"Das nächste Mal werden wir in Portugal zusammenkommen, um ein neues Strategisches Konzept zu billigen"
Dokumentiert: Die Abschlusserklärung des NATO-Gipfels von Strasbourg/Kehl
Am 4. April tagte - begleitet von Demonstrationen der Friedensbewegung - der NATO-Rat in Strasbourg. Anlass war der 60. Geburtstag des größten Militärbündnisses in der Geschichte der Menschheit. Wir dokumentieren im Folgenden die Gipfelerklärung in einer deutschen Übersetzung. Hier geht es zur "Erklärung zur Sicherheit des Bündnisses"
GIPFELERKLÄRUNG VON STRASSBURG/KEHL
Treffen des Nordatlantikrats auf Ebene der Staats- und Regierungschefs am 4. April 2009 in Straßburg/Kehl
1. Wir, die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten des Nordatlantischen
Bündnisses, sind in Straßburg und Kehl zusammengekommen, um den 60. Jahrestag der
Gründung der NATO zu begehen. Wir haben eine Erklärung zur Sicherheit des
Bündnisses verabschiedet, in der die grundlegenden Werte, Prinzipien und Ziele unserer
Allianz bekräftigt werden. Wir haben den Prozess zur Entwicklung eines neuen
Strategischen Konzepts angestoßen, das die längerfristige Rolle der NATO im neuen
Sicherheitsumfeld des 21. Jahrhunderts definieren wird.
2. Wir begrüßen Albanien und Kroatien herzlich in unserem Bündnis. Unsere Nationen
sind geeint durch Demokratie, die Freiheit des Einzelnen und die Rechtsstaatlichkeit, und
wir bekräftigen unser Bekenntnis zu den Zielen und Grundsätzen der Charta der Vereinten
Nationen. Die NATO trägt zu Stabilität und Sicherheit bei, den wesentlichen Grundlagen
für die Bewältigung der weltweiten finanziellen Schwierigkeiten und Unsicherheiten, mit
denen wir konfrontiert sind. Die transatlantische Zusammenarbeit bleibt von zentraler
Bedeutung, wenn es darum geht, die Menschen unserer Länder zu schützen, unserer
Werte zu verteidigen und gemeinsamen Bedrohungen und Herausforderungen, woher
auch immer diese kommen mögen, zu begegnen.
3. Die Unteilbarkeit unserer Sicherheit ist ein grundlegendes Prinzip des Bündnisses. Wir
bekräftigen unsere Solidarität und unser Bekenntnis zur Geschlossenheit des Bündnisses.
Wir werden von diesen unverzichtbaren Prinzipien in allen Bereichen unserer Tätigkeit
geleitet. Eine starke kollektive Verteidigung unserer Bevölkerungen, unseres Gebiets und
unserer Streitkräfte ist das Kernziel des Bündnisses und bleibt unsere wichtigste
sicherheitspolitische Aufgabe. Die laufende Transformation der NATO wird die Fähigkeit
des Bündnisses stärken, sich mit den bestehenden und sich abzeichnenden
sicherheitspolitischen Bedrohungen des 21. Jahrhunderts auseinanderzusetzen, auch
indem es die Bereitstellung perfekt vorbereiteter und voll verlegbarer Kräfte gewährleistet,
die in der Lage sind, das gesamte Spektrum militärischer Operationen und Missionen im
Bündnisgebiet und darüber hinaus, an der Peripherie und in strategischer Entfernung
durchzuführen.
4. Der Ort unseres Treffens ist ein starkes Symbol der Aussöhnung in Europa nach dem
Zweiten Weltkrieg. Das Ende des Kalten Krieges vor 20 Jahren machte den Weg frei für
die weitere Konsolidierung Europas zu einem Kontinent, der wirklich ungeteilt, frei und
friedlich ist. Die NATO hat in diesem Prozess eine aktive Rolle gespielt und wird dies auch
weiterhin tun, indem sie Partnerländer in den Dialog und die Zusammenarbeit einbezieht
und indem sie die Tür für eine NATO-Mitgliedschaft in Übereinstimmung mit Artikel 10 des
Washingtoner Vertrags offen hält.
5. Wir begrüßen die Entscheidung Frankreichs herzlich, sich in vollem Umfang an den
NATO-Strukturen zu beteiligen; dies wird weiter zu einem stärkeren Bündnis beitragen.
6. Wir sprechen den über 75.000 Soldatinnen und Soldaten aus den Bündnisnationen und
anderen Ländern, die im Rahmen von NATO-Missionen und –Operationen Dienst leisten,
unsere große Anerkennung für ihr Engagement und ihre Tapferkeit aus. Wir bekunden den
Familien und Angehörigen der Verwundeten und Gefallenen unsere tief empfundene
Anteilnahme; ihre Opfer für die Förderung der Sache der Freiheit werden nicht vergeblich
gewesen sein.
7. Heute erneuern wir unser Bekenntnis zu einem gemeinsamen Ansatz, mit dem wir den
Herausforderungen für Frieden und Sicherheit im euro-atlantischen Gebiet begegnen
wollen. Wir betonen, dass die bestehenden Strukturen – die NATO, die Europäische Union
(EU), die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und der
Europarat – auf der Grundlage gemeinsamer Werte Ländern weiterhin jede Möglichkeit
bieten, sich intensiv mit euro-atlantischen Sicherheitsbelangen dank eines über
Jahrzehnte hinweg geschaffenen breiten Besitzstands zu befassen, der die Achtung der
Menschenrechte, der territorialen Unversehrtheit und der Souveränität aller Staaten,
einschließlich ihres Rechtes, über ihre eigenen Sicherheitsvorkehrungen zu beschließen,
sowie das Erfordernis einschließt, internationale Verpflichtungen und Vereinbarungen
einzuhalten.
8. In diesem Geist sind die NATO und die Bündnispartner offen für einen Dialog über
einen breiten kooperativen Ansatz für die euro-atlantische Sicherheit, für den die OSZE
ein geeignetes, alle einbeziehendes Format bietet. Das gemeinsame Ziel eines solchen
Dialogs sollte sein, die Umsetzung bestehender Verpflichtungen zu verbessern sowie
bestehende Institutionen und Instrumente weiterhin im Hinblick darauf zu verbessern,
unsere Werte und die euro-atlantische Sicherheit wirksam zu fördern.
9. Unsere Sicherheit ist eng mit der Sicherheit und Stabilität Afghanistans verknüpft.
Deswegen ist unsere unter einem VN-Mandat operierende Internationale
Sicherheitsbeistandstruppe (ISAF) in Afghanistan, die 42 Nationen umfasst, unsere
zentrale Priorität. Wir arbeiten mit der Regierung und dem Volk von Afghanistan und mit
der internationalen Gemeinschaft unter der Führung der Hilfsmission der Vereinten
Nationen in Afghanistan. Zusammen helfen wir im Rahmen eines umfassenden Ansatzes,
der militärische und zivile Ressourcen miteinander verbindet, der afghanischen Regierung,
ein sicheres, stabiles und demokratisches Land aufzubauen, das die Menschenrechte
achtet. Wir betonen die Bedeutung des Schutzes der Rechte von Frauen. Das Ziel der
internationalen Gemeinschaft ist es sicherzustellen, dass Al-Quaida und andere
gewalttätige Extremisten Afghanistan und Pakistan nicht als sichere Zufluchtsorte nutzen
können, von denen aus sie Terroranschläge verüben. Heute haben wir eine
Gipfelerklärung zu Afghanistan herausgegeben, in der wir unsere strategische Vision
bekräftigen und die Maßnahmen darlegen, die unsere Entschlossenheit zeigen, die
langfristige Sicherheit und Stabilität Afghanistans zu unterstützen. Die Eigenverantwortung
Afghanistans bleibt für nachhaltige Fortschritte von ausschlaggebender Bedeutung. Ein
starkes konstruktives Engagement der Länder in der Region ist ebenfalls ein
entscheidender Faktor, und in diesem Sinne versprechen wir, unsere Zusammenarbeit mit
allen Nachbarn Afghanistans, insbesondere mit Pakistan, zu verstärken. Wir setzen uns
für die weitere Zusammenarbeit zwischen Afghanistan und Pakistan ein und begrüßen die
Ergebnisse des dritten trilateralen Gipfeltreffens am 1. April 2009 in Ankara. Wir begrüßen
auch das Ergebnis der Internationalen Afghanistankonferenz am 31. März 2009 in Den
Haag.
10. Unser Bekenntnis zu regionaler Sicherheit und Stabilität auf dem ganzen Balkan bleibt
unerschütterlich. Wir würdigen die fortgesetzte ausgezeichnete Arbeit, die die robuste,
unter einem VN-Mandat operierende NATO-geführte KFOR mit dem Ziel leistet, dabei zu
helfen, ein sicheres Umfeld und Bewegungsfreiheit für alle in Kosovo zu erhalten. Wir
bekräftigen, dass die KFOR entsprechend ihrem operativen Mandat auf der Grundlage der
Resolution 1244 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen in Kosovo bleiben wird,
sofern der Sicherheitsrat nichts anderes beschließt, wobei sie, sofern dies angemessen
ist, mit allen einschlägigen Akteuren zusammenarbeiten wird, um die Entwicklung eines
stabilen, demokratischen, multiethnischen und friedlichen Kosovos zu unterstützen. Wir
begrüßen die Dislozierung der Rechtsstaatmission der Europäischen Union in Kosovo,
EULEX, und ermutigen alle Akteure, ihre Bemühungen fortzusetzen, um die Dislozierung
und volle Einsatzfähigkeit von EULEX in ganz Kosovo zu erleichtern. Das Bündnis ist
weiterhin in vollem Umfang bereit, die Schaffung der vereinbarten multiethnischen
Sicherheitsstrukturen in Kosovo zu unterstützen. Die Auflösung des Kosovo-Schutzkorps
und der Aufbau der Kosovo-Sicherheitstruppe und eines zivil geführten Rahmens zu ihrer
Überwachung unter eingehender Beaufsichtigung durch die NATO sind im Interesse aller
Beteiligten. Wir begrüßen die bisher erzielten Fortschritte in Kosovo und erwarten die volle
Umsetzung der bestehenden Verpflichtungen in Bezug auf Standards, insbesondere was
die Rechtsstaatlichkeit und den Schutz ethnischer Minderheiten und Gemeinschaften und
den Schutz historischer und religiöser Stätten sowie die Bekämpfung der Kriminalität und
Korruption angeht. Wir erwarten, dass alle Beteiligten in Kosovo weitere Fortschritte bei
der Konsolidierung des Friedens und der Ordnung machen. Bei der Ausarbeitung künftiger
Entscheidungen wird die NATO weiterhin die Entwicklungen vor Ort bewerten.
11. Wir bekräftigen unsere Bereitschaft, den irakischen Sicherheitskräften durch die
NATO-Ausbildungsmission in Irak (NTM-I) weiterhin eine breite Palette von Maßnahmen
zur Unterstützung der Ausbildung zur Verfügung zu stellen, und hoffen auf eine Einigung
auf einen überarbeiteten Rechtsrahmen als dringliche Angelegenheit. Wir erinnern an
unser Angebot an die irakische Regierung, einen strukturierten Rahmen der
Zusammenarbeit als Grundlage für die Entwicklung langfristiger Beziehungen zu
konzipieren, und begrüßen die hierbei erzielten Fortschritte.
12. Auf Ersuchen des Generalsekretärs der Vereinten Nationen und auf der Grundlage der
einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen ist die NATO
gegen Piraterie und bewaffnete Raubüberfälle auf See vorgegangen. Wir haben die
Bündnisoperation „Allied Protector“ begonnen, die die Durchführung maritimer
Operationen vor dem Horn von Afrika zum Ziel hat, um parallel zu den Bemühungen
anderer Nationen und Organisationen, insbesondere der Combined Task Force 151 und
der EU-Operation ATALANTA, dabei zu helfen, Piraterie und bewaffnete Raubüberfälle
auf See zu bekämpfen; alle diese Bemühungen ergänzen einander. Die Kontaktgruppe zur
Piraterie vor der Küste Somalias spielt eine wichtige Rolle bei der Erleichterung der
Koordinierung unter allen beteiligten Akteuren. Zur Beseitigung der grundlegenden
Ursachen der Piraterie ist ein umfassender Ansatz der internationalen Gemeinschaft
erforderlich. Wir prüfen derzeit Optionen für eine mögliche langfristige Rolle der NATO bei
der Bekämpfung von Piraterie, auch indem wir, soweit dies angemessen ist, regionale
Ersuchen um den Aufbau maritimer Kapazitäten berücksichtigen.
13. Wir sind unverändert tief besorgt über die fortgesetzten Gewalt- und Gräueltaten in
Darfur und die Ausweisung humanitärer Organisationen aus Sudan und rufen alle Parteien
auf, die Feindseligkeiten einzustellen und redlich zu verhandeln. Wir sind ebenso besorgt
über die andauernde Gewalt und die schwere humanitäre Krise in Somalia. Wir betonen,
dass eine politische Regelung gefunden werden muss, und sind ermutigt durch die
jüngsten Entwicklungen bei der Konsolidierung der Staats- und Regierungsstrukturen. Auf
Ersuchen der Afrikanischen Union (AU) hat die NATO die AU-Mission in Somalia durch die
Koordinierung des Lufttransports und durch Planungshilfe unterstützt. Das Bündnis
unterstützt gegenwärtig die Entwicklung der langfristigen Fähigkeiten der AU zur
Friedenssicherung, einschließlich der Afrikanischen Eingreiftruppe und ihrer maritimen
Dimension. In Betonung des Grundsatzes der afrikanischen Eigenverantwortung ist die
NATO unverändert bereit, ihren Dialog mit der AU auszubauen und weitere Ersuchen um
Unterstützung der AU, auch für den Aufbau regionaler Kapazitäten, zu prüfen.
14. Unser Bündnis trägt eine unverzichtbare transatlantische Dimension zur Antwort auf
den Terrorismus bei. Wir verurteilen alle terroristischen Gewalttaten auf das Schärfste als
kriminell und nicht zu rechtfertigen, ungeachtet ihrer Beweggründe oder
Erscheinungsformen, und sind entschlossen, diese Geißel einzeln und gemeinsam so
lange wie notwendig im Einklang mit dem Völkerrecht und den Grundsätzen der Charta
der Vereinten Nationen zu bekämpfen. Unsere Nationen werden weiterhin zur vollen
Umsetzung der einschlägigen Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen,
insbesondere der Resolution 1373, sowie der weltweiten Strategie der Vereinten Nationen
zur Bekämpfung des Terrorismus beitragen. Wir bedauern alle Verluste an
Menschenleben und bekunden all denen unsere Anteilnahme, die durch terroristische
Gewalttaten gelitten haben. Wir bekräftigen unsere Entschlossenheit, unsere
Bevölkerungen, unsere Gebiete, unsere Infrastruktur und unsere Streitkräfte vor
Terroranschlägen zu schützen und uns mit den Konsequenzen solcher Anschläge zu
befassen. Wir werden unsere Anstrengungen intensivieren, um Terroristen den Zugang zu
Massenvernichtungswaffen (MVW) und ihren Trägersystemen zu verwehren, wie dies in
der Resolution 1540 des VN-Sicherheitsrats hervorgehoben wird. Wir werden weiterhin
moderne Technologien als Hilfe zur Verteidigung gegen Terroranschläge entwickeln, und
wir würdigen die Rolle, die die PfP-Bildungs- und Ausbildungszentren sowie unsere
Kompetenzzentren bei der Auseinandersetzung mit dem Terrorismus und seinen
verschiedenen Aspekten spielen. Wir sind ferner unverändert entschlossen, den
Austausch von Informationen und nachrichtendienstlichen Erkenntnissen über den
Terrorismus zu verstärken, insbesondere zur Unterstützung von NATO-Missionen und
-Operationen. Wir messen dem Dialog und der Zusammenarbeit mit unseren Partnern in
diesem wichtigen Bereich, auch im Rahmen des Partnerschaftsaktionsplans gegen den
Terrorismus, große Bedeutung bei. Wir verurteilen nachdrücklich taktische Maßnahmen
wie Selbstmordanschläge und Geiselnahmen, die Rekrutierung von insbesondere jungen
und benachteiligten Menschen für diese Zwecke sowie den Missbrauch von
demokratischen Gesellschaften innewohnenden Freiheiten durch Terroristen mit dem Ziel,
Hass zu säen und zu Gewalt anzustacheln.
15. Seit ihrem Beginn im Jahr 2001 hat die Operation „Active Endeavour”, unser maritimer
Einsatz im Mittelmeer, die im Rahmen des Artikels 5 des Nordatlantikvertrags durchgeführt
wird, einen bedeutenden Beitrag zum Kampf gegen den Terrorismus geleistet. Wir
bekräftigen unser Bekenntnis zu dieser Operation und begrüßen die fortgesetzte
Unterstützung durch Partnerländer, deren Beiträge sowohl ihr Engagement als auch den
Mehrwert der NATO bei der Förderung regionaler Sicherheit und Stabilität unter Beweis
stellen.
16. Im Zuge der Anpassung der NATO an die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts im
60. Jahr ihres Bestehens kommt es immer mehr darauf an, dass das Bündnis seine sich
entwickelnden Rollen, Ziele und Missionen in geeigneter Weise, zeitgerecht, genau und
flexibel vermittelt. Die strategische Kommunikation ist ein fester Bestandteil unserer
Bemühungen um die Erreichung der politischen und militärischen Ziele des Bündnisses.
Wir begrüßen daher die Verbesserungen in der strategischen Kommunikationsfähigkeit
der NATO und den Anstrengungen im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit, die wir 2008 auf
dem Gipfeltreffen in Bukarest auf den Weg gebracht haben, insbesondere den Ausbau
des Medienoperationszentrums am NATO-Hauptquartier und das größere Angebot des
NATO-Fernsehsenders im Internet. Wir unterstreichen unsere Bereitschaft, die weitere
Verbesserung unserer strategischen Kommunikation bis zu unserem nächsten
Gipfeltreffen zu unterstützen.
17. Wir begrüßen die Rolle der Parlamentarischen Versammlung der NATO bei der
Förderung der Grundsätze und Werte des Bündnisses. Wir würdigen ferner die Rolle der
Vereinigung Atlantischer Gesellschaften bei der Förderung eines besseren Verständnisses
in der Öffentlichkeit unserer Länder für das Bündnis und seine Ziele.
18. Die auf dem Balkan und in Afghanistan gemachten Erfahrungen zeigen, dass die
heutigen sicherheitspolitischen Herausforderungen einen umfassenden Ansatz der
internationalen Gemeinschaft erfordern, der zivile und militärische Maßnahmen und
Koordinierung verbindet. Zu seiner wirksamen Umsetzung müssen alle internationalen
Akteure in einer abgestimmten Anstrengung, im gemeinsamen Geist der Offenheit und
Entschlossenheit sowie unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Stärken und Mandate
beitragen. Wir begrüßen die bedeutenden, in Übereinstimmung mit dem in Bukarest
vereinbarten Aktionsplan erzielten Fortschritte zur Verbesserung des eigenen Beitrags der
NATO zu einem solchen umfassenden Ansatz, auch durch die einheitlichere Anwendung
ihrer Krisenbewältigungsinstrumente und Bemühungen, ihre militärischen Fähigkeiten mit
zivilen Mitteln zu verknüpfen. Die Fortschritte beinhalten die aktive Förderung des Dialogs
über Operationen mit den einschlägigen Akteuren seitens der NATO, den Aufbau einer
Datenbank nationaler Experten für Wiederaufbau und Stabilisierung zur Beratung der
NATO-Streitkräfte und die Einbeziehung ausgewählter internationaler Organisationen,
soweit dies angemessen ist, in Krisenbewältigungsübungen der NATO. Im Rahmen der
von der internationalen Gemeinschaft unternommenen Bemühungen bekräftigen wir
unsere Bereitschaft, den eigenen Beitrag der NATO zu einem zivil-militärischen Ansatz zu
erhöhen, und beauftragen den Rat in Ständiger Sitzung, einen Zwischenbericht für die
Außenminister im Dezember 2009 zu erstellen und auf unserem nächsten Gipfeltreffen
über weitere Fortschritte zu berichten, was die Umsetzung des Aktionsplans und die
Fähigkeit der NATO angeht, bessere Ergebnisse im Bereich der Stabilisierung und des
Wiederaufbaus zu erzielen. Wir ermutigen auch andere Akteure, ihre Bemühungen in
diesem Geist zu intensivieren.
19. Die mehr als zehnjährige Zusammenarbeit zwischen der NATO und den Vereinten
Nationen, insbesondere auf dem Balkan und in Afghanistan, hat gezeigt, wie wertvoll eine
effektive und effiziente Abstimmung zwischen unseren beiden Organisationen ist. Die
Gemeinsame VN-NATO-Erklärung vom letzten Jahr stellt einen wichtigen Schritt bei der
Entwicklung der Zusammenarbeit dar und wird einen maßgeblichen Beitrag zur
Bewältigung der Bedrohungen und Herausforderungen leisten, mit denen die
internationale Gemeinschaft konfrontiert ist. Sie bekräftigt ferner unsere Bereitschaft, im
Rahmen unserer jeweiligen Mandate und Fähigkeiten Ersuchen um Hilfe für regionale und
subregionale Organisationen zu prüfen, soweit dies angemessen ist. Wir bekennen uns
zur vollständigen Umsetzung der Erklärung in Zusammenarbeit mit den VN. Wir begrüßen
die bislang erzielten Fortschritte, insbesondere was den Ausbau des Dialogs und die
Verbesserung der Verbindungsregelungen angeht, und sehen einem Bericht über weitere
Fortschritte auf unserem nächsten Gipfeltreffen erwartungsvoll entgegen.
20. Die NATO und die EU haben gemeinsame Werte und strategische Interessen. Folglich
arbeiten die NATO und die EU zusammen sowie Seite an Seite bei zentralen
Krisenbewältigungsoperationen; sie kooperieren unter anderem im Kampf gegen den
Terrorismus, bei der Entwicklung kohärenter und sich gegenseitig verstärkender
militärischer Fähigkeiten und bei der zivilen Notfallplanung und werden dies auch weiterhin
tun. Die NATO weiß um die Bedeutung einer stärkeren und effizienteren europäischen
Verteidigung und begrüßt die Bemühungen der EU, ihre Kapazitäten und ihre Fähigkeit zu
stärken, sich mit den gemeinsamen sicherheitspolitischen Herausforderungen
auseinanderzusetzen, mit denen heute sowohl die NATO als auch die EU konfrontiert
sind. Diese Entwicklungen haben bedeutende Auswirkungen und sind von erheblicher
Relevanz für das Bündnis als Ganzes; deshalb ist die NATO bereit, die EU bei derartigen
sich gegenseitig verstärkenden Bemühungen zu unterstützen und mit ihr
zusammenzuarbeiten, wobei sie die fortbestehenden Belange von Bündnispartnern
berücksichtigt. Nicht der EU angehörende Bündnispartner haben substanzielle Beiträge zu
diesen Anstrengungen geleistet und werden dies auch weiterhin tun. In diesem
Zusammenhang sind wir unverändert der Auffassung, dass alle an diesen Anstrengungen
Beteiligten alle erdenklichen Bemühungen unternehmen sollten, um eine möglichst
umfassende Einbeziehung dieser nicht der EU angehörenden Bündnispartner zu
ermöglichen. Seit unserem letzten Gipfeltreffen in Bukarest sind im Rahmen der
kontinuierlichen Bemühungen um eine Verbesserung der strategischen Partnerschaft
zwischen der NATO und der EU, wie zwischen unseren beiden Organisationen vereinbart,
verschiedene Initiativen ergriffen worden. Wir sind auch willens, Möglichkeiten für eine
weitere Intensivierung der Arbeit im Rahmen der EU/NATO-Gruppe „Fähigkeiten“ zu
sondieren. Ein Erfolg dieser und künftiger kooperativer Anstrengungen erfordert eine
größere gegenseitige Bereitschaft, wirksame Methoden der Zusammenarbeit zu
gewährleisten. Wir sind daher entschlossen, die strategische Partnerschaft zwischen der
NATO und der EU, wie von unseren beiden Organisationen vereinbart, zu verbessern, um
eine engere Zusammenarbeit und größere Effizienz zu erreichen und unnötige
Doppelarbeit im Geiste der Transparenz und unter Achtung der Autonomie der beiden
Organisationen zu vermeiden.
21. In Übereinstimmung mit Artikel 10 des Washingtoner Vertrags bleibt die Tür der NATO
für alle europäischen demokratischen Staaten offen, die die Werte unseres Bündnisses
teilen, willens und in der Lage sind, die Aufgaben und Pflichten einer Mitgliedschaft zu
übernehmen und deren Einbeziehung zur gemeinsamen Sicherheit und Stabilität
beitragen kann.
22. Wir bekräftigen unsere auf dem Gipfeltreffen in Bukarest erzielte Vereinbarung, dass
eine Einladung an die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien [1] ergehen wird,
sobald im Rahmen der VN eine beiderseits annehmbare Lösung für den Namensstreit
gefunden worden ist, und drängen auf verstärkte Anstrengungen zur Erreichung dieses
Zieles. Wir werden die Reformbemühungen der Regierung der ehemaligen jugoslawischen
Republik Mazedonien weiterhin unterstützen und begleiten. Wir begrüßen die kürzlich
getroffene Entscheidung der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien, ihren
Beitrag zur ISAF zu erhöhen.
23. Wir bekennen uns unverändert zu der strategisch wichtigen Balkanregion, in der die
euro-atlantische Integration auf der Grundlage demokratischer Werte und regionaler
Zusammenarbeit für dauerhaften Frieden und dauerhafte Stabilität notwendig bleibt. Wir
würdigen die wichtige Rolle, die die Südosteuropa-Initiative und die Adriatische Charta bei
der Förderung der regionalen Zusammenarbeit, der Bildung von Vertrauen und der
Erleichterung des euro-atlantischen Integrationsprozesses des westlichen Balkans
spielen.
24. Wir begrüßen die euro-atlantischen Integrationsbestrebungen von Bosnien und
Herzegowina und Montenegro sowie die Fortschritte, die im Intensivierten Dialog der
NATO über Fragen der Mitgliedschaft mit beiden Ländern erzielt wurden.
25. Wir begrüßen die erfolgreiche aktive Umsetzung des laufenden Individuellen
Partnerschaftsaktionsplans (IPAP) mit der NATO durch Montenegro. Wir sind ermutigt
durch die Reformen, die das Land in einer Reihe von Bereichen durchgeführt hat, die für
seine euro-atlantische Integration von wesentlicher Bedeutung sind, und ebenso durch
seine Beiträge zur Zusammenarbeit und Sicherheit in der Region. Wir hoffen auf weitere
entschlossene Anstrengungen Montenegros in diesem Sinne. Der Rat in Ständiger
Sitzung wird Montenegros Fortschritte fortlaufend aktiv überprüfen und zu einem frühen
Zeitpunkt auf den Antrag des Landes auf Teilnahme am Aktionsplan zur Mitgliedschaft
(MAP) reagieren, in Abhängigkeit von den erzielten Ergebnissen.
26. Wir begrüßen die Fortschritte in der Zusammenarbeit zwischen Bosnien und
Herzegowina und der NATO, auch durch die Umsetzung des laufenden IPAP, und
würdigen die erklärte Absicht des Landes, zu einem geeigneten Zeitpunkt einen Antrag auf
MAP zu stellen. Wir begrüßen die Entscheidung von Bosnien und Herzegowina, zur ISAF
beizutragen. Wir sind ermutigt durch den laufenden politischen Prozess und dringen
darauf, dass hinsichtlich der grundlegenden Herausforderungen, mit denen das Land
konfrontiert ist, ein möglichst breiter Konsens gefunden wird. Dennoch sind wir
unverändert tief besorgt, dass unverantwortliche politische Reden und Aktionen nach wie
vor substanzielle Reformfortschritte behindern. Wir rufen die politische Führung in Bosnien
und Herzegowina dringend auf, weitere echte Schritte zur Stärkung der staatlichen
Institutionen und Neubelebung des Reformprozesses zu unternehmen, um die
euro-atlantischen Bestrebungen des Landes voran zu bringen.
27. Wir begrüßen das erste Individuelle Partnerschaftsprogramm Serbiens mit der NATO
als solide Grundlage für eine substanzielle praktische Zusammenarbeit. Die NATO
begrüßt und unterstützt weiterhin das erklärte Bekenntnis der Regierung zu Serbiens
Integration in die euro-atlantische Staatengemeinschaft. Wir sind bereit, unsere
Partnerschaft weiter zu entwickeln, insbesondere durch die Ausarbeitung eines IPAP und
die fortgesetzte Unterstützung der Reformanstrengungen Serbiens im
Verteidigungsbereich. Alle im Rahmen einer NATO-Partnerschaft gebotenen
Möglichkeiten für politische Konsultationen und praktische Zusammenarbeit stehen
Serbien unverändert offen. Der Wille und die Leistung der serbischen Behörden sind für
die weitere Vertiefung unserer Partnerschaft von entscheidender Bedeutung. Wir rufen
Serbien auf, weitere Fortschritte auf dem Weg zur Konsolidierung des Friedens und der
Ordnung in Kosovo zu erzielen.
28. Wir würdigen die in der Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für
das ehemalige Jugoslawien (IStGhJ) erzielten Fortschritte. Serbien muss jedoch wie
Bosnien und Herzegowina in vollem Umfang mit dem IStGhJ zusammenarbeiten, und wir
werden die diesbezüglichen jeweiligen Anstrengungen dieser beiden Länder eingehend
beobachten.
29. Stabilität und eine erfolgreiche politische und wirtschaftliche Reform in der Ukraine und
in Georgien sind wichtig für die euro-atlantische Sicherheit. In Bukarest haben wir
vereinbart, dass die Ukraine und Georgien NATO-Mitglieder werden, und wir bekräftigen
alle Elemente dieser Entscheidung sowie die Entscheidungen, die im Dezember letzten
Jahres von unseren Außenministern getroffen wurden. Wir stellen möglichst viel Rat, Hilfe
und Unterstützung für ihre Reformanstrengungen im Rahmen der
NATO-Ukraine-Kommission und der NATO-Georgien-Kommission zur Verfügung, die eine
zentrale Rolle bei der Überwachung des auf dem Bukarester Gipfeltreffen in Gang
gesetzten Prozesses spielen. Wir begrüßen insbesondere die geplante Verstärkung der
Informations- und Verbindungsbüros der NATO in Kiew und Tiflis. Unbeschadet der
weiteren Entscheidungen, die hinsichtlich MAP getroffen werden müssen, wird die
Entwicklung jährlicher nationaler Programme Georgien und der Ukraine dabei helfen, ihre
Reformen voran zu bringen. Die jährliche Überprüfung dieser Programme wird es uns
erlauben, die Reformfortschritte Georgiens und der Ukraine im Zusammenhang mit ihrem
Wunsch nach einer NATO-Mitgliedschaft eingehend zu beobachten. Wir begrüßen ferner
die wertvollen Beiträge, die beide Länder zu den NATO-Operationen leisten.
30. Wir sind unverändert davon überzeugt, dass die beiderseits vorteilhaften Beziehungen
zwischen der NATO und der Ukraine, die vor zwölf Jahren mit der ausgeprägten
Partnerschaft begründet wurden, weiterhin zur regionalen und euro-atlantischen Sicherheit
beitragen werden. In diesem Zusammenhang würdigen wir die wertvollen Beiträge der
Ukraine zu unserer gemeinsamen Sicherheit, auch durch die Beteiligung an
NATO-geführten Operationen. Wir bestärken das Land in seinen fortgesetzten
Bemühungen um die Förderung der regionalen Sicherheit und Zusammenarbeit. Wir
unterstreichen, wie wichtig die Bereitschaft der Ukraine ist, mit der Durchführung der
erforderlichen politischen, wirtschaftlichen, verteidigungs- und sicherheitspolitischen
Reformen fortzufahren, um ihre euro-atlantischen Bestrebungen zu erfüllen, und wir
werden zu diesem Zweck weiterhin Hilfe zur Verfügung stellen. Politische Stabilität ist von
zentraler Bedeutung für die erfolgreiche Umsetzung dieser Reformen.
31. Die Beziehungen zwischen der NATO und Georgien haben sich im letzten Jahr
substanziell vertieft. Wir sind unverändert entschlossen, den politischen Dialog mit
Georgien zu fördern und diesem Land Hilfe zu gewähren. Wir bestärken Georgien
nachdrücklich darin, weiterhin alle notwendigen Reformen, insbesondere in den Bereichen
Demokratie, Wahlen und Justiz, die für die Erfüllung seiner euro-atlantischen
Bestrebungen von wesentlicher Bedeutung sind, fortzusetzen Wir bekräftigen unsere
fortgesetzte Unterstützung für die territoriale Unversehrtheit und Souveränität Georgiens
innerhalb seiner international anerkannten Grenzen.
32. Wir ermutigen alle Teilnehmer der Genfer Gespräche, eine konstruktive Rolle zu
spielen und weiterhin eng mit der OSZE, den VN und der EU zusammenzuarbeiten, um
eine friedliche Konfliktlösung im georgischen Hoheitsgebiet herbeizuführen. Wir begrüßen
die im Rahmen der Genfer Gespräche erzielte Einigung auf gemeinsame Mechanismen
zur Verhinderung und Regelung von Zwischenfällen als einen positiven Schritt und rufen
alle Beteiligten dringend auf, sich für ihre rasche Umsetzung zu engagieren. Wir nehmen
die Verlängerung des Mandats für die VN-Beobachtermission in Georgien (UNOMIG) und
die zeitlich befristete Verlängerung des Mandats für die OSZE-Militärbeobachter zur
Kenntnis. Wir fordern ein neues Mandat für die OSZE-Mission in Georgien sowie den
ungehinderten Zugang für VN-, EU- und OSZE-Beobachter in ganz Georgien,
einschließlich der Regionen Südossetien und Abchasien. Wir sind besorgt über die
anhaltende Spannung und Gewalt entlang den administrativen Grenzlinien und rufen alle
Parteien auf, Zurückhaltung zu üben.
33. Die Partnerschaft zwischen der NATO und Russland war als strategisches Element
zur Förderung der Sicherheit im euro-atlantischen Gebiet konzipiert, und wir sind ihr nach
wir vor verpflichtet. Der Dialog und die Zusammenarbeit zwischen der NATO und
Russland sind wichtig für unsere gemeinsame Fähigkeit, gemeinsamen
sicherheitspolitischen Bedrohungen und Herausforderungen wirksam zu begegnen. Wir
bekräftigen die Bedeutung dessen, dass alle Mitglieder des NATO-Russland-Rats die
gemeinsamen Werte und alle Prinzipien, die in der NATO-Russland-Grundakte von 1997
und in der Erklärung von Rom von 2002 verankert sind, achten. Unsere Beziehungen zu
Russland hängen von Vertrauen und der Erfüllung der Verpflichtungen ab. Seit unserem
letzten Gipfeltreffen haben der Dialog und die Zusammenarbeit mit Russland jedoch in
einer Reihe von Fragen unter tief greifenden Meinungsverschiedenheiten gelitten. Das
Bündnis wird die Entwicklungen in den Beziehungen zu Russland weiterhin bewerten.
34. Wir rufen Russland dringend auf, seine Verpflichtungen in Bezug auf Georgien, die am
12. August [2] und 8. September 2008 von der Europäischen Union vermittelt wurden, zu
erfüllen. In diesem Zusammenhang halten wir Russlands Rückzug aus den Gebieten, die
zu verlassen es sich verpflichtet hat, für wesentlich. Wir haben die zur Umsetzung dieser
Verpflichtungen unternommenen Schritte begrüßt, aber der Rückzug ist immer noch nicht
vollständig erfolgt. Das Bündnis hat die Anerkennung der Regionen Südossetien und
Abchasien in Georgien als unabhängige Staaten durch Russland verurteilt und ruft
Russland unverändert auf, die Anerkennung zurückzunehmen, die gegen die Grundwerte
und –prinzipien des NATO-Russland-Rats, gegen die OSZE-Prinzipien, auf denen die
Sicherheit Europas beruht, und gegen die Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten
Nationen betreffend die territoriale Unversehrtheit Georgiens verstößt, die Russland
mitgetragen hat. Darüber hinaus gibt der Aufbau der russischen militärischen Präsenz in
den georgischen Regionen Abchasien und Südossetien ohne Zustimmung der Regierung
von Georgien Anlass zu besondere Sorge.
35. Trotz unserer derzeitigen Meinungsverschiedenheiten ist Russland als Partner und
Nachbar für uns von besonderer Bedeutung. Die NATO und Russland haben
gemeinsame sicherheitspolitische Interessen wie die Stabilisierung Afghanistans,
Rüstungskontrolle, Abrüstung und die Nichtverbreitung von MVW einschließlich ihrer
Trägersysteme, Krisenbewältigung, Terrorismusbekämpfung, Drogenbekämpfung und der
Kampf gegen die Piraterie. In Ausführung der von den Außenministern auf ihren Tagungen
im Dezember 2008 und März 2009 getroffenen Entscheidungen hoffen wir auf die
Wiedereinberufung formeller Sitzungen des NATO-Russland-Rats, auch auf
Ministerebene, so bald wie möglich vor dem Sommer 2009. Wir sind entschlossen, den
NATO-Russland-Rat als Forum für einen politischen Dialog über alle Themen – in den wir
einer und in denen wir unterschiedlicher Meinung sind – im Hinblick darauf zu nutzen,
Probleme zu lösen, Anliegen aufzugreifen und die praktische Zusammenarbeit
aufzubauen. Wir sind überzeugt, dass der NRR nicht sein gesamtes Potenzial
ausgeschöpft hat. Wir sind daher bereit, im NATO-Russland-Rat Möglichkeiten zu
sondieren, ihn zu einem effizienteren und wertvolleren Instrument für unseren politischen
Dialog und unsere praktische Zusammenarbeit zu machen.
36. Vor zwanzig Jahren hat eine historische Welle demokratischen Wandels Mittel- und
Osteuropa erfasst. Die NATO hat diese Gelegenheit ergriffen, um Staaten aus dem gesamten euro-atlantischen Gebiet in die Partnerschaft und Zusammenarbeit mit dem Ziel
einzubinden, Sicherheit, Stabilität und die demokratische Umgestaltung zu fördern. Wir
bekräftigen unsere Bereitschaft, den Euro-Atlantischen Partnerschaftsrat (EAPR) und die
Partnerschaft für den Frieden (PfP) als unentbehrlichen Rahmen für einen substantiellen
politischen Dialog und die praktische Zusammenarbeit weiter zu entwickeln; dies schließt
eine größere militärische Interoperabilität ein. Wir begrüßen das Angebot Kasachstans,
das EAPR-Sicherheitsforum im Juni zum ersten Mal in Zentralasien auszurichten. Wir
danken unseren Partnern für ihre bedeutenden Beiträge zu unseren Operationen. Wir
werden weiterhin politische EAPR-Initiativen entwickeln. In diesem Sinne begrüßen wir die
Arbeit des EAPR im Bereich Aus- und Fortbildung und ermutigen nationale
Bildungseinrichtungen, zu diesen Anstrengungen beizutragen. Wir ermutigen den EAPR
ferner, die Initiative zur Schaffung von Integrität weiterzuentwickeln, die Transparenz und
Rechenschaftspflichtigkeit im Verteidigungssektor fördert, und uns auf dem nächsten
Gipfeltreffen über diese Initiative zu berichten. Wir setzen uns mit unseren Partnern
weiterhin aktiv für die Unterstützung der Resolution 1325 des VN-Sicherheitsrats zu
Frauen, Frieden und Sicherheit ein mit dem Ziel, bis Herbst 2010 über ein umfassendes
Maßnahmenpaket zu verfügen. Wir tragen mit unseren Partnern auch zu den
internationalen Bemühungen bei, dem Menschenhandel ein Ende zu bereiten.
37. Frieden und Stabilität im Mittelmeerraum sind für die euro-atlantische Sicherheit von
wesentlicher Bedeutung. In den letzten 15 Jahren war der Mittelmeerdialog der NATO ein
wertvolles Forum, auch auf Ministertreffen, für Konsultationen und die Zusammenarbeit
mit unseren Mittelmeerpartnern in einer breiten Themenpalette, und wir begrüßen ihre
bedeutenden Beiträge zu bündnisgeführten Operationen und Missionen. Wir sind
überzeugt, dass gemeinsame Verantwortung für den Erfolg unserer Beziehungen
unverändert von zentraler Bedeutung ist. Wir begrüßen, dass letzten Monat ein
Individuelles Kooperationsprogramm (ICP) mit Jordanien zum Abschluss gebracht wurde,
das auf die bereits mit Israel und Ägypten geschlossenen Individuellen
Kooperationsprogramme sowie die jüngsten Initiativen Marokkos und Tunesiens auf
diesem Gebiet folgt. Vor dem Hintergrund dessen, dass es im Nahen Osten viele
Herausforderungen gibt und dass die internationale Bereitschaft, Frieden im Nahen Osten
aufzubauen, erfreulicherweise gewachsen ist, sind wir bereit, unseren politischen Dialog
und unsere praktische Zusammenarbeit mit allen unseren Mittelmeerpartnern noch mehr
auszubauen, auch durch die weitere Nutzung von Treuhandmitteln auf der Grundlage der
Freiwilligkeit. Wir hoffen auf die Wiederherstellung einer verfassungsmäßigen Ordnung in
Mauretanien, wodurch das Land wieder in vollem Umfang am Mittelmeerdialog teilnehmen
kann.
38. Die Sicherheit und Stabilität der Golfregion ist für das Bündnis von Bedeutung. Wir
sind erfreut über die erheblichen Fortschritte, die im Rahmen der Istanbuler
Kooperationsinitiative (ICI) seit ihrer Einrichtung im Jahr 2004 erzielt worden sind. Die
politischen Konsultationen und die praktische Zusammenarbeit haben sich intensiviert,
und in Schlüsselbereichen wie Energiesicherheit, Sicherheit im Seeverkehr sowie Ausund
Fortbildung sind neue Möglichkeiten geschaffen worden. Wir ermutigen unsere
ICI-Partner, Individuelle Kooperationsprogramme auszuarbeiten. Wir wissen die
Unterstützung, die unsere ICI-Partner für die Operationen und Missionen der NATO
bereitstellen, sehr zu schätzen.
39. Im Zusammenhang mit unserem Mittelmeerdialog und der Istanbuler
Kooperationsinitiative begrüßen wir die substantiellen Fortschritte, die bei der
Durchführung der ersten Phase der NATO-Initiative für die Zusammenarbeit in der Ausund
Fortbildung erzielt wurden; dazu zählen auch die Schaffung einer eigenen Fakultät am
NATO Defense College und die Einrichtung des NATO-Kurses für regionale
Zusammenarbeit an der Fakultät.
40. Seit Bukarest haben sich die Beziehungen der NATO zu anderen Ländern auf der
ganzen Welt weiter ausgeweitet und vertieft, was ihre zunehmende Bedeutung für die
Ziele des Bündnisses in Bezug auf Operationen, die Zusammenarbeit im
Sicherheitsbereich und die Bemühungen widerspiegelt, durch politischen Dialog ein
gemeinsames Verständnis für sich neu ergebende Fragen zu entwickeln, die die
euro-atlantische Sicherheit berühren, insbesondere Afghanistan. Diese Beziehungen, die
viele Formen annehmen können, bieten den Ländern ein flexibles Mittel, den Dialog und
die Zusammenarbeit mit der NATO zu gestalten, und wir bekräftigen unsere Absicht, diese
Beziehungen im Einzelfall auszubauen. Wir begrüßen die bedeutenden Beiträge, die viele
Partner zu NATO-geführten Operationen leisten, insbesondere die Beiträge Australiens,
Japans, Neuseelands und der Republik Korea zu unserer Mission in Afghanistan.
41. Der Schwarzmeerraum ist für die euro-atlantische Sicherheit weiterhin wichtig. Wir
begrüßen die bei der Konsolidierung der regionalen Zusammenarbeit und
Eigenverantwortung erzielten Fortschritte, die der effektiven Nutzung bestehender
Initiativen und Mechanismen auf der Grundlage der Transparenz, Komplementarität und
der Einbeziehung aller zu verdanken sind. Wir werden Bemühungen auf der Grundlage
der regionalen Prioritäten und des Dialogs unter den Schwarzmeerstaaten und mit dem
Bündnis zu diesem Zweck weiterhin unterstützen, soweit dies angemessen ist.
42. Wir haben bei der Transformation unserer Streitkräfte, Fähigkeiten und Strukturen
bereits viel erreicht. Die Fortführung dieses Prozesses ist unerlässlich, da er die Fähigkeit
des Bündnisses untermauert, das gesamte Spektrum seiner Missionen zu erfüllen; dies
umfasst die kollektive Verteidigung und Krisenreaktionseinsätze im Bündnisgebiet und
darüber hinaus. Vor diesem Hintergrund müssen wir einzeln und gemeinsam weiter darauf
hinarbeiten, die Fähigkeiten, die zur Erfüllung der von uns in der Umfassenden Politischen
Leitlinie festgelegten Prioritäten erforderlich sind, qualitativ und quantitativ zu verbessern.
43. Wir werden die Streitkräfte, Strukturen und Abläufe der NATO weiterhin anpassen,
damit sie die sich verändernden sicherheitspolitischen Herausforderungen, mit denen wir
konfrontiert sind, bewältigen können. Wir begrüßen die Fortschritte, die gemacht wurden,
um die Kommandostruktur der NATO effektiver und effizienter zu gestalten, und hoffen auf
weitere diesbezügliche Anstrengungen. Der Verteidigungsplanungsprozess der NATO
muss die Bündnispartner in die Lage versetzen, die Fähigkeiten zur Verfügung zu stellen,
die erforderlich sind, um die derzeitigen und künftigen Herausforderungen innerhalb eines
umfassenden Ansatzes anzugehen. Wir begrüßen daher auch die Einigung auf einen
neuen Verteidigungsplanungsprozess, in dem der Schwerpunkt eindeutig auf die
Bereitstellung der Fähigkeiten, die wir brauchen, gelegt wird.
44. Wir sind entschlossen, die für das gesamte Spektrum der Bündnismissionen
erforderlichen Streitkräfte zur Verfügung zu stellen. Wir werden weiterhin Bemühungen
unterstützen, die darauf abzielen, die Verlegbarkeit, Durchhaltefähigkeit und
Interoperabilität und dadurch die Einsatzfähigkeit unserer Streitkräfte zu erhöhen. Die
NATO-Reaktionskräfte (NRF) sind konzeptionell so ausgelegt, dass sie eine wichtige Rolle
bei der Bereitstellung einer rasch verlegbaren, glaubwürdigen Streitkraft für das Bündnis
spielen und die treibende Kraft für die Transformation und die Fähigkeitenentwicklung
sind. Sie müssen in der Lage sein, auf neue, unvorhergesehene Krisen entweder im
Bereich der kollektiven Verteidigung oder bei Krisenoperationen außerhalb der Grenzen
des Bündnisses zu reagieren. Wir erwarten, dass sich unsere Verteidigungsminister auf
ihrer Tagung im Juni auf Maßnahmen zur Erreichung dieser Ziele einigen, indem sie die
Ausstattung und Einsatzfähigkeit der NRF verbessern.
45. Das Bündnis wird die Fähigkeiten und die Politik entwickeln, die erforderlich sind, um
das gesamte Spektrum unserer Missionen durchzuführen, spezifische Lücken zu
beseitigen und sich mit sich entwickelnden Herausforderungen und Drohungen zu
befassen, wodurch zugleich eine gerechte Lasten-, Risiko- und Kostenteilung ermöglicht
wird. Wir werden unsere Arbeit energisch vorantreiben und Schlüsselfähigkeiten wie für
Missionen geeignete Hubschrauber, strategischer Transport und das
Bodenüberwachungssystem des Bündnisses entwickeln und einsetzen. Wir unterstützen
eine verstärkte Nutzung multinationaler Lösungen für die Entwicklung zusätzlicher
Fähigkeiten; dies schließt eine größere kollektive Verantwortung für Logistik ein. Wir
werden viele dieser Initiativen nach wie vor innerhalb des bestehenden Rahmens der
Zusammenarbeit zwischen der NATO und der EU auf dem Gebiet der
Fähigkeitenentwicklung weiterverfolgen. Wir bestärken unsere Verteidigungsminister
darin, sich auf ihrer Tagung im Juni 2009 auf einen Aktionsplan zur Verbesserung der
Interoperabilität unserer Streitkräfte zu einigen.
46. Angesichts dessen, dass der Zeitpunkt, zu dem das NATO-Zentrum für die
Koordinierung von Spezialoperationen (NSCC), das auf eine auf dem Gipfeltreffen in Riga
ergriffene Initiative zurückgeht, voll einsatzfähig ist, unmittelbar bevorsteht, ersuchen wir
den Rat in Ständiger Sitzung, diesen Erfolg weiter zu nutzen, auch durch die Prüfung der
Vorteile eines neuen multinationalen Hauptquartiers.
47. Wir sind entschlossen, einzeln und gemeinsam die finanziellen Ressourcen zur
Verfügung zu stellen, die unser Bündnis benötigt, um die Aufgaben auf den Gebieten
Operationen und Transformation, die wir von ihm verlangen, durchzuführen. Wir sind
bestrebt, Prioritäten für unsere Verteidigungsausgaben und –programme festzulegen, die
eine Verbesserung der Fähigkeit ermöglichen, das gesamte Spektrum der
Bündnismissionen durchzuführen. Dies ist in der derzeitigen wirtschaftlichen Lage
besonders wichtig.
48. Wir werden unsere Fähigkeit, sich abzeichnenden Herausforderungen im
Bündnisgebiet und darüber hinaus sowie an dessen Peripherie zu begegnen, verbessern
und deutlicher unter Beweis stellen, in dem wir unter anderem angemessene Planung,
Übungen und Ausbildung gewährleisten.
49. Wir sind unverändert entschlossen, die Kommunikations- und Informationssysteme,
die für das Bündnis von entscheidender Bedeutung sind, vor Angriffen auf
Computernetzwerke zu schützen, da staatliche und nichtstaatliche Akteure
möglicherweise die zunehmende Abhängigkeit des Bündnisses und der Bündnispartner
von diesen Systemen auszunutzen versuchen. Um solche Angriffe zu verhindern und
darauf zu reagieren, haben wir in Übereinstimmung mit unserer vereinbarten Politik zum
Schutz vor Computerkriminalität eine NATO-Behörde zum Schutz vor Computerkriminalität
(NATO Cyber Defence Management Authority) eingerichtet, die vorhandene Fähigkeit zur
Reaktion auf Zwischenfälle im Computerwesen verbessert und das Kompetenzzentrum für
kooperativen Schutz vor Computerangriffen (Cooperative Cyber Defence Centre of
Excellence) in Estland eingerichtet. Wir werden unsere Fähigkeiten zum Schutz vor
Computerkriminalität beschleunigt entwickeln, um bestmöglich vorbereitet zu sein. Der
Schutz vor Computerkriminalität wird zu einem festen Bestandteil von NATO-Übungen.
Wir streben eine Verstärkung der Verbindungen zwischen der NATO und Partnerländern
zum Schutz vor Angriffen auf Computernetzwerke an. Hierzu haben wir einen Rahmen für
die Zusammenarbeit im Bereich Computerkriminalität zwischen der NATO und
Partnerländern entwickelt, und wir wissen um die Notwendigkeit, mit internationalen
Organisationen zusammenzuarbeiten, soweit dies angemessen ist.
50. Die Verbreitung ballistischer Flugkörper stellt für die Streitkräfte, das Gebiet und die
Bevölkerungen der Bündnispartner eine zunehmende Bedrohung dar. Die Raketenabwehr
ist Teil einer breiter angelegten Antwort, mit der dieser Bedrohung begegnet wird. Wir
bekräftigen daher die Schlussfolgerungen des Bukarester Gipfeltreffens zur
Raketenabwehr.
51. In Erfüllung des auf dem Gipfeltreffen in Bukarest erteilten Auftrags, Optionen für eine
umfassende Raketenabwehrarchitektur zu entwickeln, um den Abdeckungsbereich auf
das gesamte Bündnisgebiet und alle Bevölkerungen zu erstrecken, wurden mehrere
technische Architekturoptionen entwickelt und anschließend unter politisch-militärischen
Gesichtspunkten bewertet. Wir wissen, dass noch weitere Arbeit vonnöten ist. In diesem
Zusammenhang könnte ein künftiger US-Beitrag in Form wichtiger architektonischer
Elemente der Arbeit der NATO an dieser Anstrengung des Bündnisses förderlich sein.
52. Auf der Grundlage der technischen und politisch-militärischen Analyse dieser Optionen
sind wir der Auffassung, dass für die Auseinandersetzung mit diesen Bedrohungen durch
Flugkörper Prioritäten festgelegt werden sollten, die die Betrachtung des Grades der
Unmittelbarkeit der Bedrohung und das Ausmaß des annehmbaren Risikos einschließen.
Wir haben eine umfassende Analyse der technischen Architekturoptionen erhalten und
stimmen der Gesamteinschätzung zu, dass einige dieser Optionen zwar nicht dem Auftrag
von Bukarest gerecht werden, doch jede Option ihre Stärken und ihre Schwächen hat.
53. Eingedenk des Grundsatzes der Unteilbarkeit der Sicherheit der Bündnispartner sowie
der Solidarität der NATO beauftragen wir den Rat in Ständiger Sitzung, unter
Berücksichtigung des Mandats des Bukarester Gipfeltreffens Empfehlungen mit
Architekturalternativen vorzulegen, die sich auf die bereits untersuchten architektonischen
Elementen stützen und die auf dem nächsten Gipfeltreffen geprüft werden sollen. Als
Grundlage für jedwede künftige politische Entscheidung zur Raketenabwehr beauftragen
wir den Rat in Ständiger Sitzung ferner, die Arbeit an den politischen, militärischen und
technischen Aspekten im Zusammenhang mit einer möglichen Erweiterung der Rolle des
Programms für ein nach Höhe gestaffeltes taktisches Abwehrsystem der NATO gegen
ballistische Flugkörper (ALTBMD) zu ermitteln und in Angriff zu nehmen, das neben dem
Schutz dislozierter NATO-Kräfte auch die territoriale Raketenabwehr umfassen soll.
54. Wir unterstützen eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Russland und der NATO
im Bereich Raketenabwehr, einschließlich eines Höchstmaßes an Transparenz und
gegenseitiger vertrauensbildender Maßnahmen, um jegliche Befürchtungen zu zerstreuen.
Wir bekräftigen unsere Bereitschaft, das Potential für eine Verknüpfung für eine
Verknüpfung der Raketenabwehrsysteme der Vereinigten Staaten, der NATO und
Russlands zum geeigneten Zeitpunkt zu sondieren, und wir ermutigen die Russische
Föderation, sich Vorschläge der Vereinigten Staaten zur Zusammenarbeit in der
Raketenabwehr zunutze zu machen.
55. In Bukarest haben wir bekräftigt, dass Rüstungskontrolle, Abrüstung und
Nichtverbreitung weiterhin einen wichtigen Beitrag zu Frieden, Sicherheit und Stabilität
leisten werden. Als Antwort auf unseren Auftrag an den Rat in Ständiger Sitzung, diese
Themen fortlaufend aktiv zu überprüfen, nehmen wir seinen Bericht über die Schärfung
des Profils der NATO auf diesem Gebiet zur Kenntnis. Der Bericht zeigt eine breite Palette
von Tätigkeiten auf, die derzeit durchgeführt werden; dazu zählen die fortlaufenden
Anstrengungen zur Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und die
Zerstörung überschüssiger Kleinwaffen und leichter Waffen sowie von überschüssiger
Munition. Die Bündnispartner sind weiterhin bestrebt, Sicherheit und Stabilität auf dem
niedrigst möglichen Streitkräfteniveau in Übereinstimmung mit der Fähigkeit des
Bündnisses zu erhöhen, die kollektive Verteidigung zu gewährleisten und das gesamte
Spektrum seiner Missionen zu erfüllen. Die NATO und die Bündnispartner sollten weiterhin
zu den internationalen Anstrengungen auf dem Gebiet Rüstungskontrolle, Abrüstung und
Nichtverbreitung beitragen. Wir sind bestrebt, das Bewusstsein der Öffentlichkeit für den
Beitrag der NATO in diesen Bereichen zu schärfen. Wir beauftragen den Rat in Ständiger
Sitzung, diese Themen als Teil der breit angelegten Antwort der NATO auf
sicherheitspolitische Herausforderungen fortlaufend aktiv zu überprüfen.
56. Die NATO-Bündnispartner bekräftigen, dass der Vertrag über die Nichtverbreitung von
Kernwaffen (NVV) mit seinen drei sich gegenseitig verstärkenden Säulen unverändert
wichtig ist, und die Bündnispartner werden einen konstruktiven Beitrag im Hinblick darauf
leisten, ein erfolgreiches Ergebnis der NVV-Überprüfungskonferenz im Jahr 2010
herbeizuführen. Die Bündnisnationen haben Kernwaffen und Trägersysteme drastisch
reduziert und bleiben allen in dem Vertrag verankerten Zielen verpflichtet. Wir fordern die
weltweite Achtung des NVV und die weltweite Einhaltung des Zusatzprotokolls zum
Sicherungsabkommen der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) sowie die
volle Erfüllung der Resolution 1540 des VN-Sicherheitsrats. Wir werden unsere
Bemühungen intensivieren, um zu verhindern, dass staatliche und nichtstaatliche Akteure
Zugang zu MVW und ihren Trägersystemen haben. In diesem Sinne unterstützen wir die
umfassende NATO-Politik auf strategischer Ebene zur Verhinderung der Verbreitung von
MVW und zur Verteidigung gegen chemische, biologische, radiologische und nukleare
Bedrohungen. Wir sind unverändert tief besorgt über die nuklearen und ballistischen
Raketenprogramme Irans und die damit verbundenen Proliferationsrisiken und rufen Iran
auf, die einschlägigen Resolutionen des VN-Sicherheitsrats zu erfüllen. Wir sind ferner tief
besorgt über die Programme und Proliferationsaktivitäten der Demokratischen
Volksrepublik Korea und rufen sie auf, alle einschlägigen Resolutionen des
VN-Sicherheitsrats in vollem Umfang zu erfüllen.
57. Wir messen dem KSE-Vertragsregime mit all seinen Elementen größten Wert bei. Wir
unterstreichen die strategische Bedeutung des KSE-Vertrags, einschließlich der
Flankenregelung, als Eckpfeiler der euro-atlantischen Sicherheit. Wir erinnern daran, dass
wir auf dem Bukarester Gipfeltreffen die Erklärung des Nordatlantikrats vom
28. März 2008 gebilligt haben, und unterstützen in vollem Umfang die im Dezember 2008
von unseren Außenministern abgegebene Erklärung. Wir bekräftigen das Bekenntnis des
Bündnisses zum KSE-Vertragsregime, wie es in der Bündnisposition in Ziffer 42 der
Gipfelerklärung von Riga von 2006, der Abschlusserklärung der Bündnispartner auf der
außerordentlichen KSE-Konferenz in Wien sowie den Bündniserklärungen, die späteren
Entwicklungen Rechnung tragen, zum Ausdruck kommt. Wir sind tief darüber besorgt,
dass Russland seit dem 12. Dezember 2007 die einseitige „Aussetzung“ seiner rechtlichen
Verpflichtungen aus dem KSE-Vertrag fortführt. Außerdem haben Russlands Aktionen in
Georgien sein Bekenntnis zu den grundlegenden OSZE-Prinzipien in Frage gestellt, auf
denen die Stabilität und Sicherheit in Europa beruhen: Prinzipien, die den KSE-Vertrag
untermauern. Diese Aktionen laufen unserem gemeinsamen Ziel zuwider, die langfristige
Tragfähigkeit des KSE-Regimes zu erhalten, und wir rufen Russland auf, die Umsetzung
umgehend wiederaufzunehmen. Wegen unseres Bekenntnisses zu kooperativer
Sicherheit und der Erfüllung internationaler Übereinkünfte sowie der Bedeutung, die wir
dem Vertrauen beimessen, das aus militärischer Transparenz und Berechenbarkeit
resultiert, haben wir den Vertrag trotz Russlands „Aussetzung“ weiterhin in vollem Umfang
umgesetzt. Die derzeitige Lage, in der die NATO-KSE-Bündnispartner den Vertrag
umsetzen, Russland aber nicht, kann jedoch nicht unbegrenzt fortbestehen. Wir haben ein
Paket konstruktiver und zukunftsgerichteter Vorschläge für parallele Maßnahmen in
Schlüsselfragen angeboten; dies umfasst auch Schritte seitens der NATO-Bündnispartner
betreffend die Ratifizierung des angepassten KSE-Vertrags und seitens Russlands
betreffend offene Verpflichtungen in Bezug auf Georgien und die Republik Moldau. Wir
glauben nach wie vor, dass diese Vorschläge allen von Russland geäußerten Anliegen
Rechnung tragen. Wir fordern Russland weiterhin dringend auf, kooperativ mit uns und
anderen betroffenen KSE-Vertragsstaaten zusammenzuarbeiten, um auf der Grundlage
des Pakets paralleler Maßnahmen eine Einigung zu erzielen, damit wir gemeinsam die
Vorteile dieses einzigartigen Regimes erhalten können.
58. Wir sind unverändert besorgt über das Fortbestehen langwieriger regionaler Konflikte
im Südkaukasus und in der Republik Moldau. Es ist unerlässlich, dass sich alle Parteien in
diesen Regionen konstruktiv für eine friedliche Konfliktbeilegung engagieren. Wir rufen sie
alle auf, Schritte zu vermeiden, die die regionale Sicherheit und Stabilität untergraben, und
die derzeitigen Verhandlungsformate zu respektieren. Wir unterstützen weiterhin die
territoriale Unversehrtheit, Unabhängigkeit und Souveränität Armeniens, Aserbeidschans,
Georgiens und der Republik Moldau und werden auch künftig Bemühungen um eine
friedliche Beilegung dieser regionalen Konflikte unterstützen, wobei wir diese Grundsätze
beachten. Wir begrüßen die Anstrengungen und Prozesse der OSZE in diesen Regionen,
die durch die Plattform für Stabilität und Zusammenarbeit im Kaukasus in nützlicher Weise
ergänzt werden können.
59. Das Bündnis wird weiterhin über die unmittelbarsten Risiken im Bereich der
Energiesicherheit beraten. In Bukarest vereinbarten wir Grundsätze, von denen der Ansatz
der NATO im Bereich der Energiesicherheit getragen wird, sowie Optionen und
Empfehlungen für weitere Aktivitäten. Das Bündnis hat diese Empfehlungen weiterhin
umgesetzt. Heute haben wir einen Bericht über die im Bereich der Energiesicherheit
erzielten Fortschritte zur Kenntnis genommen. Die Störungen in der Erdgasversorgung im
Januar 2009 betrafen eine Reihe von Bündnispartnern und Partnerländern ernsthaft. Eine
stabile und zuverlässige Energieversorgung, die Diversifizierung der Versorgungswege
und Energiequellen und die Verbundfähigkeit von Energienetzen sind nach wie vor Fragen
von zentraler Bedeutung. Heute haben wir unsere fortlaufende Unterstützung für
Bemühungen erklärt, die auf die Förderung der Sicherheit der Energieinfrastruktur
abzielen. In Übereinstimmung mit den Entscheidungen von Bukarest werden wir weiterhin
gewährleisten, dass die Anstrengungen der NATO einen Mehrwert bringen und in vollem
Umfang mit denen der internationalen Gemeinschaft koordiniert und in diese eingebettet
werden, in der es eine Reihe von Organisationen gibt, die auf Energiesicherheit
spezialisiert sind. Wir beauftragen den Rat in Ständiger Sitzung, einen Zwischenbericht für
das Außenministertreffen im Dezember 2009 und einen weiteren Bericht über die im
Bereich der Energiesicherheit erzielten Fortschritte zu erstellen, der auf unserem nächsten
Gipfel erörtert werden soll.
60. Die Entwicklungen im Hohen Norden haben verstärkte internationale Aufmerksamkeit.
gefunden. Wir begrüßen die Initiative Islands, ein NATO-Seminar auszurichten und ein
größeres Interesse der Bündnispartner an sicherheitsrelevanten Entwicklungen im Hohen
Norden, einschließlich des Klimawandels, zu wecken.
61. Wir begrüßen den Bericht des Generalsekretärs über Fortschritte bei der Reform des
NATO-Hauptquartiers, die darauf abzielt, ein Höchstmaß an Schnelligkeit und Kohärenz in
Bezug auf solide politische, militärische und ressourcenrelevante Ratschläge zur
Unterstützung unseres konsensgestützten Entscheidungsverfahrens zu erreichen und
unsere Sensibilität für zeitkritische operative Bedürfnisse zu erhöhen. Die
vorgeschlagenen Änderungen zielen darauf ab, die Effizienz und Effektivität unserer
Abläufe und Verfahren, unsere Fähigkeit, die verschiedenen Stränge der NATO-Arbeit –
unter gebührender Achtung der Rolle des Militärausschusses – und die optimale
Ressourcennutzung zu verbessern. Wir billigen die Pläne des Generalsekretärs für das
weitere Vorgehen und erteilen ihm in Übereinstimmung mit dem Mandat, mit dem wir ihn
in Bukarest beauftragt haben, die Befugnis, diese Arbeit weiterzuverfolgen. Wir
beauftragen den Rat in Ständiger Sitzung, die notwendigen Entscheidungen zur
Umsetzung dieser Reformen so bald wie möglich zu treffen. Wir werden einen Bericht
über die Umsetzung auf unserem nächsten Gipfeltreffen prüfen.
62. Wir sprechen der französischen und der deutschen Regierung unseren Dank für die
großzügige Gastfreundschaft auf diesem ersten gemeinsam ausgerichteten Gipfeltreffen
aus. Heute haben wir das unverzichtbare Bindeglied zwischen Nordamerika und Europa,
das dauerhafte Prinzip der Unteilbarkeit der Sicherheit der Bündnispartner sowie unser
gemeinsames Ziel eines Europas bekräftigt, das ungeteilt und frei ist. Wir haben
Beschlüsse zu unseren Missionen und Operationen, zur Modernisierung unserer
Fähigkeiten und zu unserem Engagement mit anderen Nationen und Organisationen
gefasst. Das nächste Mal werden wir in Portugal zusammenkommen, um ein neues
Strategisches Konzept zu billigen und weitere Weisungen zu erteilen, die es der NATO
ermöglichen sollen, Frieden, Demokratie und Sicherheit im euro-atlantischen Gebiet und
darüber hinaus weiterhin erfolgreich zu verteidigen.
Anmerkungen-
Die Türkei erkennt die Republik Mazedonien mit ihrem verfassungsmäßigen Namen an.
-
Ergänzt durch die Klarstellungen von Präsident Sarkozy und die Korrespondenz in dieser Angelegenheit
Quelle: Website der deutschen Vertretung bei der NATO; www.nato.diplo.de
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