Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

11. bis 14. Februar 2003

Friedensbewegung in den Medien

Am 13. Februar gab Bundeskanzler Gerhard Schröder eine außenpolitische Regierungserklärung ab, die sich hauptsächlich mit der Irak-Krise befasste. Das Medienecho am 14. Februar war entsprechend groß. Immerhin floss in die dpa-Meldung auch die kritische Stellungnahme aus der Friedensbewegung ein, sodass dies in Dutzenden von Zeitungen kolportiert wurde. Im Folgenden der entsprechende Auszug aus einem längeren Bericht über die Bundestagsdebatte aus den Stuttgarter Nachrichten:

(...) Die Kirchen bekräftigten ihren Widerstand gegen Militäraktionen. Ein Krieg in Irak wäre ein schwerwiegendes Übel, sagte Bischof von Münster, Reinhard Lettmann, in einer Predigt vor Soldaten.
Die Friedensbewegung forderte von der Bundesregierung, den USA die erteilten Überflug- und Nutzungsrechte von Stützpunkten zu Kriegszwecken zu entziehen. SPD-Generalsekretär Olaf Scholz wies die wiederholte Kritik des SPD-Abgeordneten Hans-Ulrich Klose an Schröders Irak-Kurs zurück. Damit liege Klose falsch, meinte Scholz.
Stuttgarter Nachrichten, 14.02.2003

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In Bremen proben die Schüler schon einmal den Aufstand gegen den Irak-Krieg. Tausende gingen am 13. Februar während der Schulzeit auf die Straße, schrieb Iris Hetscher im Weser-Kurier:

Ein Krieg im Irak droht – es ist fünf vor zwölf. Das fanden gestern laut Polizei 7000 Bremer Schülerinnen und Schüler; die Veranstalter sprachen von mehr als 9000 Teilnehmern. Sie waren einem Aufruf des Gesamtschülerinnenrates gefolgt und versammelten sich um 11.55 Uhr auf dem Marktplatz, um gegen einen Angriff der USA auf den Golfstaat zu protestieren. Zuvor waren die Schüler im Sternmarsch von ihren Schulen in die Innenstadt gezogen. Auf Transparenten waren Slogans wie „Kein Blut für Öl“, „Ein schlechter Friede ist besser als Krieg“ aber auch ein nicht sehr friedvolles „Kill Bush“ (Tötet Bush) zu lesen.
„Wir wollen nicht im Klassenzimmer etwas über vergangene Kriege lernen, während ein neues Menschheitsverbrechen vorbereitet wird“, rief der Initiator der Aktion, Lehrer Peter Köster vom Schulzentrum Walle, den Jugendlichen zu. Demonstrationen seien eine deutliche Absage an die „Öl-Junkies“. Ein möglicher Irak-Krieg setze dem Terrorismus kein Ende, sondern befördere ihn noch. Hartmut Drewes vom Bremer Friedensforum stimmte dem zu. Der ehemalige Bundespräsident Roman Herzog habe gefordert, ein Ruck müsse durch Deutschland gehen – jetzt gebe es einen „Ruck des Friedens“. Er wisse zwar nicht, ob der Irak Massenvernichtungsmittel besitze. Klar sei aber, das Land habe bisher keine eingesetzt, die UN-Waffeninspektoren hätten bisher auch nichts gefunden. Drewes: „Ein Präventivkrieg, in dem ein Land vorsichtshalber platt gemacht wird, weil es vielleicht Masenvernichtungsmittel besitzt, ist unmoralisch und völkerrechtswidrig.“ Er habe Respekt vor dem Nein der rotgrünen Bundesregierung, dieses müsse aber auch für Überflugrechte oder Lieferung von Patriot-Raketen an die Türkei gelten.
Weser-Kurier, 14.02.2003

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In einem Artikel der Frankfurter Rundschau, der sich u.a. mit der Zustimmung des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Paul Spiegel, zu einem US-Krieg gegen Irak befasste ("Spiegel verteidigt Kriegskurs der USA"), fand sich auch eine Meldung aus Dresden:

(...) Überlebende der schweren Luftangriffe auf Dresden und die spanische Stadt Guernica forderten am Donnerstag in der sächsischen Landeshauptstadt eine friedliche Beilegung des Irak-Konflikts. Den Kriegsvorbereitungen dürfe nicht tatenlos zugesehen werden, hieß es in einem Aufruf. Anlass war der 58. Jahrestag der Zerstörung Dresdens am 13. Februar 1945 durch alliierte Luftangriffe. Das baskische Guernica in Nordspanien war am 26. April 1937 als erste Stadt durch deutsche Bombenangriffe fast völlig zerstört worden. "Wir wissen, was Krieg wirklich bedeutet - jenseits der Fernsehbilder", erklärten die etwa 20 Überlebenden der Bombardements. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass "wieder Tausende im Bombenhagel sterben, Städte und Dörfer zerstört werden, Kulturschätze verloren gehen".
FR, 14.02.2003

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Die Reaktion der Medien auf die Pressekonferenz des "Aktionsbündnisses 15. Februar" am 11. Februar war außergewöhnlich gut. Im Folgenden ein paar Beispiele aus der Presseberichterstattung.

Wir beginnen mit dem Berliner "Tagesspiegel", der den Inhalt der Pressekonferenz in wesentlichen Punkten zusammenfasst:


(...) «Weltweit werden an diesem Tag Millionen von Kriegsgegnern auf die Straßen gehen», sagte Mit-Veranstalter Peter Strutynski am Dienstag in Berlin. In Berlin wird nach Angaben der Organisatoren mit weit über 80.000 Teilnehmern gerechnet.
Von der Bundesregierung forderten die Veranstalter eine klare politische Linie. Tagespolitisches Ziel der Friedensbewegung sei der Abzug der US-Truppen aus der Golf-Region. Die Deutschen sollten ihren Beitrag leisten, indem sie bei einem deutlichen Nein zum Krieg stünden und keine indirekte Unterstützung betrieben.
Zu den Veranstaltern der Demonstration gehören verschiedene Organisationen der Friedensbewegung und Gewerkschaften. Kirchen, Parteien und auch Künstler haben wiederholt zur Teilnahme aufgerufen. Nach Angaben der katholischen Organisation Pax Christi wollen bei dem Friedensmarsch erstmals auch Christen, Muslime und Gläubige anderer Religionen gemeinsam gegen den drohenden Irak-Krieg protestieren. Nach einem ökumenischen Friedensgebet im Berliner Dom werden sie unter dem Motto «Glaubende für den Frieden» einen Demonstrationsblock bilden, hieß es. (...)
Der Demonstrationszug soll gegen Mittag an zwei Stellen - am Alexanderplatz und am Breitscheidplatz - beginnen und sich von dort in Richtung Brandenburger Tor in Bewegung setzen. Die Abschlusskundgebung soll entweder vor dem Reichstag oder auf dem Platz des 18. März stattfinden. (...)
Als Redner werden ver.di-Chef Frank Bsirske, der evangelische Theologe und ehemaliger DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer sowie die palästinensische Globalisierungskritikerin Sumaya Farhat- Naser erwartet. Zudem wollen unter anderem Die Puhdys, Konstantin Wecker und Reinhard Mey die Ziele der Kriegsgegner mit Auftritten musikalisch unterstützen. «Ich komme nicht vorrangig als Künstler, sondern als Vater und als Bürger, um an einem dramatischen Punkt, wo wir die Möglichkeit haben vielleicht den Gang der Geschichte zu beeinflussen, mitzuhelfen», sagte Liedermacher Mey zu seinem Engagement.
Nach Angaben der Polizei werden während des Protestzuges mehrere hundert Beamte im Einsatz sein. Mit Zwischenfällen rechnen die Veranstalter aber nicht. «Die Erfahrungen haben gezeigt, dass es bei unseren Demonstrationen keine Krawalle gibt», sagte Laura von Wimmersperg von der Friedenskooperative Berlin. (...)
Tagesspiegel, 12.02.2003

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Die Süddeutsche Zeitung (Marten Rolff) berichtet auch über die anfängliche Provokation einer Gruppe "Anti-Deutscher":

Der Friedensaufruf beginnt stürmisch. 15 Aktivisten dringen in den Saal im Berliner DGB-Haus ein, in dem eben die Pressekonferenz zur Großdemonstration gegen den Irak-Krieg am 15.Februar begonnen hat. Die Gruppe nennt sich „Kommando Sir Arthur Harris“ (in Nachkriegsdeutschland eher als „Bomber-Harris“ bekannt), zieht ein Transparent hervor („Kein Frieden für Saddam, kämpfe, altes Europa“) und verliest ein krudes Manifest. Daneben stehen die empörten Veranstalter vom „Aktionsbündnis 15. Februar“ und tun nichts. „Keine Gewalt! Lieber raus gehen“, schreit ein Pax-Christi-Vertreter immer wieder. Es lärmt. Die Gruppe aber bleibt unbeirrbar; so machtlos kann Gewaltfreiheit sein.
Dennoch sehen sich die Friedensaktivisten gestärkt. Es gehe ein Ruck durch die Friedensbewegung wie lange nicht mehr, sagt Laura von Wimmersperg von der Friedenskooperation Berlin. Man hoffe, dass sich ein Krieg noch verhindern lasse. Am nächsten Samstag werde in Berlin „die erstaunlichste Friedensdemonstration seit den achtziger Jahren“ stattfinden, kündigt Aktionsbündnis-Sprecher Peter Strutynski an.
Teilnehmerzahlen nennen die Veranstalter nicht. Doch werde man bereits von mehr als 50 gesellschaftlich relevanten Gruppen unterstützt. Vertreter der Kirchen und Gewerkschaften, Künstler und andere Friedensaktivisten wollen in zwei Demonstrationszügen zur Abschlusskundgebung am Brandenburger Tor marschieren. Verdi-Chef Frank Bsirske und der Theologe Friedrich Schorlemmer sind als Redner angekündigt. Die Berliner OpernIntendanten wollen ihre Häuser für Veranstaltungen zur Verfügung stellen. (...)
Süddeutsche Zeitung, 12.02.2003

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In der jungen Welt gab es einen knappen Bericht von Chefredakteur Arnold Schölzel.

(...) Einige Millionen Menschen würden in Europa und vielen Ländern der Welt, vor allem auch in den USA, am 15. Februar dem Aufruf gegen den Krieg folgen, erklärte Peter Strutynski vom bundesweiten Friedensratschlag Kassel, auf der Pressekonferenz. Es gehe bei den Demonstrationen nicht um Gewissensberuhigung, sondern um »reale Chancen, den Krieg zu verhindern.« Indizien dafür sei u.a., daß die USA sich gezwungen sahen, den UN-Sicherheitsrat einzuschalten, neue europäische Bündnispartner zu gewinnen und den Angriffstermin stetig weiter nach hinten zu verschieben. Die Position der Bundesregierung bezeichnete Strutynski als »hilfreich«, aber ungenügend. Sie agiere »äußerst dilettantisch«, die Bevölkerung brauche aber ebenso wie die derzeitige US-Administration »unzweideutige Signale«. Die Forderungen der Demonstranten an die Bundesregierung seien ein »verbindliches Nein« zum Krieg im UN-Sicherheitsrat, der Rückzug der Bundeswehreinheiten aus der Golfregion, die Rücknahme der Überflugrechte für die USA und keine Beteiligung an AWACS-Einsätzen. Zu dem Einwand, man könne einer Regierung nicht trauen, die völkerrechtswidrige Kriege in Jugoslawien und Afghanistan zu verantworten habe, meinte Strutynski: »Man darf überhaupt keiner Regierung über den Weg trauen.« SPD und Bündnis 90/Die Grünen seien »herzlich willkommen«, vergessen sei aber nichts.
Laura von Wimmersperg (Friedenskoordination Berlin) und Kathrin Vogler (Bund für soziale Verteidigung) hoben hervor, daß die Demonstration am Sonnabend das Ziel habe, die Bewegung langfristig wachsen zu lassen. Die Veranstalter hätten die Hoffnung, daß es nicht bei einem »Strohfeuer« der Proteste wie beim Golfkrieg 1991 bleibe, sondern gesellschaftlich und international aus der Antikriegsbewegung eine Friedensbewegung werde. Langfristig, so Vogel, gehe es um gewaltfreie Abrüstung, vor allem von Massenvernichtungswaffen, nicht nur in armen Staaten, sondern auch in reichen: »Wir werden uns auf Jahre des Protestes einrichten.« Der Liedermacher Reinhard Mey und Peter Meyer von den »Puhdys«, die am Sonnabend auftreten, betonten auf der Pressekonferenz ihr langjähriges Engagement gegen Krieg. (...)
junge welt, 12.02.2003

Auch die Frankfurter Rundschau, die sich auf einen afp-Bericht stützt, hebt den Vorwurf des "Dilettantismus" hervor:

Vertreter der Friedensbewegung haben der Bundesregierung einen unklaren Kurs in der Irak-Politik vorgeworfen. Die ablehnende Haltung Berlins zu einem Krieg sei zwar zu begrüßen, sagte Peter Strutynski vom Bundesweiten Friedensratschlag Kassel am Dienstag in Berlin. Es sei aber festzustellen, "dass die Regierung diese richtige Sache außerordentlich dilettantisch vertritt". Zu einer zentralen Demonstration gegen den drohenden Irak-Krieg im Rahmen eines internationalen Aktionstages werden für Samstag Zehntausende in Berlin erwartet.
Strutynski sagte, die Bevölkerung brauche "unmissverständliche Signale aus Berlin". Auch den USA müsse die deutsche Haltung durch eine "klare Sprache" verdeutlicht werden. Mit Blick auf die Haltung der Bundesregierung sagte er, wer gegen militärisches Eingreifen sei, "muss auch wirklich alles tun, um den Krieg zu verhindern". So müsse es im UN-Sicherheitsrat ein verbindliches Nein zum Irak-Krieg geben - auch im Falle späterer Resolutionen. Zudem solle Deutschland "jede Form der Kriegsbeteiligung" verweigern und seine Kräfte aus Kuwait abziehen. (...)
Frankfurter Rundschau, 12.02.2003

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Die junge Welt beschäftigte sich auch noch in einem Kommentar mit der Friedensbewegung. Autor: Reimar Paul.

(...) Nach Jahren des Niedergangs erlebt die Friedensbewegung, so scheint es, eine Renaissance.
Der Aufschwung kommt unerwartet. Manche Aktivisten verstehen selbst nicht, warum plötzlich so viele Leute den Aufrufen zu Kundgebungen folgen. Die Organisatoren einer Friedensdemonstration in Düsseldorf, zu der sich am 1.Februar rund 7000 Menschen versammelt hatten, nannten die große Teilnehmerzahl hinterher ein »wahres Wunder«.
Dabei ist das Wunder zu erklären. Insbesondere in Deutschland sind die politischen Konstellationen für massenhafte Mobilisierungen – über den Erfolg ist damit noch nichts gesagt – gegen Krieg derzeit so günstig wie lange nicht mehr. Im Irak-Konflikt erscheinen die Fronten und damit die Feindbilder viel klarer als etwa beim NATO-Bombardement gegen Jugoslawien oder im »Kampf gegen den Terrorismus« in Afghanistan. Die USA und Großbritannien, so denken viele, wollen den Irak völkerrechtswidrig angreifen, um sich Öl und Einflußzonen unter den Nagel zu reißen.
Mit den Gewerkschaften und den christlichen Kirchen hat die Friedensbewegung zudem einflußreiche Verbündete. Führende Kirchenvertreter, vom Papst bis zum EKD-Ratsvorsitzenden Manfred Kock, verurteilen den drohenden Krieg mit selten erlebter rhetorischer Schärfe. Auch die Bundesregierung und einen Teil der Medien wähnt die Friedensbewegung dieses Mal auf ihrer Seite.
Dazu kommt Unterstützung vom Netzwerk ATTAC. Die Globalisierungskritiker kündigten kürzlich bei ihrem Bundestreffen in Göttingen an, sich mit aller Kraft gegen den Irak-Krieg zu engagieren. Mit seinen 11000 Mitgliedern und attraktiven Themen gilt ATTAC als mobilisierungs- und kampagnenfähigste außerparlamantarische Organisation in Deutschland.
Gestandene Friedensaktivisten sind allerdings skeptisch, ob die besonderen Bedingungen und Bündnisse nach dem Ende des Irak-Konflikts noch gelten. »Das Problem liegt darin, daß massenhaftes Friedensengagement oft nur dann entsteht, wenn eine sehr große Kriegsgefahr existiert«, sagte der Kasseler Hochschullehrer und Sprecher des »Bundesausschuß Friedensratschlag, Peter Strutynski, am Dienstag der jungen Welt. Insofern erlebe die Friedensbewegung »keine Renaissance, sondern einen vermutlich vorübergehenden Zulauf großer Menschenmassen, die in der Stunde der Gefahr etwas tun wollen«.
Die politische Kunst des Kerns der Friedensbewegung werde es sein, diesen Protest zu stabilisieren und in eine längerfristige politische Strategie einzubinden, hat Strutynski erkannt. Dabei gehe es dann nicht nur um das Engagement gegen einen drohenden Krieg, sondern auch um die Veränderung der bestehenden »Machtungleichgewichte« und sozialen Ungerechtigkeiten in der Welt. »Das heißt, die Friedensbewegung muß sich daran machen, die Ursachen von Krieg und Gewalt in der Gesellschaft und in den zwischenstaatlichen Beziehungen aufzuspüren und zu bekämpfen«.
junge Welt, 12.02.2003

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Die Demonstration in Berlin wird auch in vielen Regionalzeitungen angesprochen, die sich in ihren Berichten häufig auf eine dpa/ddp-Meldung stützen. Z.B. die Ostsee-Zeitung:

Tausende Menschen aus ganz Deutschland wollen bei einem internationalen „Aktionstag für den Frieden“ an diesem Samstag in Berlin gegen einen möglichen Irak-Krieg demonstrieren. „Weltweit werden an diesem Tag Millionen von Kriegsgegnern auf die Straßen gehen“, sagte Mit-Veranstalter Peter Strutynski. In mehr als 40 europäischen Städten und rund 30 weiteren Orten außerhalb Europas seien Friedensmärsche angemeldet worden. Zu den Städten außerhalb der Bundesrepublik gehören unter anderem Rom, London, Paris, Washington und Tokio. In Berlin wird mit weit über 80 000 Teilnehmern gerechnet.
Zu den Veranstaltern gehören verschiedene Organisationen der Friedensbewegung und Gewerkschaften. Kirchen, Parteien und auch Künstler haben wiederholt zur Teilnahme aufgerufen. Bei dem Friedensmarsch wollen erstmals Christen, Muslime und Gläubige anderer Religionen gemeinsam protestieren.
Ostsee-Zeitung, 12.02.2003

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Im nächsten Beitrag geht es um die bundesweite Demonstration aus der Perspektive einer neu konstituierten Friedensgruppe in der Provinz.

WOLFENBÜTTEL. Die nach den Anschlägen vom 11.September 2001 ursprünglich von Schülern des Gymnasiums im Schloss gegründete Wolfenbütteler Friedensinitiative hat sich jüngst neu konstituiert. Der Gruppe gehören Schüler, Studenten sowie Vertreter des Arbeitskreises Frieden-Konkret der St.-Thomas-Gemeinde, von Bündnis90/Die Grünen und der PDS an.
Für Samstag, 15.Februar, ruft die Friedensinitiative zur Teilnahme an der Großdemonstration in Berlin auf. Vom 22.Februar an soll wöchentlich eine "Ständige Mahnwache" zwischen 12 und 13Uhr vor dem Gebäude der Seeliger-Bank in Wolfenbüttel stattfinden. Sollte es zum so genannten "Tag X", dem Beginn des Krieges kommen, ruft die Friedensbewegung weltweit zu Spontandemonstrationen um 18 Uhr auf.
(...) Auch die Kirchengemeinden des Pfarrverbandes Evessen sehen mit "großer Sorge auf die aktuelle weltpolitische Situation und den drohenden Krieg in Irak". Aus diesem Grund findet am Donnerstag, 13.Februar, 18Uhr, ein Friedensgebet in der Evessener Kirche statt.
Gifhorner Rundschau, 12.02.2003

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Die Berliner Morgenpost verknüpfte die Montagsdemo in Berlin mit der Ankündigung der bundesweiten Kundgebung am 15. Februar.

Mehrere hundert Menschen haben am Montagabend gegen einen möglichen Irak-Krieg protestiert. Nach Angaben der Veranstalter demonstrierten etwa 1000 Kriegsgegner gegen die US-Politik. Der Umzug führte von der Humboldt-Universität zum Brandenburger Tor. Nahe der amerikanischen Botschaft wurde "Georg Bush, we will stop you" gesungen. Am nächsten Sonnabend wollen tausende Kriegsgegner aus ganz Deutschland an einem europaweiten "Aktionstag für den Frieden" in Berlin demonstrieren. "Wir gehen von mehr als 100 000 Teilnehmern aus", sagte ein Sprecher der Veranstalter am Montag. Die Zahl der Anmeldungen lasse vermuten, dass es eine der größten Friedens-Demonstrationen der vergangenen Jahre werde. Parallel zu dem Protest in Berlin wird es außerdem in 25 europäischen Städten - unter anderem in Rom, London, Paris, Amsterdam und Wien - sowie in 13 Ländern außerhalb Europas Friedensmärsche geben. Der Demonstrationszug in der deutschen Hauptstadt soll an zwei Orten - am Alexanderplatz und am Breitscheidplatz - beginnen und sich von dort in Richtung Brandenburger Tor in Bewegung setzen. Zur Abschlusskundgebung werden als Redner ver.di-Chef Frank Bsirske sowie der evangelische Theologe und ehemalige DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer erwartet. Zudem wollen die Puhdys, Konstantin Wecker und Reinhard Mey die Forderungen der Kriegsgegner mit Auftritten musikalisch unterstützen. Zu den Veranstaltern der Demonstration gehören verschiedene Organisationen der Friedensbewegung und Gewerkschaften. Kirchen, Parteien und auch Künstler haben wiederholt zur Teilnahme aufgerufen.
Berliner Morgenpost, 12.02.2003

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Ein Blick in die Provinzpresse zeigt, dass es weitere vielfältige Aktivitäten gibt.

Backnang (pm) Im Büro des Bundestagsabgeordneten Christian Lange (SPD) kamen Helga Wilke vom SPD-Ortsverein, Tony Trautwein vom cje sowie Bernd Hecktor und Christel Koksch, beide von der Friedensinitiative Backnang, zu einem friedenspolitischen Gespräch mit dem Abgeordneten zusammen. In einer Pressemitteilung heißt es, die Friedensbewegten seien froh, "dass die Regierung sich gegen einen drohenden Irak-Krieg ausspricht".
Zusammen mit der Haltung Frankreichs sei das eine Ermutigung für die internationale Friedensbewegung. Diese müsse aber, so Hecktor, als Bürgerbewegung darauf achten, dass die Regierung standhaft auf allen Ebenen und in allen Bereichen beim Nein zum Krieg gegen den Irak bleibt. Gefragt sei Kriegsprävention statt Präventivkrieg.
Beide Seiten beklagten, dass Krieg im Bewusstsein der Weltöffentlichkeit als eines von vielen Mitteln der Politik betrachtet wird. Mit Lange war man sich einig, dass ein Krieg auf Kosten der Bevölkerung gehe. Deshalb müsse den Inspektoren mehr Zeit gegeben werden. Lange weiter: Deutschland werde sich zwar an seine Bündnisverpflichtungen halten, an einer Intervention des Irak aber nicht teilnehmen. Lange will sich beim europaweiten Aktionstag gegen den drohenden IrakKrieg am 15. Februar beteiligen. Allerdings nicht in Backnang, da er wegen einer Sitzungswoche des Bundestages in Berlin ist. Er wird sich bei der gleichzeitig stattfindenden Demonstration in Berlin beteiligen.
Backnanger Kreiszeitung, 12.02.2003

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Im süddeutschen Raum merkt man, dass Berlin weit ist. Hier wird zum Teil auf regionale Kundgebungen am 15. Februar orientiert.

Münsingen/Reutlingen. (GEA) Die wachsende Gefahr eines Krieges gegen den Irak lässt auch die Menschen in der Region nicht unberührt. Kirchen, Parteien, Gewerkschaftsbund und andere Organisationen rufen allenthalben zu Mahnwachen oder zur Teilnahme am europaweiten Aktionstag am Samstag, 15. Februar, auf.
Den Anfang haben schon vor Wochen die Kirchen und friedensbewegte Organisationen gemacht. Das Lebenshaus Schwäbische Alb, das auch den Titel »Gemeinschaft für soziale Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie« in seinem Vereinsnamen trägt, veranstaltet seit Ende Januar jeden Montagabend um 18 Uhr eine Mahnwache am Gammertinger Stadtbrunnen. Der Vereinsvorsitzende Michael Schmid sieht diese Aktion im Kleinen als einen Beitrag zur weltweiten Kampagne gegen einen Irak-Krieg an. »Es ist etwas in Gang gekommen, was es in der Geschichte der Völker bisher wohl noch kaum gegeben hat: eine weltweite Friedensbewegung gegen einen drohenden Krieg«, betont er.
»Vor Gott ist jeder Krieg grundsätzlich Unrecht«, haben die Kirchen in Münsingen in der vergangenen Woche öffentlich kund getan. In einer gemeinsamen Pressekonferenz riefen die evangelischen Kirchen, die evangelisch-methodistische Kirche und die katholische Kirche im Dekanat Münsingen zu Kundgebungen gegen den Krieg auf. Die gibt es jeden Montag um 19.15 Uhr in Form von Friedensgebeten, am 17. Februar findet das nächste in der katholischen Kirche statt. Jeden Freitag halten Christen und alle, die gegen die Kriegsvorbereitungen ein Zeichen setzen wollen, um 17 Uhr eine Mahnwache am Münsinger Marktbrunnen.
Zur Teilnahme am europaweiten Aktionstag gegen einen möglichen Krieg im Irak am Samstag, 15. Februar, ruft der neu gegründete Ortsverband »Bündnis 90/Die Grünen Münsinger Alb« auf. »Solange es noch die Möglichkeit gibt, diesen Krieg zu stoppen, sollten wir nicht untätig sein«, betont der Ortsverbands-Vorsitzende Markus Mörike in einer Pressemitteilung.
(...) Mörike hofft, dass sich gemeinsam mit den Grünen von der Alb am Samstagfrüh noch viele Kriegsgegner mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf den Weg nach Stuttgart machen, wo es eine große Demonstration geben wird. (...)
Zur Teilnahme an der regionalen Demo in Stuttgart ruft auch der deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) Region Neckar-Alb auf. (...)
Reutlinger General-Anzeiger, 12.02.2003

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Auch in Ravensburg, so berichtet die Schwäbische Zeitung, soll es am 15. Februar eine Demonstration geben.

Mit einer großen Kundgebung will das Ravensburger Bündnis gegen den Irakkrieg am Samstag, 15. Februar, für den Frieden demonstrieren.
Beginn der Demonstration ist am Samstag um 11 Uhr am Ravensburger Bahnhof. Von dort wird der Demonstrationszug zur Kuppelnau ziehen, wo um 12.30 Uhr eine große Kundgebung geplant ist. Nach Angaben der Veranstalter werden als Redner vertreten sein: Wolfram Frommlet (Publizist), Souad Barbouti (irakische Oppositionelle), Pfarrer Riley Edwards-Raudonat (für die evangelische Gemeinde), Pfarrer Rudolf Hagmann (für die katholische Gemeinde), der Hodscha der islamischen Gemeinde Ravensburg, Ravensburgs Oberbürgermeister Hermann Vogler und Weingartens Oberbürgermeister Gerd Gerber. Buchstäblich in letzter Minute konnte auch Till Bastian, ein Urgestein der Deutschen Friedensbewegung, als Redner verpflichtet werden.
Wie die Veranstalter berichten, wird das Ravensburger Bündnis gegen den Irakkrieg zur Zeit von 28 Gruppen, Vereinen, Gewerkschaften und Parteien getragen. Hinzu kamen seit der Gründung: Amnesty International RV, Arbeitskreis Asyl RV, DGB Region Bodensee-Oberschwaben, Dritte Welt Partner, Eine Welt Gruppe Bodnegg, Freundeskreis Brest, GEW RV, Gesellschaft für christlich-jüdische Begegnung Oberschwaben e.V., Kulturzentrum Linse Weingarten, ÖDP Ravensburg, PDS Oberschwaben, SPD Eschach und Ravensburg sowie der Türkisch-Islamische Kulturverein Ravensburg.
(...) Auch der Ravensburger Schülerrat unterstützt die Friedensdemonstration am Samstag. "Der Vorstand des Ravensburger Schülerrats hat mit einer Gegenstimme beschlossen, die Schülermitverwaltungen aller weiterführenden Schulen aufzufordern, sich an ihren jeweiligen Schulen in geeigneter Weise für eine Teilnahme an der Friedensdemonstration gegen einen drohenden Irak-Krieg am Samstag, 15. Februar, in Ravensburg einzusetzen", heißt es in einer Pressemitteilung des Ravensburger Schülerrats. (...)
Schwäbische Zeitung, 12.02.2003

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Am 10. Februar fand in Leipzig zum wiederholten Mal eine "Montagsdemonstration" gegen den Krieg statt. Diesmal waren mehr als 10.000 Menschen auf den Beinen. Hendrik Lasch berichtete darüber im "Neuen Deutschland".

»Keine Gewalt!« hieß die Losung 1989. Heute heißt das Motto: »Kein Krieg!« Schon 12000 Menschen gehen in Leipzig für den Frieden auf die Straße. Jetzt wird die Route der Montagsdemos wieder belebt.
»Passen Sie auf, dass Sie nicht anstoßen«, sagt Christian Führer. Der Pfarrer in der obligatorischen Jeansweste steht vor dem Altar seiner Nikolaikirche und schaut halb ergriffen, halb besorgt. Das Kirchenschiff ist mit Baugerüsten vollgestellt. Ausgerechnet jetzt, da montags wieder eine Bürgerbewegung in Leipzig einsetzt, deren Teilnehmer zielstrebig in die Nikolaikirche drängen. Dreiviertel fünf sind auch die Emporen rappelvoll. Schülerinnen hocken auf dem Steinfußboden, und noch immer drängen Kirchenbesucher nach. »Das sprengt alle Maßstäbe«, murmelt Führer. Laut mahnt er ins Mikrofon: »Stoßen Sie nicht an!«
Führer selbst kann sich zugute halten, einen Anstoß gegeben zu haben. Seit September hat der Pfarrer in den Friedensgebeten, die seit 20 Jahren jeden Montag in der Nikolaikirche stattfinden, auf einen drohenden Krieg in Irak hingewiesen. Zuerst lauschte nur ein Fähnlein Aufrechter. Kurz vor Weihnachten schrieb er zusammen mit dem Wittenberger Theologen Friedrich Schorlemmer den Aufruf »Kein Krieg – Nicht in unserem Namen!« und lud zu Mahnwachen ein. Am ersten Tag kamen 18 Menschen. Am Montag dieser Woche füllten anderthalb tausend Besucher die Kirche. Zur anschließenden Demonstration kamen 12000 Menschen.
Die Bilder von der überfüllten Kirche und den anschließenden Demonstrationen auf dem Leipziger Ring lassen Erinnerungen an den Herbst 1989 wach werden. Auch damals schwoll die Zahl der Demonstranten von Woche zu Woche an, bis der Volkszorn die Staatsmacht zum Resignieren brachte. Man sei auf alles vorbereitet gewesen, »aber nicht auf Kerzen und Gebete«, sagte ein damals Verantwortlicher. »Keine Gewalt«, lautete in jenem Herbst die Losung – »die Bergpredigt, auf den einfachsten Nenner reduziert«, sagt Führer. Heute werde die biblische Botschaft auf eine leicht variierte Kurzformel gebracht: »Kein Krieg!«
(...) Die Demonstration auf dem Ring wird .. vom Leipziger Friedenszentrum organisiert, einem losen Bündnis, das seit dem Golfkrieg 1991 zu Aktionen aufruft, wann immer die weltpolitische Lage das nötig macht. Man wolle »die Kirchen bei dem Thema nicht allein lassen«, formuliert ein Verantwortlicher diplomatisch. Ähnliche Töne sind von der PDS zu hören, die mehr oder weniger dezent auf ihre Anwesenheit hinweist, nachdem man sich schon bei den Mahnwachen kräftig beteiligte. »Unaufdringlich bleiben, aber Flagge zeigen«, lautet die von Stadtchef Volker Külow ausgegebene Parole. Auch die SPD ist sichtbar vertreten. Vereinnahmen, das bekräftigen alle Beteiligten, will niemand die Demonstration: »Uns eint, dass wir Kriegsgegner sind.«
Dabei laufen selbst Menschen nebeneinander, die sich vor 13 Jahren noch gegenüberstanden. Wenn es um die »Impertinenz der amerikanischen Kapitalisten« gehe, habe er »keine Berührungsängste«, sagt ein älterer Herr vor dem Kirchenportal, der nicht wie ein regelmäßiger Gottesdienstbesucher aussieht. Die Montagstermine in der Nikolaikirche kenne er trotzdem gut, sagt Wolfgang Schramm: Als 1982 die ersten Friedensgebete durchgeführt wurden, leitete er das zuständige Volkspolizei-Kreisamt; später rückte er als Lehrer an einer Polizeischule mit seinen Schülern aus, um die Montagsdemos zu überwachen. Jetzt besucht er mit früheren Kollegen die Friedensgebete. Eine merkwürdige Entwicklung? »Das mit dem lieben Gott geht an mir vorbei«, sagt Schramm: »Aber ich habe Respekt vor klaren Worten, wenn es um den Frieden geht.« (...)
Dass sich die CDU bisher nicht zur Unterstützung für die Friedensdemonstrationen durchringen konnte, stößt auch bei Winfried Helbig vom Friedenszentrum auf Kritik. Er verweist auf den Streit um die Paulinerkirche. Das Votum der CDU-Landesregierung für einen Wiederaufbau der einstigen Leipziger Universitätskirche sei damit begründet worden, dass die Sprengung im Jahr 1968 ein »barbarischer Akt« gewesen sei. »Ein Krieg ist auch ein barbarischer Akt«, sagt Helbig: »Wir fordern daher auch diese Partei auf, sich für die Verhinderung des Krieges einzusetzen.« (...)
ND, 12.02.03

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Über dieselbe Demonstration noch ein etwas anderer Artikel aus der "Welt" (Autor: Uwe Müller).

Leipzig - Es ist fast so wie früher. Um 17 Uhr ist die Nikolaikirche in der Leipziger Innenstadt so brechend voll, dass die Menschen gedrängt im Mittelgang stehen müssen. Für diejenigen, die keinen Platz gefunden haben, wird das Friedensgebet per Lautsprecher nach außen übertragen. Eine knappe Stunde später setzt sich ein mächtiger Protestzug in Bewegung. Leipzig hat die Montagsdemonstrationen des heißen Wendeherbstes 1989 wieder entdeckt.
Doch anders als damals wird nicht mutig einem autoritären Regime die Stirn geboten. Der Unmut richtet sich nun gegen eine militärische und politische Macht, von der Pfarrer Christian Führer glaubt, dass sie vor dem Abgrund steht. „Wann endlich kommen Bush und Rumsfeld zur Besinnung?“, ruft die einstige Galionsfigur der friedlichen Revolution der versammelten Gemeinde zu. Den stärksten Beifall von den Versammelten freilich erntet er für seine Lobpreisung der Berliner Regierung.
Ausgerechnet das „unfromme Rot-Grün“ vertrete in der Irak-Frage, so Führer, „konsequent und eindeutig die christliche Position eines klaren Neins.“ Hingegen stehe die Partei mit dem C im Namen für Unterordnung unter Amerika. „Hier ist etwas völlig schief gegangen“, sagt der Kirchenmann und trifft damit offenkundig die Stimmungslage einer Mehrheit in der Stadt. Leipzig schickt sich in diesen Tagen an, das Zentrum des deutschen Pazifismus zu werden.
Wie viele Versuche gab es in den letzten 13 Jahren, die Tradition der Montagsdemo zu beleben? (...) Nun sind es sowohl nach Angaben der Ordnungskräfte wie der Veranstalter bereits mehr als 10 000 Demonstranten. Der Zulauf macht den Organisatoren Mut. Am nächsten Montag wollen sie sogar die große Runde um den die City umgebenden Promenadenring einschlagen.
Jene Route – entlang am Hauptbahnhof, der Stasi-Zentrale „Runde Ecke“ und dem Neuen Rathaus hin zum Augustusplatz – wählten am 9. Oktober 1989 die 70 000 Demonstranten, die den Anfang vom Ende der DDR besiegelten. Im Vergleich zu den Ereignissen von vor 13 Jahren ist der Ton rauer geworden. „Bush nach Den Haag“, „Massenmord für Öl? Nein. Yankees go home!“ oder „USA! Before you kill, take a look at yourself“, steht auf den Transparenten, die aus der unüberschaubaren Masse emporragen.
Im Osten, wo die Propaganda gegen die imperialistische Macht USA Staatsdoktrin war, regen solche antiamerikanischen Ressentiments kaum jemand auf. Die neue Welt erinnert Führer an die alten Babylonier und ihren gotteslästerlichen Turmbau zu Babel. In der Nikolaikirche klingt hingegen bezüglich des Regimes von Saddam Hussein, der sich selbst in der Tradition des babylonischen Herrschers Nebukadnezar wähnt, nur ein einziges Mal milde Kritik an. Die Rede ist von „Machenschaften“. Kein Wort davon, dass im Irak Kleinkindern die Knochen gebrochen werden, um Geständnisse von Müttern zu erzwingen; dass Schergen ihre Delinquenten in Säure gefüllte Kessel tauchen, um deren Willen zu brechen; dass auch der Giftgaseinsatz gegen die eigene Bevölkerung zum Repertoire der Bagdader Machthaber gehört.
Die Welt, 12.022003


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