Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

17. bis 23. März 2003

Friedensbewegung in den Medien

Am Samstag, den 22. März, demonstrierten wieder Hunderttausende in Deutschland und Millionen im Ausland gegen den Irakkrieg. In New York waren es 250.000, in London 150.000, in Paris 100.000, in Australien (z.B. Sidney, Canberra) mehrere Zehntausend und aus vielen asiatischen Staaten wurden ebenfalls Massendemonstrationen gemeldet.
Der Berliner "Tagesspiegel" nennt in seiner Sonntagsausgabe ein paar deutsche Städte, in denen demonstriert wurde - die Zahlenangaben entrechen längst nicht denen der Veranstalter.


In zahlreichen deutschen Städten protestierten insgesamt rund 150.000 Menschen gegen den Krieg, allein 40.000 in Berlin. Jeweils rund 10.000 Kriegsgegner zählte die Polizei in Hamburg (Veranstalter: 25.000), Jena, Köln, Nürnberg und Stuttgart. In Frankfurt am Main versammelten sich rund 15.000 Kurden (Veranstalter: 30.000), um gegen den - inzwischen dementierten - Einmarsch türkischer Truppen im Nord-Irak zu demonstrieren und ihr Frühlingsfest Newroz zu feiern. Auch in Bielefeld, Osnabrück, München (Veranstalter: 20.000), Düsseldorf und Heidelberg gab es Kundgebungen. Zwischenfälle wurden dabei nicht gemeldet.
Tagesspiegel, 23.03.2003

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Die ebenfalls am Sonntag erscheinende Hessisch-Niedersächsische Allgemeine berichtete über die Demo in Kassel u.a.:

Wer sagt denn, dass Schüler nur während der Unterrichtszeit demonstrieren? Corina, Cassie und Sarah jedenfalls beteiligten sich auch gestern an der Anti-Kriegs-Demo, zu der das Friedensforum, Attac und der Deutsche Gewerkschaftsbund aufgerufen hatten. „Ich bin traurig, dass die Menschen im Irak sterben müssen“, sagte die zwölfjährige Corina.
Trauer und Wut über den Krieg vereinten die rund 1500 Menschen (Veranstalter: 3.000), die sich nach Einschätzung der Polizei gestern Vormittag zum Protest vor dem Kasseler Rathaus versammelt hatten. (...)
Prof. Christoph Nix, Intendant des Kasseler Staatstheaters, vermisste vor allem die Intellektuellen. Die schliefen, während die Jungen auf die Straße gingen. Nix, einer der vielen Redner, hielt es mit Hamlet: „Die Zeit ist aus den Fugen.“
(...) „Niemand kann uns einreden, dass keine Zivilisten zu Tode kommen“, sagte Dr. Peter Strutynski vom Friedensforum in seiner Ansprache. Die USA seien bereit, ihr gesamtes Arsenal an Waffen einzusetzen. Der Krieg sei nicht nur ein Verstoß gegen das Völkerrecht, sondern ein Verbrechen gegen die Menschheit.
Alle Redner wandten sich gegen Überflugrechte amerikanischer und britischer Militärmaschinen und gegen die Awacs-Einsätze deutscher Soldaten. So auch Prof. Werner Ruf von der Kasseler Universität. „Moral ist nicht teilbar“, rief er den Demonstranten zu. Und er stellte fest: „Es geht um die Kontrolle des Öls vom persischen Golf bis zum Kaspischen Meer.“
Der aus Afghanistan stammende Kasseler SPD-Stadtverordnete Dr. Rabani Alekuzei, der für die Muslime in der Stadt sprach, bescheinigte dem amerikanischen Präsidenten Bush „eine Mentalität, die von einem religiösen Fundamentalismus geprägt ist“.
Die nordhessische DGB-Vorsitzende Katharina Seewald verband ihre Anklage gegen den Krieg mit der Kritik am kapitalistischen Wirtschaftssystem. Das gelte es zu bekämpfen, um eine menschliche Weltwirtschaftsordnung zu bekommen. „Dieser Krieg“, so das Fazit Katharina Seewalds, „stellt keine Lösung dar, um das Regime in Bagdad abzuschaffen.“
Hessisch-Niedersächsische Allgemeine (Sonntagszeit), 23.03.2003

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Auch am 21. März protestierten Zehntausende in Deutschland gegen den Überfall der USA auf Irak. Hier eine Übersicht aus dem "Neuen Deutschland":

Stuttgart
(...) im Südwesten der Republik protestierten am Freitag Tausende gegen den Angriffskrieg der USA. Bereis am Donnerstagmittag waren in baden-württembergischen Großstädten Schüler auf die Straße gegangen. Sie forderten den sofortigen Stopp des Krieges. In Stuttgart versammelten sich rund 15000 Schüler in der Innenstadt. Um 17 Uhr begann eine weitere Kundgebung unter Teilnahme der Gewerkschaften. Verdi-Bezirksgeschäftsführer Bernd Riexinger bezeichnete den Krieg als »Verbrechen gegenüber dem irakischen Volk«. US-Präsident Bush werde sich dafür vor der Weltöffentlichkeit verantworten müssen. Pfarrer Werner Baumgarten vom Stuttgarter Arbeitskreis Asyl forderte die Stadt und die Landesregierung auf, eine Luftbrücke aus dem Krisengebiet einzurichten, um Schwache zu retten. Das sei sinnvoller, als aussichtslosen Olympiaträumen nachzuhängen. »Angesichts von Tod und Vertreibung darf nicht länger um die niedrigsten Flüchtlingsquoten gefeilscht werden«, sagte Baumgarten.

Karlsruhe
In Karlsruhe trafen sich 4000 Schüler auf dem Marktplatz und formierten sich zum Zug durch die Innenstadt. 500 Kriegsgegner demonstrierten am Donnerstagabend auf dem Marktplatz. Zu der Aktion hatte die »Karlsruher Initiative gegen den Krieg« aufgerufen. Die plant für den heutigen Sonnabend eine Friedenskette durch die Stadt. Auch in anderen Städten Baden-Württembergs wurde für heute zu Antikriegsdemonstrationen aufgerufen, unter anderem in Oberndorf, Sitz der Waffenfirma Heckler& Koch.

Göttingen
Aus allen Richtungen strömten am Freitagvormittag Schülerinnen und Schüler auf den Göttinger Marktplatz. An mehreren Gymnasien und Gesamtschulen gab es keinen regulären Unterricht. Stattdessen versammelten sich die Schüler auf Schulhöfen und in Sporthallen, um über den Irakkrieg zu diskutieren und Transparente für die Demonstration am Mittag zu malen. Zeitgleich machten sich Studenten vom Campus der Universität auf den Weg in die Innenstadt, um sich mit den protestierenden Schülern zu vereinen.
Bereits am späten Donnerstagnachmittag hatten sich tausende Kriegsgegner auf dem Marktplatz versammelt. Nach einer Kundgebung des Göttinger Friedensbündnisses folgten 2000 Kriegsgegner dem Aufruf linker Gruppen und demonstrierten zum Kreiswehrersatzamt. Nach einer symbolischen Schließung der Rekrutierungsbehörde verurteilten Redner die deutsche Mitbeteiligung am Irakkrieg.

Freiburg
In Freiburg strömten bereis am Donnerstag zur Mittagszeit 10000 Schüler mit Transparenten und Schildern auf den Augustinerplatz und zogen dann durch die Innenstadt. »Löscht das Bush-Feuer«, »Bush nach Den Haag«, »Waffeninspekteure in die USA« oder »Krieg ist keine Lösung« war auf den Transparenten zu lesen.
Am Donnerstagabend versammelten sich erneut 3000 Freiburger vor dem Theater. Dort hängt seit Donnerstag ein Spruchband mit dem Papstwort: »Krieg ist niemals ein unabwendbares Schicksal. Krieg bedeutet immer eine Niederlage für die Menschheit.« Als Zeichen der »Sorge, Angst und Betroffenheit« über den Krieg im Irak ordnete der Oberbürgermeister von Villingen-Schwenningen, Rupert Kubon (SPD), Trauerbeflaggung an. Am Berufsschulzentrum in Waiblingen wurde ein »Friedenspfahl« errichtet.

Nordrhein-Westfalen
Die ersten, die auf den nordrhein-westfälischen Straßen US-Präsident Bush ihr »Nein« entgegenschleuderten, waren Schüler: In fast allen größeren Städten des Landes fanden sich Jugendliche zu spontanen Versammlungen zusammen: »Jetzt in der Schule zu sitzen und einfach weiter zu lernen – das geht doch nicht, wo im Irak Unschuldige sterben«, erklärten junge Leute.
Bis zum Abend des ersten Kriegstages registrierte das Innenministerium von Nordrhein-Westfalen 142 Demonstrationen, Mahnwachen und sonstige Aufzüge. Doch längst nicht alle Demonstranten bemühten sich um polizeiliche Anmeldung: Häufig kam es zu kurzen Straßenblockaden und Umzügen, von denen die Polizei erst erfuhr, als sie schon wieder beendet waren. In Bonn bildeten Passanten spontan eine Menschenkette über eine der Rheinbrücken.

Thüringen
In Gera regnete es am Donnerstag aus einem Flugzeug 100000 Flugblätter mit dem Aufruf zu einer Antikriegsdemonstration. Dem Appell folgten viele Jugendliche. Der Krieg der USA gegen Irak wurde während der Demonstration als Missachtung des Völkerrechts verurteilt. Bereits am Mittag hatten sich die Schüler des Geraer Zabel-Gymnasiums zu einer spontanen Antikriegsdemonstration auf dem Schulhof versammelt. Sie verurteilten den Krieg als glatten Völkerrechtsbruch. Schülerdemonstrationen gab es auch in Jena und Erfurt. Im Kultusministerium fand der Protest wenig Gegenliebe. Demonstriert werden dürfe nur mit Genehmigung des Direktors oder nach Schulschluss, hieß es.

Dresden
In der sächsischen Landeshauptstadt Dresden sind am Abend des ersten Kriegstages rund 10000 Menschen auf die Straße gegangen. Sie folgten einem Aufruf eines partei- und konfessionsübergreifenden Friedensbündnisses, das bereits seit Wochen zu Protesten und Informationsveranstaltungen mobilisiert. Zuvor hatten am Mittag alle Dresdner Glocken geläutet. Mit dem Zeichen, das sonst für die Jahrestage der Zerstörung Dresdens am 13. Februar reserviert ist, protestierten die Kirchen gegen den begonnenen Krieg. Zu Beginn der abendlichen Demonstration hatten hunderte Jugendliche eine viel befahrene Kreuzung in der Dresdner Neustadt blockiert. Der Protestzug setzte sich dann über die Elbe und in Richtung Theaterplatz in Bewegung und schwoll schnell auf fast einen Kilometer Länge an. Unter den Teilnehmern fanden sich Schüler und Punks ebenso wie Eltern mit ihren Kindern und Rentner. Von Lautsprecherwagen wurden Friedenslieder wie »Give Peace a Chance« und Karats »Blauer Planet«" wie auch harte Techno-Musik gespielt. Auf Transparenten, die Demonstranten trugen, wurde der Konflikt als »Rich Man’s War« bezeichnet; ein anderes Plakat forderte, die »Mad Cowboy Disease« zu stoppen. Während sich der Zug langsam voran bewegte, sprühten Jugendliche Parolen wie »Ami Go Home« auf die Straße. Die Demonstration mündete in einer Kundgebung vor der Semperoper. Zu dieser Zeit hatte der Stadtrat seine Sitzung unterbrochen. Zu den Dresdnern sprach unter anderem Oberbürgermeister Ingolf Roßberg (FDP). Das sichtlich betroffene Stadtoberhaupt redete über einen »Krieg, bei dem wir alle Verlierer sein werden« und der Angst mache. Menschen dürften nicht wegen der brutalen Politik von Diktatoren umkommen; sie dürften aber auch nicht sterben, weil sich »einzelne Politiker in den Kopf gesetzt haben, einen Krieg führen zu müssen«. Der Rathauschef forderte die Bürger auf, auch nach dessen fehlgeschlagener Verhinderung weiterhin gegen den Krieg zu protestieren: »Gehen Sie zu Demonstrationen!«

Neues Deutschland, 22.03.2003

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Die Proteste vor dem EUCOM in Stuttgart häufen sich. Hier ein Bericht aus der Esslinger Zeitung:

Vor dem Oberkommando der amerikanischen Streitkräfte in Europa (Eucom) herrscht angespannte Ruhe. Mehrere hundert Meter vor den Patch Barracks in Vaihingen haben sich gestern rund 80 Kriegsgegner an zwei Stellen auf die Straße gesetzt und für rund eine Stunde die Zufahrt zu der Kommandozentrale versperrt.
In einem günstigen Augenblick überrannten die Demonstranten die Polizeiabsperrung und drangen in den Sicherheitsbereich ein. Die Friedensbewegung hatte zur "Frühstücksblockade" aufgerufen. Auf Plakaten forderten die Aktivisten "Blockiert den Krieg". " Irak-Krieg - Wir sagen Nein" war auf einem anderen Transparent zu lesen. Bei der friedlichen Aktion am frühen Morgen herrschten Temperaturen um den Gefrierpunkt. Die Demonstranten brachten sich heißen Kaffee und Tee und teilweise auch etwas zum Essen mit. Der 19 Jahre alte Schüler Sebastian Oltmanns sagte: "Ohne Frühstück im Bauch kann ich nicht demonstrieren. " "Es geht darum, ein Symbol zu setzen", so eine ältere Frau. Der kleine Bürger fordere, dass der Krieg aufhöre. Sie habe keine Angst vor der Polizei: "Es wird nicht meine letzte Demo sein." Eine andere Kriegsgegnerin betonte: "Ich bin gegen jede Art von Gewalt. (...) Als die Polizei zum ersten Mal die Räumung der Sitzblockade androht, machen einige Demonstranten mit Trillerpfeifen ihrem Unmut Luft. Auf einmal fängt eine kleine Gruppe an zu singen. "Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig" wird angestimmt. Ein paar Minuten später "We shall overcome". Dann beginnt die Polizei, die Demonstranten wegzutragen. 50 Protestierer werden den Angaben zufolge vorläufig in Gewahrsam genommen. Die Personalien werden festgestellt. Damit die Rechnung für den Polizeieinsatz auch an den richtigen Empfänger geht: Mindestens 40 Euro kostet das Wegtragen, wie ein Polizeisprecher erklärt. (...)
Esslinger Zeitung, 22.03.2003

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Einen guten ersten Überblick über die weltweiten Reaktionen der Friedensbewegung auf den Beginn des Irakkriegs gibt das "Neue Deutschland":

Mit unzähligen Demonstrationen und Blockaden haben weltweit Hunderttausende gegen den Angriffskrieg der USA protestiert. In den ersten Stunden gingen vor allem Schüler und Studenten auf die Straße. In Kairo kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.
Die Franzosen standen wohl nie so hinter ihrem Präsidenten Jacques Chirac. Nur wenige Stunden nach dem Beginn der Militäraktion gegen Irak läuteten in Lyon Totenglocken, Schüler zogen durch die Stadt und skandierten »Bush, assassin!« (Mörder Bush!). Durch die Seine-Metropole Paris wälzten sich mehrere Demonstrationen. In der Nähe des Pariser Concorde-Platzes war die USA-Botschaft zu einer einer Festung ausgebaut worden: Wasserwerfer, Spezialfahrzeuge zum Einsatz gegen »gewaltbereite« Demonstranten sicherten das Areal weiträumig ab. Ein ähnliches Bild bot sich in den meisten Hauptstädten der Welt. Vor der US-amerikanischen Botschaft in Moskau versammelten sich rund 350 Demonstranten, die den Kommunisten und Ultranationalisten zugeordnet wurden. Auf Spruchbändern wurden die USA unter anderem als »Internationaler Terrorist Nr. 1« verurteilt. In Athen marschierten mehr als 100000, überwiegend Schüler und Studenten, zur US-amerikanischen Botschaft und skandierten »Gebt dem Frieden eine Chance«. In anderen Städten des Landes kamen mindestens 50000 Menschen zusammen. Für die USA-Vertretung in der zyprischen Hauptstadt Nikosia hatten Schüler nur noch Eier und Tomaten übrig. Vor der USA-Botschaft in Bern legten sich die Demonstranten für einige Minuten zu den Klängen von John Lennons »Imagine« auf den Asphalt.
In den Ländern, die den Kriegskurs unterstützen, ist die Wut besonders groß. Für den gestrigen Abend riefen Roms Bürgermeister Walter Veltroni, die Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen zu einer großen Friedensdemonstration auf. In Mailand kam es infolge spontaner Demos zeitweilig zu einem Verkehrschaos und etwa 400 Schüler aus Neapel veranstalteten einen Sitzstreik vor der NATO-Zentrale im nahe gelegenen Bagnoli. Für Italien und auch Spanien kündigten Gewerkschaften zudem einen Generalstreik an. Das Parlament des Baskenlandes unterbrach seine Sitzung und die Mehrheit der Abgeordneten trat aus Protest auf die Straße. In Barcelonademonstrierten am Nachmittag 100000 Kriegsgegner.
Die britischen Friedensgruppen haben schon seit Montag zu einer Woche des zivilen Ungehorsams aufgerufen. Die »Stoppt-den-Krieg-Koalition« sprach von einem »Tag der Schande für Großbritannien«. In mehreren Städten wie Leedsund Bradford kam der Verkehr zeitweise zum Erliegen. Im Londoner Regierungsviertel kamen hunderte Demonstranten zusammen. Eine Gruppe von rund einhundert Kriegsgegnern blockierte eine große Straße nahe der Downing Street, dem Sitz von Premierminister Tony Blair. Vielen Schülern drohen nun Schulverweise, weil sie dem Unterricht trotz vorheriger Demonstrationsverbote fernblieben. Die ungarische Bewegung »Zivile für den Frieden« verurteilte den Beginn des Krieges als völkerrechtswidrig. Die ungarische Regierung missachte den Wunsch der Mehrheit des Volkes nach einer friedlichen Lösung.
Als in Europa noch die meisten schliefen, hatten in Jakarta schon mindestens 2000 Menschen »Bush in die Hölle« und Ähnliches gewünscht. In der australischen Hafenmetropole Sydney haben mehrere tausend Menschen dagegen protestiert, dass Australiens Regierung rund 2000 Soldaten an den Golf geschickt hat.
Zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften kam es in Kairo. Die Polizei knüppelte am zentralen Tahrir-Platz auf eine Menge von rund 4000 Demonstranten ein. Einige der Protestierenden warfen Steine auf die Sicherheitskräfte. »Arabische Führer, fahrt zur Hölle!«, stand in englischer Sprache auf einem der Transparente.
Neues Deutschland, 21.03.2003

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Auch in Deutschland konnten sich die Demonstrationen sehen lassen. Im Folgenden ein paar Presseausschnitte:

(...) In der Bundesrepublik demonstrierten Hunderttausende Schüler. Auf dem Berliner Alexanderplatz versammelten sich um 11 Uhr nach Schätzungen von Augenzeugen mehr als 70000 Jugendliche. Für den Abend rief die deutsche Friedensbewegung zu fast 400 Kundgebungen auf. Man reagiere mit »Trauer und Wut« auf den Krieg, sagte ein Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag. Wut herrsche auch »über die politischen Kräfte hierzulande, die den USA in blinder Gefolgschaft jeden Völkerrechtsbruch und – so ist zu erwarten – jedes Kriegsverbrechen durchgehen lassen«. In Madrid, Paris und London sowie in den Großstädten der USA wurden für den Abend Massenkundgebungen erwartet.
junge Welt, 21.03.2001

Leipzig
Die Organisatoren der Leipziger Montagsdemonstrationen hatten für den Tag X zu Protesten gegen den Irak-Krieg aufgerufen. Gleich nach Kriegsbeginn riegelten einige hundert Gymnasiasten für eine halbe Stunde eine befahrene Straße ab. Am Donnerstagabend folgten vor allem Jugendliche einem Aufruf mehrerer antimilitaristischer Initiativen. Unter Losungen wie »Kriegsstrukturen blockieren, statt moralisieren« zogen sie vom Leipziger Firmensitz von Siemens durch die Innenstadt, wo sie vor der Nikolaikirche auf die Teilnehmer des traditionellen Friedensgebetes trafen.
Gegen 18 Uhr startete ein Protestzug zum Simsonplatz in der Nähe des weiträumig abgesperrten US-Generalkonsulats, an dem laut Medienberichten 40.000 Kriegsgegner teilnahmen. Auf Transparenten und während der abschließenden Kundgebung brachten sie ihre Betroffenheit über den Bruch des Völkerrechts durch die USA zum Ausdruck. Mehrere Redner forderten das sofortige Ende der Kampfhandlungen. Der Pfarrer der Thomaskirche Christian Wolff erklärte seine Sorge über die noch nicht absehbaren Folgen des Krieges, die auch auf Deutschland übergreifen könnten. Für die an der Demonstration teilnehmenden arabischen Studenten erklärte Aiman Mubarak, man habe bislang an die westlichen Demokratien geglaubt. Angesichts der US-Invasion am Golf seien seine Landsleute jedoch enttäuscht und verzweifelt.
ND, 22.03.2003

Köln:
(...) Politische und religiöse Demonstrationen für den Frieden, getrennt nur durch die Mauern des Doms: Während sich in der Kathedrale Gläubige zu Friedensgebet und Gottesdienst versammelten, protestierten auf dem Roncalliplatz rund 1500 Menschen gegen den Krieg im Irak. Mit Transparenten wie „Bush muss weg“ und „Krieg ist Terror“ machten Vertreter mehrerer Parteien und Friedensinitiativen ihrem Zorn über den Angriff Luft. Begleitet wurden die Proteste von einem musikalischen Rahmenprogramm.
„Den USA geht es allein um geopolitische und wirtschaftliche Interessen“, sagte Reiner Schmidt vom „Bündnis gegen Krieg und Rassismus“. Zwar sei Saddam Hussein ein Diktator, dem die Menschen keine Träne nachweinen würden, „aber weder Sanktionen noch Krieg bringen dem irakischen Volk Frieden und Freiheit“. Magid Alkhatib von der irakischen Friedensbewegung betonte, dass die Schaffung der Demokratie im Irak „Aufgabe des Volkes und nicht ausländischer Mächte ist“. Den USA gehe es darum, das Öl zu besitzen und die Golf-Region zu beherrschen. Peter Densborn, Vorsitzender der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, forderte, Deutschland müsse auf jegliche Beteiligung am Krieg verzichten. (...)
Kölner Stadt-Anzeiger, 21.03.2003

Berlin
Die Menschen setzten ein Zeichen auf den Straßen der Stadt. Botschaften standen unter erhöhtem Schutz. Der Verkehr in der Innenstadt stockte. Schon in der Nacht hatte es die ersten Proteste gegeben. Morgens gingen 50 000 Schüler auf die Straße. Am Abend zogen 70 000 Menschen zum Alex.
Nach dem US-Militärangriff auf den Irak setzte Berlin ein mächtiges Zeichen für den Frieden: Weit mehr als hunderttausend Menschen gingen am Donnerstag auf die Straßen der Stadt, um bei zahlreichen Demonstrationen gegen den Krieg zu protestieren. Im Berliner Dom veranstalteten die evangelische und die katholische Kirche am Abend einen ökumenischen Friedensgottesdienst, an dem auch Bundestagspräsident Wolfgang Thierse und Berlins Justizsenatorin Karin Schubert teilnahmen. Auf dem Alexanderplatz versammelten sich am Abend nach Polizeiangaben rund 70 000 Menschen zu einer Großkundgebung. Zu der Demonstration aufgerufen hatte das Berliner Bündnis „Achse des Friedens“, das von Gewerkschaften, kirchlichen Gruppen und Antikriegs-Komitees der Hochschulen organisiert wurde. Auch SPD, PDS und Grüne unterstützten die Demonstration. Vor der SPD-Zentrale in Kreuzberg warfen linke Demonstranten am Abend Steine auf Polizisten.
Bereits bei Ablauf des US-Ultimatums war es Donnerstag gegen 2 Uhr früh zu vereinzelten Protestaktionen in der Stadt gekommen. Am Vormittag hatten mehr als 50 000 Schüler aus Berlin und Brandenburg am Alexanderplatz gegen den Krieg im Irak demonstriert. Anschließend zogen sie Unter den Linden entlang zum Brandenburger Tor. Schulsenator Klaus Böger hatte es den Schulen freigestellt, an den Protestaktionen teilzunehmen. Die Polizei hatte am Morgen die Sicherheitsvorkehrungen im Regierungsviertel sowie an diplomatischen Vertretungen noch einmal deutlich verstärkt. Wegen zahlreicher Straßensperrungen kam der Verkehr zeitweise zum Erliegen, Autofahrer mussten die Innenstadt weiträumig umfahren.
(...) „Dies ist ein schlimmer Tag für das irakische Volk, für die Uno und die Friedensbewegung“, sagte der Spandauer Pfarrer Peter Kranz, der am vergangenen Sonnabend die Lichterkette durch die Stadt organisiert hatte. „US-Präsident George W. Bush missbraucht den christlichen Namen für sein Sendungsbewusstsein“, erklärte Kranz. „Mister Bush, wir haben einen langen Atem“, kündigte der Pfarrer unter großem Beifall der Menge an. Eine Gruppe von Demonstranten ließ eine amerikanische Fahne in Flammen aufgehen.
Die Veranstalter riefen zu einem spontanen Protestzug vor das Auswärtige Amt auf, um dort gegen Überflugrechte für die USA zu protestieren. Gegen 19.30 Uhr zogen zehntausende Demonstranten am Roten Rathaus vorbei über die Mühlendammbrücke zum Schloßplatz. Polizisten hatten das Außenministerium jedoch weiträumig abgeriegelt. Zunächst sollte die Demonstration über die Karl-Liebknecht-Straße zu einer Abschlusskundgebung auf den Alexanderplatz zurück führen. Auf der Schlossbrücke hatten Polizisten eine Kette gebildet, um den Demonstranten den Weg in Richtung Brandenburger Tor zu versperren. Die Veranstalter forderten jedoch über Lautsprecher dazu auf, zur US-Botschaft an die Neustädtische Kirchstraße zu ziehen. Die Polizei ließ den Demonstrationszug daraufhin passieren.
Gegen 21 Uhr drängelten sich zehntausende Menschen auf dem Boulevard Unter den Linden. Vor den Absperrungen zur US-Botschaft an der Neustädtischen Kirchstraße leuchteten rote Friedhofskerzen. Demonstranten hatten hier seit dem frühen Morgen protestiert. „Bush und Saddam in eine Doppelzelle in den Haag“, lautete die Forderung auf einem Plakat. (...)
Tagesspiegel, 21.03.2003

Lübz
(...)"Wir stehen heute hier, weil die Diplomatie versagt hat, weil Willkür und Arroganz sich über die Mehrheit hinweggesetzt und weil die Politik die Demokratie missbraucht und verraten hat." Mit einer leidenschaftlichen Rede begann gestern Morgen Stefan Elies aus der 13/1 auf dem Schulhof des Lübzer Gymnasiums die Kundgebung gegen den Irak-Krieg. Der 18-jährige Abiturient hatte vor vier Tagen an seiner Schule zu einer Demonstration gegen den Krieg aufgerufen. "Wir alle haben Angst", sagt er. "Viele sagen vielleicht, dass es eh nichts bringt, etwas gegen den Krieg zu tun. Aber wir meinen: Nichts tun bringt noch weniger."
Sascha Elies sprach erst mit dem Schülerrat, dann mit der Schulleitung, nahm Verbindung mit Polizei und Ordnungsamt auf und organisierte binnen kürzester Zeit einen zweistündigen friedlichen Protestmarsch quer durch die Stadt. Vom Gymnasium bis zur Schützenstraße, dann über die Plauer Straße zum Ziegenmarkt, hoch zur B 191 und von dort zurück zum Gymnasium. 20 Ordner aus der 13. Klasse sicherten den Zug ab, die Polizei sperrte kurzfristig die Bundesstraße.
Autofahrer warteten geduldig, Anwohner schauten anerkennend von ihren Balkons zu den Schülern, auch Lehrer schlossen sich dem Demonstrationszug an. "Ich bin wirklich stolz auf unsere Schüler", sagte Torsten Kröll, stellvertretender Schulleiter. "Sie haben hier eine tolle Sache in völliger Eigenregie auf die Beine gestellt."
Schweriner Volkszeitung, 21.03.2003

Hof
Am gestrigen Nachmittag trafen sich viele Menschen zur Friedenskundgebung vor dem Kugelbrunnen in der Hofer Altstadt. ,,Opfer werden in erster Linie die irakischen Menschen sein. Kinder, Frauen und Männer aus dem Volk``, betonten die Veranstalter. Sie bekräftigten, dass der Krieg gegen das Völkerrecht verstoße. Krieg sei Terror. Zwar verbinde die Friedensbewegung nichts mit dem Diktator Saddam, aber man hege Mitgefühl gegenüber der notleidenden irakischen Bevölkerung, das nun innerhalb weniger Jahre zum dritten Mal einen Krieg durchleben müsse. Rund 200 Menschen waren zur ersten Kundgebung gekommen. Es soll weitere geben. So lange der Krieg dauert und Bomben fallen, rufen die Veranstalter dazu auf, sich jeden Donnerstag um 17 Uhr am Kugelbrunnen zu versammeln. Damit soll von Hof aus ein Zeichen gesetzt werden.
Frankenpost, 21.03.2003

Lippstadt
(...) "No War", "Krieg ist keine Lösung" "War is not the Answer". Mit diesen und ähnlichen Losungen auf Transparenten und Plakaten zogen gestern Nachmittag rund 500 überwiegend jugendliche Demonstranten durch die Lange Straße. Nils Regelmann vom Ostendorf-Gymnasium, der zu den Organisatoren des Schweigemarsches gehörte, wertete die große Resonanz als erfreuliches Zeichen. Gleichzeitig bedankte er sich bei allen Teilnehmern für ihr Friedensengagement. Nicht nur Schüler der vier Lippstädter Gymnasien, auch Jugendliche anderer Schulen waren dem Aufruf gefolgt, ebenso Eltern und Lehrer. Als sich die Marschierer am Bernhardbrunnen in Richtung Rathausplatz in Bewegung setzten, schlossen sich weitere Passanten spontan dem Zug an.
"Wir sagen Nein zum Irakkrieg", erklärte Rita Gockel-Gesterkamp vor dem Rathaus und sprach damit allen Demonstranten aus dem Herzen. Die Lehrerin am Ostendorf-Gymnasium fand aber auch klare Worte zur Zielsetzung der Bürger auf dem Rathausplatz: "Wir erwarten von unseren Politikern, dass sie alle Energien für die Errichtung einer friedlichen, gerechten und zukunftsfähigen Weltordnung unter UN-Mandat einsetzen."
"We shall overcome", mit diesem klassischen Lied der Friedensbewegung drückten dann gestern abend noch einmal 250 Lippstädter auf dem Rathausplatz ihren Protest gegen den Krieg im Irak aus. Sie hatten einen großen Kreis gebildet und hielten Kerzen und Transparente in den Händen, um so ihrer Sorge und ihrer Betroffenheit Ausdruck zu verleihen.
Zahlreiche Vertreter von Kirchen und Parteien sowie anderer Organisationen waren dem Aufruf der Bündnisgrünen zu dieser "Friedensversammlung" gefolgt. Wilhelm Rönnau, Vorsitzender der Grünen in Lippstadt, brachte deutlich seine Ablehnung der amerikanischen Politik zum Ausdruck. Gleichzeitig forderte er aber auch die Bundesregierung auf, US-Bombern keine Überflugsrechte zu gewähren und den einmarschierenden Truppen im Irak keine Unterstützung durch deutsche Soldaten zu gewähren. (...)
Der Patriot - Lippstädter Zeitung, 21.03.2003

Jena
(..) Die PDS-Landtagsfraktion organisierte am Mittag einen Protestzug zur Staatskanzlei. Dort trommelten die Demonstranten auf Ölfässer. Die USA machten sich zum Kriegsverbrecher und gehörten vor den Internationalen Gerichtshof, sagte PDS-Chef Dieter Hausold.
Die Friedensbewegung war auf den gestrigen Tag X bereits vorbereitet. In Erfurt und vielen anderen Städten protestierten tausende Menschen vor den Rathäusern, in den Kirchen wurden Friedensgottesdienste durchgeführt. Mit einer Kundgebung und einem Protestzug durch die Altstadt demonstrierten rund 800 Kriegsgegner in Jena. Auf zahlreichen Transparenten forderten sie "No War" und "Aufstehen für den Frieden". Mehrere Redner kritisierten die Gewährung von Überflugrechten sowie den Einsatz von Bundeswehrsoldaten in der Türkei und in Kuwait. (...)
Thüringer Allgemeine, 21.03.2003

Heilbronn
(...) Punkt elf Uhr füllten Schüler den Heilbronner Kiliansplatz bis zum Rand. 5000 Jugendliche sagt die Polizei, die Organisatoren sprechen von bis zu 7000. Klar ist: Es war die größte Schülerdemonstration Heilbronns. " Gewalt erzeugt nur Gewalt", "Krieg ist keine Lösung" stand auf Transparenten. Mit Friedenszeichen auf Wangen und T-Shirts zeigten die Schüler aus dem Stadt- und Landkreis ihren Protest.
Teilweise gegen die Order der Schulleitungen gingen sie auf die Straße. Viele Schulen hatten in Durchsagen oder kopierten Schulbriefen dazu aufgefordert, erst nach dem Unterricht zu demonstrieren. "Der Unterricht wird nicht ausfallen und das Fehlen wird eingetragen", heißt es etwa in den offenen Briefen an die Schüler des Heilbronner Theodor-Heuss- und des Elly-Heuss-Knapp-Gymnasiums. Der Vorschlag vieler Schulleitungen: Im Unterricht den Irak-Krieg zum Thema machen.
Angela Droste, Direktorin des Robert-Mayer-Gymnasiums, hat etwa schon mit der Schülermitverantwortung über ein politisches Forum nachgedacht. Unter anderem sprachen auf der Kundgebung Pfarrer Uwe Schulz, Antonia Fleischmann vom Jugendgemeinderat und Christian Steg vom Heilbronner Bündnis gegen den Krieg.
Das rund 15-köpfige Demo-Organisationsteam rund um die Schülersprecherin Patricia Hoffmann des Friedrich-von-Alberti-Gymnasiums in Bad Friedrichshall hatte 25 Schulen per E-Mail oder Telefon informiert. Gekommen sind mehr.
Bei der Friedenskundgebung am Abend protestierten etwa 500 Menschen auf dem Kiliansplatz. Der DGB-Regionalchef Bernhard Löffler rief an die Adresse Bushs und Blairs: "Hört auf mit dem Wahnsinn, lasst die Waffen ruhen." Der Krieg sei keine Lösung. An die Stelle des Rechts trete das Recht des Stärkeren. Ein Heilbronner bezeichnete am " offenen Mikrofon" Hussein als Terroristen und Bush als Mörder.
"Beide gehören vor Gericht." Die Kundgebung, zu der das " Heilbronner Bündnis gegen einen Angriff auf den Irak" aufgerufen hatte, endete mit einer Mahnwache. (...)
Heilbronner Stimme, 21.03.2003

Oberhausen
(...) Wut, Angst, Betroffenheit: Ihren Protest gegen den Angriffskrieg gegen den Irak trugen gestern die Oberhausener auf die Straße: Insgesamt rund 3000 waren es, die an den verschiedenen Demonstrationen teilnahmen. Bei der zentralen Kundgebung der Friedensbewegung versammelten sich etwa 500 Menschen um 18 Uhr auf dem Friedensplatz. Unter ihnen auch Anneliese Althoff. Die 73-Jährige hat als Kind erlebt, wie die Bomben auf Oberhausen fielen. Und hat jetzt eine "Stinkwut im Bauch", weil die Allianz der Kriegstreiber sich über den Willen so vieler friedfertiger Menschen hinweggesetzt habe. Bei der Kundgebung sprachen sich die Redner gegen den Krieg aus - und gegen die deutsche Unterstützung dieses Krieges, beispielsweise durch die Gewährung von Überflugsrechten. Beeindruckt waren die Redner von den Demonstrationen der SchülerInnen am Mittag.
Schweigeminute? Völlig fehl am (Ebert-)Platz: "Wir wollen nicht zu diesem Krieg schweigen. Lasst uns eine Krachminute einlegen", forderte eine Schülerin: Mit ohrenbetäubendem Lärm, ganz überwiegend aber mit bewegenden Friedensappellen, Gedichten und Liedern brachten rund 1500 SchülerInnen gestern ihr Entsetzen, ihre Wut und Traurigkeit zum Ausdruck. Sternförmig waren die Jugendlichen um 5 nach 12 von ihren Schulen - Bertha-von-Suttner-, Elsa-Brändström-, und Heinrich-Heine-Gymnasium sowie der Gesamtschule Alt-Oberhausen - losgezogen. (...)
Neue Ruhr Zeitung, 21.03.2003

Homberg und Fritzlar (Schwalm-Eder-Kreis)
„Frieden und Freiheit lassen sich nicht herbeibomben.“ Der von den USA und ihren Verbündeten gestern Nacht begonnene Angriffskrieg „verstößt eindeutig gegen geltendes Völkerrecht“. So äußerten sich gestern Gisela und Siegfried Richter für den Friedenskreis Homberg.
In der Kreisstadt trafen sich nach dem Aufruf des Friedenskreises etwa 50 Menschen, um mit Plakaten und Kerzen ihren Wunsch nach Frieden auszudrücken.
Auch auf dem Fritzlarer Marktplatz protestierten 50 bis 60 Kriegsgegner gegen den Angriff der USA auf den Irak. „Schweigen für den Frieden“ hieß die Parole. Auf anderen Plakaten war zu lesen „Nicht in meinem Namen“ oder „Das Völkerrecht gilt auch für Bush und Co“. (...)
Hessisch-Niedersächsische Allgemeine, Homberger Ausgabe, 21.03.2001

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Den Vorbereitungen der Friedensbewegung auf den "Tag X" widmet sich auch die Tageszeitung taz:

(...) In der gesamten Bundesrepublik sind lokale Aktionen für den Tag X angekündigt. Allerdings wird es keine zentrale Veranstaltung geben. "Zum einen gibt es am Tag eines Kriegsbeginns traditionell dezentrale Veranstaltungen. Zum anderen wissen wir noch nicht genau, wann Bush den Irak angreift. Da können wir eine Großveranstaltung nicht planen", sagt Christian Golla vom Netzwerk Friedenskooperative. Die listet im Internet Termine in ganz Deutschland auf, damit jeder weiß, ob in seiner Stadt Demonstrationen unterstützt werden können. Zurzeit sind es schon über 160.
"Die Menschen sollen zeigen, dass man, auch wenn ein Krieg schon sicher zu sein scheint, noch dagegen protestieren muss", sagt Christian Golla. "Und wenn der Krieg da ist, müssen wir dafür demonstrieren, dass er schnell beendet wird." Am Samstag nach dem Tag X zieht die Friedensbewegung dann auch in die größeren Städte. Eine zentrale Kundgebung in Berlin sei allerdings noch nicht geplant, sagt Christian Golla, "darüber denken wir erst später nach".
(...) Die Arbeitsgemeinschaft Frieden (AGF) in Trier plant schon jetzt in größeren Dimensionen: überregional. Markus Pflüger von der AGF erwartet Menschen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und Hessen, wenn am Samstag eine Friedenskundgebung am Militärflughafen Spangdahlem in Rheinland-Pfalz mit anschließender Sitzblockade stattfindet. "Denn unsere Bundesregierung spricht sich zwar gegen einen Krieg aus", sagt Markus Pflüger, "aber unterstützt ihn dann indirekt, indem deutsche Soldaten das Objekt Spangdahlem bewachen. Würde Deutschland den Amerikanern diesen Dienst nicht erweisen, könnten die US-Militärs weniger Soldaten in den Irak schicken."
(...) Peter Strutynski, Friedensforscher und Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag, (..) glaubt, dass der Protest anhaltend und stark sein wird. Er rechnet sogar damit, dass zu dem Zeitpunkt, an dem der Krieg tatsächlich ausbricht, noch einmal sehr viel mehr Menschen auf die Straßen gehen werden als bisher: "Auch wenn man seit Monaten gesagt bekommt, dass der Krieg definitiv kommen wird, macht sich im Augenblick des Kriegsbeginns eine große Empörung Luft. Dann gehen die Menschen auf die Straßen." Und so wird es am Tag X in vielen Städten gleichzeitig, nämlich zwischen 17 und 19 Uhr, Demonstrationen gegen diesen Krieg geben. "Es ist in der Friedensbewegung eine stillschweigende Übereinkunft, dass man sich am Tag von großen Ereignissen trifft. Das muss gar nicht groß verkündet werden", sagt Peter Strutynski.
taz, 20.03.2003

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"Richtig sauer" würden die Friedensdemonstranten sein, wenn der Krieg kommt. Vielleicht kann man es auch anders ausdrücken. Der Protest gegen den Krieg wird jedenfalls nicht aufhören. In der Frankfurter Rundschau liest sich das so:

(...) Für den "Tag X" aber ist man längst vorbereitet. Dann, sagt Manfred Stenner vom Netzwerk Friedenskooperative, "ist Schluss mit der bisherigen Gelassenheit".
(...) Mahnwachen, Kundgebungen, Demonstrationen fordert die Friedenskooperative für den heutigen Mittwoch, um der "zweiten Supermacht Weltöffentlichkeit" vielleicht doch noch Gehör bei den Kriegstreibern zu verschaffen.
Pfeifen im Wald? Mag sein. Aber viel mehr bleibe den deutschen Friedensaktivisten nicht mehr, sagt Stenner. Alles, was danach komme, könne den Irak-Krieg nicht mehr verhindern, sondern bestenfalls stoppen. Und dass die Proteste dann noch von einer ähnlichen Gelassenheit geprägt sein werden wie bislang, dürfe man getrost bezweifeln. Gewalt werde man zwar zu verhindern wissen, "aber viele Demonstranten werden richtig sauer sein".
In weit über 150 Städten und Gemeinden planen Friedens-Initiativen Aktionen für den Tag X. Die Liste reicht von Schülerstreiks in Aachen bis zu Kundgebungen in Zwickau (www.friedenskooperative.de/tag-x.htm). Überall, prophezeit Stenner, werde der Massenprotest nicht nur der "Koalition der Willigen" gelten, sondern auch der rot-grünen Regierung. Trotz aller Rhetorik sei davon auszugehen, dass Berlin diesen Krieg zumindest logistisch unterstützen werde. Dagegen werde man stärker als bislang "Anklage erheben".
Auch die Kampagne "resist", die sich auf Aktionen zivilen Ungehorsams spezialisiert hat, bereitet sich derweil auf eine weitere Eskalation vor. Auf ihrer Webpage (www.resistthewar.de) hat sie sämtliche US-Stützpunkte in Deutschland aufgelistet. Im Kriegsfall erhofft sie sich, dass Demonstranten zu dezentralen Blockadeaktionen ausschwärmen. (...)
Frankfurter Rundschau, 19.03.2003

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Die Hessisch-niedersächsische Allgemeine widmet sich ebenfalls den Absichten der Friedensbewegung:

Die Friedensbewegung will dem immer wahrscheinlicher werdenden US-Angriff auf den Irak mit einem "weltweiten zivilen Sturm der Empörung" begegnen. Das erklärte der Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag Peter Strutynski (Kassel). In Deutschland sei vereinbart, dass am Tage des Kriegsbeginns, dem so genannten Tag X, zwischen 17 und 19 Uhr Mahnwachen, Kundgebungenm, Demonstrationen und Lichterketten an uentralen Plätzen stattfinden. In vielen Städten sollen sie durch das Läuten von Kirchenglocken begleitet werden. An tausenden von Schulen werde der Unterricht unterbrochen, Schüler wollten demonstrieren.
"Von einem Scheitern der Friedensbewegung kann keine Rede sein", erklärte Strutynski angesichts des Ultimatums an Saddam Hussein. Es sei "eine Niederlage für die USA, gegen die Meinung der Weltöffentlichkeit einen Krieg vonm Zaun zu brechen". (...)
Hessisch-Niedersächsische Allgemeine, 19.03.2003

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So dürfte es im ganzen Land ausssehen: Die Friedensbewegung lässt nicht locker, sondern bereitet die nächsten Aktionen vor. Ein Beispiel aus Nürnberg:

Mit Demonstrationen, Protestzügen, Gottesdiensten und Andachten wollen Friedensbewegung und Kirchen in Nürnberg auf den möglichen Ausbruch eines Irak-Krieges noch in dieser Woche reagieren. Quer durch alle Bevölkerungsschichten geht die Ablehnung der Politik des amerikanischen Präsidenten Bush.
„Wir sind entsetzt und empört, was sich dort entwickelt“, sagt Hans-Joachim Patzelt, Sprecher des Friedensforums. Auch wenn die bisherigen Proteste weltweit wie auch in Nürnberg zuletzt der Menschenring um die Altstadt den Ausbruch eines Krieges wohl nicht mehr verhindern konnten, so waren sie dennoch nicht umsonst, beschwört er alle enttäuschten Friedensaktivisten. „Es darf jetzt keine Resignation geben. Haben wir bisher gegen den Krieg demonstriert, werden wir nun, wenn er denn kommt, eben dafür demonstrieren, dass er beendet wird“, so Patzelt.
Am „Tag X“ des Krieges („vielleicht schon am Donnerstag“) soll es daher ab 17 Uhr vor der Lorenzkirche zu einem ersten Protesttreffen kommen. Für Samstag dann ist um 13 Uhr eine Kundgebung und ein Zug durch die Stadt zum Amerika-Haus geplant. „Dort wollen wir unseren Unmut über die Bush-Regierung und den Kriegskurs Luft machen“, sagt er. (...)
Nürnberger Nachrichten, 19.03.2003

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Die Sorge um den Frieden kennt keine Altersgrenzen. In Lebenstedt, einem Ort in der Nähe von Salzgitter meldeten sich die ganz Jungen zu Wort:

Für Frieden im Irak stiegen gestern über (sic!) rund 300 Zuschauern 1000 Ballons vom Stadtmonument in Lebenstedt zum Himmel auf. Bedruckt mit der Friedenstaube trug jeder Ballon einen gefalteten Papierkranich, das japanische Zeichen für Frieden, in die Welt hinaus. "Frieden war immer ein Thema, wir haben uns mit den Kindern Gedanken über den Frieden gemacht", erklärt die Initiatorin der Aktion, Irmgard Schmitz, Leiterin der Grundschule St. Michael. (...)
Rund ums Monument waren sich alle einig, dass der Krieg verhindert werden müsse. Hakime Yousef stammt aus Kurdistan und macht sich Sorgen um Verwandte und Freunde im Grenzgebiet von Irak und Türkei. "Ich bin gegen den Krieg, es wird viele Zivilopfer geben", fürchtet sich die 33-jährige auch vor Verlusten in der eigenen Familie. (...)
Auch Bettina Klose ist gegen den US-Militärschlag. "Wir müssen an die Kinder denken, sie sind unsere Zukunft", erklärt die Kindergärtnerin. "Das Blutvergießen soll verhindert werden, lediglich Herr Bush ist für den Krieg", zeigt Klara John sich empört über die Haltung der USA. Anja Schulze fügt hinzu, dass die Amerikaner sich nicht alles erlauben dürfen, nur weil sie eine Weltmacht seien. (...)
Stellvertretend für die Schüler der Grundschule am See äußerten sich Jaymarin Greiner (9 Jahre) und Nadine Penther (10) gegen den Krieg. Ihrer Meinung nach würden viele unschuldige Menschen sterben, die den Krieg nicht wollen. Gerd Graw, Sprecher der Bewegung "FriedensRatschlag", kündigte zum Tag der Offensive weitere Aktionen für den Frieden, wie zum Beispiel das Läuten von Kirchenglocken, an. (...)
Salzgitter Zeitung, 19.03.2003

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Die Montagsdemonstrationen in Leipzig sind nicht mehr aufzuhalten. Diesmal waren es bereits 30.000, schreibt die taz.

(...) Lautsprecherwagen werfen Parolen und wärmenden Sound unter die 30.000 Friedensdemonstranten an diesem kalten Märzmontag. Am Ring, entlang der traditionellen Demorunde von 89, zeigt eine Studentin ein frivoles Plakat mit einem weiblichen Unterleib: "The only Bush I trust is my own!"
Gibt es morgen wirklich Krieg? Ein Hauch von Happening weht durch die Reihen. Nicht zu vergleichen mit der Mischung aus Angst und feierlichem Ernst von damals, als man nicht wusste, ob das Politbüro durchdreht und Panzer schickt. "Die Gefahr ist nicht so hautnah spürbar", meint ein Paar, das 89 schon dabei war und unverdrossen die Kerze im Marmeladenglas hütet. Beide freuen sich, dass es nun viel bunter zugeht. (...)
(...) Vor allem aber wirkt die evangelische Nikolaikirche im Stadtzentrum bis heute als Nukleus dieser Bewegung. Warum mobilisiert gerade Leipzig so viele Kriegsgegner? "Weil es seit Anfang der Achtzigerjahre die Friedensgebete gibt", antwortet der mittlerweile 59-jährige Pfarrer Christian Führer geradeheraus, während ihm Aktivisten eines Friedensbusses ein Regenbogentuch umhängen. Die Nikolaikirche und ihr Pfarrer sind zu Synonymen für den Umbruch in der DDR und nun wiederum für die Leipziger Antikriegsbewegung geworden.
(...) Der Pfarrer mit dem ergrauten Igelschnitt findet wie stets Worte, deren Klarheit ob des gewohnten Politchinesisch geradezu irritiert. Banal, dumm, dreist und entsetzlich sei dieser gewollte Krieg. Die Bibel hält genügend Textstellen bereit: "Wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert umkommen!" Das Bush-Amerika, und diese Differenzierung ist Führer wichtig, würde mit einem Krieg das Gesicht eines demokratischen Staates und das Recht auf UNO-Mitgliedschaft verlieren. Hier brandet spontaner Beifall auf, der eigentlich unterbleiben sollte. Aber auch Saddams "Krieg gegen das eigene Volk" wird angeprangert. Jährt sich doch der Giftgasangriff gegen die Kurden an diesem Tag zum fünfzehnten Mal.
Noch ein anderer bekommt bei der Abschlusskundgebung auf dem Augustusplatz langen Applaus für seine deutlichen Worte. Friedrich Schorlemmer, der Wittenberger Theologe, sieht die Stunde der Wahrheit auch für die Lügen des amerikanischen Präsidenten gekommen. "Der Gott Jesu Christi ist kein Kriegsgott", wehrt er sich gegen dessen Vereinnahmung durch amerikanisches Gottesgnadentum. (...)
taz, 19.03.2003

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Wie wichtig das Internet für die Friedensbewegung geworden ist, zeigt auch die folgende Pressemeldung, die auf eine dpa-Meldung zurückgeht und von vielen Zeitungen übernommen wurde:

Im Internet formiert sich Widerstand für den so genannten Tag X, den Angriff der USA auf den Irak.
Auf zahlreichen Webseiten rufen deutsche Kriegsgegner zu spontanen Protestaktionen für diesen Tag auf. «Sollten die US-Regierung und ihre Verbündeten ihre Drohungen wahr machen, sollte es zu einem Tag X kommen, dann werden auch die Proteste ihren Gipfel erreichen», heißt es etwa auf der Internetseite «www.tag-x.de», die sich als Forum zur Organisation von Protesten versteht und bundesweit über Veranstaltungen der Friedensbewegung informieren will.
Die in Bonn ansässige Friedenskooperative (www.friedenskooperative.de/tag-x.htm) hat online bisher mehr als 100 Protest-Veranstaltungen zusammengetragen. Für den Tag eines möglichen Angriffs werden in der Zeit von 17 bis 19 Uhr «im ganzen Land dezentrale Aktionen» angekündigt. Auch für den Tag nach dem Einmarsch - «Tag X+1» - haben sich Kriegsgegner schon im Netz verabredet. Neben großen Internetforen rufen zahlreiche kleinere linke Gruppierungen, aber auch Schüler, Studenten und lokale Parteiverbände im Internet zu Widerstand für den Fall eines Kriegsbeginns auf.
Goslarer Zeitung, 18.03.2003

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Die weltweiten Aktionen der Friedensbewegung vom Wochenende spiegelten sich in den Montagszeitungen wider. In der Frankfurter Rundschau wurde ausführlich berichtet:

Mehr als 100000 Menschen demonstrierten am Samstag in Berlin mit einer Lichterkette gegen einen Irak-Krieg. Auf einer 35 Kilometer langen Wegstrecke quer durch die Hauptstadt bildeten die Kriegsgegner eine Menschenkette. Wie schon bei der Kundgebung vor einem Monat wurden damit die Erwartungen der Veranstalter erneut übertroffen. Es sei die längste Lichterkette in der Geschichte der Bundesrepublik gewesen, sagte ein Mitorganisator.
Die Sitzblockade an der Frankfurter US-Airbase wurde am Nachmittag von der Polizei aufgelöst. Der Luftwaffenstützpunkt ist nach Ansicht der Organisatoren eine wichtige Drehscheibe für den Truppenaufmarsch der Amerikaner. In Nürnberg bildeten rund 4000 Demonstranten einen "Friedensring" um die Altstadt.
In Mailand folgten rund 300000 Menschen dem Protest-Aufruf der größten italienischen Gewerkschaft, CGIL. Ihr Chef Guglielmo Epifani warnte die Regierung in Rom, die den harten Irak-Kurs der US-Regierung unterstützt, im Falle eines Krieges werde "das Land stillstehen".
In Paris protestierten 50000 Menschen, darunter viele Muslime. Einige Teilnehmer schwenkten US-Flaggen, deren Sterne mit Hakenkreuzen übermalt waren.
40000 Belgier, darunter mehrere Minister, zogen durch Brüssel. In Spanien richtete sich der Protest auch gegen die eigene Regierung, einer der engsten Verbündeten der USA. Der Vorsitzende der Partei der Vereinigten Linken, Gaspar Llamazares, sagte mit Blick auf den spanisch-amerikanisch-britischen Gipfel auf den Azoren, dort träfen sich "die internationalen Gesetzesbrecher des Irak-Krieges".
In Washington zogen am Samstag tausende Kriegsgegner vor das Weiße Haus. Die Demonstranten aus mehr als 100 US-Städten forderten vor dem Amtssitz von Präsident George W. Bush, Irak nicht wie gedroht anzugreifen. "Präsident Bush, hör' auf dein Volk - das amerikanische Volk steht heute vor dir und sagt: ,Kein Krieg in Irak' ", rief eine Demonstrantin der jubelnden Menge zu.
"Es ist wichtig, die Diktatur in Irak zu beenden, aber nicht durch Krieg", sagte der ehemalige dänische Ministerpräsident Anker Joergensen vor 6000 Menschen in Kopenhagen. 3000 schwedische Kriegsgegner warfen den USA und Großbritannien in Stockholm "Kriegshysterie" vor.
Den Auftakt zu den weltweiten Protesten bildeten mehrere tausend Demonstranten in Neuseeland und Australien. Über Seoul ließen zweitausend Südkoreaner Friedenstauben aus Papier steigen. (...)
Frankfurter Rundschau, 17.03.2003

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Kathrin Hartmann berichtete in derselben Zeitung über die Blockadeaktion vor der US-Airbase Frankfurt. In dem Artikel heißt es u.a.:

(...) Sie tragen Rucksäcke, Schlafsäcke und Strohsäcke, und sie sind entschlossen. Zivilen Ungehorsam wollen sie leisten, das Blockade-Verbot ignorieren oder, wie es Jochen Stay von der Kampagne "Resist" zu Beginn der Demonstration ausdrückte, "den Schritt vom Protest zum Widerstand wagen". (...)
Ein US-Militärflugzeug donnert über den blauen Frühlingshimmel. Laut pfeifen die rund 1000 Demonstranten, eine Mischung aus Familien, Rentnern, Alt-Achtundsechzigern, Schülern und Studenten. Die Autos auf der A 5 hupen, als sich der Zug über die Autobahnbrücke Richtung Airbase bewegt. Die Straße ist flankiert von Polizisten, die Zufahrten abgesperrt. (...)
"Das sieht schon ungemütlicher aus als letztes Mal", bemerkt Timo. Der 30-Jährige hat an der Blockade vor drei Wochen teilgenommen. Heute hat er seinen Klappstuhl dabei und eine Thermoskanne mit Kaffee. Denn diesmal soll es länger dauern, nach Wunsch der Organisatoren mindestens 24 Stunden. Vor dem Tor wird die Menge aufgefordert, sich auf den Parkplatz neben der Airbase zu begeben, auf dem die Versammlung bis 17 Uhr erlaubt ist. (...)
Davor rücken die Menschen dichter zusammen. "Einzelne kann man ganz leicht wegtragen", lautet die Parole. Außerdem ist es kalt geworden. Eine Musikkapelle spielt "Give Peace a Chance". Hie und da diskutieren Menschen mit Polizisten. "Sie sollten sich zu uns setzen", ruft eine ältere Frau. Schon wieder fliegt eine US-Maschine in den Himmel.
(...) Die Reihe der Polizeiwagen reicht von der Airbase bis hinter die Brücke. Hier steht die 49-jährige Christa. Mit ihren beiden Kindern, 19 und 15 Jahre alt, ist sie gekommen, "um Sand im Getriebe zu sein". Angenehm fand sie es nicht, weggetragen zu werden, "aber sehr symbolisch".
Zwei Zufahrten im Norden und Süden der Airbase werden derweil von etwa 30 Personen kurzzeitig blockiert, andere versuchen, eine Autobahnbrücke zu besetzen. 77 Personen werden in Gewahrsam genommen. Kurz nach 18 Uhr werden die verbliebenen rund 100 Kriegsgegner von Polizisten umringt und auf den Parkplatz getragen. "Anschließend fahren wir sie mit Bussen zurück zum Bahnhof", verspricht der Einsatzleiter. (...)
"Keiner ist weggelaufen, um den Räumungen zu entgehen", freut sich Veranstaltungsleiter Clemens Ronnefeldt. Die Polizei lobt er für ihren respektvollen und gewaltfreien Einsatz. Auch die Polizei ist voll des Lobes: "Es gab keine Reibereien, die Leute hatten sich dazu entschlossen, weggetragen zu werden."
Frankfurter Rundschau, 17.03.2003

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Ein wenig Häme ist im Spiel bei dem Bericht in der Süddeutschen Zeitung über die Demonstration in München. Auszug aus dem Artikel im Münchner Teil:

Seine große Friedensdemo hat München schon gehabt, immerhin als erste deutsche Stadt – anlässlich der Sicherheitskonferenz am 8. Februar. Drum fällt nun der Protest eher mager aus an diesem Samstag, dem internationalen Demonstrationstag, an dem in der ganzen Republik mehr als 100000 Menschen auf die Straße gehen. Vielleicht sind es 3000 Marschierer, wie die Veranstalter SPD und Grüne sagen. Vielleicht sind es aber auch nur 1500, wie die Polizei gezählt hat. Mager, wenn man bedenkt, dass selbst Nürnberg 4000 auf die Beine gebracht hat und Karlsruhe 10000. Wenigstens kommen zur Demo zweiter Klasse neben Kommunisten, Punks und arabisch skandierenden Palästinensern auch ein paar Bürger mit Einkaufstüten und Kindern im Schlepptau. Jusos, gewerkschaftlich organisierte Lehrer und Attac-Mitglieder demonstrieren hinter Plakaten wie: „Wer im Frieden schläft, wacht im Krieg auf“ oder „Eine andere Welt ist möglich“ oder „Hirn statt Krieg“. (...)
Süddeutsche Zeitung, 17.03.2003


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