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Probesitzen für Dresden

Bündnis mobilisiert trotz Aufmarschverbot

Probesitzen in Berlin, Plakatieren in vielen Städten. Die Mobilisierung gegen die Dresdner Nazidemo geht trotz des Aufmarschverbotes weiter.

Das Bündnis »Dresden nazifrei« geht weiterhin davon aus, dass der für den 13. Februar angekündigte Naziaufmarsch stattfinden wird. Eine gestern erlassene Verfügung der Behörden, wonach lediglich eine Kundgebung erlaubt ist, betrachte man als »rechtlich nicht haltbar«, sagte ein Sprecher auf ND-Anfrage. Daher werde am Blockadekonzept des Bündnisses nichts geändert. Auch ein für Samstag 14 Uhr an der Dresdner Synagoge geplantes »Probesitzen« werde durchgeführt.

Sollte die Beschränkung der von der »Jungen Landsmannschaft Ostpreußen« (JLO) angemeldeten Veranstaltung, zu der Tausende Alt- und Neonazis aus ganz Europa erwartet werden, jedoch vor Gericht Bestand haben, verfüge das Bündnis über »einen Plan B und einen Plan C«, sagte der Sprecher.

Auch der sächsische LINKE-Landeschef Rico Gebhardt betonte, unabhängig davon, ob eine rechte Kundgebung oder Demonstration stattfinde, werde »unser Protest gegen die Vereinnahmung der Stadtgeschichte durch die Nazis deutlich wahrnehmbar sein«. Gebhardt kritisierte zugleich die von der Stadt erlassenen Auflagen. Diese kämen zu spät, weil der Naziaufmarsch bereits seit Jahren stattfinde, zudem hätte die Rechtslage auch ein vollständiges Verbot zugelassen. Die JLO kündigte unterdessen auf ihrer Internetseite an, Rechtsmittel einzulegen. Beim zuständigen Verwaltungsgericht sei ein entsprechender Eilantrag aber bislang nicht eingegangen, sagte Sprecher Robert Bendner.

Das Bündnis »Dresden nazifrei« mobilisiere unvermindert weiter gegen die Nazis. Allein aus Berlin würden 15 Busse erwartet, sagte Bündnissprecher Stefan Thiele. »Die Busse sind ausverkauft, und wir haben immer noch Anfragen.« Absagen habe es noch nicht gegeben. »Alle wissen, dass das Spiel bis zum Schluss offen ist«, sagte Thiele zu den rechtlichen Auseinandersetzungen.

Ein öffentliches Plakatieren in Berlin war für Donnerstag angekündigt. Vorigen Dienstag hatte die Dresdner Staatsanwaltschaft Tausende Plakate und Mobilisierungsflyer wegen der Worte »gemeinsam blockieren« beschlagnahmen lassen. Die Ermittler sehen darin einen Aufruf zu Straftaten. Zudem hatte das Bündnis zu einem »Probesitzen auf sächsischem Boden« aufgerufen. Vor der Landesvertretung im Bezirk Mitte nahmen 25 Menschen Platz, einer Vertreterin des Freistaates wurde ein Bescheid übergeben, dass es am 13. Februar in Dresden keinen Naziaufmarsch geben werde.

In Erfurt hängten LINKE-Fraktionschef Bodo Ramelow und der Landesvorsitzende Knut Korschewsky, am Nachmittag in Sichtweite des Parlaments die inkriminierten Plakate an Laternenmasten - versehen mit dem Zusatz »Jetzt erst recht - wir sind dabei«. Weitere Plakatieraktionen waren für Hamburg, Freiburg, Darmstadt, Jena, Leipzig und viele andere Städte angekündigt.

* Aus: Neues Deutschland, 29. Januar 2010


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