Münchner Sicherheitskonferenz vergibt Friedensplakette an "Soldaten im Friedensdienst" - Schreer: "Die Brandstifter präsentieren sich als Feuerwehr"
Prof. Dr. h.c. Horst Teltschik stellt in einer Pressekonferenz das Programm vor - Friedensbewegung kontert mit einer Erklärung
Am 17. Januar präsentierte der Organisator der Münchner Sicherheitskonferenz, Prof. Dr. h.c. Horst Teltschik, die wichtigsten Eckpunkte des Programm der diesjährigen Veranstaltung. Die entsprechende Erklärung ist mittlerweile auch auf der offiziellen Website der Veranstalter zu lesen (www.securityconference.de.)
Wir dokumentieren im Folgenden die offizielle Verlautbarung sowie eine erste Protestreaktion aus der Friedensbewegung, verfasst von Claus Schreer, einem der Organisatoren der jährlichen Gegendemonstrationen gegen die "Sicherheitskonferenz".
Die 44. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik
Pressegespräch zur 44. Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik
im Hotel "Bayerischer Hof" in München:
Generalthema "Welt im Umbruch - Veränderte Machtverhältnisse, fehlende Strategien" - Teilnahme von rund 40 Ministern - Friedensplakette an Soldaten im Friedensdienst
Von Petra Spoerle-Strohmenger
München. (17. Januar 2008). - Die Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik gehört unstrittig zu der ersten Riege großer politischer Treffen. So werden auch in diesem Jahr rund 40 Minister und drei Staatspräsidenten zu der vom 08. bis 10. Februar 2008 stattfindenden Konferenz erwartet. Insgesamt wird es rund 250 Teilnehmer aus 50 Ländern in die bayerische Landeshauptstadt führen.
Wie in etwa die Tagesordnung aussehen wird und welche hochrangigen Politiker zur Veranstaltung kommen werden, präsentierte der Veranstalter, Prof. Dr. h.c. Horst Teltschik, bei einem Pressegespräch im Veranstaltungshotel, dem Bayerischen Hof in München.
Neben Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsminister Franz Josef Jung nehmen weitere hochrangige Teilnehmer aus aller Welt teil, wie der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, der japanische Außenminister Masahiko Komura, der russische 1. Stellvertretende Premierminister Sergej Iwanow sowie der Direktor der Internationalen Atom- energiebehörde, Mohammed El Baradei. Ungewiss bleibt zum jetzigen Zeitpunkt noch die genaue Zusammensetzung der US-Delegation, fest steht aber, dass US-Verteidigungsminister Bob Gates nach München kommen wird.
Türkei - Schlüsselrolle im Nahen- und mittleren Osten
Die diesjährige Münchner Konferenz für Sicherheitspolitik wird unter dem Generalthema "Eine Welt in Unordnung -- Veränderte Machtverhältnisse, fehlende Strategien?" stehen und sich der Frage widmen, ob es überhaupt Strategien gibt, mit weltweiten Konflikten umzugehen. "Mein Eindruck ist, wir haben immer mehr Konflikte, aber immer weniger Strategien und auch immer weniger Wissen im Umgang mit diesen Problemen", so Teltschik.
Das Motto der diesjährigen Konferenz bestimmt denn auch die Tagesordnung. Eröffnet wird die Konferenz am Samstag mit einem Redebeitrag des Ministerpräsidenten der Türkei, Recep Tayyip Erdogan, zu den außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Türkei. "Die Türkei spielt zunehmend eine Schlüsselrolle im Mittleren und Nahen Osten und ihr Einfluss reicht bis Zentralasien. Gleichzeitig laufen auch die Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei", erklärte Teltschik.
NATO - Verantwortung mit entsprechenden Ressourcen
Traditionell wird auch ein Thema zur Atlantischen Allianz auf der Agenda stehen. Frage ist hier, ob die NATO (North Atlantic Treaty Organization), die immer größere politische Verantwortung übernimmt auch die Ressourcen hat, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Teltschik: "Was würde zum Beispiel geschehen, wenn man in Afghanistan scheitern würde?"
Bei der kommenden Konferenz wird Abrüstung ein weiteres Schwerpunktthema sein. Im Mittelpunkt steht hier der Bereich der Nuklearrüstung und die Frage, wie es mit der globalen Rüstung weitergeht. Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier sowie der französische Verteidigungsminister Bernhard Kouchner, werden hierzu referieren. Zum erstem Mal hat in diesem Zusammenhang auch der Präsident der IAEA (Internationale Atom- und Energiebehörde) Mohammed El Baradei zugesagt.
Russland - Wohin geht Russland?
Der zweite Konferenztag wird versuchen die Frage zu beantworten, wie es mit der Europäischen Union und der NATO weitergeht und wie die USA und auch Deutschland künftig mit Russland umgehen werden. Teltschik: "Werden russische Interessen ernst genommen? Wird Russland als gleichberechtigter Partner ernst genommen oder setzen wir uns über deren Interessen hinweg?" Im Blickpunkt stehe hier die Frage, ob Russland - so wie 1990 vorgesehen - in eine gesamteuropäische Sicherheits- und Friedensordnung einbezogen werden müsse. Redner wird der Sergej Iwanow sein.
Ein letzter Bereich gilt wieder einem asiatischen Thema, nämlich der Frage nach dem Beitrag der asiatischen Länder zu einer globalen stabilen Sicherheitsordnung. Zu diesem Thema ist ein Beitrag des japanischen Außenministers Masahiko Komura vorgesehen.
Friedenplakette geht an Soldaten im Friedensdienst
Auch in diesem Jahr wird die von Konferenzleiter Horst Teltschik initiierte "Friedensplakette" verliehen. Die Plakette soll Persönlichkeiten verliehen werden, die sich durch besondere Friedensinitiativen auszeichnen. "In diesem Jahr geht die Plakette an keine Einzelperson, sondern sie wird stellvertretend für alle Soldaten, die im Rahmen der NATO international Friedensdienst leisten, an einen kanadischen Soldaten verliehen werden", sagte Teltschik.
Siko 2008: Die Brandstifter präsentieren sich als Feuerwehr - "Friedensplakette" entpuppt sich wieder einmal als Kriegsverdienstorden.
Kommentar zu Horst Teltschiks Konferenzprogramm von Claus Schreer
Die diesjährige "Sicherheitskonferenz" werde unter dem Generalthema "Die Welt in Unordnung - Veränderte Machtverhältnisse - fehlende Strategien" stehen, erklärte Siko-Organisator Horst Teltschik bei der Vorstellung des Programms für die bevorstehende NATO-Militärtagung vom 8. bis 10. Februar 2008 in München.
Das Konferenzmotto ist quasi ein Eingeständnis dafür, dass sich die NATO mit ihren Kriegseinsätzen in eine Sackgasse manövriert hat. Das Desaster in Afghanistan und im Irak lässt sich ja tatsächlich kaum noch beschönigen. Auf der Siko soll jetzt offensichtlich nach einem Ausweg gesucht werden.
Dass die NATO-Staaten selbst die Hauptverantwortung für die "Unordnung" in der Welt tragen, schlimmer noch: dass ihre Besatzungstruppen die Bevölkerung in den betroffenen Ländern terrorisieren, tausende Zivilisten töten, dass sie Hunger, Elend und Chaos vergrößern, darüber wird jedoch im Bayerischen Hof kein Wort zu hören sein. Die Brandstifter werden sich wieder einmal als Feuerwehr und als Friedensstifter präsentieren.
Unter Friedenseinsatz verstehen die auf der Siko anwesenden NATO-Minister, die Generäle und Militärstrategen: Verstärkung der Besatzungstruppen, mehr Rüstung, mehr Krieg. NATO-Generalsekretär Hoop Scheffer verlangt von den Bündnispartnern Truppenverstärkung in Afghanistan, die US-Regierung Unterstützung der Kriegsdrohungen gegen den Iran, die Türkei soll offensichtlich bei der Neuordnung des Nahen und Mittleren Ostens eine Schlüsselposition einnehmen und stärker in die NATO-Kriegsstrategie eingebunden werden.
Der türkische Ministerpräsident Erdogan - Stargast auf der kommenden
Konferenz - entpuppt sich inzwischen als gut funktionierende Marionette der türkischen Generalität, die den Krieg gegen die Kurden mit Angriffen auf den Nordirak ausweitet und dafür von der US-Regierung grünes Licht erhalten hat. Der Auftritt Erdogans in München wird - völlig zu Recht - besonders die kurdischen Migrantinnen und Migranten zur Beteiligung an den Protesten gegen die Siko mobilisieren.
Der Gipfel der Friedensheuchelei
Auch in diesem Jahr wird wieder die sog. "Friedensplakette", in Wahrheit der alljährliche Siko-Kriegsverdienstorden, verliehen. Die Auszeichnung erhält diesmal ein kanadischer Soldat - stellvertretend für alle Soldaten, die an den völkerrechtswidrigen Kriegseinsätzen der NATO beteiligt sind, oder, wie Horst Teltschik es sagt, "die im Rahmen der NATO international Friedensdienst leisten". Krieg ist Friedensdienst - diese Heuchelei und Scheinheiligkeit ist kaum noch zu überbieten.
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