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G7-Protest: Kein Regen in Sicht

Verwaltungsgericht hebt Campverbot für G7-Gegner auf / Globalisierungskritiker Jean Ziegler Redner bei Anti-TTIP Protest in München / Oxfam: G7 betrügen Afrikas Staaten um Milliarden *


+++ Verwaltungsgericht hebt Campverbot für G7-Gegner auf +++

Juristischer Erfolg für die Gegner des G7-Gipfels: Das Verwaltungsgericht München hat das Verbot eines Protestcamps auf einer Wiese nahe der Loisach in Garmisch-Partenkirchen aufgehoben. Die Kammer habe einem Eilantrag des Aktionsbündnisses »Stop G7 Elmau« weitgehend stattgegeben, sagte ein Gerichtssprecher am Dienstag. Die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen werde verpflichtet, die Errichtung und den Betrieb des Camps weitgehend zu dulden. Es bleibe der Gemeinde aber »unbenommen, zur Duldung beziehungsweise im Rahmen einer etwaigen nachträglichen Erlaubnis des Camps unter strikter Wahrung der Verhältnismäßigkeit Auflagen zu verfügen«, so das Gericht.

Die Gemeinde schloss rechtliche Schritte gegen die Entscheidung allerdings nicht aus. »Natürlich werden wir uns die Urteilsbegründung sehr genau durchlesen und kurzfristig entscheiden, ob wir noch Rechtsmittel hiergegen einlegen wollen«, sagte Bürgermeisterin Sigrid Meierhofer (SPD). Dennoch müsse der Richterspruch zunächst akzeptiert werden. »Aufgrund dieser gerichtlichen Entscheidung bleibt uns nur noch der deutliche Appell an die Demonstranten, sich auch im Camp an der Loisach an Recht und Gesetz zu halten, und die betroffenen Bürgerinnen und Bürger um Verständnis zu bitten«, fügte sie hinzu.

+++ Dauerkundgebungen finden statt +++

Man muss in diesen Tagen fast schon von einem Erfolg reden, wenn die bayerischen Behörden den G7-Gegnern keine weiteren Steine in den Weg legen. Das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen hat keine Einwände gegen zwei Dauerkundgebungen während des Gipfeltreffens, wie Radio Oberland berichtet. Ort für den Protest sind neben dem Wittelsbacher Parkplatz in Garmisch-Partenkirchen der Karwendelbad-Parkplatz in Mittenwald. Ganz ohne Spannung gingen die Verhandlungen mit den Behörden aber auch hier nicht ab: Das Stopp-G7-Bündnis wollte »ursprünglich im Michael-Ende-Kurpark, am Hausberg und im Kurpark Mittenwald demonstrieren«.

+++ Entscheidung über G7-Protestcamp erwartet +++

Das Verwaltungsgericht München hat am Montagabend seine Entscheidung über den Eilantrag für das »Anti-G7-Camp« in Garmisch-Partenkirchen auf den heutigen Dienstag vertagt. Die Gemeinde Garmisch-Partenkirchen hatte das auf einer Wiese nahe der Loisach geplante Zeltlager von Gipfelgegnern mit Verweis auf Hochwassergefahr nicht genehmigt. Das will das Bündnis »Stop G7 Elmau« aber nicht hinnehmen. Für den Fall einer erfolglosen Klage haben sich die Organisatoren allerdings bereits eine Alternative überlegt. Wilde Camps, also trotz Verbots, werde es aber nicht geben, versicherten die Sprecher.

Claus Schreer vom Aktionsbündnis »Stop G7« sprach am Dienstag in München von einer »Sauerei«, einem »Skandal« und einer massiven Einschränkung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit. Das Bündnis brachte am Dienstag nach eigenen Angaben eine weitere Klage gegen behördliche Beschränkungen eines Sternmarsches in Garmisch-Partenkirchen auf den Weg.

+++ Sammelstelle für Festgenommene nimmt Betrieb auf +++

Von den Demonstranten ist noch nicht wirklich etwas zu sehen, doch die Sammelstelle für Gefangene während des G7-Gipfel hat am Dienstag bereits offiziell ihren Betrieb aufgenommen. Im Fall von Straftaten kann die Polizei bis zu 200 Demonstranten vorübergehend einsperren. Die Sammelstelle für Gefangene in Garmisch-Partenkirchen umfasst 40 Container, in denen jeweils mindestens vier Festgenommene untergebracht werden können. »Die Zellen ähneln denen der Polizei«, erläuterte der Sprecher des G7-Planungsstabs der Polizei, Hans-Peter Kammerer.

Die vergitterten aneinandergereihten Container haben Strom, Licht, Lüftung und Heizung. Sanitäranlagen sind am Ende des Ganges. Auch Räume zur Betreuung von Kindern festgenommener Demonstranten seien vorhanden, hieß es.

Die Container befinden sich auf dem Gelände einer früheren Einrichtung der US-amerikanischen Streitkräfte, dem sogenannten Abrams-Komplex. Zuletzt waren dort Asylbewerber untergebracht. In dem eigens für den G7-Gipfel eingerichteten Kripozentrum werden in Gewahrsam genommene Demonstranten registriert, durchsucht, vernommen und womöglich dem Haftrichter vorgeführt. Bis zu 600 Beamte arbeiten dort während des Gipfels rund um die Uhr im Schichtbetrieb.

+++ Globalisierungskritiker Jean Ziegler spricht bei TTIP-Protest in München +++

Tausende Menschen wollen am kommenden Donnerstag in München gegen den G7-Gipfelprotestieren. 15 000 Demonstranten werden nach Polizeiangaben in der Innenstadt erwartet. Unter dem Motto »TTIP stoppen - Klima retten - Armut bekämpfen« haben mehrere Nichtregierungsorganisationen und Parteien zu der Demonstration aufgerufen. Hauptredner wird der bekannte Globalisierungskritiker Jean Ziegler sein.

Losgehen soll es um 14.00 Uhr am Stachus mit der Auftaktkundgebung. Gegen 15.30 Uhr soll sich dann der Demonstrationszug in Bewegung setzen, für 17.00 Uhr ist die Abschlusskundgebung auf dem Odeonsplatz geplant. Bei der Auftaktkundgebung diskutieren der Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anton Hofreiter, Klaus Ernst von der LINKEN und Johannes Gerken von den Jusos.

Die Träger der Demonstration sind unter anderem das Aktionsbündnis »AufgeMUCkt«, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft sowie BUND Naturschutz und Oxfam. Auch das Bündnis »Stop G7 Elmau« ruft zur Demonstration aufgerufen.

»Durch friedliche und kreative Proteste verschaffen wir unseren Forderungen Gehör«, sagte Sprecher Markus Weber. »Angela Merkel möchte auf dem G7-Gipfel TTIP vorantreiben - hier braucht es jetzt dringend unseren entschiedenen Widerstand!«

Die Demonstranten wollen aber nicht nur zeigen, was sie von TTIP halten, sondern auch vom Gipfel selbst. Die Repräsenten »der reichsten und mächtigsten Staaten der Welt erheben den Anspruch, über die Geschicke der gesamten Welt zu entscheiden, ohne eine Legitimation dafür zu haben«, kritisiert das Bündnis »Stop G7«.

+++ Oxfam: G7-Staaten betrügen afrikanische Staaten um Milliarden +++

Unternehmen und Investoren aus den G7-Staaten schleusen nach Einschätzung der Hilfsorganisation Oxfam jedes Jahr Milliardengewinne am Fiskus afrikanischer Länder vorbei. Wie aus einem Oxfam-Bericht vom Dienstag hervorgeht, sollen Unternehmen aus den sieben führenden westlichen Industrieländern afrikanische Steuerbehörden allein im Jahr 2010 mit manipulierten Verrechnungspreisen um etwa sechs Milliarden Dollar (5,5 Milliarden Euro) geprellt haben. Durch Steuertricks entgingen Entwicklungsländern pro Jahr schätzungsweise 100 Milliarden Dollar (91,7 Milliarden Euro), heißt es in dem Bericht. Oxfam forderte deswegen, globale Regeln zur Unternehmensbesteuerung auf dem G7-Gipfel zum Thema zu machen.

+++ Altkanzler Schröder kritisiert Ausschluss Russlands vom Gipfel +++

Nach Helmut Schmidt hat mit Gerhard Schröder ein weiterer Altkanzler der SPD den Ausschluss Russlands aus der Gruppe wichtiger Industrienationen kritisiert. Es sei ein Fehler, dass Präsident Wladimir Putin nicht zum G7-Gipfel auf Schloss Elmau in Bayern eingeladen worden sei, sagte Schröder der »Rheinischen Post« (Dienstag). »Gerade wenn es unterschiedliche Positionen gibt, muss man darüber diskutieren. Das hätte man auf dem Gipfel tun können.«

Russland war im vergangenen Jahr wegen der Annexion der Schwarzmeerhalbinsel Krim aus der G8 ausgeschlossen worden. Schmidt hatte in einem am Montag veröffentlichten Interview der Deutschen Presse-Agentur gesagt, ein G7-Gipfel ohne Russland sei nicht sinnvoll.

+++ Und nun zum G7-Gipfelwetter+++

Zum G7-Gipfel präsentiert sich Bayern bei weiß-blauem Himmel und Sonne von seiner sommerlichen Seite. Die Gäste dürfen am Sonntag und Montag im oberbayerischen Elmau wohl bei Temperaturen von 25 bis 26 Grad tagen. Diese vorsichtige Prognose gab am Montag ein Sprecher des Deutschen Wetterdienstes. Er rechnet für die beiden Tage jedoch nicht mit durchgehendem Postkartenwetter, sondern mit einem Mix aus blauem Himmel, Sonne, Quellwolken und möglicherweise einem nachmittäglichen Gewitter. Trocken und sonnig dürfte es laut DWD am Sonntagmorgen oder -vormittag in München sein, wenn die Staatsgäste am Flughafen landen.

Bleibt nur noch die abschließende Frage: Ändert sich dank der vorliegenden Wetterprognose etwas am Campverbot der G7-Gegner? Die Demonstranten waren bekanntlich von einer Wiese am Ortsrand von Garmisch-Partenkirchen vertrieben worden, weil eine angebliche Hochwassergefahr bestehe.

* Aus: neues deutschland (online), Dienstag, 02. Juni 2015


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