öl gehöre dem irakischen Volk, sagte der Abgeordnete. Das US-Verteidigungsministerium hatte im März mitgeteilt, die Halliburton-Tochter Kellogg, Brown & Root (KBR) sei mit dem Löschen brennender Ölquellen beauftragt worden. In den entsprechenden Unterlagen dazu ist der Auftrag aber deutlich größer. Der Auftrag könne über zwei Jahre einen Umfang von rund sieben Milliarden Dollar haben, sagte Waxman weiter. Dabei sei aber wohl von weit mehr brennenden Ölfeldern ausgegangen worden als dies der Fall war.
  • US-Präsident George W. Bush hat den Diplomaten und Terrorismusexperten Paul Bremer zu seinem Beaufragten für den Wiederaufbau in Irak ernannt. Bush würdigte den 61-jährigen bei dessen offizieller Nominierung am 6. Mai in Washington als "Mann mit großer Erfahrung". Nach Presseberichten soll Bremer auch dem bislang für Wiederaufbau und humanitäre Hilfe zuständigen Ex-General Jay Garner vorstehen. Schon im Vorfeld seiner offiziellen Ernennung war die Auswahl Bremers in der US-Presse als Erfolg von Außenminister Colin Powell über das Pentagon bewertet worden. Garner, der sich Bremer unterzuordnen hat, gilt als Vertrauter von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld. Andererseits ist Bremer nach Angaben aus US-Regierungskreisen jedoch direkt dem Pentagon-Chef unterstellt. Über Rumsfeld habe er auch seine Vorschläge für die irakische Nachkriegspolitik an Bush zu übermitteln. Während Bremer den zivilen Teil der Wiederaufbauarbeit leitet, bleibt General Tommy Franks als Oberbefehlshaber der US-Truppen am Golf für den militärischen Teil zuständig.
  • Ein Sattelschlepper, der von den US-Truppen im April in Nordirak beschlagnahmt wurde, könnte nach Ansicht der Regierung in Washington zu einem mobilen Labor zur Produktion biologischer und chemischer Waffen gehören. Das gehe aus den vorläufigen Untersuchungen des Gefährts hervor, verlautete am 6. Mai aus dem US-Verteidigungsministerium.
  • Angesichts erster Cholera-Fälle in Basra befürchtet die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Ausbruch einer Epidemie in der südirakischen Hafenstadt. Zwei Krankenhäuser meldeten bereits 17 registrierte Cholera-Fälle. Bei den Patienten handelt es sich um Kinder unter vier Jahren. Ein Vertreter der WHO, Fadela Chaib, äußerte am 7. Mai die Befürchtung, dass die Krankheit mehrere hundert Menschen erfassen könnte. Cholera wird unter anderem durch verseuchtes Trinkwasser verursacht.
  • Zwei irakische Männer haben australischen Journalisten in Bagdad ein Tonband übergeben, das angeblich Anfang der Woche von dem entmachteten irakischen Staatschef Saddam Hussein aufgenommen wurde. In der Aufnahme rufe eine "müde klingende" Stimme die Iraker auf, die US-Besatzungsarmee aus dem Untergrund heraus zu bekämpfen, berichtete der "Sydney Morning Herald" am 7. Mai. Anspielungen in der 15-minütigen Ansprache auf jüngste Ereignisse in Irak legten nahe, dass das Tonband erst vor wenigen Tagen aufgenommen wurde (Die Tonbandaufnahme im Wortlaut).
  • Die US-geführten Streitkräfte in Irak haben einen Gouverneur für die nördliche Provinz Salaheddin ernannt. Der Posten werde künftig von dem Iraker Hussein el Dschaburi geführt, sagte der US-Offizier Michael Silverman am 7. Mai in der Provinzhauptstadt Tikrit. Die Ernennung sei Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen US-Armee, der Oppositions-Miliz FIF und örtlicher Sicherheitskräfte. Die Oppositionsmiliz FIF besteht aus von den USA trainierten Exil-Irakern und steht in Verbindung zum Irakischen Nationalkongress (INC) von Ahmed Tschalabi.
  • Die US-Truppen in Irak haben ein weiteres gesuchtes Mitglied der entmachteten irakischen Führung festgenommen. Soldaten hätten den früheren Provinzchef der Baath-Partei in der Stadt El Kut, Ghasi Hammud el Ubaidi, gestellt, teilte das US-Zentralkommando am 7. Mai mit. Ghazi Hammud el Ubaidi ist die Nummer 32 auf der Liste der 55 von den USA meist gesuchten Mitglieder des früheren irakischen Regimes.
  • Bei Kämpfen zwischen Kurden und Arabern nördlich von Bagdad sind mindestens drei Menschen getötet worden. Bei den seit drei Tagen andauernden Auseinandersetzungen in Chalis bei Bakuba rund 40 Kilometer nördlich der irakischen Haupstadt würden die Volksgruppen Rache aneinander nehmen, sagten Ärzte des örtlichen Krankenhauses am 7. Mai. Araber hätten zunächst das Feuer auf Kurden eröffnet, die auf der Straße von Bagdad nach Kirkuk unterwegs gewesen seien. Vermutlich gebe es noch "viele weitere" Tote, sagte der Arzt Ahmed Mohammed. US-Truppen seien am Dienstag vorübergehend vor Ort gewesen, um anstatt der örtlichen Polizei für Sicherheit zu sorgen. Die Polizisten seien nicht mehr im Dienst, weil sie seit Wochen nicht mehr bezahlt würden.
  • Die frühere irakische Atomananlage El Tuwaitha im Süden von Bagdad wird von Plünderern seit Tagen auseinander genommen. Gruppen von Jugendlichen ließen unter anderem Generatoren, Schläuche und Eisenplatten mitgehen, berichtete eine AFP-Reporterin am 7. Mai. Anwohner kritisierten, dass die US-Armee nichts gegen die Plünderungen unternehme. In der vergangenen Woche seien drei Menschen gestorben, die sich durch einen in der Atomanlage gestohlenen Gegenstand kontaminiert hätten. Sie seien im Nachbardorf Wardijah zusammen mit dem Gegenstand begraben worden. Die Angaben konnten nicht überprüft werden.
  • Die irakischen Soldaten haben ihre mutmaßlichen Massenvernichtungswaffen nach Ansicht eines US-Kommandeurs in Bagdad zu gut versteckt, um sie gegen das Invasionsheer einzusetzen: "Die UN-Inspekteure verließen Bagdad erst wenige Tage vor den Angriffen", erklärte Generalleutnant William Wallace am 7. Mai. "Weil die Iraker die Waffen so clever versteckten und so tief vergruben, hatten sie dann selbst ein Problem, sie rechtzeitig wieder rauszuholen." Gleichwohl verfüge man mittlerweile über "reichlich aktenmäßige Hinweise" auf ein aktives Programm für Massenvernichtungswaffen, beteuerte der Kommandeur des fünften Armeekorps, der per Video aus Bagdad zu einer Pressekonferenz in Washington geschaltet war.
  • Deutschland wird sich unter bestimmten Voraussetzungen an einer internationalen Irak-Friedenstruppe beteiligen. Diese Ansicht vertritt der SPD-Verteidigungspolitikers Reinhold Robbe. Wenn die UNO eine militärische Absicherung für den Aufbau ziviler Strukturen beschlössen, könne sich Deutschland dem Wunsch nach einer Beteiligung kaum verschließen, sagte er der "Rheinischen Post" zufolge am 7. Mai.
  • Die USA wollen für die Suche nach Massenvernichtungswaffen und Mitgliedern des gestürzten irakischen Regimes 2.000 weitere Experten nach Irak schicken. Bislang sind dort 600 amerikanische Waffenkontrolleure im Einsatz. Von den 2.000 zusätzlichen US-Experten sollen 1.000 die Suche nach irakischen Massenvernichtungswaffen unterstützen. Die andere Hälfte werde Informationen über das gestürzte Regime, über Terroristen, Kriegsverbrechen, den irakischen Geheimdienst und Kriegsgefangene sammeln, sagte Stephen Cambone, Staatssekretär im Verteidigungsministerium, am 7. MAi. Die Gruppe bestehe aus 1.300 Militär-Experten, zivilen Fachleuten und ehemaligen UN-Waffeninspektoren. Hinzu kämen 800 Mann Hilfspersonal. Die Führung werde ein General des Militärgeheimdienstes übernehmen.
  • Am 8. Mai hat auch Dänemark einen Militäreinsatz in Irak unter polnischem Kommando abgelehnt. Der dänische Verteidigungsminister Svend Aage Jensby und Bundesverteidigungsminister Peter Struck (SPD) erklärten nach einem Treffen mit ihrem polnischen Kollegen Jerzy Szmajdzinski in Kopenhagen, eine Entsendung des deutsch-dänisch-polnischen Korps nach Irak werde es nicht geben.
    Verteidigungsminister Peter Struck schließt einen Bundeswehreinsatz mit der NATO im Irak nicht aus. Im Deutschlandfunk sagte Struck am 8. Mai, wenn die NATO von der UN um Schutz gebeten würde, werde die Allianz "darüber positiv entscheiden". Dann werde Deutschland prüfen, wer welche Fähigkeiten zur Verfügung stellen kann. Aus dem Kanzleramt hieß es allerdings, die USA hätten noch keinen deutschen Beitrag angefragt.
    Die NATO wird nach Angaben ihres Generalsekretärs George Robertson erst nach einer Stabilisierung der Lage in Irak über einen möglichen Einsatz in dem Land entscheiden. Das Bündnis werde erst dann eine Entscheidung über seine Rolle in Irak treffen, wenn dort "die Lage stabiler und überschaubarer" sei, sagte Robertson am 8. Mai in Brüssel. Erst dann könnten einzelne Länder spezifische Vorschläge machen. Sowohl die NATO als auch die EU könnten eine stabilisierende Rolle in Irak spielen, doch das hänge "vom Willen ihrer Mitglieder ab".
  • Wie US-Behörden am 8. Mai mitteilten, sind mittlerweile fast 40.000 Manuskripte und 700 Kunstgegenstände aus dem geplünderten Irakischen Nationalmuseum sichergestellt worden. Dazu gehörten ein 7.000 Jahre altes Tongefäß sowie ein Meilenstein mit Inschrift aus der Zeit des Königs Nebukadnezar im siebten Jahrhundert vor Christus, wie am Mittwoch in Washington bekannt wurde. Ein Teil der Kulturgüter sei von Irakern zurückgebracht worden, amerikanische Zollbeamte hätten zehn weitere Stücke sichergestellt. Viele vermisst geglaubte Kulturgüter seien auch in den Kellern des Museums wieder gefunden worden. Sie seien offenbar bei Kriegsbeginn aus Sicherheitsgründen dorthin ausgelagert worden.
  • Der irakische Oppositionspolitiker und frühere Außenminister Adnan Pachachi will entgegen den Plänen der USA kein Amt in einer Übergangsverwaltung übernehmen. Er habe keinerlei politische Ambitionen in Irak, zitierte die in Kairo erscheinende englischsprachige Zeitung "Al Ahram Weekly" Pachachi am 8. Mai. Zugleich rief er dazu auf, die von Amerikanern und Briten eingerichtete "Besatzungsverwaltung" zu beenden. Eine amerikanische Verwaltung würde eine Fortdauer der Militärpräsenz bedeuten. Dies werde vom irakischen Volk nicht toleriert, wurde Pachachi zitiert.
  • Die USA wollen ein Sondergericht zur Ahndung von Verbrechen gegen das irakische Volk einrichten. Der US-Berater beim irakischen Justizministerium, Clint Williamson, sagte am 8. Mai in Bagdad, federführend dabei sollten die Iraker sein. Unter anderen solle den 55 von den USA meistgesuchten Irakern der Prozess gemacht werden. Bislang haben die USA nach eigenen Angaben 19 von ihnen festgenommen.
  • Die USA wollen den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen noch in dieser Woche zu einer Aufhebung der Sanktionen gegen Irak drängen. In einem entsprechenden Resolutionsentwurf soll nach Angaben von UN-Diplomaten auch die Einrichtung eines internationalen Beratergremiums vorgeschlagen werden, dem unter anderen UN-Generalsekretär Kofi Annan, die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) angehören sollen. Das Gremium soll die Verwendung der Einnahmen aus der Ölindustrie überwachen. Russland will der Aufhebung der Sanktionen offenbar erst zustimmen, wenn die Amerikaner einen Beweis für die Verschrottung sämtlicher Massenvernichtungswaffen Iraks vorlegen. Lediglich das Embargo für Lebensmittel und medizinische Versorgungsgüter soll nach dem Willen Moskaus ausgesetzt werden. Unterstaatssekretär Kim Holmes aus dem US-Außenministerium traf am 8. Mai in Moskau ein, wo er für die schnelle Aufhebung der Sanktionen werben wollte. Anschließend wird er in Berlin erwartet. Deutschland setzt auf einen Konsens im UN-Sicherheitsrat über eine umfassende Resolution zur Nachkriegsordnung in Irak. In Regierungskreisen hieß es am Donnerstag, es gehe darum, "in pragmatischer Weise" die Grundlage dafür zu schaffen, dass der Wiederaufbau Iraks unter dem Dach der Vereinten Nationen stattfinden könne.
  • Die Partner Amerikas in der "Koalition der Willigen" beim Krieg gegen Irak machen sich bereit, den Frieden in und um Bagdad zu sichern, heißt es in einer AP-Meldung vom 8. Mai. Allerdings ist die Zahl der Soldaten, die sie schicken können oder wollen, so gering, dass es ernsthafte Zweifel gibt, ob mit ihnen die Lage überhaupt gefestigt werden kann. In Bulgarien stehen 450 Soldaten zum Abflug nach Irak bereit. Aserbaidschan kann 150 Mann entsenden. Polen soll seinem Auftrag entsprechend bis zu 2.200 Soldaten schicken und Italien bis zu 3.000. Ebenso haben sich Rumänien, die Tschechische Republik und die Niederlande zu einer Beteiligung an einer multinationalen Truppe durchgerungen. Dänemark schickt wohl nur 380, Estland lediglich 55 und Litauen bloß ein Dutzend Soldaten. In einigen Ländern (z.B. Ungarn, Portugal) regt sich aber Widerstand gegen den Einsatz. Insgesamt betrachtet haben die USA auf eine viel umfangreichere Unterstützung gehofft.
  • Für ihre Irak-Politik sollen US-Präsident George W. Bush und der britische Premier Tony Blair nach dem Willen eines norwegischen Abgeordneten den Friedens-Nobelpreis erhalten. Die beiden Verbündeten hätten es "gewagt, die notwendigen Entscheidungen für einen Irak-Krieg ohne Unterstützung der UNO zu treffen", wurde der rechtsgerichtete Abgeordnete Jan Simonsen am 8. Mai von der Zeitung "Verdens Gang" zitiert. Weil die Vorschlagsfrist für die diesjährige Preisverleihung bereits verstrichen ist, habe er Bush und Blair für den Nobelpreis 2004 nominiert. "Dieser Krieg hat zahllose Leben gerettet", begründete Simonsen seine Wahl. Andernfalls hätte Saddam Hussein womöglich Atomwaffen entwickelt und eine "Katastrophe" ausgelöst, sagte er.
  • Nach dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein sind rund 1.000 Palästinenser aus ihren Wohnungen in Irak vertrieben worden. Ein ähnliches Schicksal droht nach Ansicht des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR weiteren Mitgliedern der 60.000 bis 90.000 Menschen zählenden palästinensischen Flüchtlingsgemeinde, die sich vor allem in der Hauptstadt Bagdad aufhält. UNHCR erklärte am 9. Mai in Genf, unter Staatschef Saddam Hussein seien Hausbesitzer verpflichtet worden, Wohnungen billig an die regierende Baath-Partei zu vermieten, die sie wiederum den Palästinensern überließ. Nach dem Sturz des Baath-Regimes drängten die Eigentümer nun die unerwünschten Mieter aus den Wohnungen.
  • Das Kinderhilfswerk Unicef warnte vor dem Ausbruch von Epidemien. Auf Grund verseuchten Wassers sei vor allem bei chronisch mangelernährten Kindern die Ausbreitung von Infektionen zu befürchten, sagte Unicef-Botschafterin Sabine Christansen am 9. Mai in Berlin. Die Fernseh-Moderatorin hatte zuvor die zweitgrößte irakische Stadt Basra besucht. Vor allem in Südirak sei die Wasserversorgung hunderttausender Menschen wegen anhaltender Plünderungen in Wasserwerken, Krankenhäusern und anderer öffentlicher Einrichtungen bedroht. Die Weltgesundheitsorganisation WHO spricht von mindestens vier Cholera-Fällen in Basra. Bei 17 weiteren Personen bestehe Verdacht auf die Epidemie.
  • Bundeskanzler Gerhard Schröder hat die Verbundenheit Deutschlands mit den USA betont und um Verständnis für die Meinungsunterschiede in der Irak-Politik geworben. "Deutschland und die Vereinigten Staaten verbindet eine wirklich vitale Freundschaft" auf der Basis gemeinsamer Erfahrungen und Werte, sagte Schröder am Freitag in einer Rede zum 100-jährigen Bestehen der US-Handelskammer in Berlin. "Bei allen wesentlichen Gemeinsamkeiten gibt es natürlich auch Unterschiede, die wir ruhig beim Namen nennen sollten, wenn wir unsere Beziehungen weiter ausbauen wollen." Ohne den Irak-Konflikt direkt zu nennen, sagte Schröder, die deutsche "Zurückhaltung gegenüber dem Einsatz von militärischer Gewalt" sollte respektiert und begrüßt werden. Für Deutschland gelte, dass "Konsultation immer besser ist als Konfrontation". Deutschland sei aus seiner Geschichte heraus pazifistisch eingestellt. Wenn Gewalt als letztes Mittel zur Konfliktlösung eingesetzt werde, müsse auch künftig "die deutsche Öffentlichkeit sehr intensiv und sehr genau überzeugt werden". Ebenso wie Schröder sprach sich der Berliner US-Botschafter Daniel Coats dafür aus, nach der Irak-Kontroverse jetzt wieder "nach vorn zu blicken".
  • Die USA und Großbritannien haben in der UNO am 9. Mai einen Entwurf für eine Irak-Resolution vorgelegt, die ihnen weitgehend die Kontrolle über die Öleinnahmen des Iraks übertragen würde. Die Sanktionen gegen den Irak würden damit weitgehend aufgehoben. Den Vereinten Nationen (UNO) und anderen internationalen Organisationen wird in dem Entwurf de facto nur eine beratende Position ohne große Kompetenzen zugestanden. Nicht berücksichtigt ist zudem die Forderung wichtiger Mitglieder des Sicherheitsrates nach Rückkehr der UNO-Waffeninspektoren.
  • Genau einen Monat nach dem Einmarsch in Bagdad haben die USA nach eigenen Angaben die Haupttresore der Zentralbank entdeckt, ihre Schlüssel und Kombinationen sicher gestellt und irakische Ermittler in die Gewölbe geschickt. Das teilte ein Team des US-Finanzministeriums am 9. Mai in Bagdad mit. Die Tresore seien der Plünderungswelle entgangen. In ihnen seien Dollar, Dinare, Gold und wertvolle Museumsstücke. Die Gewölbe seien allerdings überflutet worden, sagte der US-Beamte George Mullinax.
  • Die russische Regierung hat sich kritisch zu einigen Punkten des US-Resolutionsentwurfs zur Aufhebung der UNO-Sanktionen gegen Irak geäußert. Der Entwurf enthalte zwar einige positive Aspekte, sagte der stellvertretende Außenminister Juri Fedotow am 10. Mai. "Es gibt aber auch einige Teile, die nicht ausreichend klar sind und die beträchtliche Arbeit und Klärung notwendig machen", sagte er der Nachrichtenagentur Interfax.
    Russland und China wollen sich nach russischen Angaben "konstruktiv" an den Beratungen im UN-Sicherheitsrat über den Wiederaufbau Iraks beteiligen. Die Einheit des Sicherheitsrates müsse wiederhergestellt werden, erklärte der russische Vize-Außenminister Juri Fedotow am 10. Mai nach einem Treffen mit dem chinesischen Botschafter Zhang Deguang in Moskau. Moskau und Peking wollten "konstruktiv an den Diskussionen über den Resolutionsentwurf des UN-Sicherheitsrats zur Nachkriegssituation in Irak teilnehmen", sagte Fedotow. Der chinesische Vize-Außenminister Yang Wenchang will am 15. Mai zu Gesprächen über Irak nach Moskau reisen.
  • Nach 23 Jahren im iranischen Exil kehrte einer der bekanntesten schiitischen Geistlichen am 10. Mai nach Irak zurück. Der Führer der in Iran ansässigen schiitischen Oppositionsgruppe SCIRI (Oberster Rat für die Islamische Revolution in Irak), Ayatollah Abdel Asis el Hakim, wandte sich am Samstagvormittag in der südirakischen Stadt Basra an die Bevölkerung, teilte ein SCIRI-Sprecher mit (Das sei "der große Tag sein, den wir so lange erwartet haben.") Zehntausende Iraker haben die Rückkehr des Ayatollah gefeiert. Unter dem Jubel der Menge forderte der 64-Jährige eine unabhängige Regierung für Irak und lehnte jede Einmischung der USA ab. "Das irakische Volk ist in der Lage, ohne ausländische Hilfe ein neues Irak aufzubauen", sagte Hakim im Stadion von Basra. Irak gehöre den Irakern und die Iraker sollten selbst über eine unabhängige Regierung entscheiden. Seine patriotische und emotionale Rede, die er unter Tränen hielt, unterbrach er immer wieder mit dem Ruf "Allah ist groß". "Ja zum Islam" und "Ja zu Hakim" jubelte die Menge. Die Ankunft des Ayatollah legte die südirakische Stadt, die von der britischen Armee kontrolliert wird, für mehrere Stunden lahm. Die britischen Soldaten waren präsent, hielten sich jedoch im Hintergrund.
  • Die US-Armee hat im Nordosten von Irak mit den iranischen Volksmudschahedin ein Abkommen zur Entwaffnung getroffen. Die größte bewaffnete Oppositionsgruppe Irans habe zugesichert, dass sich ihre mehreren tausend Kämpfer in Lagern versammeln und unter US-Kontrolle begeben würden, sagte US-General Ray Odierno am 10. Mai der Nachrichtenagentur AFP. Die Volksmudschahedin hätten sich nicht ergeben. "Es ist ein Abkommen zur Entwaffnung und Konsolidierung", sagte Odierno zum Abschluss zweitägiger Gespräche mit der Gruppe, die die USA als Terrororganisation betrachten. Zuvor hatten die Volksmudschahedin bereits einer Waffenruhe zugestimmt.
  • Knapp zwei Monate nach der Schließung der deutschen Botschaft in Bagdad ist der Geschäftsträger Claude Ellner am 10. Mai nach Irak zurückgekehrt. Wie eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes in Berlin mitteilte, traf Ellner am Nachmittag in der irakischen Hauptstadt ein. Er sei gemeinsam mit dem belgischen Geschäftsträger aus Amman eingereist und habe Bagdad "ohne Zwischenfälle" erreicht. Vordringliches Ziel Ellners sei es nun, "die Arbeitsfähigkeit der deutschen Botschaft in Bagdad wiederherzustellen". Die deutsche Botschaft war nach dem Einmarsch der US-Truppen in Bagdad wie die Mehrzahl der anderen diplomatischen Vertretungen von Irakern geplündert worden.
  • Gut einen Monat nach der Eroberung Bagdads hat der Kommandeur des allierten Irak-Feldzugs, US-General Tommy Franks, die Baath-Partei des gestürzten Präsidenten Saddam Hussein für aufgelöst erklärt. "Die Baath-Partei ist aufgelöst", hieß es in einer am 11. Mai im US-kontrollierten Rundfunk verlesenen Erklärung. "Besitztümer der Baath-Partei müssen der derzeitigen Militärbehörde übergeben werden." Jeder, der im Besitz von Dokumenten der Baath-Partei oder der irakischen Regierung ist, wird aufgefordert, diese den Alliierten zu übergeben. Mit Franks Anordnung wurde die Partei aufgelöst, die Irak 35 Jahre regiert hatte. Nach AP waren rund 1,5 Millionen der 24 Millionen Iraker Mitglied der Baath-Partei. Aber nur 25.000 bis 50.000 hätten zur "Elite" gehört. Mitgliedschaft in der Partei war jahrzehntelang Voraussetzung dafür, einen Verwaltungsjob zu bekommen. Trotz des Bemühens, ranghohe Baathisten ausfindig zu machen, bezeichnen es US-Militärs als weder möglich noch wünschenswert, alle Parteimitglieder von öffentlichen Anstellungen im Nachkriegsirak auszuschließen.
  • Die Spitzenverwalter der USA im Irak werden ausgetauscht. Der bisherige zivile Verwaltungschef Jay Garner werde demnächst den Irak verlassen, berichtete die "Washington Post" am 11. Mai. Auch die oberste Zivilverwalterin der Region Bagdad, Barbara Bodine, sei auf einen neuen Posten in Washington versetzt worden. Die USA ziehen demnach auch einen großen Teil ihrer Waffeninspekteure im Irak ab - offenbar frustriert über den mangelnden Erfolg. Der "Washington Post" sagten Offiziere, sie glaubten nicht, noch etwas Entscheidendes zu finden.
  • Nach einer Agenturmeldung von Reuters vom 11. Mai haben sich Vertreter der USA und Irans "vor kurzem" in Genf getroffen, um über die iranischen Nachbarstaaten Irak und Afghanistan zu sprechen. Ziel sei die Beratung bestimmter Themen gewesen, die im Interesse der USA seien, sagte am 10. Mai ein US-Vertreter, der namentlich nicht genannt werden wollte. US-Außenminister Colin Powell sagte auf seinem Flug von Washington nach Tel Aviv: "Das Thema diplomatischer Beziehungen (zu Iran) liegt im Moment nicht auf dem Tisch, aber wir haben Wege (der Kommunikation), und wir nutzen sie regelmäßig, in jüngster Zeit." Die USA unterhalten seit 1979 keine diplomatischen Beziehungen zu Iran. Das Treffen habe mit Hilfe der Vereinten Nationen (UNO) stattgefunden, sagte der US-Vertreter. Powell sagte, die USA wollten Iran klar machen, dass das Land seine Politik im Lichte der veränderten strategischen Lage überdenken solle. Besonderes Augenmerk gelte dabei dem iranischen Atomwaffenprogramm, sagte Powell.


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