Blockaden gegen rechts
Antifaschistisches Bündnis fordert Polizei zu Gewaltverzicht auf. DGB wirft Dortmunder Justiz "Stillstand der Rechtspflege" vor
Von Markus Bernhardt *
Die Dortmunder Polizei bleibt ihrer bisherigen Linie treu und wird den von den »Autonomen Nationalisten« für Sonnabend (3. Sept.) ausgerufenen »Nationalen Antikriegstag« nicht verbieten. Um Proteste von Antifaschisten in Sicht- und Hörweite zu den Neonazis, die sich ab 12 Uhr am Hauptbahnhof versammeln und dann durch die nördliche Innenstadt in Richtung Hafen marschieren sollen, zu verhindern, hat die Polizei der nördlichen Innenstadt eine rote Zone eingerichtet, in der jegliche Kundgebungen von Antifaschisten untersagt sind.
Erneut stellte die von Polizeipräsident Hans Schulze (SPD) geleitete Behörde klar, daß sie Sitzblockaden – im Gegensatz zu Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (ebenfalls SPD) und der örtlichen Staatsanwaltschaft –als Straftat werte und diese unterbinden werde. »Grobe Störungen von genehmigten Demonstrationen sind keine Ordnungswidrigkeit, sondern eine Straftat«, behauptete Schulze am Donnerstag (1. Sept.) auf einer eigens im Präsidium einberufenen Pressekonferenz.
Das antifaschistische Bündnis »Dortmund stellt sich quer!«, das von linken Parteien, Antifagruppen, der Grünen Jugend und verschiedenen Bundestags-, Landtags- und Stadtratsabgeordneten unterstützt wird, ruft ungeachtet der »Rechtsauffassung« der Polizei dazu auf, den Aufmarsch der Nazis mittels Blockaden zu verhindern. Zu diesem Zweck hat das Bündnis für Samstag mehrere Anlaufpunkte im gesamten Stadtgebiet angemeldet, die von der Polizei auch genehmigt wurden. So sollen sich Dortmunder Bürger sowie mit Bussen angereiste Auswärtige, die sich an den Blockaden beteiligen wollen, am Samstag um 9 Uhr am U-Bahnhof Münsterstraße treffen. Für Antifaschisten, die mit dem Zug anreisen, hat das Bündnis als Treffpunkt das Fritz-Henssler-Haus in der Geschwister-Scholl-Straße vorgesehen. Anwohner der nördlichen Innenstadt, die in der von der Polizei eigens für die Nazis eingerichteten Demonstrationszone wohnen, sollen sich ebenfalls ab 9 Uhr an der Grünestraße/Ecke Schützenstraße versammeln.
Fernab des geplanten Aufmarsches der Neonazis geraten Polizei und Justiz in Dortmund zunehmend unter Druck. So warf der örtliche DGB den besagten Behörden einen »Stillstand der Rechtspflege« vor, da diese nicht entschieden und schnell genug gegen neofaschistische Gewalttäter vorgehen würden. So ist etwa erst im kommenden Jahr ein Prozeß gegen zwei neofaschistische Rädelsführer geplant, die 2009 an dem brutalen Überfall auf die 1.-Mai-Demonstration des DGB beteiligt gewesen sein sollen. In weiteren Fällen, in denen Antifaschisten Opfer rechter Attacken wurden, ruhen die Ermittlungen offenbar, obwohl die Nazigegner den Behörden detaillierte Beschreibungen sowie teils sogar Namen der Täter übermittelt hatten. Ebenfalls sollen die Beamten erst am vergangenen Dienstag mit deutlicher Verspätung eingegriffen haben, als ein Kameramann des Westdeutschen Rundfunks (WDR) bei einer Flugblattaktion der Neonazis angegriffen worden war.
»Anstatt sich für eine Kriminalisierung unserer antifaschistischen Blockaden stark zu machen, sollten Polizei und Justiz endlich ihre Hausaufgaben machen und gegen die neofaschistischen Gewalttäter vorgehen«, kommentierte »Dortmund stellt sich quer!«-Sprecher Dirk Neumann am Donnerstag. Neumann warf der örtlichen Polizei zudem vor, in mehreren Fällen die Ermittlungen gegen Neonazikader zu verschleppen.
* Aus: junge Welt, 2. September 2011
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