Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

Aufstehen für den Frieden! Eine andere Welt ist möglich.

Aufruf zum Ostermarsch 2002 in Hamburg

Die weltweite Gewalt eskaliert. Immer häufiger und immer heftiger wird Krieg geführt. Der Einsatz von Militär zur Durchsetzung eigener Interessen wird für die westlichen Mächte seit dem Ende des Kalten Krieges immer alltäglicher. Die UNO, nach zwei Weltkriegen gegründet, um Frieden zu sichern und mit zivilen Mitteln Konflikte zu lösen, wird heute von den NATO-Staaten dazu benutzt, die Verhältnisse abzusichern, die sie zuvor mit kriegerischen Mitteln erzwungen haben. An rechtliche Grundlagen wie das Völkerrecht wird sich nur noch gehalten, wenn diese mit den eigenen Interessen übereinstimmen.

Die deutsche Bundesregierung ging so weit, 1999 beim Bombardement Jugoslawiens das im Grundgesetz verankerte Verbot eines Angriffskrieges zu ignorieren. Jetzt wird die Bundeswehr umgerüstet, so dass sie zukünftig mit 150.000 Soldaten weltweit Angriffskriege führen kann und in der neuen EU-Truppe möchte Deutschland eine führende Rolle übernehmen. Schon vor den verheerenden Anschlägen auf das World Trade Center und das Pentagon wollte die Bundesregierung bis 2015 nahezu 150 Milliarden Euro für neues Kriegsgerät ausgeben. Jetzt wird die Militarisierung der deutschen Außenpolitik ganz offen betrieben. Allein im letzten Jahr stimmte der Bundestag sechs Mal Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu.

Warum werden Kriege geführt?

Noch bis zum 2. August 2001 verhandelten die USA mit den Taliban über den Bau von Öl- und Gaspipelines in Afghanistan. Da diese Verhandlungen gescheitert waren, hatten die USA nach den Anschlägen vom 11. September kein Interesse daran, ernsthaft über eine Auslieferung des angeblichen Drahtziehers Osama bin Laden zu verhandeln, wie es das Völkerrecht vorsieht. Statt dessen beantworteten sie diese neue Dimension terroristischer Zerstörung, indem sie zum Angriff rüsteten und das unbotmäßige Taliban-Regime wegbombten, um nun mit der von ihnen eingesetzten neuen afghanischen Regierung ihre Energie- und Stützpunktpolitik umsetzen zu können. Damit ist dieser Krieg eine konsequente Fortsetzung der Politik, mit der die US-Regierungen seit den 1970er Jahren ihre machtpolitischen, geostrategischen und ökonomischen Interessen, unter dem Vorwand "die Freiheit zu verteidigen", in Afghanistan verfolgt haben, so wie sie es auch in zahlreichen anderen Regionen der Welt tun.

Nach den deutschen Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992, die auch unter der rot-grünen Regierung noch verbindlich sind, soll die Bundeswehr eingesetzt werden für die "Aufrechterhaltung des freien Welthandels und den ungehinderten Zugang zu Märkten und Rohstoffen in aller Welt" sowie für die Sicherung anderer "vitaler deutscher Interessen". Insofern geht es der deutschen Regierung bei der Beteiligung an internationalen Kriegseinsätzen nicht um Menschenrechte. Vielmehr unterwirft auch sie sich dem Diktat der Machtpolitik.

Terrorismus lässt sich durch den Terror des Krieges nicht bekämpfen. Im Gegenteil: Die Gewaltspirale wird sich nur weiter drehen. Der Angriff der USA auf Afghanistan war ein Dammbruch. Einerseits drohen die USA bereits mit Angriffen auf weitere Staaten. Andererseits wurde kriege-risches Vorgehen weiter legitimiert, so dass weltweit zahlreiche bestehende Konflikte verschärft wurden: Beispielsweise eskalierten die Auseinandersetzungen in Israel und Palästina, zwischen Indien und Pakistan, in Tschetschenien und im Westen Chinas.

Wer zahlt für diese Kriege?

Die Getöteten und Verletzten bezahlen den Krieg mit ihrem Leben und ihrer Gesundheit. Flüchtlinge und Überlebende des Krieges leiden unter Hunger und Elend. Aber auch dort, wo keine Bomben fallen, fordert der Krieg seinen Preis. Es bleibt immer weniger Geld für Bildung und Ausbildung, Sozialhilfe, Gesundheitsversorgung oder Kultur, weil es in Panzer, Flugzeuge und Bomben investiert wird. Von der Bevölkerung wird verlangt, den Gürtel enger zu schnallen, Arbeitslosigkeit und Lohnverzicht zu akzeptieren, um die Kriegsmaschinerie am Laufen zu halten. Die Wahrheit stirbt in der Kriegspropaganda, bürgerliche Freiheiten und demokratische Rechte werden eingeschränkt. Während der Sozialstaat immer weiter abgebaut wird, floriert das Geschäft der Rüstungskonzerne, etwa von Blohm & Voss hier in Hamburg.

Wie kann man Kriege verhindern?

Solange aus den Industriestaaten Profitinteressen rücksichtslos durchgesetzt werden, wird es weltweit Krieg und Gewalt geben. Weil Kriege geführt, Menschen und Länder unterdrückt und ausgebeutet werden, um Märkte zu erschließen oder sich Zugänge zu Rohstoffen zu beschaffen, gibt es Elend und Hass.

Nur eine gerechte Weltordnung bietet die Möglichkeit, Krieg und Terror zu überwinden - eine Weltordnung, in der alle Menschen in Frieden leben können. Aber: Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Krieg. Frieden bedeutet soziale Entwicklung, bedeutet demokratische Bedingungen, sozial abgesicherte Lebensverhältnisse, Arbeit, Kultur und Bildung für Alle. Auf dieser Grundlage kann allen Menschen ein Leben in menschenwürdigen Verhältnissen ermöglicht und Krieg und Gewalt verhindert werden. Erreichen lässt sich das nicht durch Bomben, die jegliche Zivilisation zerstören, sondern dadurch, dass man Konflikte auf zivilen, politischen Wegen löst.

Diese Kriege gehen von Deutschland und den anderen NATO-Staaten aus, deshalb müssen sie auch hier bekämpft werden. Dass deutsche Außenpolitik Friedenspolitik wird, ist nur durch neue Anstrengungen der Friedensbewegung zu erreichen. Darum demonstrieren wir für den Frieden:
  • Gegen deutsche Kriegseinsätze, für die Auflösung der "Einsatzkräfte" und die sofortige Aufhebung der Verteidigungspolitischen Richtlinien;
  • Für die Abschaffung aller Massenvernichtungswaffen und für weitere Abrüstungsschritte bis hin zur Auflösung aller Armeen und der NATO und gegen die Militarisierung der EU;
  • Für das Verbot von Rüstungsproduktion und -exporten und die Umstellung auf zivile Produktion;
  • Für die Verwendung der durch Entmilitarisierung frei werdenden Gelder zugunsten ziviler Konfliktregelungen und Friedenserziehung, sowie der Lösung drängender gesellschaftlicher Probleme in den Bereichen Arbeit und Soziales, Bildung und Ausbildung;
  • Für die volle Wiederherstellung des Grundrechtes auf Asyl, für das Bleiberecht für Deserteure, gegen jegliche Art der Kriminalisierung und Illegalisierung von AktivistInnen der Friedensbewegung und von Totalverweigerern;
  • Gegen rassistische Diskriminierung, insbesondere von nicht wirtschaftlich "nützlichen" Einwanderern und Flüchtlingen;
  • Gegen den Abbau demokratischer Rechte durch repressive Law-and-Order-Politik;
  • Gegen jegliche Militarisierung von Staat und Gesellschaft.



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