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Streit über grünen Kapitalismus

Weltsozialforum in Porto Alegre diskutiert radikale und weniger radikale Alternativen *

Parallel zum Weltwirtschaftsforum in Davos debattieren in Brasilien Globalisierungskritiker Alternativen zum Kapitalismus. Die Schlagworte heißen: Kampf gegen Armut und Hunger, mehr Umweltschutz und mehr soziale Gerechtigkeit.

Tausende Globalisierungskritiker haben zum Auftakt das Weltsozialforums in Brasilien gegen neoliberale Wirtschaftspolitik protestiert und mehr soziale Gerechtigkeit eingefordert. An einem Eröffnungsmarsch durch Porto Alegre nahmen am Dienstag (24. Jan.) bei heißen Temperaturen von 35 Grad Studenten, Indios, Gewerkschafter, Kirchenvertreter und Umweltschützer teil. Das fünftägige Treffen steht unter dem Motto »Kapitalistische Krise, soziale und ökologische Gerechtigkeit«.

Der Chef der Welternährungsorganisation (FAO), José Graziano, forderte zum Auftakt eine stärkere Einbeziehung der Zivilgesellschaft: »Der Kampf gegen den Hunger ist nicht ein Kampf einer einzelnen Regierung. Es ist die Gesellschaft, die vereint entscheidet, dass der Hunger aufhört.« Der FAO-Etat von etwa einer Milliarde Dollar sei zu klein für die Herausforderung, einer Milliarde hungernden Menschen zu helfen.

Bis Sonntag (29. Jan.) werden in Porto Alegre Zehntausende Teilnehmer erwartet. Die Proteste richteten sich am Dienstag unter anderem gegen die laufenden Bauarbeiten für das umstrittene drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt, »Belo Monte«, im brasilianischen Amazonas-Gebiet sowie gegen die Aufweichung des Waldschutzes durch die geplante Änderung des Waldgesetzes (Código Florestal).

Zudem protestierten die Teilnehmer gegen Zwangsumsiedlungen im Zuge der Bauarbeiten für die Fußball-Weltmeisterschaft 2014 und die Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro. Auch die Finanzkrise in der Euro-Zone wurde thematisiert. Die Demonstranten machten das »neoliberale Modell« für die Krise und die daraus resultierenden Sparmaßnahmen verantwortlich.

Bis Sonntag stehen in Porto Alegre und drei angrenzenden Städten zahlreiche Aktivitäten auf dem Programm, darunter Workshops, Podiumsdiskussionen, Vorträge und Ausstellungen. Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff reist nicht nach Davos, sondern am Donnerstag zum Forum nach Porto Alegre, wo 2001 das Weltsozialforum gegründet wurde. Kritiker hatten einen ersten Deklarationsentwurf für den Gipfel als Enttäuschung bezeichnet. Der portugiesische Soziologe Boaventura Sousa Santos warnte, »Rio+20« werde lediglich den Kapitalismus bestätigen. Ein »grüner Kapitalismus« sei keine Lösung für die Probleme der Armen, der Umwelt oder der Menschenrechte. »Wir müssen andere ökologische, postkapitalistische Modelle finden.«

* Aus: neues deutschland, 26. Januar 2012


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