Dieser Internet-Auftritt kann nach dem Tod des Webmasters, Peter Strutynski, bis auf Weiteres nicht aktualisiert werden. Er steht jedoch weiterhin als Archiv mit Beiträgen aus den Jahren 1996 – 2015 zur Verfügung.

November 2002

Friedensbewegung in den Medien

Am Ende des Monats wollen wir noch ein Beispiel dafür geben, dass es auch auf lokaler Ebene hin und wieder gelingen kann, Themen der "großen Politik" in die Lokalzeitungen zu bringen. In der Braunschweiger Zeitung (gleichzeitig Zeitung für Gifhorn, Salzgitter und Wolfsburg) berichtete Katrin Teschner unter der Überschrift "Es besteht ein Rückfall in alte Denkmuster" am 30. November u.a.:

... Hieß es zunächst, dass sich die Deutschen nicht an einem Militärschlag gegen den Irak beteiligen würden, ist nun der Einsatz der in Kuwait stationierten deutschen "Fuchs"-Spürpanzer in der Diskussion. "Schröder wandelt die Ablehnung des Kriegs in aktive Unterstützung um", fürchtet Dr. Helmut Käss, Vorstandsmitglied der Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) und wirft dem Regierungschef – wie die Opposition – "Wahlbetrug" vor. Die Mehrheit der Deutschen sei schließlich gegen einen Krieg gegen den Irak – aufgrund ihrer ablehnenden Haltung hätte die Regierung bei der Wahl entscheidende Punkte bekommen.
Als Konsequenz aus der jüngsten Diskussion fordern Käss, Sigrid Probst, Corinna Senftleben und Frieder Schöbel vom Braunschweiger Friedensbündnis eine noch heftigere Kritik an den USA. Die Vereinigten Staaten hielten weiter an ihrem Ziel fest, einen Irak-Krieg notfalls im Alleingang zu führen, warnen sie und stützen sich dabei unter anderem auf Äußerungen Scott Ritters, ehemals Leiter von Waffeninspektionen der UNSCOM im Irak, der es für möglich hält, dass ein Krieg noch im Dezember beginnt. Dabei wären die Folgen fatal – wie eine IPPNW-Studie ergeben habe.
(...)
Als Gegengewicht zu den USA müssten die Europäer eine eigene Position entwickeln– politisch, wirtschaftlich und auch militärisch, fordert das Friedensbündnis. Statt einer Mitgliedschaft in der Nato, die von den USA dominiert werde, plädieren die Mitglieder für den Aufbau einer europäischen Einsatztruppe und eine diplomatische Lösung auf Basis der Beschlüsse der UN. "Europa ist durch Freiwilligkeit, Kooperation und Friedlichkeit stark geworden", betont Käss. "Doch momentan besteht in der Außenpolitik ein Rückfall in alte Denkmuster."
Aus: Braunschweiger Zeitung, 30.11.2002

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Am 29. November berichtete das Neue Deutschland über die Aktion des gewerkschaftlichen Netzwerks gegen den Krieg (Autor: Peter Nowak) u.a.:

... Anders als in vielen europäischen Nachbarländern war der Anteil der aktiven Gewerkschaftler, die im Kampf gegen den Krieg aktiv waren, in Deutschland bisher gering.
Das könnte sich in Zukunft ändern. Ein »gewerkschaftliches Netzwerk gegen den Krieg« mit Sitz im Gewerkschaftshaus von Frankfurt (Main) hat innerhalb kurzer Zeit rund 1300 Unterschriften unter einem Text gesammelt, der für eine Wende zu einer antimilitaristische Politik Partei ergreift. Statt weiterhin Millionen und Abermillionen für Rüstungsprojekte zu verschwenden, sollen die Gelder für soziale Projekte verwendet werden, wird eine populäre Parole der alten Friedensbewegung in den 80er Jahren aufgegriffen. Kein Wunder, unter den Unterzeichnern befinden sich neben Betriebsräten, gewerkschaftlichen Vertrauensleuten und Gewerkschaftssekretären auch viele Aktivisten aus der Antikriegsbewegung der BRD. Schwerpunkt des Aufrufs ist aus aktuellen Gründen der Widerstand gegen einen Irakkrieg. Die Bundesregierung wird aufgefordert, ihre gewachsene Rolle in der Weltpolitik zu nutzen, um zur Deeskalation beizutragen und sich für die Stärkung völkerrechtlicher Regelungen einzusetzen. Konsequenterweise wird in dem Aufruf jegliche Beteiligung deutscher Soldaten am so genannten Anti-Terror-Kampf abgelehnt. Auch Spürpanzer in Kuweit wären demnach sofort abzuziehen. Statt militärischer Gewalt setzten sich die Unterzeichner des Aufrufs für zivile Konfliktlösungen ein und berufen sich dabei ausdrücklich auf das gültige Programm des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).
Der Aufruf ist auch eine Kritik an der Politik der DGB-Führung. So vermisst die gewerkschaftliche Friedensinitiative in den Wahlprüfsteinen, die der DGB-Vorstand vor den Bundestagswahlen an alle Parteien geschickt hat, eine Erwähnung des Themas Krieg und Frieden. Auch in allen Erklärungen nach den Bundestagswahlen blieb es ausgespart. Das ist nicht verwunderlich, wenn man die Nähe der DGB-Führung zur SPD kennt. Der gewerkschaftlichen Initiative allerdings geht es nicht um parteipolitische Rücksichtnahmen. »Wir wünschen uns eine kämpferische Gewerkschaft sowohl in sozialen Fragen als auch in dem Widerstand gegen jede Kriegspolitik«, erklärte ein Sprecher. Die Resonanz ist groß. Wenn sich der Konflikt um Irak zuspitzt, könnte die Unterstützung noch wachsen. Aus: Neues Deutschland, 30.11.2002

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In der "jungen Welt" vom 28. November berichtet Thomas Klein über eine starke Zunahme der militärischen Luftbewegungen am Rhein-Main-Flughafen. Ab 1. Dezember soll es noch einmal rund gehen. Der Artikel ("Neues Ziel Katar?") beginnt mit einem Rückgriff auf eine Presseerklärung des Friedensratschlags vom 24.11.02. Auszüge aus dem Artikel:

Ab 1. Dezember sollen sich Kriegsvorbereitung und Transportflüge der US-Truppen verstärken Einen Roßtäuschertrick nennt der Bundesausschuß Friedensratschlag die Ankündigung der Bundesregierung, es werde von seiten der Bundesrepublik keine Beteiligung an einem Irak-Krieg geben – genauer gesagt keine »aktive« Beteiligung. Die Äußerung des parlamentarischen Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, Hans Georg Wagner, die in Kuwait stationierten ABC-Spürpanzer »Fuchs« würden bei einem möglichen Angriff auf das US-Lager eingesetzt, bedeute ein Abrücken von den im Wahlkampf gemachten Versprechungen. Bereits in den letzten Tagen hatte die Bundesregierung angekündigt, dem US-Militär die Nutzungsrechte ihrer US-Basen in Deutschland nicht beschneiden zu wollen.
»Mit der Aufgabe ihrer Anti-Irakkriegs-Haltung verliert die Bundesregierung das letzte Pfund, mit dem sie noch im Wahlkampf gewuchert hat«, erklärte am Sonntag Peter Strutynski, Sprecher des Friedensratschlags. Hier handele es sich um einen weiteren Wahlbetrug, um einen mit Kriegsfolgen. ...

Aus: junge Welt, 28.11.2002

Am 27. November erschien ein weiterer Artikel im "Neuen Deutschland" über die Friedensbewegung. Er war etwas eigenartig und provozierte einen Leserbrief, den wir ebenfalls dokumentieren (auch wenn er nicht abgedruckt werden sollte*).

Irak-Krise
Rot-grüner Wahlbetrug mit Kriegsfolgen

Die deutsche Friedensbewegung nimmt die Bundesregierung beim Wort – immer noch


Von Tom Strohschneider

Die Beschlüsse der NATO-Staaten auf ihrem Gipfel in Prag haben zu heftiger Kritik der Friedensbewegung geführt – und zugleich gezeigt, dass die deutschen Antikriegsorganisationen auf einsamem Posten stehen.

Die Prager Gipfel-Beschlüsse, bilanzierte die Deutsche Friedensgesellschaft-Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) resigniert, hätten gezeigt, »dass eine friedliche Welt mit der NATO nicht zu haben ist und von dieser offenbar gar nicht gewollt wird«. Anlass zur äußersten Besorgnis meinte auch der Bundesausschuss Friedensratschlag zu erkennen. Immerhin würden die in Tschechiens Hauptstadt beschlossenen neuen NATO-Aufgaben den Rahmen der bisherigen Allianz vollkommen sprengen; aus einem Verteidigungsbündnis sei ein Eingriffsbündnis geworden.

Die Angriffstruppe der NATO sei, so die DFG-VK, eine »Kriegserklärung an den Rest der Welt«. Der nicht erst nach dem 11.September eingeschlagene Kurs des nordatlantischen Bündnisses durfte allerdings ebenso wenig überrascht haben, wie dessen deutsche Unterstützung und die Zustimmung von Rot-Grün zur Prager NATO-Erklärung zum Irak. Auf die von Bundeskanzler Gerhard Schröder und dem grünen Außenminister Joseph Fischer vorgetragene Antikriegsrhetorik hatte die Friedensbewegung genau deshalb im Herbst mit einem »Wir glauben Euch noch nicht« reagiert. Aller Skepsis zum Trotz steuert Rot-Grün nun aber dennoch auf einen neuen Krieg zu.

Für die Friedensbewegung könnte sich nun als Problem erweisen, dass man Schröders Kriegs-Widerstand allzu ernst genommen hat. Zwar waren Anfang September, also vor der Bundestagswahl, einer Spiegel-Umfrage zufolge mehr als 90Prozent der befragten Deutschen gegen einen Irak-Krieg. Knapp 60Prozent wollten in Schröders Reden jedoch allenfalls Wahlkampftaktik erkennen. Nichtsdestotrotz setzte die Friedensbewegung ihre Appelle in Richtung Bundesregierung fort, ja nur nicht die eigenen Wahlversprechen zu brechen. Die Mehrheit auch der einem Militäreinsatz kritisch eingestellten Bevölkerung hatte sich da offenbar längst von jeder rot-grünen Friedensillusion verabschiedet. Bei dem weltweiten Aktionstag gegen einen Irak-Krieg im Oktober bildete die Bundesrepublik denn auch das Mobilisierungs-Schlusslicht. Gegen einen ohnehin nicht mehr zu verhindernden Krieg mit deutscher Beteiligung, so schien es, wollten nur noch wenige auf die Straße gehen.

Das Antikriegs-Engagement geht dennoch weiter – zu Recht, auch wenn manche Initiative vom Tempo der unmittelbaren Kriegsvorbereitungen eingeholt wird. So forderte ein Ende vergangener Woche im »Freitag« veröffentlichter Aufruf von mehr als 60 Kriegsgegnern die Bundesregierung noch auf, im Kriegsfalle die US-Militärbasen zu schließen und Überflugrechte für Kampfflugzeuge zu verweigern. Doch kaum war die entsprechende Ausgabe der Wochenzeitung in Druck gegangen, hatte Schröder erstmals unmissverständlich erklärt, »die Bewegungsmöglichkeiten unserer Freunde« nicht einzuschränken. Auch die Initiative Kirche von unten (IKvu) – ein ökumenisches Netzwerk von 37 Basisgemeinden – forderte die Bundesregierung in dieser Woche auf, »wirksamer als bisher« den US-Kriegsvorbereitungen entgegenzutreten.

Wirksamer als bisher? Der Bundesausschuss Friedensratschlag sieht die Bundesregierung inzwischen »wieder da, wo sie beim Jugoslawienkrieg« schon einmal war und nannte die Abkehr von der Anti-Kriegs-Haltung einen »Wahlbetrug mit Kriegsfolgen«. Nun soll die Basis der Regierungsparteien Druck auf ihre Führungen ausüben, »damit die Bundesregierung wieder zur Besinnung kommt«. Der DFG-VK geht es dagegen weniger um den Geisteszustand der Regierenden als um konkrete Schritte hin zu Abrüstung und nichtmilitärischer Konfliktbewältigung.

Im Hinblick auf eine geplante Friedens-Großkundgebung am 15. Februar 2003 in Berlin möglicherweise ein sinnvollerer Weg, als Rot-Grün weiter an Wahlversprechen zu erinnern, deren Einhaltung nie auf der Tagesordnung gestanden hat.

Aus: ND, 27.11.02

Leserbrief
Welcher Teufel mag wohl Herrn Strohschneider geritten haben, der Friedensbewegung just in dem Augenblick eins reinzuwürgen, wo sie versucht, ihren Widerstand gegen den Irak-Krieg zu verstärken und dabei auch die Bundesregierung ins Visier zu nehmen. So deppert sind wir doch nicht, dass wir nicht auch wüssten, welchen Wert die Friedensbeteuerungen der Regierungskoalition im Wahlkampf gehabt haben. Dass wir gleichwohl an Wahlversprechen erinnern, ist nicht nur unser gutes Recht, sondern ich meine auch eine Notwendigkeit angesichts der notorischen Vergesslichkeit des Wahlvolks. - Ärgerlicher aber ist der Vorwurf an die Friedensbewegung, sie kämpfe weiter gegen einen "ohnehin nicht mehr zu verhindernden Krieg". Ja wie? Im Pentagon wird ein Krieg beschlossen - also wird er auch sein? Läuft so die Geschichte ab? Dann braucht es wirklich keine Friedensbewegung mehr, dann braucht es irgendwann auch keine kritische Presse mehr, Herr Strohschneider! Wer sich dieser vermeintlichen Zwangsläufigkeit der Geschichte nicht unterwerfen mag, kämpft weiter und versucht sich einem Krieg zu widersetzen, so wie es unsere amerikanischen (Friedens-)Freunde unter der Losung tun: "Stop the war before it starts!" Und die Friedensbewegung hat viel mehr anzubieten als den Wunsch, die Regierung solle wieder zur "Besinnung" kommen. Die zentralen Forderungen lauten, die Verbände aus Kuwait und die Marine aus der Golfregion abzuziehen und den USA und Großbritannien den deutschen Luftraum für Kriegsflüge und die Nutzung der Militärstützpunkte auf deutschem Boden zu verweigern. Das Dumme ist, dass dies nur die Bundesregierung tun kann. Also muss auch der Druck auf sie erhöht werden.
Dr.Peter Strutynski, Kassel
* Zumindest der zweite Teil des Leserbriefs wurde am 29.11.2002 im ND abgedruckt.

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"Erneuter Wortbruch" der Bundesregierung

Das Wochenende vom 23./24. November hatte es in sich, was den Eiertanz der rot-grünen Koalition in Sachen Beihilfe zum Krieg gegen Irak betrifft. Die deutsche Presseagentur dpa verfasste eine größere Meldung über die zum Teil sich widersprechenden Verlautbarungen aus dem Regierungslager. Viele Zeitungen griffen darauf zurück und titelten am 25. November: "Bundesregierung schließt Panzer-Einsatz in Kuwait nicht aus". Immerhin wurde auch eine Stellungnahme aus der Friedensbewegung erwähnt - ganz am Ende der Meldung und noch dazu fast in einem Atemzug mit FDP-Gerhardt, aber man kann sich die Nachbarschaft nicht immer aussuchen!
Wir dokumentieren im Folgenden Ausschnitte aus einem Artikel aus der Leipziger Volkszeitung - die anderen Zeitungen brachten fast wortgleiche Meldungen. Andere Zeitungen hingegen wie die Frankfurter Rundschau oder die Süddeutsche Zeitung ließen die Passage mit der Friedensbewegung unter den Tisch fallen.
Die taz (auch sie versagte sich zunächst einen Hinweis auf die Friedensbewegung, sondern legte erst einen Tag später nach, siehe unten) zitierte den CSU-Politiker Goppel mit folgenden Worten: "Generalsekretär Thomas Goppel will sogar eine außerparlamentarische Opposition unterstützen: `Wenn der enttäuschte Bürger auf die Straße geht, gehören wir an seine Seite.´" Recht so, Herr Goppel! Wir dürfen aber sicher sein, dass er das gar nicht so gemeint hat. Jedenfalls wird ihn die Friedensbewegung bei ihren Aktionen gegen die "aktive" oder "passive" Beihilfe der Bundesregierung zum Irak-Krieg nicht zu Gesicht bekommen - und mit Sicherheit auch nicht vermissen.
Immerhin: Dass es heftigen Widerspruch aus der Friedensbewegung gegen den Kriegskurs der Bundesregierung gibt, konnten am 25. November die Leserinnen und Leser zumindest folgender Zeitungen erfahren: Augsburger Allgemeine, Fuldaer Zeitung, Gifhorner Rundschau, Goslarsche Zeitung, Harke (Nienburg), Heidenheimer Presse, Heilbronner Stimme, Iserlohner Kreisanzeiger, Leipziger Volkszeitung, Märkische Allgemeine, Neue Westfälische, Neues Deutschland, Thüringer Allgemeine, Trierischer Volksfreund, Walsroder Zeitung, Westdeutsche Zeitung.


Bundesregierung schließt Panzer-Einsatz in Kuwait nicht aus

... Bei einem irakischen Angriff auf das US-Lager in Kuwait «kommen unsere Kräfte selbstverständlich zum Einsatz», sagte der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Hans Georg Wagner (SPD). In dem Lager sind wegen des Anti-Terror-Kampfes 52 deutsche Soldaten mit «Fuchs»-Panzern stationiert. Rot-Grün hat bisher immer betont, Deutschland werde sich militärisch an einem Irak-Krieg nicht beteiligen.
Über den möglichen Notfalleinsatz deutscher Soldaten zeichnet sich ein neuer Koalitionsstreit ab. Grünen-Vizefraktionschef Hans-Christian Ströbele lehnte jede Hilfeleistung an die USA durch die «Fuchs»-Panzer ab. Der in Berlin erscheinenden «Tageszeitung» (Montag) sagte er, auch mit Nothilfe lasse sich eine Unterstützung der USA nicht rechtfertigen. «Wenn man sich selber in Not bringt, indem man einen Krieg anfängt, dann ist das keine Nothilfe.»
...
Struck hatte vor der Bundestagswahl angekündigt, im Falle eines Irak-Krieges würden die Spürpanzer zur Abwehr von atomaren, biologischen und chemischen Kampfstoffen aus Kuwait abgezogen. Nach der Wahl relativierte er dies. ... Struck wies einen Bericht der «Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung» («FAS») zurück, wonach die USA die Bundesregierung um Flugabwehr-Raketen für einen eventuellen Krieg gegen den Irak gebeten haben. «Diese Meldung ist falsch», sagte er in der ZDF-Sendung «halb 12». Das Blatt hatte unter Berufung auf Regierungsbeamte in Berlin berichtet, die Bundesregierung solle auf Bitten der USA Raketen vom Typ «Patriot» zur Verfügung stellen.
Struck betonte, es bleibe beim klaren Nein zu einer deutschen Beteiligung an militärischen Maßnahmen gegen den Irak. Die deutschen Soldaten in Kuwait seien ausschließlich im Rahmen der Bekämpfung des internationalen Terrorismus («Enduring Freedom») eingesetzt. ... Laut Struck soll das deutsche Kontingent in Kuwait nicht verstärkt werden.
FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt nannte die rot-grüne Irak- Politik eine Blamage für Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Für die Friedensbewegung warf der Bundesausschuss Friedensratschlag der Bundesregierung «neuerlichen Wortbruch» vor.

Aus: Leipziger Volkszeitung, 25.11.2002

Einen Tag später erschien in der taz ein Artikel von Lukas Wallraff (Titel: "Die US-Wunschliste bleibt geheim") in dem auch auf den Vorwurf der Friedensbewegung eingegangen wird, die Bundesregierung betreibe "Wahlbetrug". Ausschnitte:

Wahlbetrug will sich Rot-Grün nicht vorwerfen lassen - schon gar nicht bei der hoch emotionalen Frage von Krieg und Frieden. Bei dem klaren Nein von Kanzler Gerhard Schröder (SPD) aus Wahlkampfzeiten zu einer deutschen Mitwirkung an einem möglichen Irakkrieg soll es bleiben. Dies stellte der stellvertretende Regierungssprecher Hans-Hermann Langguth gestern nochmals klar. Eine "aktive militärische Beteiligung" der Bundeswehr werde es nicht geben.
... In den kommenden Wochen dürfte vor allem die Frage erörtert werden, was das Wörtchen "aktiv" bedeutet. Dürfen deutsche Spürpanzerbesatzungen in Kuwait den USA helfen oder setzt sich der grüne Fraktionsvize Christian Ströbele durch, der im Falle eines Angriffs auf den Irak sogar "Nothilfe" für die USA ablehnt?
Sprecher der Friedensbewegung haben einen möglichen Einsatz der in Kuwait stationierten deutschen "Fuchs"-Spürpanzer gestern bereits als "Wahlbetrug mit Kriegsfolgen" bezeichnet. Die Sprachregelung, man werde sich "nicht aktiv" am Krieg beteiligen, sei ein "durchsichtiger Rosstäuschertrick", teilte der Bundesausschuss Friedensratschlag in Kassel mit. Das von Rot-Grün versprochene "Nein" zum Irakkrieg gelte offensichtlich nicht mehr. Dem widersprach Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) energisch. Struck versichterte gestern, die sechs in Kuwait stationierten ABC-Spürpanzer würden ausschließlich im Rahmen der Mission "Enduring Freedom" zum Kampf gegen den internationalen Terrorismus eingesetzt. Doch dann kam eine Einschränkung: Im Falle eines Angriffs des Iraks auf Kuwait mit chemischen oder biologischen Waffen, so Struck, würden die Panzer mit ihren Messlaboren "vor Ort aktiv" werden.
...
Welche Art von Unterstützung sich die USA erwarten, bleibt unklar, seit die Existenz einer amerikanischen Wunschliste bekannt wurde. "Wir wollen Klarheit", forderte CDU-Chefin Angela Merkel. Doch nur die angebliche Anfrage nach deutschen Flugabwehrraketen wurde erneut dementiert. Regierungssprecher Langguth erklärte, "dass die Bundesregierung nicht beabsichtigt, sich zu Einzelheiten der Anfrage zu äußern". Die Wünsche der USA seien "wenig spezifiziert und zum Teil noch konkretisierungsbedürftig".
So bleibt es auch das Geheimnis des grünen Verteidigungspolitikers Winfried Nachtwei, was genau er meinte, als er gestern im Südwestfunk sagte: "Sicherlich könnten wir bei einer existenzbedrohenden Gefahr für Israel nicht einfach zusehen."
Aus: taz vom 26.11.2002

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Zum Prager NATO-Gipfel (21. und 22. November 2002) hat sich natürlich auch die Friedensbewegung hier zu Lande geäußert. Dies fand - wie so oft - nur mäßigen Niederschlag in den Medien. Ein Auszug:

Friedensbewegung
Nato-Eingreiftruppe völkerrechtswidrig genannt

KASSEL, 22. November (dpa). Die deutsche Friedensbewegung hält die auf dem Nato-Gipfel in Prag beschlossene Gründung einer Nato-Eingreiftruppe für "völkerrechtlich, verfassungsrechtlich und politisch unhaltbar". Mit den Plänen verstoße die Allianz gegen den Nordatlantikvertrag von 1949, in dem die Nato "eindeutig und ausschließlich" als Verteidigungsbündnis konzipiert wurde, erklärte der Bundesausschuss Friedensratschlag am Freitag in Kassel.
Die Elitetruppe solle nach den beim Prager Nato-Gipfel beschlossenen aktuellen Plänen dagegen für präventive Angriffskriege eingesetzt werden, kritisierte der Friedensratschlag. Die Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen kommentierte, die Prager Beschlüsse zeigten, "dass eine friedliche Welt mit der Nato nicht zu haben ist und von dieser offenbar gar nicht gewollt wird".
Aus: Frankfurter Rundschau, 23.11.2002

Das Neue Deutschland berichtete im Aufmacher auf der ersten Seite u.a.:

Bundeskanzler Gerhard Schröder machte am Freitag nach dem NATO-Gipfel in Prag deutlich, dass der Luftraum über der BRD für US-Flugzeuge offen bleibe und die USA ihre Stützpunkte im Bundesgebiet bei einer Militäraktion nutzen könnten. »Wir haben nicht vor, die Bewegungsmöglichkeiten unserer Freunde einzuschränken«, sagte Schröder. Er verwies auf NATO-Statut und Stationierungsverträge, an die Deutschland gebunden sei. Die Bundesregierung hatte Anfang der Woche eine Anfrage aus den USA zur Unterstützung im Falle eines Krieges gegen Irak erhalten. Schröder erklärte, das Ersuchen werde sorgfältig geprüft. ...
Unterdessen hält die deutsche Friedensbewegung die auf dem Gipfel beschlossene Gründung einer NATO-Eingreiftruppe für »völkerrechtlich, verfassungsrechtlich und politisch unhaltbar«. Mit den Plänen verstoße die Allianz gegen den Nordatlantikvertrag von 1949, in dem die NATO »eindeutig und ausschließlich« als Verteidigungsbündnis konzipiert wurde, erklärte der Bundesausschuss Friedensratschlag. Die Elitetruppe solle dagegen für präventive Angriffskriege eingesetzt werden. Die Truppe aus voraussichtlich 21 000 Soldaten soll bis Oktober 2004 eine erste Einsatzbereitschaft erreichen. ... Die NATO selbst will ihren so genannten Anti-Terror-Kampf auf eine breite Basis stellen und ihre Beziehungen zu Russland noch enger gestalten. Diesem Ziel dienten am Freitag mehrere Treffen auf dem NATO-Gipfel ...
Bei Protesten gab es – entgegen Vorhersagen der Medien – keine Ausschreitungen von Pakt-Gegnern. Tausende zogen friedlich durch die Stadt.
Aus: ND, 23.11.2002

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Friedensdemonstration in Brüssel

Rund 10.000 Menschen haben am Sonntag, den 17. November, in Brüssel gegen einen möglichen Angriff der USA gegen den Irak protestiert. Wie das belgische Radio berichtete, kritisierten die Demonstanten auch die israelische Regierungspolitik.
Die belgischen Sozialisten hatten den USA in einer Streitschrift vorgworfen, zu einem Krieg gegen Irak bereit zu sein, ob mit oder ohne Unterstützung der Vereinten Nationen. Die Demonstranten forderten, dass Europa sich nicht an einem möglichen Militärschlag gegen den Irak beteiligen solle.
Der zweistündige Marsch durch Brüssel verlief nach Angaben der Polizei ohne Zwischenfälle. Zu der Kundgebung hatten 135 Organisationen aufgerufen, darunter Gewerkschaften und die Friedensbewegung. Die Polizei sprach von 6.500 Teilnehmern.
www.news.ch, 17.11.2002

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Am 15. November: Artikel in der Frankfurter Rundschau und in der jungen Welt: bereits ab 14. November bei ngo-online

Während die bewegungsorientierte Internetzeitung "www.ngo-online" (bereits am 14.11.) und die junge Welt am 15. November, also passend zur Bundestagssitzung über die Verlängerung des Mandats "Enduring Freedom", fast wortgetreu eine entsprechende Presseerklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag veröffentlichten, griff die Frankfurter Rundschau auf ihrer Dokumentationsseite im Feuilleton auf eine Presseerklärung des Friedensratschlags zurück, die schon ein paar Tage alt ist und sich mit der Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrats befasste (siehe: "Kriegsgefahr nicht gebannt" - "Großer Spielraum für Interpretationen"). Dankenswerterweise hat die FR, soweit uns bekannt ist, als erste deutsche Tageszeitung auf dieser Seite auch die UN-Resolution im vollen Wortlaut abgedruckt - in einer deutschen Übersetzung, die allerdings nicht, wie behauptet, von der AG Friedensforschung an der Uni Kassel besorgt wurde (wir wollen uns nicht mit fremden Federn schmücken), sondern von einem UNO-Übersetzungsdienst.

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IPPNW-Studie zu den Folgen des Krieges

Am 13. November berichtete die Frankfurter Rundschau in einem Artikel über die neueste Entwicklung im Irak in einem Absatz auch über eine von der IPPNW herausgegebene Presseerklärung:
"Die internationale Ärzteorganisation IPPNW warnte vor den 'verheerenden' Folgen eines Irak-Krieges. IPPNW legte eine Studie vor, der zufolge bei einem konventionellen Angriff mit bis zu 260.000 Toten gerechnet werden müsse. Beim Ausbruch eines Bürgerkrieges und dem Einsatz von Atomwaffen könnten bis zu 3,9 Millionen Menschen ihr Leben verlieren. Auch drohten weitreichende Umweltschäden."
Aus: FR, 13. November 2002 (Artikel ""Iraks Parlament legt sich quer")

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Kriegsgefahr nicht gebannt

Friedensgruppen warnen vor Folgen der Irak-Resolution des UN-Sicherheitsrates. Weitere Aktionen


Rüdiger Göbel

Die einstimmige Verabschiedung der UN-Sicherheitsratsresolution 1441 ist nicht geeignet, den von US-Präsident George W. Bush forcierten Waffengang am Golf zu verhindern - im Gegenteil, neben der anhaltenden Kriegsgefahr hat sie den Vereinten Nationen schweren Schaden zugefügt. Zu dieser Schlußfolgerung kommen Gruppen der Friedensbewegung. Die Bundesregierung, bisher ebenfalls strikter Gegner eines neuerlichen Golfkrieges, begrüßte die Entschließung vom vergangenen Freitag. Dabei enthält die Irak-Resolution - in leicht abgeschwächter Form - die wesentlichen von Washington geforderten Elemente zur Kriegsermächtigung, insbesondere die Androhung "ernster Konsequenzen" für Bagdad bei "Verletzung seiner Pflichten".

Die Entscheidung des UN-Sicherheitsrates vom 8. November "markiert das Ende der Vereinten Nationen als Organ, das einmal zur friedlichen Lösung von Konflikten basierend auf dem Respekt staatlicher Souveränität und der territorialen Integrität seiner Mitgliedsstaaten geschaffen wurde", schlußfolgerte die britische Gruppe CANA (Christians Against NATO Aggression). Irak habe keine andere Wahl als diese "neue Form von Kolonialismus" zu akzeptieren. Doch selbst die Annahme des Diktats werde Irak nicht vor massiven Bombardements schützen.

Die deutsche Antikriegsbewegung äußerte sich bis dato vorsichtiger. Die Protagonisten der Resolution 1441, die USA und Großbritannien, "verfolgen offenbar andere Ziele als die übrigen Mitglieder des Sicherheitsrats", erklärte der Bundesausschuß Friedensratschlag nach einer Beratung am Sonntag. Washington und London seien bestrebt gewesen, eine Resolution zu erhalten, die ihnen die Möglichkeit gibt, im Falle irgendeiner tatsächlichen oder vermeintlichen Behinderung der Waffeninspektionen im Irak militärisch zu antworten. Diesem "Kriegsautomatismus" wollten insbesondere Frankreich und Rußland nicht folgen und haben daher die USA zur Abschwächung des ursprünglichen Resolutionsentwurfs gezwungen. Die nun einstimmig angenommene Resolution scheine beiden Seiten Recht zu geben: Die USA bewerten sie als hart genug, um im Fall einer - auch nur geringfügigen - Verletzung der Resolution Krieg gegen Irak führen zu können, Frankreich und Rußland seien stolz darauf erreicht zu haben, daß es keinen "Automatismus" zum Krieg gibt.

Viele Formulierungen in der Resolution lassen allerdings einen großen Spielraum für unterschiedliche Interpretationen. Unscharfe Festlegungen, wonach der Irak "genaue", "vollständige", "endgültige", "verifizierbare" Auflistungen über seine verbotenen Waffenprogramme abzuliefern hat, oder wonach die Inspekteure "ungehinderten", "bedingungslosen", "sofortigen" und "uneingeschränkten" Zugang zu allen Stätten vermuteter Forschung, Entwicklung oder Produktion von verbotenen Waffen und ihrer "Komponenten" und "Subkomponenten" erhalten müssen, sind auslegungsfähig.

"Die Kriegsgefahr ist längst nicht gebannt", schlußfolgerte daher Peter Strutynski vom Bundesausschuß Friedensratschlag. "Die UN-Resolution ist zwar besser als der Drohzustand zuvor, aber die ersten Äußerungen von Bush und Powell lassen keinen Zweifel, daß die USA weiterhin zum Krieg entschlossen und bereit sind.

Aus: junge Welt, 12. November 2002

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Atomwaffen-Gegner:
Friedensaktivisten zu Haftstrafen verurteilt

COCHEM, 5. November (dpa). Wegen Hausfriedensbruchs hat das Amtsgericht Cochem (Rheinland-Pfalz) am Dienstag drei Atomwaffengegner zu mehrwöchigen Haftstrafen ohne Bewährung verurteilt. Die drei Mitglieder der Initiative "Gewaltfreie Aktion Atomwaffen abschaffen" hatten nach Überzeugung des Gerichts im April den Maschendrahtzaun des Fliegerhorstes Büchel bei Cochem zerschnitten. Auf dem Gelände des Jagdbombergeschwaders 33 entfalteten sie dann Transparente mit der Aufschrift "Atomwaffen abschaffen". Ihrer Ansicht nach lagern dort Atombomben.
Eine Frau und ein Mann bekamen jeweils eine Haftstrafe von sechs Wochen. Eine zweite Frau muss für einen Monat ins Gefängnis. Alle drei Atomwaffengegner wollen Rechtsmittel einlegen.

Aus: Frankfurter Rundschau, 6. November 2002

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Hartmut Meesmann berichtete am 4. November in der Frankfurter Rundschau unter der Überschrift "Streit um 'doppelte Solidarität' in Nahost" von der Delegiertenversammlung von Pax Christi, die am vorausgegangenen Wochenende in Mainz stattgefunden hatte, u.a.:

... Der Bischof von Fulda, Heinz Josef Algermissen, ist neuer bischöflicher Präsident der deutschen Sektion von Pax Christi. ... Auf der jährlichen Delegiertenversammlung der katholischen Friedensbewegung in Mainz erhielt Algermissen, der von der Deutschen Bischofskonferenz für dieses Amt vorgeschlagen wurde, 87 von 97 Stimmen. Bischof Algermissen erklärte vor den Delegierten der diözesanen Pax-Christi-Gruppen, er wolle dazu beitragen, dass die Stimme von Pax Christi innerhalb der katholischen Kirche, aber auch in der Bischofskonferenz gehört werde. Er bekräftigte, dass ein möglicher Präventivkrieg gegen Irak ohne UN-Mandat aus seiner Sicht ethisch nicht zu akzeptieren sei. Auch bekannte der Bischof, dass er als junger Mann den Kriegsdienst sicherlich verweigert hätte, wenn er nicht Priester geworden wäre. ...
...
Während die Delegierten in Mainz einen Präventivkrieg gegen Saddam Hussein einhellig verurteilten, weil er vor allem die Zivilbevölkerung träfe, zeigten sie sich bei dem Versuch uneins, die Devise von der "doppelten Solidarität" mit Israelis und Palästinensern neu zu bestimmen. Die "Nahost-Kommission" zog einen entsprechenden Antrag zurück, nachdem ihr vorgeworfen worden war, die besondere Bedrohungssituation Israels zu wenig berücksichtigt zu haben. Konsens besteht allerdings darin, örtliche Friedensinitiativen auf beiden Seiten künftig noch stärker zu unterstützen. Derzeit sind drei Pax- Christi-Mitglieder im Rahmen eines dreimonatigen freiwilligen Friedensdienstes in Palästina. Sie wollen die Bemühungen um eine Entschärfung lokaler Konflikte mit ihrer Anwesenheit unterstützen.

Aus: Frankfurter Rundschau, 4. November 2002

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Im Novemberheft der IG-Metall-Zeitschrift "metall" erschien ein Interview mit einem Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag.

"Bundesregierung muss zu ihrem Wort stehen"

Lässt sich der drohende Krieg gegen den Irak noch verhindern? metall sprach mit Peter Strutynski, Politikwissenschaftler an der Universität Kassel und Sprecher des Bundesausschusses "Friedenspolitischer Ratschlag".

metall: Geht es US-Präsident Bush wirklich darum, die Produktion von Massenvernichtungsmitteln im Irak zu verhinden?

Strutynski: Nein, denn dann hätte er ja auf das Angebot eingehen können, Waffen-Inspektoren zu entsenden. In Wirklichkeit geht es um die Kontrolle des Erdöls. Im Irak liegt immerhin das weltweit zweitgrößte Reservoir. Um da ranzukommen, wollen die Amerikaner Saddam Hussein beseitigen.

metall: Verbietet das nicht die UN-Charta ?

Strutynski: Richtig, nach dem Völkerrecht darf Krieg kein Mittel sein, Regierungen zu stürzen - selbst wenn an der Spitze ein Regierungsverbrecher wie Saddam steht. Würde das rechtens, entstünden Verhältnisse wie im 30-jährigen Krieg. Das wäre das reinste Chaos.

metall: Die Bundesregierung will sich nicht an einem Irak-Krieg beteiligen...

Strutynski: ... aber sie ergreift leider keine Maßnahmen, die die US-Regierung beeindrucken und den Krieg verhindern könnten ...

metall: ... beispielsweise?

Strutynski: Die deutschen Marineverbände müssten aus Ostafrika und der Golfregion abgezogen werden, die Panzer aus Kuweit. Genau das hat Schröder ausdrücklich abgelehnt, vor und nach der Wahl.

metall: Der Abzug einiger Panzer aus Kuwait soll die Amerikaner vom Krieg abhalten?

Strutynski: Die Bundesregierung handelt ja nicht alleine. Andere europäische Staaten wie Frankreich sind auch gegen den Krieg. Und der Druck der UNO zeigt deutlich, dass die USA weitgehend isoliert sind und fast alleine diesen Krieg durchziehen wollen.

metall: Was plant die Friedensbewegung in Deutschland?

Strutynski: Die Friedensbewegung hat die große Mehrheit der Bevölkerung auf ihrer Seite. Diese Anti-Kriegsstimmung wollen wir mobilisieren. Nach den Aktionen am 26. Oktober sind zum Anfang kommenden Jahres zentrale Großkundgebungen geplant. Die Bundesregierung darf nicht vor dem Druck der USA einknicken und muss zu ihrem Wort stehen.

Aus: metall, Monatsmagazin, November 2002, S. 7


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