Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Friedensbewegung reagiert schockiert auf die Terroranschläge in New York und Washington

Aufrufe zur Besonnenheit - Warnung vor militärischen Vergeltungsmaßnahmen - Kriegsgefahr bannen

Bei uns sind sehr viele Erklärungen aus der Friedensbewegung und anderen mit ihr verbundenen Organisationen eingegangen. Wir dokumentieren einige von ihnen und nennen stellvertretend auch ein paar zustimmende Reaktionen auf die Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag, mit der wir unsere kleine Übersicht auch beginnen wollen.
Hier geht es zu weiteren Aufrufen aus der Friedensbewegung.



Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag:

Der Tag des schrecklichsten Attentats, das die Welt je erlebte, der 11. September, ist gleichzeitig der von den Vereinten Nationen eingeführte "Internationale Tag des Friedens". An diesem Tag sollte die UNO-Generalversammlung in New York eröffnet werden. Am Vorabend gab UN-Generalsekretär Kofi Annan aus diesem Anlass eine Erklärung ab, in der es u.a. hieß: "Am Internationalen Tag des Friedens versuchen wir uns eine Welt vorzustellen, die sich von der Welt, wie wir sie kennen, ziemlich unterscheidet. Wir stellen uns vor, dass die Kriegführenden ihre Waffen niederlegen und ihre Meinungsverschiedenheiten in Aussprachen beilegen. Wir stellen uns vor, dass alle Regierungen auf den Willen ihrer Bevölkerungen hören - und entsprechend handeln. Wir stellen uns vor, dass die eigentlichen Konfliktursachen - Armut, Marginalisierung und Gier - der Entwicklung und der Gerechtigkeit weichen."

Leider trifft nur der erste Satz aus der Erklärung Kofi Annans heute noch zu: Nach den entsetzlichen Anschlägen in New York und Washington, denen Tausende von Menschen zum Opfer gefallen sind, unterscheidet sich die Welt fundamental von der, die wir bisher gekannt haben. So sehr wir die grausamen Terrorakte verurteilen, so sehr wir um die vielen unschuldigen Opfer trauern und mit ihren Angehörigen mitfühlen, so sehr wir uns sehnlich wünschen, dass die Verantwortlichen dieser Wahnsinnstaten zur Rechenschaft gezogen werden, so sehr warnen wir aber auch vor voreiligen Verurteilungen und vor unangemessenen Reaktionen.

Gegen Terrorismus und wahnsinnsgeleitete Aktionen blinder Gewalt gibt es keinen hundertprozentigen Schutz. Eine Politik, die den Terrorismus wirksam bekämpfen und eindämmen will, muss ihm den sozialen, politischen und ideologischen Nährboden entziehen, in dem er gedeiht. Ein Klima des Hasses und der Intoleranz und eine Politik, die Gewalt mit Gegengewalt und Gegengewalt mit neuer Gewalt beantwortet, bereitet auch den Boden für Terrorakte, deren Grausamkeit sich jeder menschlichen Vorstellungkraft entziehen.

Wann endlich wird begriffen, dass Sicherheit heute nicht mehr durch noch so "perfekte" militärische Sicherheitsvorkehrungen gewährleistet werden kann? Nichts offenbart dies deutlicher als die Schutzlosigkeit der Großmacht USA gegenüber den grauenhaften terroristischen Anschlägen.

Wann endlich begreifen die Politiker, die jetzt wieder nach mehr Rüstungsausgaben, Waffen und Militär verlangen, dass Sicherheit erst dann gegeben ist, wenn die Sicherheit des Anderen gewährleistet ist? Dass Sicherheit heute nicht mehr nur militärisch, sondern vor allem sozial, kulturell, ökonomisch und politisch begriffen werden muss? Dass Sicherheit letztlich eine Frage der Gerechtigkeit ist?

Die Friedensbewegung plädiert aus all diesen Gründen für besonnene Reaktionen der Politik. Dem Terrorismus durch zivile Maßnahmen und durch die Stärkung des Rechts und der Gerechtigkeit den Boden entziehen ist langfristig das bessere Mittel als der Gedanke an Rache und militärische Vergeltung.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
Kassel, Berlin, Frankfurt a.M., Hamburg, den 12. September 2001

Der Erklärung des Friedensratschlags haben sich spontan angeschlossen:
  • Dr. med. Wolfgang Fischer, München, für die "Initiative EMANZIPATION HUMANUM". Wolfgang Fischer schreibt u.a.: "- endlich mal ein Kommentar zu den Anschlägen in Washington und New York, der die volle Dimension des Geschehens erfasst: allein ein Trockenlegen des Nährbodens terroristischer Aktionen kann hier weiterhelfen."
  • Die Gesellschaft Kultur des Friedens, Tübingen
  • Friedrich Martin Balzer, Marburg, der uns noch einen alten arabischen Sinnspruch aus dem 12./13. Jahrhundert mit auf den Weg gegeben hat: "Die Ernt ist wie die Saat; drum, was ihr sät, seht. Ein Tor, wer früh versäumt hat und zu spät späht."
  • Hans-Peter Richter, Berlin, für den Deutschen Friedensrat e.V.
  • Die Marburger Friedensinitiative "Nein zum Krieg!" verurteilt die grausamen Terrorakte, trauert um die unschuldigen Opfer, fordert, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, warnt aber vor voreiligen Vorverurteilungen und unangemessenen Reaktionen.
    Sie schließt sich der Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag an
  • Die Friedensinitiative Nottuln
  • Das Friedensforum Münster
  • Die Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung INWO
  • Bernd Meimberg, Friedensinitiative Mölln
  • Waltraud Mann, Jerusalem, schließt sich voll inhaltlich der Erklärung an und schreibt u.a.: Gerade hier in Israel wird dieses Unvorstellbare besonders sensibel wahrgenommen. Sind doch alle, die hier leben, jederzeit gefaehrdet. Was wird nun geschehen? Die Welt ist nicht mehr die gleiche wie vor der Katastrophe. Laesst sich die Spule der Gewalt wieder zurueckschrauben? Werden die "vernuenftigen" gewaltlosen Vorstellungen jetzt ueberhaupt noch greifen koennen? Oder ist die Linie dafuer nicht schon weit ueberschritten? Welche Sprache wird ueberhaupt noch verstanden?"


Erklärung von Friedensorganisationen

Brücken bauen, Gewalteskalation verhindern!

Die Welt droht nach dem 11. September 2001 kälter und kriegerischer zu werden. Mit dem Entsetzen und Mitgefühl für die Opfer und deren Angehörige verbindet sich auch die Furcht, dass die US- Administration nach dieser beispiellos brutalen Terroraktion in der Logik der Gewaltspirale zurückschlägt und neue Eskalationen folgen.

Nachzudenken ist auch über die politischen Bedingungen, die es möglich gemacht haben, dass ein Teil der Menschen in einigen Völkern "den Westen" und insbesondere die USA so hasst, dass eine Gruppe von Terroristen anscheinend meint, sich bei ihrem Massenmord auf diese Unterdrückten beziehen zu können. Wir sind mit den Menschen in den USA in ihrem Schock und Leiden uneingeschränkt solidarisch. Das kann aber nicht heißen, mit allen Entscheidungen der US-Regierung im "monumentalen Kampf", den "das Gute gegen das Böse" nach Präsident Bush jetzt zu führen hat, einverstanden zu sein und sich per NATO- Bündnisfall vielleicht an militärischen Racheaktionen zu beteiligen oder sie zu unterstützen. Militärschläge nützen weder den Opfern des Terrors noch sind sie ein geeignetes Mittel zur Verhinderung oder Eindämmung des Terrorismus.

Wir befürchten weiter: Mit den auf dem Verdacht gegen die Gruppe von Osama bin Laden oder andere islamische Fundamentalisten beruhenden Thesen von einer "Kriegserklärung gegen die zivilisierte Welt" (Bundeskanzler Schröder), könnte die bereits schon länger von christlich-abendländischen Fundamentalisten proklamierte Ansicht vom "Kampf der Kulturen" in den westlichen Gesellschaften gefährlichen Zulauf gewinnen. Die Trennung in eine "zivilisierte" und eine "unzivilisierte Welt" vertieft die Gräben.

Es gibt keine Religion, die solche Terrorakte rechtfertigen würde. Jetzt kommt es darauf an, in unseren Gesellschaften keine Feindschaft gegen "den Islam" generell zuzulassen sondern vielmehr Brücken zu bauen.

Gegenüber blankem Terror gibt es keinen hundertprozentigen Schutz. Eine Politik, die den Terrorismus wirksam bekämpfen und eindämmen will, muss ihm den sozialen, politischen und ideologischen Nährboden entziehen, in dem er gedeiht. Ein Klima des Hasses und der Intoleranz und eine Politik, die Gewalt mit Gegengewalt und Gegengewalt mit neuer Gewalt beantwortet, bereitet auch den Boden für neue Terrorakte. Dem Terrorismus durch zivile Maßnahmen und durch die Stärkung des Rechts und der Gerechtigkeit den Boden zu entziehen ist langfristig das bessere Mittel als der Gedanke an Rache und militärische Vergeltung.

Trotz aller Wut und Trauer appellieren wir an die US-Regierung und deren Verbündete, besonnen und nicht mit militärischer Gegengewalt zu reagieren. Dies kann unser Beitrag dafür sein, dass ein weiteres Drehen an der Gewaltspirale verhindert werden kann.

Abrüstungsinitiative Bremer Kirchengemeinden; AG Zivile Konfliktbearbeitung im Netzwerk Friedenskooperative; Bonner Friedensbüro; Bremer Friedensforum; BUKO-Kampagne "Stoppt den Rüstungsexport"; Bund für Soziale Verteidigung (BSV); Bundesausschuss Friedensratschlag; Darmstädter Friedensforum; Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen: DFG-VK Kiel; DFG-VK Freiburg; Europäisches Bürgerforum; Ralf E. Streibl, Peter Bittner und Dagmar Boedicker, Vorstandsmitglieder des "Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIFF) e.V."; Prof. Dr. Leonie Dreschler-Fischer (Hamburg); Frauennetzwerk für Frieden e.V.; Friedensinitiative Nottuln; Gesellschaft Kultur des Friedens; Gewaltfreie Aktion Atomwaffen abschaffen; Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und Militär; Komitee für Grundrechte und Demokratie; Prof. Dr. h.c. Karlheinz Koppe (Bonn); Kampagne gegen Rüstungsexport, Kasseler Friedensforum; Ohne Rüstung Leben (ORL); Service Civil International - Deutscher Zweig e.V.; Versöhnungsbund - deutscher Zweig (Minden); Rüstungs-Informationsbüro Baden-Württemberg (RIB).

13. September 2001


Erklärung der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative

GEGEN GEWALT – FÜR BESONNENHEIT

Mit sprachlosem Entsetzen, tiefem Bedauern und Mitgefühl mit den Opfern und deren Angehörigen müssen wir den unglaublichsten Terrorakt der Geschichte zur Kenntnis nehmen.
Den Bürgerinnen und Bürgern der Vereinigten Staaten versichern wir unsere Anteilnahme.

Als Teil der Friedensbewegung lehnt die NaturwissenschaftlerInnen- Initiative jede Art von Terror und Gewalt ab.
Erschüttert stehen wir vor diesem Wahnsinnsakt ungehemmter Gewalt der Nichts und keine Probleme löst, sondern uns nur tiefer in Verzweiflung und die Spirale der Gewalt treibt.

Es bedurfte dieser Untat nicht, um die Verwundbarkeit hochtechnisierter Industriegesellschaften unter Beweis zu stellen - diese sind technisch gegen ihre eigene Hochtechnologie nicht zu schützen.

Aus dieser Ohnmacht gibt es kein Entrinnen, sondern nur politische und humanitäre Schritte diese zu vermindern.
Racheakte und militärische Vergeltung lösen keine Probleme. Wir rufen zur Besonnenheit auf, insbesondere alle politisch Verantwortlichen.

Wir schlagen den Vereinten Nationen vor:
Die Vereinten Nationen sollen die Staatsführer und Regierungen der Welt, die Parlamente und NGO’s - umgehend - zu einer großen Welt- Friedenskonferenz einladen, um im Geiste des oft beschworenen Neuen Denkens mutige Schritte zur Lösung der Kriege und Konflikte und gegen sinnlose Gewalt zu erarbeiten.

Dortmund, den 11. September 2001

Gemeinsame Erklärung Deutscher Gewerkschaftsbund und Deutsche Arbeitgeberverbände

Entsetzen und Abscheu erfüllt die Menschen in Deutschland angesichts der fürchterlichen Terroranschläge in den Vereinigen Staaten. Wir trauern um die Opfer. In Gedanken sind wir bei den Menschen in Amerika. Unser Mitgefühl gehört dem ganzen amerikanischen Volk und besonders allen, die durch diese Katastrophe Angehörige und Freunde verloren haben.

Wir verurteilen diesen unfassbaren Terror, für den es keine Rechtfertigung gibt. Wer immer diese Verbrechen begangen und zu verantworten hat, muss zur Rechenschaft gezogen und bestraft werden.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände rufen die Menschen in Deutschland auf, morgen, am Donnerstag, dem 13. September um 10 Uhr, fünf Minuten in der Arbeit innezuhalten und ein Zeichen zu setzen: ein Zeichen der Verurteilung des Terrors, der Anteilnahme und des Mitgefühls und der Freundschaft mit dem amerikanischen Volk, ein Zeichen für Frieden und Freiheit.


Appell aus der baden-württembergischen Friedensbewegung:

Stoppt die Spirale der Gewalt!

Die Friedensbewegung in Baden-Württemberg teilt das weltweite Entsetzen über die Terroranschläge in den USA, die Tausenden von Menschen das Leben gekostet haben. Wir trauern um die Toten. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen. Wir hoffen auf die rasche Genesung der Verletzten.

Diese entsetzlichen Terrorakte zeigen erneut, daß die Bereitschaft zur und die Anwendung von Gewalt in zerstörerischem Gegensatz zu den Errungenschaften der Zivilisation und den Werten der Humanität stehen.

Erste Reaktionen in den USA lassen indessen befürchten, daß die gestrigen sinnlosen Terrorakte erneut zu einer Eskalation führen werden. Schon bevor es Hinwweise auf die Urheber gab, ist von Vergeltungsschlägen die Rede. Tatsächlich scheint es wie selbstverständlich, daß die USA mit militärischer Gewalt auf diese Anschläge antworten werden.
Aber dabei werden erneut Unschuldige zu Opfern werden. Auch eine solche gewaltätige Antwort auf die jüngesten Terrorakte wird erneut Gegenwalt erzeugen.

Diese Spirale der Gewalt muß gestoppt werden!
Wir appellieren an alle Verantwortlichenin den USA und anderswo, sich nicht von archaischen Mustern und Gefühlen wie Rache und Vergeltung leiten zu lassen. Es muß Schluß sein mit Tod und Leiden Unschuldiger.

Das Zerbomben fremder Länder und Städte wird keinen Frieden und keinen Schutz vor Terrorismus bringen, sondern neue Opfer und neue Gewalt erzeugen.

Langfristige Sicherheit vor Terrorismus und Gewald kann es nur als Ergebnis einer gerechten Weltwirtschaft, menschenwürdiger Lebensverhältnissen in allen Teilen der Welt und einem solidarischen Miteinander der Menschen und Staaten geben - nicht jedoch als Ergebnis militärischer Vergeltung, militärischer Hochrüstung und militärischen Drohgebärden.

Wer die die Werte der Zivilisation, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Humanität verteidigen will, muß sich auch angesichts einer solchen blutigen Katastrophe an diesen Werten orientieren. Es muß alles getan werden, Schuldige und Drahtzieher vor ihren gesetzlichen Richter zu bringen.
Es muß alles unterlassen werden, erneut Unschuldige zu Opfern zu machen. Nur so gibt es eine Chance, daß die erzeugte Gewalt nicht erneut zurückkehrt.

Für das Friedensnetz:
Paul Russmann, Dieter Lachenmayer


Bund für Soziale Verteidigung

Konflikte gewaltfrei austragen - Militär und Rüstung abschaffen

Wir sind entsetzt über die Ausmaße des Terrors, die die Anschläge in den USA angenommen haben. Es gibt keine Worte, das Furchtbare angemessen zu beschreiben oder überhaupt zu begreifen, welche Tragödien sich in den angegriffenen Gebäuden und den Flugzeugen abgespielt haben. Es gibt nur die Gewissheit, dass es unschuldige Menschen sind, die einem mörderischen Kalkül geopfert wurden. Und es gibt nur hilflose Gesten wie diese, um die Trauer und das Mitgefühl auszudrücken, das uns bewegt.

Wir erheben in diesem Augenblick die Stimme auch, weil wir Sorge haben:
Sorge davor, dass die Vereinigten Staaten nicht abwarten werden, bis die Täter ermittelt sind und mit rechtsstaatlichen Mitteln zur Rechenschaft gezogen werden. Wir fürchten, dass die US-Regierung stattdessen zum Mittel der Rache durch einen oder mehrere Militärschläge gegen missliebige Länder, deren Regierungen der Kollaboration mit den Terroristen verdächtigt werden, greifen. Bei solchen Vergeltungsschlägen würden unzählige weitere Unschuldige das Leben lassen.

Sorge auch davor, dass solche Vergeltungsschläge zu neuen gewaltsamen Aktionen, sei es von Terroristen, sei es von Seiten der angegriffenen Staaten führen. Die Gefahr, dass durch unbedachtes, von Emotionen geleitetes Handeln eine Spirale von Gewalt und Gegengewalt bis hin zum Krieg entsteht, sollte nicht unterschätzt werden. Entsetzen darüber, dass im Moment alle Beobachter davon ausgehen, dass die Terroranschläge alle Friedensbemühungen im Nahen Osten zum Stillstand bringen und den schon vorhandenen Graben zwischen den westlichen und den arabischen und islamischen Ländern vertiefen werden.

Wir fürchten auch, dass die Tat einiger gewissenloser Verbrecher, die sich selbst als Muslime bezeichnen, in der öffentlichen Meinung einer ganzen Religionsgemeinschaft angelastet wird und den Prozess der Verständigung zwischen den Weltreligionen um Jahre zurückwerfen wird. Terroristen aber haben weder Religion noch nationale Identität. Sie missbrauchen beides für ihre Ziele, und man kann ihnen keinen größeren Gefallen tun, als diesen Missbrauch für bare Münze zu nehmen.

Deshalb appellieren wir an alle verantwortlichen Politikerinnen und Politiker, Terror nicht mit Terror zu begegnen, die Spirale der Gewalt nicht durch eigene Handlungen weiterzutreiben. Die richtige Antwort auf Terror ist nicht Rache, sondern besonnenes Handeln. Die Schuldigen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Dabei dürfen nicht noch mehr Unschuldige sterben.

Unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger rufen wir zu der gleichen Sorgsamkeit auf. Lassen Sie sich nicht von starken Worten verführen. Bedenken Sie, dass die Wahrheit leicht zum ersten Opfer einer Krise wird. Prüfen Sie sorgfältig, ob die Informationen, die Ihnen die Medien in den nächsten Tagen vermitteln werden, der Wahrheit entsprechen.

Barbara Müller (Vorsitzende) und Christine Schweitzer (Geschäftsführerin)
Minden, 12. September 2001

ATTAC zu den Terroranschlägen in den USA

ATTAC verurteilt in aller Schärfe die wahnwitzigen Terroranschläge in New York und Washington. Ihr entsetzliches Ausmaß und ihre Wirkungen sind von historischer Tragweite.

In dieser Situation gehört unser erster Gedanke den unschuldigen Opfern der Anschläge. Wir trauern um sie und erklären unser Mitgefühl und unsere Solidarität mit ihren Angehörigen.

Wir befinden uns in einer dramatischen Ausnahmesituation. Daher ist es jetzt außerordentlich wichtig, Besonnenheit zu wahren. Es darf nicht zu Überreaktionen kommen. Die Spirale der Gewalt muss durc hbrochen werden.

Eine wirksame Bekämpfung von Terrorismus ist letztlich nur möglich, wenn auch die gesellschaftlichen und politischen Probleme gelöst werden, die ihm zu Grunde liegen. Dazu gehört in erster Linie eine rasche politische Lösung des Nahostkonflikts, die den legitimen Interessen aller Beteiligten Rechnung trägt. Sicherheit ist erst dann gegeben ist, wenn die Sicherheit des Anderen gewährleistet ist. Sicherheit ist heute weniger denn je militärisch, sondern muss vor allem sozial, kulturell, ökonomisch und politisch begriffen werden. Sicherheit ist letztlich eine Frage der Gerechtigkeit. Auch die sozio-ökonomischen Ungleichheiten in der Welt, die sich in den letzten Jahren wieder verschärft haben, bilden einen Nährboden für Gewalt. Sie zu bekämpfen ist integraler Bestandteil einer wirksamen Strategie gegen den Terrorismus.

Daher kommt dem Engagement für eine Globalisierung von sozialer Gerechtigkeit, Demokratie, Menschenrechten, Geschlechtergerechtigkeit und umweltgerechtem Verhalten eine noch größere Bedeutung zu als je zuvor.

Berlin, 12. 9. 2001

Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs)

Hintergrund zu den Attentaten in den USA: Friedliche Konfliktlösung fraglich

Die Nachrichten über die entsetzlichen Anschläge in New York City und Washington DC erreichte uns, eine Gruppe internationaler Experten und Doktoranden der Psychologie, auf einer Sommerschule über "Konflikt und Kooperation zwischen sozialen Gruppen": Wir sind äußerst betroffen und drücken unser Mitgefühl für die Opfer und ihre Familien aus. Wir wissen, dass unsere Fachkollegen in den USA ihr Bestes bei der psychologischen Unterstützung der Betroffenen und überhaupt der Krisenintervention geben. Wir bewundern und unterstützen die Besonnenheit der amerikanischen Öffentlichkeit.

Die Welt ist erschüttert, und wir sind es nicht minder - und dies, obwohl wir glauben, über Erkenntnisse zu verfügen, wie sich selbst tiefsitzende Konflikte zwischen sozialen Gruppen lösen lassen. Im Kern solcher Konflikte (von politischen wie in Nordirland zu ökonomischen wie Chrysler/Daimler und interpersonalen wie Ausländerhass) geht es um die Auseinandersetzung um Ziele für die Gruppe und auch um Ressourcen zu ihrer Verwirklichung. Was als fundamentaler Gegensatz erscheint, kann aber in vielen Fällen im Prinzip aufgelöst werden, beispielsweise durch den Bezug auf gemeinsame übergeordnete Werte, welche mit den Zielen der widerstreitenden Gruppen dennoch verträglich sind und eine Vision geben, wie man zur Kooperation kommen kann. Diese übergeordneten Ziele zu erkennen, verlangt aber vor allem eine gemeinsame Anstrengung und intellektuelle Herausforderung. Die Psychologie hat heute schon ein ausgearbeitetes Repertoire an Verhandlungsstrategien, welche verfeindeten Gruppen helfen, die gemeinsam akzeptablen Ziel zu erkennen und Wege zu ihrer Verwirklichung zu planen.

Freilich müssen wir uns angesichts der Monstrosität der Ereignisse fragen, ob die Grundvoraussetzungen aller am Ende friedlichen Konfliktlösungen hier noch gegeben ist: die gemeinsame Wertschätzung des Lebens als unverletzbares Gut. Wer Unschuldige und Unbetroffene umstandslos seiner Ideologie opfert, hat sich aus der Gemeinschaft entfernt.

Obwohl sich solche Denkweisen letztlich kaum erklären lassen, sollten wir doch bedenken, dass solche Haltungen entstehen vor dem Hintergrund schwärender Konflikte und Ungerechtigkeiten, die viele Menschen entwurzelt haben. Wir müssen sehen, dass wir mehr der ursprünglichen Anlässe und Vorwände so lösen, dass die Gemeinsamkeiten gesucht statt die Gegensätze verstärkt werden. Hierzu haben wir als Wissenschaftler der Psychologie Einsichten und Erkenntnisse für Politik und Gesellschaft, die weiter zu verbreiten wir uns durch die schrecklichen Ereignisse erst recht aufgerufen fühlen.

Die Teilnehmer der Sommerakademie "Konflikt und Kooperation zwischen sozialen Gruppen" und Professor Dr. Rainer K. Silbereisen, Präsident der deutschen Gesellschaft für Psychologie
Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs)
Dr. Wolfgang Hirsch, Öffentlichkeitsarbeit
12.09.2001

Statement from U.S. WILPF office

WILPF has always rejected the use of violence and is horrified by the loss of life in the attacks today. While we urge caution in the response and judgement about the cause of these eventsss, we feel that this tragedy must not lead us as a society to take repressive or vengeful measures in response. Particularly we recall the experience of Oklahoma when the immediate reaction targetting Arab-related groups and individuals was later proven to be entirely groundless.

Once again our deepest beliefs hold that true security can only be rooted in social justice and strengthening the domestic and international rule of law. No additional billions of military budget would have prevented the actions today.

... This is a moment when we hope that all WILPF members will be able to contribute to maintaining a spirit of respect for peace and civil rights as the country responds to this horrifying series of events.

from the WILPF national staff-
Mary Day Kent, Executive Director
Jody Dodd, Leadership and Outreach Coordinator

Presseerklärung der Friedensinitiative Oberberg

Gummersbach, den 11.09.01.
Die Oberbergische Friedensinitiave verurteilte auf ihrer heutigen Sitzung die terroristischen Anschläge in den USA, denen tausende von Menschen zum Opfer gefallen sind. Unser Mitgefühl gilt den betroffenen Menschen.

Nach fünf Stunden ist völlig unklar, wer hinter den Gewalttaten steht. Jetzt ist Besonnenheit nötig, um die Lage nicht weiter eskalieren zu lassen. In dieser Situation hilft es wenig, wenn Politiker mit starken Sprüchen Machtpolitik demonstrieren oder wie Bundeskanzler Schröder von „einer Kriegserklärung gegen die zivilisierte Welt" sprechen. Die Trennung in eine „zivilisierte" und eine „unzivilisierte Welt" vertieft die Gräben. Dem Terrorismus kann man nur den Boden entziehen, wenn die bestehenden Konflikte in der Welt partnerschaftlich und gewaltfrei angegangen werden. Das ist sicherlich nicht einfach, aber wir haben gesehen, dass weitere Hochrüstung und verstärkte Geheimdienstaktivitäten keinen Schutz bieten.
Wolfgang Wewer

Ärzte warnen vor Spirale der Gewalt

Heute haben furchtbare Terroranschläge das amerikanische Volk getroffen. Unser tiefes Mitgefühl gilt der leidenden nordamerikanischen Bevölkerung. Wir, die Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges, sprechen den Angehörigen der vielen unschuldigen Toten unser Beileid aus. "Wir verurteilen die verabscheuungswürdigen und feigen Anschläge zutiefst. Gewalt kann nie eine Lösung für Konflikte sein.", sagt Dr. med. Ute Watermann, Sprecherin der IPPNW.

Gleichzeitig vernehmen wir mit tiefer Sorge die Ankündigung des amerikanischen Präsidenten George W. Bush, Vergeltungsanschläge auszuüben. Wir möchten mit der ganzen Kraft unserer Stimme als Friedens - und Ärzteorganisation vor einer weiteren Eskalation der Gewalt warnen. Noch wissen wir nicht genau, wer hinter den Anschlägen steht. Doch die Verantwortlichen für diese Taten müssen zur Rechenschaft gezogen Morde werden und sich für die Morde verantworten.

Wir warnen jedoch vor einem blinden militärischen Gegenschlag. Ein Einsatz von möglicherweise Massenvernichtungswaffen gegen die Zivilbevölkerung welchen Landes auch immer, vergrößert nur das Leid unschuldiger Menschen und kann die ganze Welt in ein unübersehbares Chaos stürzen.

Wir möchten weiter davor warnen, dass die US-Regierung unter dem Eindruck der furchtbaren Ereignisse nun die internationalen Abrüstungsverträge aufkündigen und einseitig aufrüsten wird. Das geplante Raketenabwehrprogramm der USA wird niemanden auf der Welt vor solchen Terroranschlägen schützen. So wenig wie uns diese Lösung momentan befriedigend scheint: Auf Dauer helfen nur Gespräche, Verhandlungen und Verträge, um die Welt zu einem friedlichen Ort werden zu lassen. Präventive Konfliktlösungsstrategien führen zum Ziel, nicht die weitere Eskalation durch militärische Gewalt.

Dr. med. Ute Watermann, Sprecherin der IPPNW
Berlin, den 11. September 2001

Pressemitteilung des Nürnberger Friedensforums

12. September 2001
Mit Entsetzen und Abscheu haben wir die Nachrichten von den Terrorangriffen auf New York und Washington vernommen. Unser tiefes Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer. Die Verantwortlichen dieser durch und durch menschenverachtenden Terrorakte müssen zur Verantwortung gezogen werden.

Das Nürnberger Friedensforum appelliert an die verantwortlichen Politiker der USA, sich in dieser Situation nicht von Rachegefühlen leiten zu lassen. Individueller Terror darf nicht mit staatlichem Terror beantwortet werden. Es muss alles vermieden werden, was eine Spirale der Gewalt und der Gegengewalt aufbauen kann. Wir sind in Sorge um den Weltfrieden!

Das Nürnberger Friedensforum gibt zu bedenken, dass diese brutalen Terrorakte auch belegen: Militärische Mittel können Terror nicht verhindern. Es gilt vielmehr die wirtschaftlichen, sozialen und ideologischen Ursachen des Terrorismus zu beseitigen. Zivile Problemlösungen der bestehenden Konfliktherde, praktizierte Toleranz, soziale Gerechtigkeit und eine gerechte Weltwirtschaftsordnung betrachten wir als notwendige Schritte im Kampf gegen den Terrorismus.

Der SprecherInnenkreis des Nürnberger Friedensforums
Hans-J. Patzelt, Anna Beltinger, Arno Weber, Ewald Ziegler


Lemgoer Friedensappell

Mit fassungslosem Entsetzen mussten Menschen auf der ganzen Welt am 11. September eines der schrecklichsten Attentate miterleben, dass es je gegeben hat: Am "Tag es Internationalen Friedens" starben Tausende von Menschen in New York und Washington durch entsetzliche Flugzeug- Anschläge auf amerikanische Einrichtungen wie das World- Trade Center und das Pentagon. Es gibt kaum Worte, um das Unfassbare zu fassen. Unser ganzes Mitgefühle gilt den Opfern und ihren Angehörigen; aber auch denjenigen, die diesen schrecklichen Tag wie durch ein Wunder überlebten und wahrscheinlich ihr Leben lang traumatisiert sein werden. Wir alle sind ohnmächtig und bis ins Mark getroffen: Wie können Menschen Menschen so etwas antun?

Bis tief in unser Innerstes erschüttert fragen wir uns aber auch: Was bringt Menschen dazu, einander so abgrundtief zu hassen, dass sie diesen schwarzen Tag in der Geschichte der Menschheit mit Freude oder Genugtuung begrüßen? Und: Wie können wir diese tödliche Gewaltspirale aus Hass, Gewalt und Mord außer Kraft setzen?

Mit den Worten Mahatma Gandhis- einer der größten Lichtgestalten unseres Jahrhunderts, der unermüdlich für Frieden, Gewaltlosigkeit und Wahrheit gelebt hat und für diese seine Überzeugung auch gestorben ist - rufen wir allen- insbesondere aber allen politisch Verantwortlichen- seine Worte ins Gedächtnis.: "Mord durch Mord zu sühnen ist unmöglich. Rache oder Sühne mögen eine Gier befriedigen; aber den Frieden zu schaffen oder die Menschheit auf eine höhere Stufe zu heben, das vermögen sie nicht." (Gandhi am 18.08.1946)

Amerika steht vor den Trümmern einer Stadt, unter denen Tausende von Menschen begraben liegen. Es kann und darf bei allem Schock über das uns immer noch Unbegreifliche nicht sein, dass die "zivilisierte Welt" mit einem "militärischen Gegenschlag" antwortet, bei dem vermutlich wieder Tausende von unschuldigen Menschen sterben würden. Diese furchtbare Tragödie darf weder zu weiterem Hass und Vergeltung führen, noch zu innen- und außenpolitischer Aufrüstung. Wir müssen endlich begreifen, dass es keinen noch so "hochgerüsteten" Schutz gegen Terror und Gewalt gibt. Wir widersprechen der Forderung, jetzt müssten "die "Anstrengungen für Sicherheit durch Aufrüstung eine neue Qualität bekommen". Wir meinen vielmehr, dass wir einen viel schwereren Weg zu gehen haben und das Übel bei der Wurzel fassen müssen: Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Unterschiede müssen durch umsichtiges politisches Handeln abgebaut werden. "Sicherheit" ist unabdingbar verknüpft mit der Frage von Gerechtigkeit und Menschlichkeit.

Wir fordern deshalb unsere deutschen Politiker auf: Stoppen Sie diese Gewaltspirale, indem Sie deeskalierend auf die USA und die Nato-Mitgliedsstaaten einwirken und ihnen deutlich machen: Krieg und militärische Gewalt sind kein Mittel zur Konfliktlösung. Frieden ist die Berufung unserer Zeit. Wir bitten Sie von ganzem Herzen, sich hierfür gewaltlos einzusetzen. Mut dazu machen möchten wir Ihnen - gerade vor dem Hintergrund der furchtbaren amerikanischen Tragödie - mit einem weiteren Wort Gandhis machen: "Das härteste Herz und die grobschlächtigste Unwissenheit müssen zurückweichen vor der aufgehenden Sonne eines Leidens, das ohne Zorn und ohne Arg ist."

Jutta Dümpe-Krüger und Andi Wolff, Lemgo


Weitere Aufrufe aus der Friedensbewegung


Zurück zur Seite "Friedensbewegung"

Zurück zur Homepage