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"Ihr Krieg hat viele Gesichter und Facetten"

Bündnisrede Siko 2015, gehalten von Walter Listl (Münchner "Sicherheitskonferenz")


Die folgende Rede von Walter Listl wurde zu Beginn der Demo gegen die Münchner "Sicherheitskonferenz" ("SIKO") gehalten - im Namen des ganzen Bündnisses, das am 7. Februar 2015 auf die Straße ging. Hier geht es zum Aufruf des Bündnisses: KEIN FRIEDEN MIT DER NATO.

In München trifft sich an diesem Wochenende wieder das Terrornetzwerk NATO unter dem Vorwand, eine Sicherheitskonferenz durchzuführen. Der Bund sponsert auch in diesem Jahr diese Konferenz mit rund einer Million Euro. Das Gesamtbudget der Konferenz wird auf 1,721 Millionen Euro veranschlagt. 240 Bundeswehrsoldaten werden zum Verschanzen der Konferenz abgestellt.

Im Luxushotel Bayerischer Hof sitzen die Verantwortlichen für weltweite Kriege und Rüstung, für Folter, tausendfachen Drohnenmord und für das Flüchtlingsmassengrab im Mittelmeer.

Ihr Krieg hat viele Gesichter und Facetten. Sie sind verantwortlich für Interventions- und Aggressionskriege wie gegen Jugoslawien, Afghanistan oder Irak. Ihr Waffenexport befeuert kriegerische Konflikte rund um den Erdball. Mit ihrem international vernetzten Foltersystem führen sie Krieg gegen die Menschlichkeit und Menschenwürde. Handelabkommen wie TTIP oder Sanktionen wie gegen Russland oder den Iran sind Teil ihres Krieges, der Menschen erniedrigt, demütigt oder tötet. Ihr Drohnenkrieg ist nichts anderes als Lynchjustiz und hat Tausenden Unschuldigen das Leben gekostet, ihre Flüchtlingspolitik das Mittelmeer zum Massengrab gemacht. Und ihr Cyber-War richtet sich gegen den Rest der Welt.

Deshalb ist der Begriff Sicherheitskonferenz eine Einwortlüge. Dies ist keine Sicherheitskonferenz, sondern ein Jahrmarkt der Heuchler, der Doppelmoral und der Lügen. Die Politiker und Militärs der NATO-Staaten, die Waffendealer und Kriegsstrategen bei dieser Konferenz haben Blut an ihren Händen. Ihre Kriege gründen allesamt auf Lügen und Bruch des Völkerrechts.

Jeder Krieg ist ein Verbrechen, egal unter welchem Vorwand er geführt, egal mit welcher Lüge er begründet und egal mit welchen Waffen er geführt wird. Und - jeder Krieg ist Terror und gebiert neuen Terror.

Arundhati Roy, die indische Schriftstellerin, hat recht wenn sie sagt: Der Terrorismus ist aus der Rippe einer Welt gemacht, die vom Imperialismus verwüstet wurde.

Gerade erleben wir, dass ein neuer kalter Krieg vom Zaun gebrochen wird und in der Ukraine ein heißer Krieg angeheizt wird. Die Friedensbewegung stellt sich auf keine Seite der Kriegsparteien in der Ukraine. Wir sind auf der Seite der Opfer dieses verdammten Krieges. Wir sagen: Dieser Konflikt kann und darf nicht militärisch gelöst werden.

Für eine Panzerschmiede wie KMW mag dieser Krieg „ein Lichtblick“ sein. Für die Menschen ist er eine Katastrophe und für uns ein Motiv gegen diese Kriegstagung auf die Straße zu gehen. Und wir vergessen darüber nicht, welche Ursachen dieser Krieg hat: Die NATO rückt an Russlands Grenzen vor, schnelle Eingreiftruppen und ein Raketenschirm in Osteuropa werden gegen Russland in Stellung gebracht, NATO Manöver finden in der Ukraine statt und die dortige von Faschisten durchsetzte Regierung und Armee ist Bündnispartner der NATO.

Die Wirtschaftswoche schrieb zu den Überlegungen in den USA, Waffen an die ukrainische Regierung zu liefern: „Das ist von allen Schlussfolgerungen die hirnloseste.“

Zu dieser Erkenntnis kam auch schon Bertolt Brecht. Er hat einmal geschrieben: "Die Schriftsteller können nicht so schnell schreiben, wie die Regierungen Kriege machen; denn das Schreiben verlangt Denkarbeit."

Dieser Hirnlosigkeit hat sich auch Herr Ischinger – Chef der sog. Sicherheitskonferenz -verschrieben. Er forderte nicht nur den Einsatz der Luftwaffe der Bundeswehr im Nordirak, sondern auch Waffenlieferungen an die Ukraine. Ausdrücklich begrüßte er Pläne, amerikanischer Waffenlieferungen und nennt sie „angemessen und wichtig“. Manchmal brauche man eben diesen „Druck, um Frieden zu erzwingen“. Im Ernstfall steht Herr Ischinger immer auf der Seite der Kriegstreiber und mit der SIKO bietet er Ihnen das entsprechende Propaganda-Forum.

Mit unserer Demonstration wenden wir uns entschieden gegen diesen Konfrontationkurs, gegen jede weitere Aufrüstung und die damit verbundene Eskalation des Krieges in der Ukraine. Die erste Verantwortung die wir vor der Geschichte haben ist zu verstehen, dass es Frieden nur mit und niemals gegen Russland geben kann. Es gibt nur gemeinsame Sicherheit in Europa. Deshalb sind Sanktionen gegen Russland verantwortungslos, denn auch ein Wirtschaftskrieg ist Krieg.

Wenn ein Land systematisch destabilisiert wird, wie derzeit Russland, wenn man gegen dessen Währung spekuliert und Sanktionen beschließt, dann wird Europa nicht sicherer, sondern brandgefährlich. Der Krieg in der Ukraine trägt das Potential einer europaweiten Katastrophe in sich.

Hat sich schon mal jemand überlegt was passiert, wenn eine der vielen Raketen – egal von welcher Seite – mal keinen Bus oder Wohnhaus trifft, sondern eines der Atomkraftwerke in der Ukraine? Deshalb stehen wir hier und sagen: Hört auf mit dem Wahnsinn dieses Krieges!

Deutschland müsse seine weltpolitische Verantwortung „früher, entschiedener und substanzieller“ wahrnehmen, so Bundespräsident Gauck auf der „Siko“ 2014. Deutschlands Kriegsbeteiligung kommt jetzt im Tarnanzug der Verantwortung daher.

Siko-Chef Wolfgang Ischinger lobt in der Zeitung „Welt“ ausdrücklich diese Position: Ohne diese Rede hätte es keine Waffenlieferungen an die Peschmerga gegeben, auch wenn diese „nicht kriegsentscheidend“ gewesen seien.

Das stimmt. Denn entscheidend war etwas anderes: Nämlich, dass das Tabu durchbrochen wurde, Kriegswaffen nicht in Spannungsgebiete zu liefern. Deutschland ist mit diesen Waffenlieferungen in ein Kriegsgebiet zur Kriegspartei geworden, es ist ein „Kriegseintritt light“ schreibt der Stern. Nach wie vor ist Deutschland drittgrößter Waffenexporteur der Welt.

Wir sind grundsätzlich gegen alle Waffenlieferungen ins Ausland und gegen alle Varianten von Auslandseinsätzen der Bundeswehr.

Herr Ischinger schreibt in der „Welt“, die Sicherheitskonferenz sei Teil eines Krisenmanagements in der Region Naher und Mittlerer Osten und teilt gleichzeitig mit, er sei für den Einsatz der Bundeswehrluftwaffe im Nordirak gegen den sog. IS.

Wer das Terrorkalifat IS bekämpfen will, sollte zu aller erst Druck auf den NATO-Komplizen Türkei und einige arabischen Staaten ausüben, ihre offensichtliche Unterstützung dieser Terrorbande zu beenden. Deshalb begrüßen wir besonders unsere kurdischen Freundinnen und Freunde, die bei unserer Demonstration dabei sein werden und wir teilen ihre Freude über die Befreiung von Rojava bzw. Kobane.

Vor wenigen Tagen jährte sich zum siebzigsten mal die Befreiung des KZ Auschwitz Anfang April 1945 hatten die Häftlinge des KZs Buchenwald sich selbst befreit. Die überlebenden Häftlinge leisteten den berühmten Schwur von Buchenwald: Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus! Dieser Auftrag, dieses Erbe ist bis heute nicht eingelöst.

Deshalb gehen wir heute auf die Straße
  • Für eine Welt ohne Faschismus und Krieg
  • Für ein Leben ohne Angst
  • Gegen Nationalismus - für internationale Solidarität
  • Für Frieden statt NATO



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