Gegen Waffenexport nach Israel
Stellungnahme des Bundesausschusses Friedensratschlag
Pressemitteilung-
Bundessicherheitsrat ersatzlos auflösen
- Waffenlieferungen an Israel widersprechen deutschen und europäischen
Richtlinien
- Mehr Sicherheit für Israel durch militärische Deeskalation in der
Region
Der Bundesausschuss Friedensratschlag fordert die Abschaffung des
Bundessicherheitsrats. Dieses Gremium, das über den Export von Waffen
und anderen Kriegsgütern entscheidet, sei ein vordemokratisches Gremium,
das keinerlei parlamentarischer Kontrolle untersteht. Der
"Bundessicherheitsrat" besteht aus dem Bundeskanzler, dem Außenminister,
dem Verteidigungsminister, dem Wirtschaftsminister und der
Entwicklungsministerin. Wie verschiedene Zeitungen berichteten, wird das
Gremien in diesen Tagen eine Entscheidung über die Lieferung von
Patriot-Raketen, zwei U-Booten, Transport- und Spürpanzern vom Typ
"Fuchs" an Israel
fällen. Da der Bundessicherheitsrat in der Regel geheim tagt, war aus
Berlin nicht zu erfahren, ob und wann eine solche Sitzung tatsächlich
stattfindet oder vielleicht sogar schon stattgefunden hat. Eine solche
Geheimniskrämerei widerspricht dem Gebot der "Transparenz", das die
Bundesregierung in Bezug auf ihre Rüstungsexportpraxis im Januar 2000
versprochen hatte.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag fordert die Bundesregierung auf,
im vorliegenden Fall eine Exportgenehmigung von Kriegswaffen an Israel
nicht zu erteilen. Der Waffenexport nach Israel widerspricht den
Exportrichtlinien der Bundesregierung vom 19. Januar 2000 aus mehreren
Gründen:
1) Nach Kap. II Ziff. 4 sind Rüstungsexporte zu versagen, wenn die
Empfängerländer "in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt sind,
sofern nicht ein Fall des Artikels 51 der VN-Charta vorliegt" (Art. 51
beinhaltet das Recht auf Selbstverteidigung gegen einen äußeren
Angriff); auf die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen Israelis und
Palästinensern ist der Art. 51 nicht anwendbar. Die in der öffentlichen
Diskussion vorgenommene Projektion auf einen möglichen Angriff von
Seiten Iraks ist wenig überzeugend; ein solcher Angriff ist sogar
solange auszuschließen, wie der Irak nicht von den USA angegriffen wird.
2) Exporte in Spannungsgebiete sind nicht erlaubt (Kap. II Ziff. 4:
"Exporte in Länder, in denen ein Ausbruch bewaffneter
Auseinandersetzungen droht oder bestehende Spannungen und Konflikte
durch den Export ausgelöst, aufrechterhalten oder verschärft würden");
der Nahe Osten ist das "Spannungsgebiet" schlechthin;
3) Im Kapitel 1 "Allgemeine Prinzipien" wird festgehalten, dass der
Beachtung der Menschenrechtssituation in den Empfängerländern bei der
Erteilung von Rüstungsexporten ein "besonderes Gewicht beigemessen"
werden soll (Ziff. 2). Wenn "hinreichender Verdacht besteht, dass (die
Waffen) zur internen Repression" eingesetzt werden, ist eine
Exportgenehmigung zu versagen, heißt es in Ziffer 3. Und Ziffer 4
besagt, dass bei der "Prüfung der Menschenrechtsfrage .. Feststellungen
der EU, des Europarates, der Vereinten Nationen (VN), der OSZE und
anderer internationaler Gremien" sowie die Berichte von
"Menschenrechtsorganisationen" einbezogen werden. Die Berichte etwa von
amnesty international oder die Verurteilungen Israels durch die
Menschenrechts-Kommisssion der Vereinten Nationen sind Legion.
4) Des weiteren hat die Bundesregierung ausdrücklich versprochen, sich
an den europäischen "Verhaltenskodex" vom 8. Juni 1998 zu halten. Dieser
Kodex verbietet u.a. Waffenexporte in Länder, die gegen grundlegende
Menschenrechte verstoßen (Kriterium 2) und/oder die in innere bewaffnete
Konflikte verstrickt sind (Kriterium 3). Beides trifft auf die
israelische Politik in den besetzten Palästinensergebieten zu.
Gegen alle hier genannten politischen Kriterien und Festlegungen auf
Bundes- und europäischer Ebene würde die Bundesregierung verstoßen, wenn
sie den Export der beantragten Waffen genehmigen würde. Dabei macht es
keinen Unterschied, ob es sich um Waffen mit "defensivem" oder
"offensivem" Charakter handelt. Denn erstens wird eine solche
Unterscheidung in den einschlägigen Exportrichtlinien und Kodizes selbst
nicht vorgenommen (Waffe ist Waffe), und zweitens macht die
Unterscheidung bei der modernen Waffentechnologie kaum noch einen Sinn.
Auch der angeblich rein "defensive" Fuchs-Spürpanzer kann beim Vormarsch
auf gegnerischem Gebiet dessen Terrain nach biologischen oder chemischen
Kampfstoffen untersuchen und so die nachrückenden Truppen unterstützen.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag weist abschließend darauf hin,
dass Israels Sicherheitslage nicht durch eine weitere
Hochrüstungspolitik, sondern durch eine Politik der militärischen
Deeskalation verbessert werden kann. Dies bedeutet sowohl die
Revitalisierung des israelisch-palästinensischen Friedensprozesses als
auch die Verhinderung eines US-Krieges gegen Irak.
Kassel, den 11. Dezember 2002
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Dr. Peter Strutynski (Sprecher)
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