"Ein wichtiges politisches Signal für die Zivilisierung der Außen- und Sicherheitspolitik"
Brief aus der Friedensbewegung an die Vorsitzenden von DGB, IG Metall und ver.di
Im Folgenden dokumentieren wir einen Brief, den der Bundesausschuss Friedensratschlag und das Gewerkschaftliche Netzwerk gegen den Krieg an die drei für die Demonstrationen am 3. April 2003 verantwortlichen Gewerkschaftsvorsitzenden geschrieben haben. Darin geht es im wesentlichen darum, bei den drei Kundgebungen in Berlin, Köln und Stuttgart gegen Sozialabbau das Thema Rüstung/Abrüstung nicht zu tabuisieren.
An den Vorsitzenden des DGB: Michael Sommer,
den Vorsitzenden der IG Metall: Jürgen Peters,
den Vorsitzenden von Ver.di: Frank Bsirske
Kassel/Stuttgart, den 23.3.2004
Liebe Kollegen,
im Namen des Bundesausschuss Friedensratschlag schlagen wir Euch vor,
den Appell der Friedensbewegung an die Bundesregierung
"Abrüstung statt
Sozialabbau" zu unterstützen und im Rahmen Eurer Reden am Europäischen
Aktionstag für ein sozialverfasstes Europa darauf hinzuweisen. Aus zwei
Gründen halten wir das für angebracht:
Erstens: Immer wieder wird uns von der Bundesregierung vorgehalten, es
sei kein Geld da, um den bisherigen Sozialstaat zu finanzieren. Und
überall stehen Kürzungen und Einsparungen in Bereichen der
Daseinsvorsorge an. Nur ein Bereich bleibt ausgenommen: der
Verteidigungshaushalt. Es ist sogar beschlossen, den Einzelplan 14 ab
2007 um weitere 800 Mio. Euro pro Jahr aufzustocken. Gleichzeitig wird die Zahl der
Soldaten, Zivilbeschäftigten sowie der Standorte drastisch verringert.
Die Gelder werden verwendet für Rüstungsgüter um die Bundeswehr zu einer
reinen Interventionsarmee umzurüsten. Das aber widerspricht dem
Verteidigungsauftrag des Grundgesetzes. Wir möchten die Delegierten des
ver.di-Kongresses zitieren: "... die Umrüstung der Bundeswehr zur
weltweit einsetzbaren Interventionstruppe muss gestoppt werden;
gefordert sind Maßnahmen qualitativer Abrüstung".
Zweitens enthält die geplante Europäische Verfassung den Auftrag zur
permanenten Aufrüstung. In Artikel I-40 (3) des Entwurfs heißt es, "Die
Mitgliedstaaten verpflichten sich, ihre militärischen Fähigkeiten
schrittweise zu verbessern". Das heißt, die Aufrüstung wird zum
Verfassungsauftrag. Im Gegensatz dazu forderten die Delegierten des
letzten IG Metall Gewerkschaftstages, "dass die Rüstungsausgaben
nachhaltig zu Gunsten der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung
gekürzt werden"Wir meinen also, dass es einen Zusammenhang zwischen
Aufrüstung und Sozialabbau gibt und dass dieser Zusammenhang am 3. April
auch angesprochen werden sollte. Frieden ist zwar nicht alles, aber, wie
Willy Brandt seiner Zeit sagte, "ohne Frieden ist alles nichts". Eine drastische Reduzierung der Militärausgaben wird nicht ausreichen,
die sozialen Probleme dieses Landes zu lösen, aber es wäre ein kleiner
Beitrag dazu und darüber hinaus ein wichtiges politisches Signal für die
Zivilisierung der Außen- und Sicherheitspolitik. Damit knüpfen wir an
den ersten gemeinsamen Aktionstag des Europäischen Gewerkschaftsbundes
vor einem Jahr an, als der EGB zu europaweiten
betrieblichen Aktionen
gegen den drohenden Irak-Krieg aufgerufen hatte.
Daher wären wir sehr dankbar, wenn ihr euch in der Lage sehen würdet,
auf den Appell der Friedensbewegung "Abrüstung statt Sozialabbau"
hinzuweisen. Die Friedensbewegung wird ihren bescheidenen Beitrag zur
Mobilisierung für die drei Großdemonstrationen leisten und in Berlin, Köln und
Stuttgart Unterschriften unter den Appell sammeln.
Mit kollegialen Friedensgrüßen
Anne Rieger, Gewerkschaftliches Netzwerk gegen den Krieg
Peter Strutynski, Bundesausschuss Friedensratschlags (Sprecher)
Anhang: Text des Appells "Abrüstung statt Sozialabbau"
Appell an die Bundesregierung:
Abrüstung statt Sozialabbau!
Wir verlangen eine drastische Reduzierung der Rüstung und die Streichung
aller Rüstungsvorhaben, die für Auslandseinsätze der Bundeswehr
vorgesehen sind. Die dadurch frei werdenden Mittel müssen für soziale
Sicherung, zivile Arbeitsplätze, Bildung und Ausbildung sowie für den
Erhalt einer lebenswerten Umwelt verwendet werden.
Rüstung, militärische Intervention und Sozialabbau verschärfen Konflikte
statt ihre Ursachen zu bekämpfen.
(Den Appell zum Kopieren gibt es hier:
Appell "Abrüstung statt Sozialabbau")
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