Friedensbewegung reagiert schockiert auf die Terroranschläge in New York und Washington
Aufrufe zur Besonnenheit - Warnung vor militärischen Vergeltungsmaßnahmen - Kriegsgefahr bannen
Bei uns sind sehr viele Erklärungen aus der Friedensbewegung und anderen mit ihr verbundenen Organisationen eingegangen. Wir dokumentieren einige von ihnen und nennen stellvertretend auch ein paar zustimmende Reaktionen auf die Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag, mit der wir unsere kleine Übersicht auch beginnen wollen.
Hier geht es zu weiteren Aufrufen aus der Friedensbewegung.
Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag:
Der Tag des schrecklichsten Attentats, das die Welt je erlebte, der 11.
September, ist gleichzeitig der von den Vereinten Nationen eingeführte
"Internationale Tag des Friedens". An diesem Tag sollte die
UNO-Generalversammlung in New York eröffnet werden. Am Vorabend gab
UN-Generalsekretär Kofi Annan aus diesem Anlass eine Erklärung ab, in
der es u.a. hieß: "Am Internationalen Tag des Friedens versuchen wir uns
eine Welt vorzustellen, die sich von der Welt, wie wir sie kennen,
ziemlich unterscheidet. Wir stellen uns vor, dass die Kriegführenden
ihre Waffen niederlegen und ihre Meinungsverschiedenheiten in
Aussprachen beilegen. Wir stellen uns vor, dass alle Regierungen auf den
Willen ihrer Bevölkerungen hören - und entsprechend handeln. Wir stellen
uns vor, dass die eigentlichen Konfliktursachen - Armut,
Marginalisierung und Gier - der Entwicklung und der Gerechtigkeit
weichen."
Leider trifft nur der erste Satz aus der Erklärung Kofi Annans heute
noch zu: Nach den entsetzlichen Anschlägen in New York und Washington,
denen Tausende von Menschen zum Opfer gefallen sind, unterscheidet sich
die Welt fundamental von der, die wir bisher gekannt haben. So sehr wir
die grausamen Terrorakte verurteilen, so sehr wir um die vielen
unschuldigen Opfer trauern und mit ihren Angehörigen mitfühlen, so sehr
wir uns sehnlich wünschen, dass die Verantwortlichen dieser
Wahnsinnstaten zur Rechenschaft gezogen werden, so sehr warnen wir aber
auch vor voreiligen Verurteilungen und vor unangemessenen Reaktionen.
Gegen Terrorismus und wahnsinnsgeleitete Aktionen blinder Gewalt gibt es
keinen hundertprozentigen Schutz. Eine Politik, die den Terrorismus
wirksam bekämpfen und eindämmen will, muss ihm den sozialen, politischen
und ideologischen Nährboden entziehen, in dem er gedeiht. Ein Klima des
Hasses und der Intoleranz und eine Politik, die Gewalt mit Gegengewalt
und Gegengewalt mit neuer Gewalt beantwortet, bereitet auch den Boden
für Terrorakte, deren Grausamkeit sich jeder menschlichen
Vorstellungkraft entziehen.
Wann endlich wird begriffen, dass Sicherheit heute nicht mehr durch noch
so "perfekte" militärische Sicherheitsvorkehrungen gewährleistet werden
kann? Nichts offenbart dies deutlicher als die Schutzlosigkeit der
Großmacht USA gegenüber den grauenhaften terroristischen Anschlägen.
Wann endlich begreifen die Politiker, die jetzt wieder nach mehr
Rüstungsausgaben, Waffen und Militär verlangen, dass Sicherheit erst
dann gegeben ist, wenn die Sicherheit des Anderen gewährleistet ist?
Dass Sicherheit heute nicht mehr nur militärisch, sondern vor allem
sozial, kulturell, ökonomisch und politisch begriffen werden muss? Dass
Sicherheit letztlich eine Frage der Gerechtigkeit ist?
Die Friedensbewegung plädiert aus all diesen Gründen für besonnene
Reaktionen der Politik. Dem Terrorismus durch zivile Maßnahmen und durch
die Stärkung des Rechts und der Gerechtigkeit den Boden entziehen ist
langfristig das bessere Mittel als der Gedanke an Rache und militärische
Vergeltung.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
Kassel, Berlin, Frankfurt a.M., Hamburg, den 12. September 2001
Der Erklärung des Friedensratschlags haben sich spontan angeschlossen:-
Dr. med. Wolfgang Fischer, München, für die "Initiative EMANZIPATION HUMANUM". Wolfgang Fischer schreibt u.a.: "- endlich mal ein Kommentar zu den Anschlägen in Washington und New York, der die volle Dimension des Geschehens erfasst: allein ein Trockenlegen des Nährbodens terroristischer Aktionen kann hier weiterhelfen."
-
Die Gesellschaft Kultur des Friedens, Tübingen
-
Friedrich Martin Balzer, Marburg, der uns noch einen alten arabischen Sinnspruch aus dem 12./13. Jahrhundert mit auf den Weg gegeben hat: "Die Ernt ist wie die Saat; drum, was ihr sät, seht. Ein Tor, wer früh versäumt hat und zu spät späht."
-
Hans-Peter Richter, Berlin, für den Deutschen Friedensrat e.V.
-
Die Marburger Friedensinitiative "Nein zum Krieg!" verurteilt die grausamen Terrorakte, trauert um die unschuldigen Opfer, fordert, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden, warnt aber vor voreiligen Vorverurteilungen und unangemessenen Reaktionen.
Sie schließt sich der Erklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag an
-
Die Friedensinitiative Nottuln
-
Das Friedensforum Münster
-
Die Initiative für Natürliche Wirtschaftsordnung INWO
-
Bernd Meimberg, Friedensinitiative Mölln
-
Waltraud Mann, Jerusalem, schließt sich voll inhaltlich der Erklärung an und schreibt u.a.: Gerade hier in Israel wird dieses Unvorstellbare besonders sensibel wahrgenommen. Sind doch alle, die hier leben, jederzeit gefaehrdet. Was wird nun geschehen? Die Welt ist nicht mehr die gleiche wie vor der Katastrophe. Laesst sich die Spule der Gewalt wieder zurueckschrauben? Werden die "vernuenftigen" gewaltlosen Vorstellungen jetzt
ueberhaupt noch greifen koennen? Oder ist die Linie dafuer nicht schon weit
ueberschritten? Welche Sprache wird ueberhaupt noch verstanden?"
Erklärung von Friedensorganisationen
Brücken bauen, Gewalteskalation verhindern!
Die Welt droht nach dem 11. September 2001 kälter und kriegerischer
zu werden. Mit dem Entsetzen und Mitgefühl für die Opfer und deren
Angehörige verbindet sich auch die Furcht, dass die US-
Administration nach dieser beispiellos brutalen Terroraktion in der
Logik der Gewaltspirale zurückschlägt und neue Eskalationen folgen.
Nachzudenken ist auch über die politischen Bedingungen, die es
möglich gemacht haben, dass ein Teil der Menschen in einigen Völkern
"den Westen" und insbesondere die USA so hasst, dass eine Gruppe von
Terroristen anscheinend meint, sich bei ihrem Massenmord auf diese
Unterdrückten beziehen zu können. Wir sind mit den Menschen in den
USA in ihrem Schock und Leiden uneingeschränkt solidarisch. Das kann
aber nicht heißen, mit allen Entscheidungen der US-Regierung im
"monumentalen Kampf", den "das Gute gegen das Böse" nach Präsident
Bush jetzt zu führen hat, einverstanden zu sein und sich per NATO-
Bündnisfall vielleicht an militärischen Racheaktionen zu beteiligen
oder sie zu unterstützen. Militärschläge nützen weder den Opfern des
Terrors noch sind sie ein geeignetes Mittel zur Verhinderung oder
Eindämmung des Terrorismus.
Wir befürchten weiter: Mit den auf dem Verdacht gegen die Gruppe von
Osama bin Laden oder andere islamische Fundamentalisten beruhenden
Thesen von einer "Kriegserklärung gegen die zivilisierte Welt"
(Bundeskanzler Schröder), könnte die bereits schon länger von
christlich-abendländischen Fundamentalisten proklamierte Ansicht vom
"Kampf der Kulturen" in den westlichen Gesellschaften gefährlichen
Zulauf gewinnen. Die Trennung in eine "zivilisierte" und eine
"unzivilisierte Welt" vertieft die Gräben.
Es gibt keine Religion, die solche Terrorakte rechtfertigen würde.
Jetzt kommt es darauf an, in unseren Gesellschaften keine
Feindschaft gegen "den Islam" generell zuzulassen sondern vielmehr
Brücken zu bauen.
Gegenüber blankem Terror gibt es keinen hundertprozentigen Schutz.
Eine Politik, die den Terrorismus wirksam bekämpfen und eindämmen
will, muss ihm den sozialen, politischen und ideologischen Nährboden
entziehen, in dem er gedeiht. Ein Klima des Hasses und der
Intoleranz und eine Politik, die Gewalt mit Gegengewalt und
Gegengewalt mit neuer Gewalt beantwortet, bereitet auch den Boden
für neue Terrorakte. Dem Terrorismus durch zivile Maßnahmen und
durch die Stärkung des Rechts und der Gerechtigkeit den Boden zu
entziehen ist langfristig das bessere Mittel als der Gedanke an
Rache und militärische Vergeltung.
Trotz aller Wut und Trauer appellieren wir an die US-Regierung und
deren Verbündete, besonnen und nicht mit militärischer Gegengewalt
zu reagieren. Dies kann unser Beitrag dafür sein, dass ein weiteres
Drehen an der Gewaltspirale verhindert werden kann.
Abrüstungsinitiative Bremer Kirchengemeinden; AG Zivile
Konfliktbearbeitung im Netzwerk Friedenskooperative; Bonner
Friedensbüro; Bremer Friedensforum; BUKO-Kampagne "Stoppt den
Rüstungsexport"; Bund für Soziale Verteidigung (BSV);
Bundesausschuss Friedensratschlag; Darmstädter Friedensforum;
Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen:
DFG-VK Kiel; DFG-VK Freiburg; Europäisches Bürgerforum; Ralf E.
Streibl, Peter Bittner und Dagmar Boedicker, Vorstandsmitglieder des
"Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche
Verantwortung (FIFF) e.V."; Prof. Dr. Leonie Dreschler-Fischer
(Hamburg); Frauennetzwerk für Frieden e.V.; Friedensinitiative
Nottuln; Gesellschaft Kultur des Friedens; Gewaltfreie Aktion
Atomwaffen abschaffen; Kampagne gegen Wehrpflicht, Zwangsdienste und
Militär; Komitee für Grundrechte und Demokratie; Prof. Dr. h.c.
Karlheinz Koppe (Bonn); Kampagne gegen Rüstungsexport, Kasseler
Friedensforum; Ohne Rüstung Leben (ORL); Service Civil International
- Deutscher Zweig e.V.; Versöhnungsbund - deutscher Zweig (Minden);
Rüstungs-Informationsbüro Baden-Württemberg (RIB).
13. September 2001
Erklärung der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative
GEGEN GEWALT – FÜR BESONNENHEIT
Mit sprachlosem Entsetzen, tiefem Bedauern und Mitgefühl mit den Opfern und
deren Angehörigen müssen wir den unglaublichsten Terrorakt der Geschichte
zur Kenntnis nehmen.
Den Bürgerinnen und Bürgern der Vereinigten Staaten versichern wir unsere
Anteilnahme.
Als Teil der Friedensbewegung lehnt die NaturwissenschaftlerInnen-
Initiative jede Art von Terror und Gewalt ab.
Erschüttert stehen wir vor diesem Wahnsinnsakt ungehemmter Gewalt der Nichts
und keine Probleme löst, sondern uns nur tiefer in Verzweiflung und die
Spirale der Gewalt treibt.
Es bedurfte dieser Untat nicht, um die Verwundbarkeit hochtechnisierter
Industriegesellschaften unter Beweis zu stellen - diese sind technisch gegen
ihre eigene Hochtechnologie nicht zu schützen.
Aus dieser Ohnmacht gibt es kein Entrinnen, sondern nur politische und
humanitäre Schritte diese zu vermindern.
Racheakte und militärische Vergeltung lösen keine Probleme.
Wir rufen zur Besonnenheit auf, insbesondere alle politisch
Verantwortlichen.
Wir schlagen den Vereinten Nationen vor:
Die Vereinten Nationen sollen die Staatsführer und Regierungen der Welt, die
Parlamente und NGO’s - umgehend - zu einer großen Welt- Friedenskonferenz
einladen, um im Geiste des oft beschworenen Neuen Denkens mutige Schritte
zur Lösung der Kriege und Konflikte und gegen sinnlose Gewalt zu erarbeiten.
Dortmund, den 11. September 2001
Gemeinsame Erklärung Deutscher Gewerkschaftsbund und Deutsche Arbeitgeberverbände
Entsetzen und Abscheu erfüllt die Menschen in Deutschland angesichts der fürchterlichen Terroranschläge in den
Vereinigen Staaten. Wir trauern um die Opfer. In Gedanken sind wir bei den Menschen in Amerika. Unser Mitgefühl
gehört dem ganzen amerikanischen Volk und besonders allen, die durch diese Katastrophe Angehörige und
Freunde verloren haben.
Wir verurteilen diesen unfassbaren Terror, für den es keine Rechtfertigung gibt. Wer immer diese Verbrechen
begangen und zu verantworten hat, muss zur Rechenschaft gezogen und bestraft werden.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände rufen die
Menschen in Deutschland auf, morgen, am Donnerstag, dem 13. September um 10 Uhr, fünf Minuten in der Arbeit
innezuhalten und ein Zeichen zu setzen: ein Zeichen der Verurteilung des Terrors, der Anteilnahme und des
Mitgefühls und der Freundschaft mit dem amerikanischen Volk, ein Zeichen für Frieden und Freiheit.
Appell aus der baden-württembergischen Friedensbewegung:
Stoppt die Spirale der Gewalt!
Die Friedensbewegung in Baden-Württemberg teilt das weltweite Entsetzen über die Terroranschläge in den USA, die Tausenden von Menschen das Leben gekostet haben.
Wir trauern um die Toten. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen. Wir hoffen auf die rasche Genesung der Verletzten.
Diese entsetzlichen Terrorakte zeigen erneut, daß die Bereitschaft zur und die Anwendung von Gewalt in zerstörerischem Gegensatz zu den Errungenschaften der Zivilisation und den Werten der Humanität stehen.
Erste Reaktionen in den USA lassen indessen befürchten, daß die gestrigen sinnlosen Terrorakte erneut zu einer Eskalation führen werden. Schon bevor es Hinwweise auf die Urheber gab, ist von Vergeltungsschlägen die Rede.
Tatsächlich scheint es wie selbstverständlich, daß die USA mit militärischer Gewalt auf diese Anschläge antworten werden.
Aber dabei werden erneut Unschuldige zu Opfern werden. Auch eine solche gewaltätige Antwort auf die jüngesten Terrorakte wird erneut Gegenwalt erzeugen.
Diese Spirale der Gewalt muß gestoppt werden!
Wir appellieren an alle Verantwortlichenin den USA und anderswo, sich nicht von archaischen Mustern und Gefühlen wie Rache und Vergeltung leiten zu lassen.
Es muß Schluß sein mit Tod und Leiden Unschuldiger.
Das Zerbomben fremder Länder und Städte wird keinen Frieden und keinen Schutz vor Terrorismus bringen, sondern neue Opfer und neue Gewalt erzeugen.
Langfristige Sicherheit vor Terrorismus und Gewald kann es nur als Ergebnis einer gerechten Weltwirtschaft, menschenwürdiger Lebensverhältnissen in allen Teilen der Welt und einem solidarischen Miteinander der Menschen und Staaten geben - nicht jedoch als Ergebnis militärischer Vergeltung, militärischer Hochrüstung und militärischen Drohgebärden.
Wer die die Werte der Zivilisation, der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit und der Humanität verteidigen will, muß sich auch angesichts einer solchen blutigen Katastrophe an diesen Werten orientieren.
Es muß alles getan werden, Schuldige und Drahtzieher vor ihren gesetzlichen Richter zu bringen.
Es muß alles unterlassen werden, erneut Unschuldige zu Opfern zu machen.
Nur so gibt es eine Chance, daß die erzeugte Gewalt nicht erneut zurückkehrt.
Für das Friedensnetz:
Paul Russmann, Dieter Lachenmayer
Bund für Soziale Verteidigung
Konflikte gewaltfrei austragen - Militär und Rüstung abschaffen
Wir sind entsetzt über die Ausmaße des Terrors, die die Anschläge in den USA angenommen haben. Es gibt keine Worte, das Furchtbare angemessen zu beschreiben oder überhaupt zu begreifen, welche Tragödien sich in den angegriffenen Gebäuden und den Flugzeugen abgespielt haben. Es gibt nur die Gewissheit, dass es unschuldige Menschen sind, die einem mörderischen Kalkül geopfert wurden. Und es gibt nur hilflose Gesten wie diese, um die Trauer und das Mitgefühl auszudrücken, das uns bewegt.
Wir erheben in diesem Augenblick die Stimme auch, weil wir Sorge haben:
Sorge davor, dass die Vereinigten Staaten nicht abwarten werden, bis die Täter ermittelt sind und mit rechtsstaatlichen Mitteln zur Rechenschaft gezogen werden. Wir fürchten, dass die US-Regierung stattdessen zum Mittel der Rache durch einen oder mehrere Militärschläge gegen missliebige Länder, deren Regierungen der Kollaboration mit den Terroristen verdächtigt werden, greifen. Bei solchen Vergeltungsschlägen würden unzählige weitere Unschuldige das Leben lassen.
Sorge auch davor, dass solche Vergeltungsschläge zu neuen gewaltsamen Aktionen, sei es von Terroristen, sei es von Seiten der angegriffenen Staaten führen. Die Gefahr, dass durch unbedachtes, von Emotionen geleitetes Handeln eine Spirale von Gewalt und Gegengewalt bis hin zum Krieg entsteht, sollte nicht unterschätzt werden.
Entsetzen darüber, dass im Moment alle Beobachter davon ausgehen, dass die Terroranschläge alle Friedensbemühungen im Nahen Osten zum Stillstand bringen und den schon vorhandenen Graben zwischen den westlichen und den arabischen und islamischen Ländern vertiefen werden.
Wir fürchten auch, dass die Tat einiger gewissenloser Verbrecher, die sich selbst als Muslime bezeichnen, in der öffentlichen Meinung einer ganzen Religionsgemeinschaft angelastet wird und den Prozess der Verständigung zwischen den Weltreligionen um Jahre zurückwerfen wird. Terroristen aber haben weder Religion noch nationale Identität. Sie missbrauchen beides für ihre Ziele, und man kann ihnen keinen größeren Gefallen tun, als diesen Missbrauch für bare Münze zu nehmen.
Deshalb appellieren wir an alle verantwortlichen Politikerinnen und Politiker, Terror nicht mit Terror zu begegnen, die Spirale der Gewalt nicht durch eigene Handlungen weiterzutreiben. Die richtige Antwort auf Terror ist nicht Rache, sondern besonnenes Handeln. Die Schuldigen müssen zur Rechenschaft gezogen werden. Dabei dürfen nicht noch mehr Unschuldige sterben.
Unsere Mitbürgerinnen und Mitbürger rufen wir zu der gleichen Sorgsamkeit auf. Lassen Sie sich nicht von starken Worten verführen. Bedenken Sie, dass die Wahrheit leicht zum ersten Opfer einer Krise wird. Prüfen Sie sorgfältig, ob die Informationen, die Ihnen die Medien in den nächsten Tagen vermitteln werden, der Wahrheit entsprechen.
Barbara Müller (Vorsitzende) und Christine Schweitzer (Geschäftsführerin)
Minden, 12. September 2001
ATTAC zu den Terroranschlägen in den USA
ATTAC verurteilt in aller Schärfe die wahnwitzigen Terroranschläge in New York und
Washington. Ihr entsetzliches Ausmaß und ihre Wirkungen sind von historischer
Tragweite.
In dieser Situation gehört unser erster Gedanke den unschuldigen Opfern der
Anschläge. Wir trauern um sie und erklären unser Mitgefühl und unsere Solidarität
mit ihren Angehörigen.
Wir befinden uns in einer dramatischen Ausnahmesituation. Daher ist es jetzt
außerordentlich wichtig, Besonnenheit zu wahren. Es darf nicht zu Überreaktionen
kommen. Die Spirale der Gewalt muss durc
hbrochen werden.
Eine wirksame Bekämpfung von Terrorismus ist letztlich nur möglich, wenn auch die
gesellschaftlichen und politischen Probleme gelöst werden, die ihm zu Grunde liegen. Dazu gehört in erster Linie eine rasche politische Lösung des Nahostkonflikts, die den legitimen Interessen aller Beteiligten Rechnung trägt. Sicherheit ist erst dann gegeben ist, wenn die Sicherheit des Anderen gewährleistet ist. Sicherheit ist heute weniger denn je militärisch, sondern muss vor allem sozial, kulturell, ökonomisch und politisch begriffen werden. Sicherheit ist letztlich eine Frage der Gerechtigkeit. Auch die sozio-ökonomischen Ungleichheiten in der Welt, die sich in den letzten Jahren wieder verschärft
haben, bilden einen Nährboden für Gewalt. Sie zu bekämpfen ist integraler Bestandteil einer wirksamen Strategie gegen den Terrorismus.
Daher kommt dem Engagement für eine Globalisierung von sozialer Gerechtigkeit,
Demokratie, Menschenrechten, Geschlechtergerechtigkeit und umweltgerechtem Verhalten eine noch größere Bedeutung zu als je zuvor.
Berlin, 12. 9. 2001
Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs)
Hintergrund zu den Attentaten in den USA: Friedliche Konfliktlösung
fraglich
Die Nachrichten über die entsetzlichen Anschläge in New York City und
Washington DC erreichte uns, eine Gruppe internationaler Experten und
Doktoranden der Psychologie, auf einer Sommerschule über "Konflikt und
Kooperation zwischen sozialen Gruppen": Wir sind äußerst betroffen und
drücken unser Mitgefühl für die Opfer und ihre Familien aus. Wir wissen,
dass unsere Fachkollegen in den USA ihr Bestes bei der psychologischen
Unterstützung der Betroffenen und überhaupt der Krisenintervention
geben. Wir bewundern und unterstützen die Besonnenheit der
amerikanischen Öffentlichkeit.
Die Welt ist erschüttert, und wir sind es nicht minder - und dies,
obwohl wir glauben, über Erkenntnisse zu verfügen, wie sich selbst
tiefsitzende Konflikte zwischen sozialen Gruppen lösen lassen. Im Kern
solcher Konflikte (von politischen wie in Nordirland zu ökonomischen wie
Chrysler/Daimler und interpersonalen wie Ausländerhass) geht es um die
Auseinandersetzung um Ziele für die Gruppe und auch um Ressourcen zu
ihrer Verwirklichung. Was als fundamentaler Gegensatz erscheint, kann
aber in vielen Fällen im Prinzip aufgelöst werden, beispielsweise durch
den Bezug auf gemeinsame übergeordnete Werte, welche mit den Zielen der
widerstreitenden Gruppen dennoch verträglich sind und eine Vision geben,
wie man zur Kooperation kommen kann. Diese übergeordneten Ziele zu
erkennen, verlangt aber vor allem eine gemeinsame Anstrengung und
intellektuelle Herausforderung. Die Psychologie hat heute schon ein
ausgearbeitetes Repertoire an Verhandlungsstrategien, welche
verfeindeten Gruppen helfen, die gemeinsam akzeptablen Ziel zu erkennen
und Wege zu ihrer Verwirklichung zu planen.
Freilich müssen wir uns angesichts der Monstrosität der Ereignisse
fragen, ob die Grundvoraussetzungen aller am Ende friedlichen
Konfliktlösungen hier noch gegeben ist: die gemeinsame Wertschätzung des
Lebens als unverletzbares Gut. Wer Unschuldige und Unbetroffene
umstandslos seiner Ideologie opfert, hat sich aus der Gemeinschaft
entfernt.
Obwohl sich solche Denkweisen letztlich kaum erklären lassen, sollten
wir doch bedenken, dass solche Haltungen entstehen vor dem Hintergrund
schwärender Konflikte und Ungerechtigkeiten, die viele Menschen
entwurzelt haben. Wir müssen sehen, dass wir mehr der ursprünglichen
Anlässe und Vorwände so lösen, dass die Gemeinsamkeiten gesucht statt
die Gegensätze verstärkt werden. Hierzu haben wir als Wissenschaftler
der Psychologie Einsichten und Erkenntnisse für Politik und
Gesellschaft, die weiter zu verbreiten wir uns durch die schrecklichen
Ereignisse erst recht aufgerufen fühlen.
Die Teilnehmer der Sommerakademie "Konflikt und Kooperation zwischen
sozialen Gruppen" und Professor Dr. Rainer K. Silbereisen, Präsident der
deutschen Gesellschaft für Psychologie
Deutsche Gesellschaft für Psychologie (DGPs)
Dr. Wolfgang Hirsch, Öffentlichkeitsarbeit
12.09.2001
Statement from U.S. WILPF office
WILPF has always rejected the use of violence and is
horrified by the loss of life in the attacks today. While
we urge caution in the response and judgement about
the cause of these eventsss, we feel that this tragedy
must not lead us as a society to take repressive or
vengeful measures in response. Particularly we recall
the experience of Oklahoma when the immediate reaction
targetting Arab-related groups and individuals was later
proven to be entirely groundless.
Once again our deepest beliefs hold that true security
can only be rooted in social justice and strengthening
the domestic and international rule of law. No additional
billions of military budget would have prevented the
actions today.
... This is a moment when we hope that all WILPF members
will be able to contribute to maintaining a spirit of respect
for peace and civil rights as the country responds to this
horrifying series of events.
from the WILPF national staff-
Mary Day Kent, Executive Director
Jody Dodd, Leadership and Outreach Coordinator
Presseerklärung der Friedensinitiative Oberberg
Gummersbach, den 11.09.01.
Die Oberbergische Friedensinitiave verurteilte auf
ihrer heutigen Sitzung die terroristischen Anschläge in den USA, denen tausende
von Menschen zum Opfer gefallen sind. Unser Mitgefühl gilt den betroffenen
Menschen.
Nach fünf Stunden ist völlig unklar, wer hinter den Gewalttaten steht.
Jetzt ist Besonnenheit nötig, um die Lage nicht weiter eskalieren zu lassen. In
dieser Situation hilft es wenig, wenn Politiker mit starken Sprüchen
Machtpolitik demonstrieren oder wie Bundeskanzler Schröder von „einer
Kriegserklärung gegen die zivilisierte Welt" sprechen. Die Trennung in eine
„zivilisierte" und eine „unzivilisierte Welt" vertieft die Gräben.
Dem Terrorismus kann man nur den Boden entziehen, wenn die bestehenden Konflikte
in der Welt partnerschaftlich und gewaltfrei angegangen werden. Das ist
sicherlich nicht einfach, aber wir haben gesehen, dass weitere Hochrüstung und
verstärkte Geheimdienstaktivitäten keinen Schutz bieten.
Wolfgang Wewer
Ärzte warnen vor Spirale der Gewalt
Heute haben furchtbare Terroranschläge das
amerikanische Volk getroffen. Unser tiefes Mitgefühl
gilt der leidenden nordamerikanischen Bevölkerung. Wir,
die Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges, sprechen den
Angehörigen der vielen unschuldigen Toten unser Beileid
aus. "Wir verurteilen die verabscheuungswürdigen und
feigen Anschläge zutiefst. Gewalt kann nie eine Lösung
für Konflikte sein.", sagt Dr. med. Ute Watermann,
Sprecherin der IPPNW.
Gleichzeitig vernehmen wir mit tiefer Sorge die
Ankündigung des amerikanischen Präsidenten George W.
Bush, Vergeltungsanschläge auszuüben. Wir möchten mit
der ganzen Kraft unserer Stimme als Friedens - und
Ärzteorganisation vor einer weiteren Eskalation der
Gewalt warnen. Noch wissen wir nicht genau, wer hinter
den Anschlägen steht. Doch die Verantwortlichen für
diese Taten müssen zur Rechenschaft gezogen Morde
werden und sich für die Morde verantworten.
Wir warnen jedoch vor einem blinden militärischen
Gegenschlag. Ein Einsatz von möglicherweise
Massenvernichtungswaffen gegen die Zivilbevölkerung
welchen Landes auch immer, vergrößert nur das Leid
unschuldiger Menschen und kann die ganze Welt in ein
unübersehbares Chaos stürzen.
Wir möchten weiter davor warnen, dass die US-Regierung
unter dem Eindruck der furchtbaren Ereignisse nun die
internationalen Abrüstungsverträge aufkündigen und
einseitig aufrüsten wird. Das geplante
Raketenabwehrprogramm der USA wird niemanden auf der
Welt vor solchen Terroranschlägen schützen. So wenig
wie uns diese Lösung momentan befriedigend scheint: Auf
Dauer helfen nur Gespräche, Verhandlungen und Verträge,
um die Welt zu einem friedlichen Ort werden zu lassen.
Präventive Konfliktlösungsstrategien führen zum Ziel,
nicht die weitere Eskalation durch militärische Gewalt.
Dr. med. Ute Watermann, Sprecherin der IPPNW
Berlin, den 11. September 2001
Pressemitteilung des Nürnberger Friedensforums
12. September 2001
Mit Entsetzen und Abscheu haben wir die Nachrichten von den
Terrorangriffen auf New York und Washington vernommen. Unser tiefes
Mitgefühl gilt den Angehörigen der Opfer.
Die Verantwortlichen dieser durch und durch menschenverachtenden
Terrorakte müssen zur Verantwortung gezogen werden.
Das Nürnberger Friedensforum appelliert an die verantwortlichen
Politiker der USA, sich in dieser Situation nicht von Rachegefühlen
leiten zu lassen. Individueller Terror darf nicht mit staatlichem Terror
beantwortet werden. Es muss alles vermieden werden, was eine Spirale der
Gewalt und der Gegengewalt aufbauen kann. Wir sind in Sorge um den
Weltfrieden!
Das Nürnberger Friedensforum gibt zu bedenken, dass diese brutalen
Terrorakte auch belegen: Militärische Mittel können Terror nicht
verhindern. Es gilt vielmehr die wirtschaftlichen, sozialen und
ideologischen Ursachen des Terrorismus zu beseitigen. Zivile
Problemlösungen der bestehenden Konfliktherde, praktizierte Toleranz,
soziale Gerechtigkeit und eine gerechte Weltwirtschaftsordnung
betrachten wir als notwendige Schritte im Kampf gegen den Terrorismus.
Der SprecherInnenkreis des Nürnberger Friedensforums
Hans-J. Patzelt, Anna Beltinger, Arno Weber, Ewald Ziegler
Lemgoer Friedensappell
Mit fassungslosem Entsetzen mussten Menschen auf der ganzen Welt am 11. September eines der schrecklichsten Attentate miterleben, dass es je gegeben hat: Am "Tag es Internationalen Friedens" starben Tausende von Menschen in New York und Washington durch entsetzliche Flugzeug- Anschläge auf amerikanische Einrichtungen wie das World- Trade Center und das Pentagon. Es gibt kaum Worte, um das Unfassbare zu fassen. Unser ganzes Mitgefühle gilt den Opfern und ihren Angehörigen; aber auch denjenigen, die diesen schrecklichen Tag wie durch ein Wunder überlebten und wahrscheinlich ihr Leben lang traumatisiert sein werden. Wir alle sind ohnmächtig und bis ins Mark getroffen: Wie können Menschen Menschen so etwas antun?
Bis tief in unser Innerstes erschüttert fragen wir uns aber auch: Was bringt Menschen dazu, einander so abgrundtief zu hassen, dass sie diesen schwarzen Tag in der Geschichte der Menschheit mit Freude oder Genugtuung begrüßen? Und: Wie können wir diese tödliche Gewaltspirale aus Hass, Gewalt und Mord außer Kraft setzen?
Mit den Worten Mahatma Gandhis- einer der größten Lichtgestalten unseres Jahrhunderts, der unermüdlich für Frieden, Gewaltlosigkeit und Wahrheit gelebt hat und für diese seine Überzeugung auch gestorben ist - rufen wir allen- insbesondere aber allen politisch Verantwortlichen- seine Worte ins Gedächtnis.: "Mord durch Mord zu sühnen ist unmöglich. Rache oder Sühne mögen eine Gier befriedigen; aber den Frieden zu schaffen oder die Menschheit auf eine höhere Stufe zu heben, das vermögen sie nicht." (Gandhi am 18.08.1946)
Amerika steht vor den Trümmern einer Stadt, unter denen Tausende von Menschen begraben liegen. Es kann und darf bei allem Schock über das uns immer noch Unbegreifliche nicht sein, dass die "zivilisierte Welt" mit einem "militärischen Gegenschlag" antwortet, bei dem vermutlich wieder Tausende von unschuldigen Menschen sterben würden. Diese furchtbare Tragödie darf weder zu weiterem Hass und Vergeltung führen, noch zu innen- und außenpolitischer Aufrüstung. Wir müssen endlich begreifen, dass es keinen noch so "hochgerüsteten" Schutz gegen Terror und Gewalt gibt. Wir widersprechen der Forderung, jetzt müssten "die "Anstrengungen für Sicherheit durch Aufrüstung eine neue Qualität bekommen". Wir meinen vielmehr, dass wir einen viel schwereren Weg zu gehen haben und das Übel bei der Wurzel fassen müssen: Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Unterschiede müssen durch umsichtiges politisches Handeln abgebaut werden. "Sicherheit" ist unabdingbar verknüpft mit der Frage von Gerechtigkeit und Menschlichkeit.
Wir fordern deshalb unsere deutschen Politiker auf: Stoppen Sie diese Gewaltspirale, indem Sie deeskalierend auf die USA und die Nato-Mitgliedsstaaten einwirken und ihnen deutlich machen: Krieg und militärische Gewalt sind kein Mittel zur Konfliktlösung. Frieden ist die Berufung unserer Zeit. Wir bitten Sie von ganzem Herzen, sich hierfür gewaltlos einzusetzen. Mut dazu machen möchten wir Ihnen - gerade vor dem Hintergrund der furchtbaren amerikanischen Tragödie - mit einem weiteren Wort Gandhis machen: "Das härteste Herz und die grobschlächtigste Unwissenheit müssen zurückweichen vor der aufgehenden Sonne eines Leidens, das ohne Zorn und ohne Arg ist."
Jutta Dümpe-Krüger und Andi Wolff, Lemgo
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