Teltschik verärgert Friedensaktivisten
Organisator der Sicherheitskonferenz in München hält Veränderungen nicht für nötig
Von Rolf-Henning Hintze, München *
Eine Friedensgruppe in München will sich nicht mit dem abfinden, was schon fast Ritual geworden
ist: Auf der einen Seite Dutzende hochrangiger NATO-Politiker und Militärs, die auf der Münchner
Sicherheitskonferenz über »Sicherheitsstrategien« beraten, auf der anderen Seite Scharen von
Demonstranten mit ihrer Kritik.
Wenn es nach dem Willen der Projektgruppe »Münchner Sicherheitskonferenz verändern« ginge,
dann müssten, um dem Ziel Sicherheit näher zu kommen, ganz andere Konferenzstrukturen
geschaffen und der Dialog für ganz andere Personen geöffnet werden.
Monatelang hatte die Gruppe, die unter Berufung auf Mahatma Gandhi und Martin Luther-King das
Prinzip der Gewaltfreiheit als zentral ansieht, an einer Konzeption zur Veränderung der Münchner
Sicherheitskonferenz (MSK) gearbeitet. Unlängst stellte sie diese Konzeption öffentlich vor. Dabei
kam auch ein Brief zur Sprache, den Horst Teltschik, Organisator der MSK und ehemaliger Kohl-
Berater, der Projektgruppe geschrieben hatte. »Was wollen Sie also an meiner Konferenz
verändern?« fragt Teltschik darin provozierend. »Ich kann Ihre Initiative also nur als eine
Unterstützung für mein Bemühen sehen, Frieden durch Dialog zu erreichen, zu fördern und zu
sichern. Nichts anderes will ich und wollen Sie, und wenn Sie dafür Anhänger mobilisieren, bin ich
sehr einverstanden«, so Teltschik.
Das aus verschiedensten Strömungen der Friedensbewegung zusammengesetzte Publikum
reagierte brüskiert angesichts solcher Verdrehungen. Die Projektgruppe hat nie einen Zweifel an
ihrer Meinung gelassen, dass die Sicherheitskonferenz nicht zur Sicherheit, sondern zur
Unsicherheit beigetragen hat. Auf ihrer Website widerspricht die Gruppe vehement dem
Sicherheitsverständnis in der NATO. Dass Menschen ihre Arbeitskraft und Steuern einer sich
steigernden Rüstung opferten und damit militärische Gewaltpotenziale entstünden, präge auch das
Denken in Kategorien der Gewalt. Die Gewaltpotenziale förderten Feindbilder und führten zu
»sozialen Verwerfungen mit übergroßem Leid für die Ärmsten der Welt«.
In einem Punkt unterscheidet sich die Projektgruppe allerdings von anderen NATO-Kritikern. Ihr
reicht es nicht aus, »gegen die Sicherheitskonferenz zu demonstrieren und parallel eine
Friedenskonferenz zu veranstalten«. Ihrer Ansicht nach ist es nötig, mittels gewaltfreier Impulse das
militärisch orientierte Sicherheitsverständnis der MSK zu verändern. Durch die Einlösung des
Konferenzslogans »Frieden durch Dialog« könne dereinst eine »Münchner Konferenz für Frieden in
Gerechtigkeit« entstehen, die ihre Themen im Sinne einer Weltinnenpolitik begreift und »Raum
schafft für Friedensgespräche, Krisenprävention und Konflikttransformation«.
Trotz des Vereinnahmungsversuchs von Teltschik bemüht sich die Projektgruppe aber weiter um ein
direktes Gespräch mit ihm, erklärte Sepp Rottmayr, einer ihrer Sprecher. Ziel sei es, dass auch
Friedensforscher und Wohlfahrtsverbände wie Misereor oder Brot für die Welt auf der
Sicherheitskonferenz auftreten könnten.
Die von der MSK behauptete Offenheit zum Dialog wertet die Mehrheit der Konferenzgegner
dagegen schon länger als PR-Manöver. Das »Aktionsbündnis gegen die NATO-Sicherheitskonferenz« hat bereits zu neuen Protesten im Februar 2007 aufgerufen.
* Aus: Neues Deutschland, 5. Dezember 2006
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