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Kunst gegen Panzer

Berliner Aktionskünstler machen mit einem überdimensionierten Fahndungsplakat gegen den Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann mobil. Die Macher wollen den Export von Panzern nach Saudi-Arabien verhindern. »Es ist wirklich kein Pranger, wir kämpfen mit offenem Visier und wir nennen keine Adressen«, sagte Stefan Pelzer vom Zentrum für Politische Schönheit am Donnerstag. Im Vorfeld der Aktion sei ohne Erfolg versucht worden, mit den Besitzern von Krauss-Maffei Kontakt aufzunehmen.

Am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin hängt seit Montag ein Plakat in 10 mal 2 Meter Größe. Unter der Aufschrift »Belohnung Belohnung Belohnung Belohnung - 25 000 Euro - Wer hat Informationen, die zur Verurteilung dieser Menschen führen?« seien die Namen von Eigentümern des Rüstungskonzerns zu lesen, so Pelzer. Das Münchner Unternehmen wollte zu der Kunstaktion keine Stellungnahme abgeben. Eine Strafanzeige gebe es nicht, so die Polizei.

* Aus: neues deutschland, Freitag, 25. Mai 2012

Dokumentiert: Die Anzeige der Künstlergruppe

Wir bitten um Ihre Mithilfe: das Zentrum für Politische Schönheit hat eine Belohnung von 25.000 Euro in bar ausgelobt - für Informationen, die zur rechtskräftigen Verurteilung (ohne Bewährung) eines der 19 Haupteigentümer des Panzerherstellers "Krauss-Maffei Wegmann" führen. Die Namen der Eigentümer stehen in Berlin-Mitte auf einem Großplakat. Wir haben gestern Dossiers, Namen und Fotos der Eigentümer veröffentlicht, die von dem Milliardengeschäft der 270 Kampfpanzer nach Saudi-Arabien profitieren.

Unter den Haupteigentümern sind Anthroposophen, Künstler, Fotografen, Lehrer, Psychologen, sogar ein Mozart-Biograph und Mitglied der Humanistischen Union. Wenn der Handel mit schwerem Kriegsgerät für ein autoritäres Regime keine Straftat darstellt, suchen wir jetzt alle anderen strafrechtlich relevanten Vergehen der Eigentümer: Steuerhinterziehung, Geldwäsche, Betrug.

Auf unserer Seite können Sie sich über die Eigentümer informieren, uns Hinweise melden und den Inhabern auch persönliche Nachrichten hinterlassen, die wir garantiert zustellen: http://www.25000-euro.de

Uns geht es um die Verantwortung der Eigentümer für ihr Unternehmen. Für niemanden, für keinen gewählten Politiker, keinen Menschenrechtler, nicht einmal für die Generäle der Bundeswehr ist es so einfach, Einfluss zu nehmen auf die Firmenpolitik von Krauss-Maffei Wegmann. Der Panzerdeal mit Saudi-Arabien stellt einen Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz dar und bricht den Verhaltenskodex der EU zu Waffenexporten. Saudi-Arabien belegt in Sachen politischer Rechte Platz 161 von 167. Der Leopard 2 ist nicht irgendein Panzer. Er wurde für die Aufstandsbekämpfung entwickelt. Helfen Sie den Eigentümern dabei, Verantwortung zu tragen. Denn: Eigentum verpflichtet.

Quelle: Website der "Aktion 25.000 Euro" des "Zentrums für politische Schönheit"; http://www.25000-euro.de



Panzer-Fahndung

Von Olaf Standke **

Berliner Aktionskünstler haben in diesen Tagen mit einem riesigen Fahndungsplakat gegen den Rüstungskonzern Krauss-Maffei Wegmann mobil gemacht. Sie wollen den Export von deutschen Panzern nach Saudi-Arabien verhindern und wurden in ihrer Kampagne am Wochenende nachdrücklich von Amnesty International gestärkt. Die deutsche Sektion der Menschenrechtsorganisation hat auf ihrer Jahresversammlung die Bundesregierung zu mehr Bemühungen bei der Beschränkung des Waffenhandels aufgerufen. Schließlich werden fast zwei Drittel der von Amnesty global dokumentierten Menschenrechtsverletzungen mit Waffen begangen, ob nun Panzer oder sogenannte Kleinwaffen wie Gewehre, Pistolen und Mörser, die angesichts der weltweit gewachsenen Zahl gewaltsamer Konflikte längst die wahren Massenvernichtungswaffen unserer Zeit sind.

Auch nach Saudi-Arabien fließen für Milliarden Dollar Rüstungsgüter. Sie werden für die Unterdrückung im autoritär regierten Königreich eingesetzt, waren aber auch dabei, als saudische Truppen in Bahrein einmarschierten, um der dortigen Monarchie bei der Niederschlagung der Protestbewegung zu helfen. Dabei könnte nach Meinung von Amnesty eine strikte Kontrolle des Waffenhandels ein wichtiger Schritt zur Konfliktprävention wie Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen sein. Die Bundesregierung muss hier endlich Flagge zeigen - mit einem Nein zu Panzern für Saudi-Arabien und wenn die UNO-Konferenz im Juli über einen internationalen Waffenhandelskontrollvertrag berät.

** Aus: neues deutschland, Dienstag, 29. Mai 2012 (Kommentar)


Der Kampf gegen die Rüstungsexporte muss politisch geführt werden

Pressemitteilung des Kasseler Friedensforums

Kassel, 25. Mai 2012 - Anlässlich einer sehr kontrovers diskutierten Aktion einer Berliner Künstlergruppe gegen Krauss Maffei-Wegmann erklärte der Sprecher des Kasseler Friedensforums:

Für die Friedensbewegung war und ist das Engagement gegen die Panzerexporte nach Saudi-Arabien immer ein politischer Kampf, der auf verschiedenen Ebenen ausgetragen wird. Die erste und entscheidende Ebene ist die Bundesregierung und das Parlament. Hier werden letztlich die Entscheidungen über Rüstung und Waffenexporte getroffen, wobei dem Bundessicherheitsrat (einem geheim tagenden Regierungsausschuss) eine zentrale Rolle zufällt.

Der Bundessicherheitsrat hat im Juli 2011 eine Voranfrage des Kassel-Münchner Unternehmens über die Lieferung von Leopard-2-Kampfpanzern nach Saudi-Arabien positiv beschieden. Nach allen Regeln der gängigen Exportgenehmigung von Kriegswaffen wird ein endgültiger Antrag auf der Grundlage eines geschlossenen Vertrags zwischen den deutschen Herstellern und dem Empfängerland ebenfalls genehmigt. Der empörende Deal scheint also zustande zu kommen.

Von daher war es richtig, dass sich gegen das Rüstungsprojekt breiter Widerstand sowohl auf Bundesebene als auch in Kassel selbst entwickelte. Das Kasseler Friedensforum hat hierzu - in Absprache und Zusammenarbeit mit anderen Initiativen, insbesondere mit Vertretern der katholischen Kirche - einen Unterschriften-Appell veröffentlicht, der von der Stadt Kassel verlangt, dass
  • der Protest der Bürgerinnen und Bürger gegen den Panzerdeal öffentlich unterstützt wird,
  • "politischer Druck auf die Kasseler Rüstungsunternehmen" ausgeübt wird mit dem Ziel, die einseitig auf Rüstungsproduktion fixierte "Produktpalette zu demilitarisieren und zivile Geschäftsfelder aufzubauen", und
  • von Land und Bund politische Initiativen zur "Konversion" (Umstellung der Rüstungsproduktion) eingefordert werden.
Der Appell sprach vielen Bürgerinnen und Bürgern aus Kassel und Umgebung aus dem Herzen und wurde bisher mehrtausendfach unterschrieben. In der Stadtverordnetenversammlung scheiterte ein ähnlicher Antrag der LINKEN und der GRÜNEN am erbitterten Widerstand von CDU, FDP und Freien Wählern und an der schwer nachvollziehbaren Haltung der SPD, die auf Bundesebene gegen den Panzerexport wetterte, in Kassel aber meinte, das ginge Lokalpolitiker nichts an.

Das in Kassel zustande gekommene Bündnis gegen den Panzerexport und für eine arbeitsplatzneutrale Konversion wird ihre Aktivitäten verstärkt fortsetzen. Dabei bleibt der Hauptadressat die Bundesregierung. Gefordert sind aber auch die Abgeordneten aus der Region. Sie tragen die politische Verantwortung für den Waffenhandel. Die in Kassel auf Rüstung spezialisierten Unternehmen - neben Krauss Maffei-Wegmann ist hier vor allem noch Rheinmetall zu nennen - können sich aber auch nicht aus der Verantwortung stehlen. Eine sozial verantwortliche und vorausschauende Unternehmenspolitik muss ein Interesse daran entwickeln, zivil nützliche Güter herzustellen anstatt tödliche Waffen zu produzieren, die in alle Welt exportiert werden, um dort in Kriegen und Bürgerkriegen sowie zur innerstaatlichen Unterdrückung von Menschen eingesetzt zu werden. Saudi-Arabien, eine der schlimmsten Diktaturen in der Welt, ist da nur ein Beispiel.

Für das Kasseler Friedensforum:
Dr. Peter Strutynski (Sprecher)

Hinweis: Der Appell an die Stadt Kassel kann hier heruntergeladen werden: Appell


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