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Frieden im Schatten von Terror und Krieg

Das Ratschlagsbuch - Kassel 2002

Hier zunächst die genauen bibliografischen Angaben. Danach eine Inhaltsübersicht und das Vorwort zum Buch.

Ralph-M. Luedtke, Peter Strutynski (Hrsg.):Frieden im Schatten von Terror und Krieg
Verlag Winfried Jenior: Kassel 2002, 194 Seiten, 15 EUR (ISBN 3-934377-82-3)


Bezugsbedingungen: Ratschlagsteilnehmer erhalten das Buch für 10 EUR (plus Porto)
Bestellungen an: Jenior Verlag, Lassallestr. 15, D-34119 Kassel
oder an: Friedensratschlag, c/o DGB Kassel, Spohrstr. 6, 34117 Kassel
oder per FAX (an P. Strutynski): 0561/804-3738
oder per e-mail: strutype@uni-kassel.de

Inhalt

Vorwort

Terror und Krieg nach dem 11.9.

Peter Strutynski: Friedenspolitik im Schatten des Terrorismus

Norman Paech: Afghanistan-Krieg, Bundeswehreinsatz und Völkerrecht

Detlef Bimboes: Zentralasien: Interessen, Mächte und Konflikte

Matin Baraki: Der Afghanistan-Konflikt im Rahmen der internationalen Politik

Werner Ruf: Naher Osten: Wege aus der Gewalt

Dafna Hirsch: Die israelische Friedensbewegung und die Intifada

Sumaya Farhat-Naser: Über die Schwierigkeiten des Dialogs

Michael Berndt: Eine neue Europäische Sicherheits-Architektur?

Knut Krusewitz: Langfristige ökologische und humanitäre Folgen des Golfkriegs - Die USA planen Umweltkrieg gegen verelendete und wehrlose irakische Zivilbevölkerung

Andrea Kolling: Rot-grüne Rüstungsexportpolitik - Anmerkungen zum 2. Rüstungsexportbericht der Bundesregierung

Lühr Henken: Stehen wir vor einem neuen Rüstungswettlauf?

Tobias Pflüger: Was bedeutet der Bundestagsbeschluss vom 16. November 2001?

Wolfgang Vogt: Kampf gegen Terror - (K)eine Chance für Friedenspolitik?

Wolfgang Popp und Bernhard Nolz: Der Fall Bernhard Nolz: Ein Beispiel für eine neue Ära der Diskriminierung

Horst Bethge: "Die Freiheit stirbt mit Sicherheit" - Ergänzende Bemerkungen zum Fall Nolz

Anne Rieger: Zur gewerkschaftlichen "Beschlusslage"

Hildegard Maaß: GewerkschafterInnen im Zwiespalt

Reinhard J. Voß: Kirchen und Friedensbewegung

Horst Schmitthenner: Zur Rolle der Opposition im Krieg

Peter Wahl: Globalisierung, Attac und Friedensbewegung

Reinhard J. Voß: Wir brauchen eine breite Friedensallianz

DOKUMENTATION
Arbeitsgemeinschaft Friedens- und Konfliktforschung (AFK) Prävention statt Präventivkrieg! Plädoyer für zivile Konflikt- bearbeitung im Kampf gegen den Terrorismus

Vorwort

Die Lage in der Welt hat sich seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 dramatisch zugespitzt. Der Afghanistan-Krieg, der von den USA als ein Akt der "Selbstverteidigung" in Szene gesetzt worden war, ist auch nach einem Jahr nicht zu Ende und hat das eigentliche Ziel, die Terrororganisation Al Qaida zu zerschlagen und ihren Führer Osama bin Laden zu fangen, nicht erreicht. Bis heute hat die US-Regierung keine eigenen Daten über die Kriegstoten und die durch den Krieg verursachten sonstigen Schäden herausgegeben. Unabhängige Experten haben gleichwohl errechnet, dass allein die Zahl der getöteten Zivilpersonen mehrere Tausend betragen muss. Marc Herold, Professor für Wirtschaftswissenschaften, hat in einem akribischen Verfahren bereits nach zwei Monaten Krieg im Dezember 2001 herausgefunden, dass damals rund 5.000 Zivilisten, darunter viele Frauen und Kinder bei Bomben- und Raketenangriffen ums Leben gekommen sind. Sie starben durch Streubomben (Cluster Bombs), neuartige "thermobarische" Bomben, "Daisy Cutter"-Bomben, durch B-52-Flächenbombardements, Marschflugkörper mit Schrapnell-Gefechts-köpfen oder Bomben mit DU-Munition. Zählt man die Taliban-Soldaten oder Al-Qaida-Kämpfer hinzu, die bis zum heutigen Tag bei Kampfhandlungen oder in Gefangenschaft getötet wurden, so steigt die Zahl der Toten dieses Krieges auf über 20.000. Darunter befinden sich auch jene bis zu 3.000 Kämpfer, die bei Mazar-i-Sharrif gefangen genommen worden waren und anschließend spurlos verschwanden. Der britische Journalist Jamie Doran hat Beweise gesammelt, wonach diese 3.000 Männer einem Massaker zum Opfer gefallen sind, verübt von Soldaten der Nordallianz unter den Augen von US-Armee-angehörigen. (Le Monde diplomatique, 9/2002).

Vor einem Jahr, am 24. September 2001 gaben das UN-Kinderhilfswerk UNICEF, das Welternährungsprogramm WFP, die UN-Flüchtlingshilfsorga-nisation UNHCR, das UN-Entwicklungsprogramms UNDP, das Büro für Koordination humanitärer Angelegenheiten OCHA und die UN-Menschen-rechtshochkommission UNHCHR eine gemeinsame Erklärung zur humanitären Krise in Afghanistan heraus, wonach sich "in Afghanistan .. eine humanitäre Krise von unfassbarem Ausmaß" ausbreite. Darin hieß es z.B., dass bis 1. November 2001 5,5 Millionen Menschen von internationalen Nahrungsmittellieferungen abhängig sein würden. Fast 20 Prozent der Hilfsbedürftigen waren Kinder unter fünf Jahren. Viele Kinder kämpfen bereits um ihr Überleben. Ein Jahr später, am 4. Oktober 2002, dem "Tag des Flüchtlings", rufen UNICEF und UNHCR, das Kinder- und das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, wiederum zu mehr Hilfe und einem besseren Flüchtlingsschutz für Afghanistan auf. 1,25 Millionen Kinder seien zur Zeit auf Spenden angewiesen. Etwa die Hälfte der Kinder sei chronisch mangelernährt. Es fehle auch an Winterkleidung und Schutzmaterialien.

Diese Zahlen besagen: Kein Problem in Afghanistan ist durch den Krieg gelöst worden. Die geringen Fortschritte im Land beschränken sich fast ausschließlich auf die Hauptstadt Kabul, eine Art UNOtop, das der Welt zu beweisen versucht, dass die militärische Intervention zur Befriedung einer Region beitragen könne.

Trotzdem wird schon der nächste Krieg vorbereitet, diesmal gegen Irak. Die USA lassen keinen Zweifel daran, dass sie diesen Krieg unter allen Umständen führen wollen. US-Präsident Bush hat sich hierfür einen Kriegsermächtigungsbeschluss des Kongresses geben lassen und mit einer neuen "Nationalen Sicherheitsstrategie" im September 2002 das Recht auf den "Präventivkrieg" verkündet. Auch die Behandlung des Internationalen Strafgerichtshofs durch den US-Präsidenten hat der Welt gezeigt, dass in den USA die Kräfte des militärisch gestützten Unilateralismus längst die Oberhand gewonnen haben.

In diesem weltpolitischen Umfeld müssen sich Friedenswissenschaft und Friedensbewegung neu positionieren. Sie haben das im größeren Rahmen bereits auf dem 8. Friedenspolitischen Ratschlag in Kassel (im Dezember 2001) getan und tun das nicht ohne öffentliche Resonanz weiter. So haben anlässlich des ersten Jahrestags des Beginns des Afghanistankriegs 120 prominente Wissenschaftler, Künstler und Schriftsteller einen Aufruf "Nicht in unserem Namen" veröffentlicht, in dem es heißt:
"Wer den Terrorismus wirksam bekämpfen will, muss die Vereinten Nationen stärken, damit sie dem Recht überall auf der Welt Geltung verschaffen können. Wer den Terrorismus wirksam bekämpfen will, darf nicht auf eigene Faust Rache üben, sondern muss dafür sorgen, dass ein internationales Gewaltmonopol unter dem Dach der Vereinten Nationen durchgesetzt wird, das den Frieden weltweit sichern kann. Wer den Terrorismus wirksam bekämpfen will, muss auch seine sozialen Ursachen ins Auge fassen, vor allem die ungerechte Verteilung der Reichtümer der Erde und die Demütigung fremder Kulturen durch die Arroganz einiger Führer des Westens."

Der vorliegende Band unserer Schriftenreihe geht im Kern auf die Referate und Beratungen des letzten "Friedensratschlags" zurück, enthält aber auch eine Reihe überarbeiteter und neuer Beiträge. Wir danken den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Bundesausschusses Friedensratschlag, der AG Friedensforschung und dem Fachbereich 10 der Universität Kassel für die finanzielle Förderung sowie Frau Anita Teichert, die mit der Abschrift der Tonbandmitschnitte befasst war. Alle Fehler, Pannen und sonstigen Katastrophen gehen indessen auf das Konto der Herausgeber.

Kassel, den 10. Oktober 2002
Ralph-M. Luedtke und Peter Strutynski




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