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Keine Leopard-Panzer und Panzerhaubitzen nach Katar! Katar ist kein "Stabilitätsanker", sondern ein Unruhestifter

Friedensbewegung macht mobil gegen Rüstungsdeal


Gemeinsame Pressemitteilung des Kasseler Friedensforums und des Bundesausschusses Friedensratschlag

Kassel, 19. April 2013 - Zum gestern bekannt gewordenen Abschluss eines Liefervertrags zwischen der deutschen Panzerschmiede Krauss-Maffei Wegmann und der Regierung in Katar erklärte der Sprecher des Kasseler Friedensforums und vom Bundesausschuss Friedensratschlag heute in Kassel:

Die Friedensbewegung ist empört über den Geschäftsabschluss zwischen der deutschen Panzerschmiede Nr. 1, dem München-Kasseler Unternehmen Krauss-Maffei Wegmann, und dem Emirat Katar. 62 moderne Leopard-2-Kampfpanzer und 24 Panzerhaubitzen 2000 (das "modernste Artilleriesystem der Welt") dienen weder dem Frieden im Nahen Osten noch tragen sie dazu bei, die Verhältnisse in dieser unsicheren Region "stabiler" zu machen. Die Aufrüstung Katars bedeutet vielmehr die Stabilisierung eines Regimes, das in den vergangenen Jahren keine Gelegenheit auslässt, in anderen Staaten zu intervenieren, und Rebellen mit Waffen zu versorgen.

Längst hat Katar aufgehört, zwischen den verfeindeten Parteien etwa im Nahostkonflikt zu "vermitteln". Seit dem "arabischen Frühling" steht das katarische Herrscherhaus hinter den radikalsten fundamentalistischen Kräften in Tunesien, Libyen und Ägypten, beliefert Rebellengruppen, die Al Kaida nahestehen, in Mali und Syrien mit Kriegsgerät und beherbergt mit dem Fernseh-Giganten Al-Dschasira einen Hetzsender, der zum Angriff auf Libyen aufrief und heute zum Krieg gegen Assad in Syrien aufruft.

In Katar befindet sich seit 2003 (Beginn des US-Kriegs gegen Irak) die regionale Kommandozentrale der USA CENTCOM. Von hier aus wird heute noch der US-Krieg in Afghanistan koordiniert. Auch die Bundesrepublik Deutschland pflegt beste Beziehungen zu der absolutistisch geführten Monarchie am Golf, wie die herzliche Begegnung zwischen Kanzlerin Merkel und Katars Ministerpräsident Scheich Hammad bin Jassim bin Jabr Al-Thani vor drei Tage in Berlin dokumentierte.

Der gestern bekannt gewordene Waffendeal ist somit kein Zufall und dürfte vom Bundessicherheitsrat - falls nicht schon geschehen - demnächst locker durchgewinkt werden. Rüstungslieferverträge dieser Größenordnung (der Deal umfasst 1,89 Mrd. EURO) kommen meist nur zustande, wenn in Voranfragen beim deutschen Wirtschafts- und Verteidigungsministerium geklärt wurde, dass ihnen kein politisches Hindernis in den Weg gelegt wird.

Die wahabitische, also streng sunnitische Monarchie gehört zusammen mit dem "größeren Bruder" Saudi-Arabien zu den entschiedensten Gegnern Irans. Beide kämpfen um die führende Position im Nahen Osten und haben sich zu diesem Zweck hinter die Muslimbruderschaft in Ägypten und die regierende Islamisten in Tunesien und Libyen gestellt. Zusammen mit der Türkei und den Staaten des Golf-Kooperationsrats wird die militärische Front im Bürgerkrieg gegen die syrische Regierung unterstützt.

Die deutsche Panzerlieferung nach Katar ist das Vorspiel zu weiteren Rüstungs-Verträgen mit Saudi-Arabien (270 Leo-2, 50 Marder-Schützenpanzer und Patrouillenboote) Algerien (1.200 Fuchs-Radpanzer, die von Rheinmetall gebaut werden sollen), Israel (mehrere Atom-U-Boote) und Ägypten (zwei U-Boote).

Der Nahe Osten, ohnehin schon die Region mit der höchsten Militär- und Waffendichte der Welt und ein Spannungsgebiet par excellence, wird von Berlin immer weiter aufgerüstet. Dies dient nicht der Stabilisierung, sondern erhöht die Spannungen in der Region. Die deutsche Rüstungsexportpolitik ist mitverantwortlich für die zunehmende Kriegsgefahr im Nahen und Mittleren Osten. "Der Tod ist ein Meister aus Deutschland." (Paul Celan)

Friedens- und Menschenrechtspolitik sieht anders aus: Verbot aller Waffenexporte - keine Panzer und Panzerhaubitzen nach Katar und anderswo.

Das Kasseler Friedensforum berät am kommenden Montag über die neue Situation. Immerhin werden die Panzertürme für den Leo-2 und die Panzerhaubitzen vollständig im Werk Kassel von Krauss-Maffei Wegmann hergestellt. Ziel der Friedensbewegung ist es, diesen Deal und weitere Geschäfte mit Saudi-Arabien zu verhindern.

Für das Kasseler Friedensforum und den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)



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Presseinformation der "Aktion Aufschrei –- Stoppt den Waffenhandel!", 19. April 2013

Keine deutsche Kampfpanzer und Panzerhaubitzen für Katar

Rüstungsexporte stoppen - Flüchtlinge aufnehmen

Die Kampagne "Aktion Aufschrei – Stoppt den Waffenhandel!" kritisiert den Deal der deutschen Panzerschmiede Krauss-Maffei Wegmann mit der Regierung in Katar. "Das Arabische Emirat liegt in einer der spannungsreichsten Regionen der Welt, die Menschenrechtslage ist kritisch und es befeuert den Bürgerkrieg in Syrien durch Waffenlieferungen", so die Sprecherin der Kampagne Christine Hoffmann. Das katarische Herrscherhaus steht nach Erkenntnissen der Friedensbewegung hinter radikalen fundamentalistischen Kräften in Tunesien, Libyen und Ägypten und liefert Rebellengruppen in Syrien Kriegsgerät. Derart brisante Waffendeals bedürfen der Genehmigung durch den Bundessicherheitsrat.

Im krassen Gegensatz zur Rüstungsexportpolitik der Bundesregierung steht das deutsche Engagement bei der Aufnahme von Flüchtlingen aus Syrien. "Die Aufnahme von nur 5.000 syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen ist angesichts des enormen Flüchtlingselends völlig unzureichend", erklärt Dr. Sabine Farrouh, Vorstandsmitglied der Ärzteorganisation IPPNW, die zu den Trägerorganisationen der Kampagne gehört.

Auf der einen Seite unterstützte die deutsche Bundesregierung autoritäre Regime in Arabien mit Waffenlieferungen und erhöhe damit die Spannungen im Nahen Osten, auf der anderen Seite drücke sie sich vor der internationalen Verantwortung. Die Nachbarländer Syriens seien durch die Flüchtlingsströme längst überfordert, die Versorgung der Menschen trotz des großen Engagements und der Arbeit internationaler Hilfsorganisationen unzureichend. "Die Lage der Flüchtlinge in den Lagern, vor allem der Frauen und der Kinder, ist katastrophal", so die Ärztin Farrouh.

Trägerorganisationen der Kampagne sind Aktionsgemeinschaft Dienste für den Frieden, Bund der deutschen katholischen Jugend, Deutsche Franziskanerprovinz, Deutsche Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen, Internationale katholische Friedensbewegung pax christi, Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges IPPNW, JuristInnen gegen atomare, biologische und chemische Waffen, Ohne Rüstung Leben, RüstungsInformationsBüro RIB, Werkstatt für Gewaltfreie Aktion Baden. Informationen: www.aufschrei-waffenhandel.de


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