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Bombodrom im Bundestag
Eine interessante Debatte über die militärische Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide
Am 10. März 2005 fand im Deutschen Bundestag eine halbstündige Debatte über das "Bombodrom" in der Kyritz-Ruppiner Heide statt. Denkwürdig daran war, dass der Debatte ein Gruppenantrag zugrunde lag, der von Abgeordneten aus SPD, Bündnisgrünen, CDU und PDS eingebracht worden war. Das "Neue Deutschland" berichtete am 11. März über den Sachverhalt.
Wir dokumentieren -
diesen Zeitungsbericht
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die Reden, die in der Debatte des Bundestags gehalten wurden, nach dem stenografischen Protokoll.
Es ist schon allein deshalb eine interessante Lektüre, weil die Fronten offenbar quer durch die Parteien verlaufen. Kein Zweifel dürfte aber darüber bestehen, dass sich letztendlich der Standpunkt des Bundesverteidigungsministeriums parlamentarisch durchsetzen wird. Das wird dem außerparlamentarischen Protest und der Bewegung für eine "Freie Heide" aber keinen Abbruch tun.
Die beiden der Bundestagsdebatte zugrunde liegenden Anträge (BT-Druckachen 15/4792 und 15/4956) haben wir als pdf-Dateien dokumentiert:-
Gruppen-Antrag: "Die Regionalentwicklung in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern braucht Klar-heit - Die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide ist überfällig"
Drucksache 15/4792
FDP-Antrag: "Sinnvolles Nebeneinander von Tourismus und Bundeswehr"
Drucksache 15/4956
Endlos-Debatte Bombodrom
Seit 13 Jahren Streit – gestern Abend auch im Bundestag
Von Gabriele Oertel
Kurz vor der vom Freitag [11.3.] auf den späten Donnerstagabend [10.3.] vorgezogenen Bundestagsdebatte um das Bombodrom haben Gegner des 1993 vom Parlament beschlossenen Tiefflug-Übungsplatzes in der Kyitz-Ruppiner Heide ihr Ablehnung bekräftigt – und von Verteidigungsminister Peter Struck eine Abfuhr erhalten.
Die Auseinandersetzung um das Bombodrom ist eine jener Endlos-Geschichten, die durch ihre Dauer nicht besser werden. Um die Nutzung des Geländes in Nordbrandenburg wird immerhin seit 13 Jahren gestritten. Gegenwärtig verhindern mehrere Gerichtsklagen militärische Übungen auf dem 12000 Hektar-Areal, das direkt an die Mecklenburger Seenplatte grenzt.
Anwohner und Tourismus-Unternehmer sind längst in ihrem Widerspruch nicht allein. Auch Umwelt- und Naturschützer, Pazifisten und Politiker verschiedener Parteien haben sich immer wieder gegen den geplanten Luft-Boden-Schießplatz gewandt. Auch die Regierungen und Landtage Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns streben eine zivile Nutzung der Heide an. Nach Informationen des »Oranienburger Generalanzeigers« unterstützen der Berliner Senat und das Abgeordnetenhaus ebenfalls eine zivile Nutzung der Heide. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit habe Ministerpräsident Matthias Platzeck (beide SPD) zugesichert, dass sich die Stadt im Rahmen ihrer Möglichkeiten für »eine positive Lösung« einsetzen werde.
Am gestrigen Abend wollte sich der Bundestag auf einen Gruppenantrag von 58 Abgeordneten von SPD, PDS und Grünen hin mit dem Thema erneut beschäftigen. Die Antragsteller wollen einen generellen Verzicht auf die militärische Nutzung des Areals durch die Bundesregierung erreichen. Diesen Antrag unterstützt die Schweriner Landesregierung, teilte gestern Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) mit. Für Ringstorff passen Tourismus und militärisches Übungsgelände nicht zusammen, das Bombodrom gefährde zahlreiche Arbeitsplätze. Ganz abgesehen davon, dass der Ministerpräsident aus dem Nordosten nicht so ganz versteht, warum eine verkleinerte Luftwaffe einen zusätzlichen Übungsplatz benötigen soll. Sein Stellvertreter, Umweltminister Wolfgang Methling (PDS), sieht im Bombodrom auch aus umweltpolitischer Sicht ein Fiasko.
Genau deshalb hat der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) die Fraktionsvorsitzenden der im Bundestag vertretenen Parteien in Briefen aufgefordert, eine ausschließlich zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide zu unterstützen. Der geplante Bombenabwurfplatz gefährde nicht nur die aufstrebende Tourismusregion, sondern bedrohe auch geschützte Tierarten. BUND-Vorsitzende Angelika Zahrnt wandte sich gleichzeitig gegen einen ebenfalls auf der Tagesordnung stehenden FDP-Antrag, der ihrer Meinung nach als »Bombodrom light« die Tatsachen verschleiere und die Konflikte nicht löst. Der FDP-Antrag will das Flugverbot über dem Gelände von drei auf vier Monate ausdehnen und plädiert für ein »sinnvolles Nebeneinander von Tourismus und Bundeswehr«.
Verteidigungsminister Struck (SPD) allerdings beschied alle Verzichtsaufforderungen abschlägig und bekräftigte die Notwendigkeit des Luft-Boden-Schießplatzes. »Wittstock bietet für die Luftwaffe als einziger Übungsplatz in Deutschland die Möglichkeit, Einsatzverfahren im Verbund mit anderen Truppenteilen in erforderlicher Form zu üben«, sagte Struck in einem Zeitungsinterview. Künftig werde die Bundesrepublik kurzfristig abrufbare NATO-Streitkräfte zur Verfügung stellen und müsse diese Soldaten bestmöglich vorbereiten. Doch aus der eigenen rot-grünen Koalition wächst der Widerstand. Grünen-Fraktionsvize Winfried Nachtwei forderte den Bundestag auf, den Gruppenantrag zum sofortigen Verzicht auf das »Bombodrom« zu unterstützen. Angesichts des neuen Stationierungskonzeptes sei ein weiterer Luft-Boden-Schießplatz weder für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr noch für die Sicherheit Deutschlands zwingend nötig. Widersinnig sei, Standorte zu schließen, aber in einer Region, die vom naturnahen Tourismus lebe, für 60 Millionen Euro einen Bombenabwurfplatz neu zu gründen.
Aus: Neues Deutschland, 11. März 2005
Auszüge aus der Debatte des Deutschen Bundestags vom 10. März 2005
Aus dem Plenarprotokoll 15/163, Deutscher Bundestag, Stenografischer Bericht, 163. Sitzung
Berlin, Donnerstag, den 10. März 2005
Tagesordnungspunkte 16 a und 16 b:
a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Winfried Nachtwei, Ernst Bahr (Neuruppin), Götz-Peter Lohmann, Ingrid Arndt-Brauer, Cornelia Behm und weiterer Abgeordneter
Die Regionalentwicklung in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern braucht Klar-heit - Die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide ist überfällig
- Drucksache 15/4792 -
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Helga Daub, Jörg van Essen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
Sinnvolles Nebeneinander von Tourismus und Bundeswehr
- Drucksache 15/4956 -
Es sprachen in der Debatte (in dieser Reihenfolge):
Walter Kolbow, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung:
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundeswehr verfolgt in der Tat seit Übernahme des Truppenübungsplatzes Wittstock die Absicht, das Gelände als Luft-Boden-Schießplatz für die Luftwaffe und für die Ausbildung von Bodentruppen zu nutzen, um ihre Aufgaben umfassend erfüllen zu können. Es liegt in der politischen Verantwortung aller an der Entscheidung zum Einsatz von Streitkräften beteiligten Mandatsträgerinnen und Mandatsträger, also des Deutschen Bundestages, die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass die Soldatinnen und Soldaten auf ihre mit Gefahr für Leib und Leben verbundenen Aufgaben bestmöglich vorbereitet werden können.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür gibt es auch andere Plätze!)
Somit obliegt dem Dienstherrn und der Politik die Verpflichtung, bestmögliche Vorsorge dafür zu treffen, dass das Leben und die körperliche Unversehrtheit der Luftfahrzeugbesatzungen sowie Dritter keinen Schaden nehmen. All dies macht die Bereitstellung ausreichender Übungsmöglichkeiten unabdingbar. Das Parlament muss sein Parlamentsheer bestmöglich schützen.
Unter qualitativer Betrachtung ist gerade der Truppenübungsplatz Wittstock für den Übungsbetrieb der Bundeswehr in diesem Gesamtzusammenhang unverzichtbar. Der Einsatz von Flugzeugen im gesamten Einsatzspektrum ist unter militärischen Gesichtspunkten nach wie vor erforderlich.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das hat der Verteidigungsminister schon einmal anders gesehen!)
Es besteht also auch zukünftig militärischer Bedarf für den Betrieb von Luft- und Bodenschießplätzen und von Tiefflugübungen in Deutschland. Das regelmäßige Üben von Waffeneinsatzverfahren auf Luft-Boden-Schießplätzen ist ein wesentlicher Bestandteil einer wirksamen und am Auftrag orientierten Ausbildung von fliegenden Besatzungen in Kampfflugzeugen. Dies trifft auch noch bei dem Einsatz von Abstands- und Präzisionswaffen durch unsere Luftwaffe zu.
Der Übungsplatz Wittstock bietet für die fliegenden Waffensysteme der Luftwaffe, auch aufgrund der räumlichen Ausdehnung, als einziger Übungsplatz in Deutschland die Möglichkeit, Einsatzverfahren streitkräftegemeinsam und im Rahmen der vernetzten Operationsführung realistisch zu üben. Dabei wird ausschließlich nicht detonierende Übungsmunition verwendet.
Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, den Truppenübungsplatz neben der fliegerischen Nutzung auch für die Ausbildung von Bodentruppen gemeinsam zu nutzen. Auf dem Platz sind Übungen von Flugabwehrraketenverbänden, elektronischen Kampfführungs-, Objektschutz-, Radarführungs- und Einsatzführungskräften mit Truppenstärken bis zu 1 000 Soldaten an 80 bis 100 Tagen im Jahr geplant.
Die Stationierung eines Luftausbildungsbataillons - circa 800 Soldaten und 150 Zivilbedienstete - in Wittstock war von Anfang an Teil der Gesamtüberlegungen. Das wurde mit dem Stationierungskonzept der Bundeswehr auch bestätigt.
Im Zuge der Nutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock werden auch schnellstmöglich die von den sowjetischen Truppen hinterlassenen Altlasten beseitigt und die stark munitionsbelasteten Flächen des gesamten Platzes entmunitioniert. Der Umfang der festgestellten Altlasten wird zurzeit ermittelt. Man geht davon aus, dass die Beseitigung zehn bis 15 Jahre dauern wird und Kosten in Höhe von mehr als 200 Millionen Euro zu veranschlagen sind. Im Rahmen der Munitionsräumung und Altlastenbeseitigung werden temporär durchschnittlich 400 Arbeitskräfte aus der Region bei zivilen Räum- und Entsorgungsfirmen beschäftigt werden.
Meine Damen und Herren, ich möchte in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt lassen, dass bereits seit vielen Jahren etwa 75 Prozent der jährlichen Schießübungen der deutschen Luftwaffe im Ausland durchgeführt werden. Eine weitere Reduzierung der Übungen in Deutschland ist nicht geplant und wäre auch unseren Luftwaffenverbänden nicht vermittelbar.v
Eine gerechte und solidarische Verteilung der mit dem Übungsbetrieb der Bundeswehr hier in Deutschland verbundenen Lasten muss selbstverständlich sein. Die parlamentarischen Diskussionen über das Truppenübungsplatzkonzept der Bundeswehr in den Jahren 1992 und 1993 reflektieren, dass die Gesamtbelastungen durch den Übungsbetrieb der Bundeswehr zukünftig möglichst ausgewogen, auch unter Einbeziehung der neuen Bundesländer, zu verteilen seien. Der Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages hat daraufhin mehrheitlich festgestellt, dass er die Aufteilung des noch in Deutschland verbleibenden Anteils der Luft-Boden-Schießausbildung auf die drei Übungsplätze Nordhorn in Niedersachsen, Siegenburg in Bayern und das heute in Rede stehende Wittstock erwarte.
Das Bundesministerium der Verteidigung hält an diesem Grundsatz und an einer Beschränkung des Übungsumfanges auf das unabdingbare Mindestmaß fest und bittet den Deutschen Bundestag, dabei zu folgen.
Meine Damen und Herren, ohne die Aufteilung auf alle drei Luft-Boden-Schießplätze sind jedoch die zur Entlastung der Bevölkerung im Umland von Siegenburg und Nordhorn dringend erforderlichen weiteren Reduzierungen der Einsätze und eine ausgewogene regionale Verteilung nicht möglich. Durch die Nutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock wird ein maßgeblicher Beitrag zu dieser Lastenverteilung erreicht. Deswegen drängen auch die Anliegergemeinden, die ich genannt habe, nachhaltig darauf, dass alsbald auch der Truppenübungsplatz Wittstock militärisch genutzt wird. Das wird sicher in der Debatte noch gesagt werden.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Gemeinden in Wittstock?)
Lassen Sie mich auch hier hervorheben, dass im Rahmen der Entscheidung zur zukünftigen Nutzung des Truppenübungsplatzes Wittstock als Luft-Boden-Schießplatz die unterschiedlichen zivilen und militärischen Belange sorgfältig gegeneinander abgewogen wurden. Dabei kam es natürlich darauf an, der Verpflichtung gegenüber unseren Soldaten gerecht zu werden.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Wort zum Tourismus!)
Andererseits war sicherzustellen, dass die Belastungen der Bevölkerung so gering wie möglich gehalten werden. Im Zuge der Entscheidung wurden auch die möglichen Auswirkungen der Nutzung des Platzes auf den Tourismus und die Naturlandschaft in der Region geprüft.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ah, jetzt kommt der Tourismus!)
Die Abwägung hat ergeben, dass die Beschreibungen im Antrag der Kolleginnen und Kollegen der FDP richtig sind und bei Nutzung gewissermaßen also auch Wirklichkeit werden.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sehen wir anders!)
Ich glaube, dass letztlich mit der Nutzung des Truppenübungsplatzes und der damit einhergehenden Stationierung des Luftwaffenausbildungsbataillons auch ein wichtiger Beitrag zur Integration der Bundeswehr in der Region und zur wirtschaftlichen Förderung der strukturschwachen Umgebung geleistet wird. Die Gesamtverantwortung gebietet diese Entscheidung.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der SPD)
Anita Schäfer (Saalstadt) (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute stehen zwei Anträge zur Debatte, die für die Bundeswehr und die Zukunft der Kyritz-Ruppiner Heide von großer Bedeutung sind. Der von Vertretern der Grünen, der SPD und der PDS eingereichte Gruppenantrag richtet sich gegen eine militärische Nutzung des Standortes Wittstock.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jawohl!)
Der Antrag der FDP-Fraktion setzt dagegen auf ein sinnvolles Nebeneinander von Tourismus und Bundeswehr in dieser Region.
(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Guter Antrag!)
Sämtliche Argumente hinsichtlich des Für und Wider der militärischen Nutzung von Wittstock werden seit Jahren diskutiert, ausgetauscht und abgewogen. Umso erstaunlicher ist, dass die Antragsteller aus den Reihen der Grünen, der SPD und der PDS weiterhin mit fragwürdigen Annahmen operieren.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Oh! Jetzt sind wir gespannt!)
Es fehlt dem Gruppenantrag an sicherheitspolitischer Substanz.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht!)
Ihr Kernargument lautet: Das Nutzungskonzept der Bundeswehr habe infolge des zurückgehenden Übungsbedarfs der Luftwaffe seine Grundlage verloren. Wir alle wissen: Die Bundeswehr ist gegenwärtig und künftig vor allem im internationalen Krisenmanagement aktiv. Die Luftwaffe muss daher permanent für vielfältige Szenarien gewappnet sein. Zum einen kann der Übungsbedarf des fliegenden Personals je nach Krisenlage rasch ansteigen. Zum anderen spielt Wittstock für bodengebundene Einheiten eine Schlüsselrolle: Auf dem Platz sind Übungen verschiedener Truppenverbände mit Truppenstärken von bis zu 1 000 Soldaten geplant. Diese Fakten finden sich im Gruppenantrag nicht, weil sie für den hohen militärischen Stellenwert von Wittstock sprechen. Denn er bietet der Bundeswehr wie kaum ein anderer Übungsplatz die Möglichkeit, Streitkräfte gemeinsame Einsatzverfahren proben zu lassen. Nur so kann die Bundeswehr in internationalen Krisen handlungsfähig bleiben.
Meine Damen und Herren, wer so einseitig wie die Antragsteller argumentiert, legt die Axt an der Bündnisfähigkeit unserer Bundeswehr an.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach du liebe Zeit! - Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man muss die Kirche im Dorf lassen!)
Dies verdeutlicht auch ein weiterer Eckpunkt Ihres Gruppenantrages: Sie behaupten, künftige Einsätze würden die Fähigkeit zum Tiefflug kaum noch erfordern.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Die Umrüstung auf Präzisionsabstandswaffen, so die Antragsteller, würde das Nutzungskonzept für Wittstock überflüssig machen. Auch in diesem Punkt, verehrte Antragsteller, liegen Sie falsch. Denn erstens hat die Umrüstung der Luftwaffe auf Präzisionsabstandswaffen noch lange nicht den Stand erreicht, um auf Tiefflüge verzichten zu können, und zweitens ist eine umfassende Ausrüstung der Luftwaffe mit Präzisionsabstandswaffen teuer. Wenn Sie Tiefflugübungen reduziert haben wollen, müssen Sie im Gegenzug die Ausrüstung mit Präzisionsabstandswaffen beschleunigen. Dann erklären Sie uns aber bitte, woher Sie die Mittel dafür kurzfristig nehmen wollen. Das zeigt: Ihr Antrag ist auch in finanzieller Hinsicht fragwürdig.
Weiterhin behaupten die Antragsteller, dass die Umweltbelastung für die Bevölkerung unzumutbar sei. Dies wird mit dem Hinweis untermauert, dass Wittstock während des Kalten Krieges schon durch die Sowjets extrem belastet gewesen sei.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Dabei wissen die Antragsteller ganz genau, dass das neue militärische Nutzungskonzept strikte Auflagen vorsieht. Ein Vergleich mit den Zuständen vor der Wende ist abwegig: Die Sowjets flogen jährlich bis zu 25 000 Einsätze und schossen mit scharfer Munition. Zum Vergleich: Die Planungen der Bundeswehr gehen von bis zu 1 700 Einsätzen jährlich aus, maximal 30 pro Tag und einer pro Nacht - und dies ohne scharfe Munition. Nicht geflogen werden soll an Wochenenden, Feiertagen und in den Sommerferien. In diesem Zusammenhang unterschlagen die Antragsteller außerdem, dass die Bundeswehr eine vollständige Räumung des Übungsplatzes von Munitionsaltlasten vorsieht.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dafür werfen sie neue Dinge ab!)
Es ist irritierend, dass ein maßgeblich von den Grünen initiierter Antrag dieses ökologische Sanierungspotenzial mit keiner Silbe erwähnt.
(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist unglaublich!)
Damit komme ich zum letzten Eckpunkt des Gruppenantrags: Es wird behauptet, dass eine militärische Nutzung des Standortes Wittstock die Tourismusbranche in der Region nachhaltig gefährde.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es! Haben Sie die Leute einmal gefragt? Waren Sie einmal dort?)
Dazu kann ich als Mitglied des Verteidigungs- und des Tourismusausschusses nur sagen: Wir brauchen eine vernünftige Balance zwischen einem modernen Tourismuskonzept und einer sinnvollen militärischen Nutzung von Wittstock durch die Bundeswehr, wie es die FDP mit ihrem Antrag fordert. Leider verkennen die Initiatoren des Gruppenantrags die positiven strukturpolitischen Effekte, die von der Bundeswehr ausgehen.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach so!)
Durch die Nutzung des Standorts und die Stationierung eines Luftwaffenausbildungsbataillons wird eine erhebliche Kauf- und Wirtschaftskraft in die Region getragen. Der Gruppenantrag zur zivilen Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide steht im Ergebnis auf schwachen Füßen.
(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Die Regierung steht auf schwachen Füßen! Das wird auch hier wieder deutlich!)
Verehrte Antragsteller von der SPD und von den Grünen, Sie setzen damit ein Signal des Misstrauens gegen Ihren eigenen Verteidigungsminister Dr. Peter Struck. Die Zerstrittenheit in den Reihen der Koalitionsparteien ist evident. Sie können den Menschen in der Kyritz-Ruppiner Heide mit Ihren Vorstellungen keine Zukunftsperspektive bieten.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erzählen Sie ihnen das mal! Gehen Sie mal dorthin! Ostern können Sie da eine Rede halten!)
- Ich war zweimal zu Podiumsdiskussionen dort.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)
Winfried Nachtwei (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche zu diesem unserem Gruppenantrag aus einer zweifachen Perspektive:
(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Na, das hoffe ich doch!)
Zum einen spreche ich als Obmann im Verteidigungsausschuss und als sicherheitspolitischer Sprecher. Insofern bin ich mitverantwortlich für die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr.
(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Sie sind dagegen, andererseits aber dafür!)
Staatssekretär Kolbow und ich haben hier selbstverständlich ein gemeinsames Interesse. Das äußere ich hier genauso. Zum anderen spreche ich hier als Westdeutscher, der seit 1996 des Öfteren in der dortigen Region war und die Menschen und die Landschaft dort kennen und schätzen gelernt hat.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das kann ich bezeugen!)
Ich erlebe einen auffälligen Widerspruch: Auf der einen Seite wachsen die Bewegung für die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide und die Opposition gegen die militärische Nutzung seit Jahren - noch heute hat die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern den Gruppenantrag offiziell unterstützt -, auf der anderen Seite hält sich in Berlin - das erfahren wir alle; ich erfahre das vor allem im Verteidigungsbereich - die Abwehrhaltung gegen dieses Ansinnen sehr stark.
Ich höre hier folgende Haupteinwände: Erstens wird gesagt, ein solcher Platz sei militärisch unverzichtbar - Frau Schäfer, Sie haben gesagt: Wer dagegen ist, der legt die Axt an die ganze Bundeswehr -, zweitens wird gesagt, Bundesinteressen müssten vor Regionalinteressen gehen und drittens wird der Anspruch einer gerechten Lastenverteilung in solchen Fragen gestellt. Hierzu möchte ich etwas sagen.
Zunächst komme ich zur militärischen Notwendigkeit. Es ist bekannt, dass es der neue Auftrag der Bundeswehr ist, zur Kriseneindämmung und Krisenbewältigung im Dienste kollektiver Sicherheit und im Rahmen der Vereinten Nationen beizutragen. Hierbei lautet die Vorgabe der Luftwaffe, bei Luftwaffeneinsätzen immer eine besondere Präzision zu erreichen und Distanz zu wahren. Andere Arten von Kriseneinsätzen sind kaum noch vorstellbar. Das heißt, für das, was in Wittstock geübt würde, nämlich Bombenabwürfe im Tiefflug, wird der Bedarf seitens der Bundeswehr immer geringer. Man muss immerhin auch feststellen, dass die Einsatzfähigkeit der Bundesluftwaffe ohne Wittstock in den ganzen Jahren offensichtlich nicht gefährdet oder beeinträchtigt war. Ich habe niemals etwas anderes gehört.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD - Dr. Hermann Kues [CDU/ CSU]: Das sieht die Regierung offenkundig ganz anders!)
Die Region um die Kyritz-Ruppiner Heide hat eine Entwicklungschance, nämlich die des sanften und naturnahen Tourismus.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU])
Hier sind inzwischen sehr viele Arbeitsplätze entstanden. Bei einer militärischen Nutzung würde hier einiges auf dem Spiel stehen.
Ich komme nun zur Forderung einer gerechten Lastenverteilung. Diese ist zunächst einmal plausibel. Dabei wird zweierlei aber völlig vergessen und übergangen: Als ersten Punkt nenne ich den ganz anderen historischen Vorlauf. Ich war des Öfteren in Nordhorn und Siegenburg und weiß, wie die Belastungen dort aussehen. Das ist schmerzhaft für die Bevölkerung; dies dürfen wir nicht verharmlosen. Aber die Belastung zu DDR-Zeiten im Raum Wittstock bei über 20 000 Einsätzen pro Jahr mit scharfer Munition, Bomben und Raketen war eine ganz andere.
Als zweiter Punkt ist hier anzuführen: Die Wirtschaftsstrukturen der Region sind sehr unterschiedlich. In der Region um die Kyritz-Ruppiner Heide gibt es wirklich nur eine Entwicklungschance, sonst nichts. Insofern ist die Region mit den anderen Regionen nicht vergleichbar, die auch - das ist unbestreitbar - ihre Last zu tragen haben.
(Ernst-Reinhard Beck [Reutlingen] [CDU/CSU]: Das hat mit Belastungen nichts zu tun!)
Die Sache mit der gerechten Lastenverteilung ist zwar auf den ersten Blick richtig, aber auf den zweiten Blick eine unangemessene Anforderung.
Die Bewegung für die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide hat in den letzten 13 Jahren eine beispiellose Breite erfahren. Sie ist inzwischen - das muss man feststellen - die breiteste demokratische Bürgerbewegung ganz Deutschlands.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Beispiellos ist, wie sehr sie inzwischen von Unternehmern und Selbstständigen in der Region, von Bürgermeistern, zwei Landtagen und zwei Landesregierungen unterstützt wird. Deshalb appelliere ich an die Kolleginnen und Kollegen des Bundestages, sich noch mehr vor Ort zu informieren, das Gespräch mit der Bevölkerung dort zu suchen und sich wirklich darüber kundig zu machen, was auf dem Spiel steht. Wir Politikerinnen und Politiker dürfen uns über ein so breites, glaubwürdiges und sich seit 13 Jahren entwickelndes demokratisches Votum nicht hinwegsetzen. Die Regionalentwicklung in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern braucht Klarheit. Die zivile Nutzung der Kyritz-Ruppiner Heide ist überfällig.
Danke schön.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Werner Kuhn [Zingst] [CDU/CSU])
Günther Friedrich Nolting (FDP):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach der Rede des Kollegen Nachtwei kann ich nur festhalten: Es geht ein Riss durch die rot-grüne Koalition. Diese Bundesregierung hat nicht mehr die volle Unterstützung ihrer eigenen Fraktionen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU - Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage als FDP-Bundestagsfraktionsmitglied: Übungstätigkeiten von Streitkräften rufen oft einen Zielkonflikt mit dem berechtigten Anspruch der betroffenen Bevölkerung auf Lärm- und Gesundheitsschutz sowie mit Belangen des Umweltschutzes und der Regionalentwicklung hervor. Wir als FDP-Bundestagsfraktion haben dafür Verständnis. Deshalb gilt es, die Belastungen für Bevölkerung und Umwelt so gering wie möglich zu halten. Dieses trifft in besonderem Maße für den Luft-Boden-Schießplatz Wittstock zu, da ein naturnaher Tourismus im Raum um die Kyritz-Ruppiner Heide eine wesentliche Entwicklungschance darstellt. Deshalb müssen die Nutzungsbedingungen des Übungsplatzes Wittstock ganz besonderen Restriktionen unterworfen werden. Das haben wir in unserem Antrag berücksichtigt. Der FDP-Antrag ist ein tragfähiger Kompromiss, der hier im Bundestag eine Mehrheit bekommen sollte.
Wir haben über dieses Thema schon vor drei Jahren diskutiert. Auch damals hatten die Grünen einen Antrag initiiert. Aber dieser Antrag wurde nie zur Abstimmung gestellt. Das Verfahren ist nur zu offensichtlich: Es wird ein Antrag geschrieben, mit dem Stimmung gemacht wird. Den betroffenen Menschen wird alles Mögliche versprochen. Aber es besteht zu keinem Zeitpunkt die Absicht, diese Versprechen einzulösen.
(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Quatsch! - Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Das hat nichts mit Demokratie zu tun!)
Wie anders ist es zu erklären, Frau Kollegin, dass eine Abstimmung über diesen Antrag bewusst vermieden wurde und er nach der ersten Lesung im Papierkorb verschwand? Welche Gründe auch immer für dieses doppelbödige Verhalten verantwortlich gewesen sein mögen: Dieses Spiel spielen wir nicht mehr mit.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU - Widerspruch bei der SPD - Dirk Manzewski [SPD]: Das ist eine Unverschämtheit!)
Auf Veranstaltungen in der Kyritz-Ruppiner Heide fordert Herr Nachtwei immer wieder lautstark die Schließung des Luft-Boden-Schießplatzes Wittstock. In Nordhorn oder Siegenburg fordert er nicht weniger vehement die Schließung der dortigen Übungsplätze. In Beisein der Bundeswehr im Verteidigungsausschuss bekennt er sich hingegen staatstragend zur Notwendigkeit von Übungsmöglichkeiten für die Soldaten. Auch dieses Doppelspiel, Herr Nachtwei, machen wir nicht mehr mit. Ein derartiges Verhalten ist einfach infam.
(Beifall bei der FDP - Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Zuhören ist nicht Ihre Stärke!)
Wir haben einen Antrag zu einem sinnvollen Nebeneinander von Tourismus und Bundeswehr eingebracht. Die FDP handelt zum Wohle der Bundeswehr und zum Wohle der Menschen in der betroffenen Region. Ich sage aber schon heute: Wir haben einen zweiten Antrag eingebracht, in dem gefordert wird, die Belastung auch der Bevölkerung in Nordhorn und in Siegenburg deutlich zu reduzieren. Dieser Antrag wird demnächst hier behandelt werden. Ich denke, wir müssen alle drei Übungsplätze im Zusammenhang sehen und nicht losgelöst, wie das in diesem Gruppenantrag geschehen ist.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo machen Sie denn Urlaub?)
Die FDP-Fraktion wird dafür sorgen, dass es einerseits zu keinen unverantwortlichen Belastungen für Tourismus und Bevölkerung in den betroffenen Räumen um Wittstock, Nordhorn und Siegenburg kommt. Wir müssen aber auch der Bundeswehr klare Perspektiven aufzeigen und gewährleisten, dass sie die Möglichkeit zum Üben hat.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die Bevölkerung?)
- Herr Kollege Ströbele, wir werden Ihre doppelbödige Politik entlarven. Sie von Rot-Grün schicken die Bundeswehr in alle Regionen dieser Welt.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich schicke überhaupt niemanden!)
Dann müssen Sie auch dafür Sorge tragen, dass die Soldatinnen und Soldaten eine entsprechende Ausbildung bekommen und entsprechende Übungsmöglichkeiten haben.
(Anita Schäfer [Saalstadt] [CDU/CSU]: Sehr gut!)
Alles andere wäre unverantwortlich.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU)
Dr. Hermann Kues (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Abgeordneter für die Region Nordhorn, für die Region Emsland. In meinem Wahlkreis liegt der Bombenabwurfplatz Nordhorn-Range. Ich erlebe es nun seit Jahrzehnten und nicht erst seit 13 Jahren, dass sich die Bevölkerung in Nordhorn gegen diesen Bombenabwurfplatz wehrt. Seit drei bis vier Generationen - das betrifft alle meine Vorgänger - ist die Unerträglichkeit der Belastungen anerkannt, aber man hat immer gesagt, dass wir Übungsmöglichkeiten für die Bundeswehr bräuchten, dass das verantwortliche Politik sei und man die Bevölkerung deshalb um Verständnis bitten müsse, dass es in Nordhorn nicht anders geht. Das sagen wir dort als direkt gewählte Abgeordnete.
Das, was Sie, Herr Kollege Nachtwei, machen, ist etwas anderes. Sie stellen sich hier hin und sagen, Sie seien der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen und hätten natürlich Verständnis dafür, dass die Bundeswehr leistungsfähig sein müsse. Der Parlamentarische Staatssekretär, der für die rot-grüne Bundesregierung spricht, hält den Bombenabwurfplatz in Wittstock für notwendig. Sie sagen, dass Sie die Menschen in Wittstock verstehen, und verweisen darauf, dass sich dort eine Bewegung gebildet hat. Für diese Haltung gibt es ein schönes Wort: Das ist Schizophrenie.
(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist geistiger Tiefflug, was Sie da machen!)
Sie glauben, damit durchzukommen. Das ist Opportunismus pur, weil Sie den Menschen in Wittstock nach dem Munde reden wollen.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil sie Recht haben!)
Sie haben nicht die Courage, den Zusammenhang der Dinge aufzuzeigen. Das ist Ihre Politik.
(Beifall bei der CDU/CSU - Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Kues, das stimmt einfach nicht! Ich war in Nordhorn und in Siegenburg!)
- Sie haben sich vor drei Jahren schon darüber aufgeregt, aber Ihr Opportunismus hat sich nicht geändert.
(Alexander Bonde [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unverschämtheit!)
- Das ist keine Unverschämtheit. Es ist eine Unverschämtheit, wie Sie mit den Menschen umgehen. Ihr Interesse gilt nicht den Menschen. Sie wollen sich in der politischen Auseinandersetzung Vorteile verschaffen.
(Winfried Nachtwei [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Welche Vorteile wollte ich mir in Wittstock verschaffen?)
Sie sind letztlich regierungsunfähig. Sie müssten sich für ein Truppenübungsplatzkonzept einsetzen. Das, was die Regierung tut, tragen Sie im Endeffekt nicht mit. Das muss ich so sagen. Die Menschen in Nordhorn - der eine oder der andere wird das auch mitkriegen; dafür werde ich schon sorgen - werden feststellen, wie opportunistisch die Grünen sind. Das erleben wir bei allen Themen. Sie werden feststellen, dass auch die große Volkspartei SPD im Grunde genommen nicht bereit ist, die Dinge, die für die Bundeswehr notwendig sind, mitzutragen. Das finde ich ganz schlimm.
Ich könnte Ihnen an vielen Beispielen deutlich machen, dass alle Argumente, die hier genannt worden sind, in gleicher Weise für Nordhorn zutreffen. Deswegen habe ich immer die Auffassung vertreten, man soll zu einer fairen Lastenverteilung kommen. Das halte ich für gerecht. Der Verteidigungsminister hat - das darf ich Ihnen anvertrauen - mir auch schon gesagt, wie er sich das weitere Schicksal des Antrags vorstellt. Das ist eben angedeutet worden. Da haben Sie aufgeschrieen. Wir werden es ja sehen. Beim letzten Mal ist es so gewesen, dass man den Antrag still und heimlich hat verschwinden lassen.
(Günther Friedrich Nolting [FDP]: So ist es!)
Das ist Ihre Politik. Deshalb machen Sie den Leuten etwas vor. Das ist mein Kernpunkt.
So wird es mit diesem Antrag auch wieder sein. Wenn es nicht so ist, dann ist nicht nur aus diesem Grunde - es gibt viele andere Gründe - die Regierungszeit von SPD und Grünen offenkundig zu Ende, weil sie in einem zentralen Punkt nicht in der Lage sind, das Konzept der Bundeswehr mitzutragen.
(Cornelia Behm [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Blödsinn!)
Ich will nicht verhehlen, dass es mich sehr ärgert - das sage ich als Wahlkreisabgeordneter -, dass man einen Garnisonsstandort in unmittelbarer Nähe des Bombenabwurfplatzes dichtmacht, unter anderem weil die militärische Führung der Bundeswehr, speziell der Luftwaffe, zu wenig politische Sensibilität gezeigt hat. Das ist - das soll die Luftwaffe ruhig hören - ein großes Ärgernis für die Bevölkerung. Das kann ich nicht akzeptieren.
Als Abgeordnete haben wir die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, uns Gedanken darüber zu machen, was für das Gemeinwohl und was für den Staat insgesamt richtig ist. Wir müssen die Courage aufbringen - Courage haben Sie nicht -, auch einmal etwas zu sagen, was nicht von vornherein auf tosenden Beifall stößt.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann tun Sie das einmal!)
Das ist verantwortlich.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP - Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Sie sind unverantwortlich! - Gegenruf des Abg. Dr. Hermann Kues [CDU/ CSU]: Sie handeln wider besseres Wissen! Wir sind die Einzigen, die die Regierung in dieser Sache verteidigen!)
Dr. Gesine Lötzsch (fraktionslos):
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Bürgerinitiative Freie Heide lädt für Ostersonntag zur 94. Protestwanderung für die "FREIE HEIDE" ein. Das Motto dieser Wanderung lautet: Hier nicht und nirgendwo. Ich finde dieses Motto sehr gut; denn es greift offensiv die Vorwürfe auf, die da lauten: Ihr wollt es nur bei euch schön ruhig haben. Was anderswo passiert, ist euch egal. Das stimmt nicht. Die Mitglieder der Bürgerinitiative und ihre Unterstützer wollen nicht nur in ihrer Umgebung Ruhe und Frieden haben.
(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])
Sie setzen sich für die Begrenzung von Militär und für friedliche Lösungen weltweit ein.
Lange haben die Menschen rund um die Kyritz-Ruppiner Heide auf diesen Antrag zur zivilen Nutzung der Heide gewartet. Nun ist es endlich gelungen, dass 58 Mitglieder des Bundestages ihn mit ihrem Namen unterstützen. Beim Ostermarsch wird sicher die Frage gestellt werden, welche Aussicht der Antrag hat und bis wann über ihn entschieden sein wird. Die Frage ist berechtigt. Darum bitte ich alle Antragsteller, ihre Fraktionskollegen von der Richtigkeit dieses Antrages zu überzeugen. Falls ich es richtig überblicke, liegt bisher nur von der PDS die hundertprozentige Zustimmung vor.
Erinnern wir uns: Die deutsch-deutsche Vereinigung bedeutete auch das Ende des Kalten Krieges. Für viele Menschen schienen Abrüstung, weniger Geld für Rüstung und weniger Truppenübungsplätze eine logische Folge der Beendigung des Kalten Krieges zu sein. Darum waren sie erst verwundert und dann empört, als der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe die militärische Nutzung der Heide plante.
Am 15. August 1992 fand die erste Demonstration gegen die weitere militärische Nutzung der Heide statt. Mit phantasievollen Aktionen machten die Menschen die Öffentlichkeit auf ihr Anliegen aufmerksam. Im Jahre 1994 erklärte der damalige SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Rudolf Scharping vor 500 Demonstranten, im Falle eines Wahlsieges der SPD werde dieser Truppenübungsplatz verschwinden. Inzwischen hat die SPD zwei Bundestagswahlen gewonnen. Es ist also höchste Zeit, das damals gegebene Versprechen einzulösen.
(Beifall der Abg. Petra Pau [fraktionslos])
Ein Bombodrom in der Kyritz-Ruppiner Heide ist kein lokales Problem. Darum finde ich es gut, dass Abgeordnete, die weit entfernt von dieser Heide ihre Wahlkreise haben, diesen Antrag unterstützen.
(Beifall der Abg. Undine Kurth [Quedlinburg] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich möchte noch einmal unterstreichen: Die Heide verdient eine friedliche Nutzung. Die Menschen in dieser Region haben nach dem Ende des Kalten Krieges immer wieder ihren Wunsch bekräftigt, endlich eine freie, offene und friedliche Heide haben zu wollen. Ich finde, wir sollten diesen Wunsch respektieren. Geben wir den Menschen Sicherheit. Sie haben hier touristische Angebote und damit nicht nur Erholungsmöglichkeiten für uns Großstädter, sondern auch Arbeitsplätze geschaffen. Sorgen wir gemeinsam dafür, dass wir spätestens Ostern 2006 sagen können: Die Heide ist frei!
Vielen Dank.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Petra Pau [fraktionslos])
Ernst Bahr (Neuruppin) (SPD):
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Frau Lötzsch, aus Ihrem parlamentarischen Verständnis kann man ableiten, was Sie gesagt haben. Dass man aber innerhalb einer Koalition in einer Sachfrage unterschiedlicher Meinung sein kann, die sich mitunter in einer parlamentarischen Diskussion zum Ausdruck bringt, ist, denke ich, und eine ganz natürliche Sache. Trotz unseres Antrags stehen wir zur Regierungspolitik. Das sage ich auch an die Adresse der FDP und der CDU/CSU. Wir haben überhaupt nicht die Absicht, die Koalition mit einem Riss zu versehen.
Wir vertreten in der Verteidigungspolitik die Auffassung, dass die Bundeswehr - so sehr wir ihre durch den Verteidigungsminister bestimmte Aufgabenstellung begrüßen - den Übungsplatz in Wittstock nicht braucht. Das ist unsere zentrale Aussage. Diese haben wir sehr sachlich und fundiert begründet. Frau Schäfer, Ihre Aussagen treffen dagegen nicht zu. Sie sollten sich unseren Gruppenantrag ruhig noch einmal vornehmen. Ein so sachlich und präzise begründeter Antrag wie in diesem Fall ist selten
(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Von SPD und Grünen!)
eingebracht worden.
Herr Nolting, die FDP-Fraktion sollte ihren Antrag zurückziehen, weil er keinen Sinn macht.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Er sieht nur eingeschränkte Übungsmöglichkeiten für die Bundeswehr vor. Wenn es tatsächlich so ist, wie Sie behaupten, und der Übungsplatz tatsächlich gebraucht wird, muss er sowieso eingerichtet werden und Kosten werden entstehen. Die Frage ist dann nicht mehr, wie viele Übungsmöglichkeiten vorhanden sind. Wenn Sie Ihren Antrag zurückziehen und unseren Gruppenantrag unterstützen, dann werden wir ein Stückchen weiterkommen.
(Günther Friedrich Nolting [FDP]: Was sagen Sie denn zur Rede des Staatssekretärs?)
- Der Staatssekretär vertritt die Regierungsposition und wir vertreten die Position, dass die Bundeswehr diesen Übungsplatz nicht braucht.
Die Bündnisfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland stellen wir jedenfalls nicht infrage. Wir sind der Meinung, dass Übungsmöglichkeiten für die Bundeswehr gegeben sind, und zwar ohne dass man zusätzlich Geld ausgeben und zusätzliche Belastungen für Menschen in anderen Regionen schaffen muss.
Zur Lastenverteilung: Wer wie Sie sagt, die Lasten zwischen Ostdeutschland und Westdeutschland seien nun gleichmäßig verteilt, der weiß nicht, was zu Zeiten der sowjetischen Übungen stattgefunden hat. Es war nicht allein die Zahl der Übungen. Vielmehr gab es auch Luftwaffenübungen, beispielsweise mit Hubschraubern, sowie Kanonen- und Panzerübungen mit scharfer Munition. Solche unvorstellbaren Belastungen über 40 Jahre musste keine bundesdeutsche Gemeinde nach dem Zweiten Weltkrieg erleben. Insofern kann von einer gleichmäßigen Lastenverteilung keine Rede sein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN - Günther Friedrich Nolting [FDP]: Gehen Sie einmal nach Siegenburg! - Manfred Grund [CDU/CSU]: Das ist wirklich das letzte Argument, das ich angeführt hätte!)
Zu den Präzisionswaffen: Frau Schäfer, Sie haben gesagt, hier könne man Einsparungen vornehmen. Das ist in Wahrheit nicht möglich. Präzisionswaffen werden beschafft und es wird mit ihnen geübt, weil sie für zukünftige Einsätze benötigt werden. Deswegen kann nach unserer Meinung auf den Abwurf von Bomben, wie er in der Kyritz-Ruppiner Heide geübt wird, verzichtet werden. Des Weiteren haben Sie behauptet, dass wir die Entsorgung unterschlagen würden. Das stimmt nicht. Wir wissen, dass auf dem Übungsplatz Wittstock eine Entsorgung durchgeführt werden muss. Das wird auch geschehen, selbst wenn die Bundeswehr diesen Übungsplatz nicht nutzen sollte.
Das Ziel unseres Gruppenantrags ist die Unterstützung derjenigen Menschen, die eine nicht militärische Entwicklung dieser Region verlangen. Dazu gehört im Wesentlichen die Tourismuswirtschaft, die große Bedeutung hat und die sich sehr gut entwickelt hat. Die Bundeswehr braucht nach meiner Meinung diesen Übungsplatz nicht und daher sollte dieser Platz der friedlich-zivilen Nutzung zugeführt werden. Wir brauchen Klarheit, und zwar möglichst schnell, damit die getätigten Investitionen nicht umsonst waren und damit die beabsichtigten Investitionen umgesetzt werden können. Wir fordern, dass möglichst schnell eine Entscheidung getroffen wird, damit Sicherheit für die Region und ihre Entwicklung gegeben ist. Die 13 Jahre gerichtliche Auseinandersetzung, in denen Kommunen und Privatpersonen Geld investieren mussten, waren aus meiner Sicht nicht notwendig. Ich freue mich und begrüße es, dass Bundesverteidigungsminister Struck nun zumindest dazu übergegangen ist, die rechtlichen Probleme, soweit sie Eigentumsfragen betreffen, von sich aus zu klären, und dass er nicht wie die Vorgängerregierung die Gemeinden darauf verweist, dass sie klagen können, wenn sie etwas haben wollen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Wir haben eine Situation, die einer Lösung zugeführt werden muss. Ich möchte an dieser Stelle den Bürger-initiativen herzlich dafür danken, dass sie mit ihrem Engagement dafür gesorgt haben, dass dieses Thema bundesweit ins Gedächtnis gerufen wurde und dass es weiter verfolgt wird. Ich darf all denjenigen danken, die das organisiert und initiiert haben. Wir haben unseren Gruppenantrag auf der Grundlage dieser Initiativen gestellt.
In der vergangenen Wahlperiode sind wir mit den Beratungen über einen entsprechenden Antrag leider nicht zu Ende gekommen. Das ist nicht bewusst niedergelegt worden
(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Wie ist das denn passiert?)
- Herr Kues, Sie wissen doch, wie es war -, sondern der Diskontinuität zum Opfer gefallen.
(Dr. Hermann Kues [CDU/CSU]: Weshalb denn? Sie machen den Leuten etwas vor! Das ist nicht korrekt! Das ist Opportunismus hoch drei!)
Wir haben das damals zu spät eingebracht. Diesmal haben wir es zur rechten Zeit eingebracht in der Hoffnung, dass die Ausschussberatungen, die wir sehr intensiv begleiten werden, ein Ergebnis zeitigen werden, sodass viele Kolleginnen und Kollegen unserem Antrag im Bundestag zustimmen können. Die Bundeswehr muss zwar aufgabengerecht ausbilden. Aber sie kann auf den Übungsplatz in Wittstock verzichten, weil sie ihn nicht benötigt.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Werner Kuhn (Zingst) (CDU/CSU):
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die wirtschaftliche Entwicklung im Bereich der Kyritz-Ruppiner Heide und in der Müritz-Region befindet sich in einer ganz schwierigen Situation. Für mein Dafürhalten haben wir einen Zielkonflikt. Das ist das große Problem.
Die Tourismusbranche ist die einzige Wachstumsbranche in dieser strukturschwachen Region. Parallel dazu gibt es eine militärische Nutzung des Gebiets, verbunden mit den entsprechenden Belastungen. Dazu gehören Tiefflüge; Kollege Kues hat eindrucksvoll geschildert, wie das in seiner Region in den letzten Jahren vonstatten gegangen ist. Deshalb muss man überlegen, was von höherem volkswirtschaftliche Nutzen ist.
Ich unterstütze das Anliegen des Antrages aus den Reihen von Rot-Grün.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Aber dann müssen Sie doch auch einmal an die Regierung herangehen. Der Verteidigungsminister und der Wirtschaftsminister müssen an einen Tisch und diesen Sachverhalt klären. Sie haben das letztendlich in der Hand. Aber über 14 Jahre hinweg haben wir hier überhaupt keine Aktivitäten erlebt, die zielführend gewesen wären.
In unterschiedlichen Bürgerinitiativen haben Sie mit Ihren Matadoren vonseiten der SPD - das wurde hier dokumentiert - den Leuten immer wieder Hoffnungen gemacht: Wenn Sie uns wählen, wird es diesen Schießplatz nicht geben. Das Gegenteil haben Sie gemacht. Das halte ich für einen Wortbruch. So kann man mit den Bürgerinnen und Bürgern in der Müritz-Region und in der Kyritz-Ruppiner Heide nicht umgehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Günther Friedrich Nolting [FDP])
Denken Sie an Rheinsberg! Denken Sie an die Müritz! Bedenken Sie, welche Investitionsmöglichkeiten bei einer Arbeitslosigkeit von 23,5 Prozent überhaupt noch bestehen! Wenn ein Hotelunternehmer, der Zuwächse an Übernachtungen verzeichnen kann, in einen Anbau investieren will, braucht er neben dem Eigenkapital eben auch Fremdkapital. Da die Entscheidung, ob die Kyritz-Ruppiner Heide militärisch genutzt wird, immer noch aussteht, besteht Unsicherheit und diese Unsicherheit belastet. Wir brauchen endlich Klarheit. Für diese Klarheit muss die Regierung sorgen.
Bei der Anhörung im Ausschuss für Angelegenheiten der neuen Länder zu dem Antrag, der damals vorlag - warum er nicht zur Vollendung gekommen ist, kann ich nicht nachvollziehen -, haben wir gemerkt, dass man sich in dieser Region mit Bürgermeistern, die der Union angehören, mit Landräten, die der Union angehören, und mit Vertretern auf der Seite der Nordbrandenburger, die der SPD angehören, darüber einig war, dass - -
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege, ich muss Sie unterbrechen, weil Sie reden, ohne Luft zu holen.
(Heiterkeit)
Der Kollege Manzewski würde gerne eine Zwischenfrage stellen. Erlauben Sie das?
Werner Kuhn (Zingst) (CDU/CSU):
Kollege Manzewski ist wie ich für diese Region zuständig. Wir haben letztendlich in unseren Überzeugungen - -
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Manzewski?
Werner Kuhn (Zingst) (CDU/CSU):
Ja, bitte.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Bitte schön.
Dirk Manzewski (SPD):
Herr Kollege Kuhn, zur Richtigstellung: Ich bin für die Region zuständig, weil ich direkt gewählter Abgeordneter bin.
(Heiterkeit bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)
Aber ich erkenne an, dass auch Sie sich um diese Region bemühen.
Ich habe zwei Fragen, weil ich aus Ihrem Vortrag nicht schlau werde.
Erstens. Könnten Sie mir sagen, ob Sie nun für den Antrag sind oder nicht?
Zweitens. Sie kritisieren hier die Bundesregierung. Sie kritisieren leider nicht Ihre eigene Fraktion. Geben Sie mir Recht, dass, wenn die CDU/CSU diesen Antrag gemeinsam mit den Unterzeichnern unterstützen würde, dieser Antrag durchginge?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN - Lachen bei der CDU/CSU - Manfred Grund [CDU/ CSU]: Und so was regiert seit Jahren!)
Werner Kuhn (Zingst) (CDU/CSU):
Erstens. Ich unterstütze diesen Antrag.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Zweitens. Sie haben die Regierungsverantwortung. Herr Kollege Manzewski. Zudem kommt dieser Antrag aus Ihren Reihen. Sie haben also die Verantwortung, dass die Zielstellung erreicht wird. Wir sind in der Opposition. Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir die Rollen beim nächsten Mal wechselten und Sie nicht mehr als Vertreter einer die Regierung tragenden Fraktion redeten. Es wird höchste Zeit, dass sich da etwas ändert.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Zusammenhang bitte ich ganz inständig darum, dass sich die Verantwortlichen in der Exekutive, die verantwortlichen Minister, des Problems annehmen und eine fachliche und sachliche Beurteilung hinsichtlich der Entwicklung der Region, auch was den Tourismus betrifft, erarbeiten. Ich habe den Eindruck, dass die Entwicklungsziele, die hier vorgegeben worden sind, nur im Bereich des Tourismus liegen können.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: So ist es! Da haben Sie einfach Recht!)
Wir wissen genau, dass diese Branche weltweit operiert.
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Herr Kollege Kuhn, Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Werner Kuhn (Zingst) (CDU/CSU):
Wir werden so Nachteile erleiden. Das können wir nicht kampflos hinnehmen. Das ist auch die Überzeugung unserer Unternehmerschaft.
(Beifall bei der CDU/CSU - Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmen Sie zu?)
- Ja.
(Hans-Christian Ströbele [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sehr gut!)
Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:
Ich schließe die Aussprache.
Interfraktionell wird Überweisung der Vorlagen auf den Drucksachen 15/4792 und 15/4956 an die in der Tagesordnung aufgeführten Ausschüsse vorgeschlagen. Sind Sie damit einverstanden? - Das ist der Fall. Dann sind die Überweisungen so beschlossen.
Quelle: Plenarprotokolle Deutschen Bundestages, www.bundestag.de
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