Der Verfassungsvertrag ist gescheitert
Nach dem Nein in Frankreich und den Niederlanden: Vorschläge für eine Neuorientierung der Politik
IUm Folgenden dokumentieren wir eine - längere - Stellungnahme aus dem Hause IMI sowie eine - kurze - Presseerklärung von Pax Christi. Beide Texte plädieren für eine andere Politik in Europa - die Chancen hierfür seien gar nicht einmal so ungünstig.
Hier geht es zu weiteren Erklärungen aus der Friedensbewegung nach dem Nein in Frankreich:"Niederlage" für Europa? Oder Sieg für die Demokratie?.
IMI-Analyse 2005/015
EU-Verfassungsvertrag: Die Ablehnungen in Frankreich und den
Niederlanden als Chance für eine andere Politik nutzen
Von Tobias Pflüger*
Angebliche Orientierungslosigkeit ist Arroganz des tumben Weitermachens
Nach dem deutlichen Scheitern des EU-Verfassungsvertrages in
Frankreich und den Niederlanden machen hilflose Erklärungsversuche die
Runde. Kommissionspräsident Barroso sprach von widersprüchlichen
Zielen der französischen und niederländischen Gegner des
EU-Verfassungsvertrags. Ein "Bündnis von Ängsten" habe zu der
Ablehnung beigetragen. Barroso warnte vor "Schuldzuweisungen". Der
Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europaeischen Parlaments
Elmar Brok konstatierte in einer Erklärung das "Versagen der
politischen Klasse." Den Verfassungsbefürwortern sei es nicht
gelungen, den Menschen die Vorteile des Vertragsvertrags klarzumachen,
so Brok. Auf den ersten Blick erscheint die politische Klasse
orientierungs- und ratlos: "Keiner kann jetzt genau sagen, wie es
weitergeht", äußerte sich EU-Kommissar Günter Verheugen (SPD).
Gleichzeitig beeilte er sich aber, das Abstimmungsergebnis als einen
"Unfall" zu bezeichnen, den es nun zu korrigieren gelte. Der belgische
Außenminister gab seiner Hoffnung Ausdruck, dass dies "nicht das Ende
des Verfassungsvertrages" bedeute. EU-Handelskommissar Peter Mandelson
dekretierte, dass "keine einzelner Mitgliedstaat ein Vetorecht habe".
Auch der spanische Ministerpräsident Zapatero will den
Ratifikationsprozess einfach weitergehen lassen, als sei nichts
geschehen. Europa sei die Lösung, "nicht das Problem." Am schärfsten
formulierte es EU-Beauftragte für die EU-Außen- und Sicherheitspolitik
Javier Solana: "Weder der Text des Verfassungsvertrages noch die
Ideen, die er enthält, seien tot." Seine Bitte einfach weiter wie
gehabt zu verfahren und nicht in eine "psychologische Starre zu
verfallen", klingt wie ein Pfeifen im Keller. Charakteristisch ist
auch die Haltung der Grünen in Deutschland. Ihr europapolitischer
Sprecher entdeckte plötzlich berechtigte Kritik am Verfassungsvertrag,
um im selben Atemzug die Verpflichtung zur "Verbesserung der
militärischen Fähigkeiten" im Verfassungsvertrag als Mittel zu
"Abrüstung" zu bezeichnen.
Zwar hat das imperiale Projekt der EU-Strategen einen schweren Dämpfer
erhalten, gerade deshalb suchen sie aber augenblicklich fieberhaft
nach Möglichkeiten, soviel wie nur möglich von den Teilen des
Verfassungsvertrages zu retten, mit dem die Militarisierung der EU
festgeschrieben werden sollte. Obwohl noch keine endgültige
Entscheidung getroffen worden ist, zeichnen sich erste Konturen und
Optionen eines "Plan Bs" ab, die beim EU-Gipfeltreffen am 16. und 17.
Juni in Brüssel präzisiert werden sollen. Demgegenüber bietet das
Scheitern aber auch die Möglichkeit für die Linke, nun noch offensiver
in die Debatte um die Zukunft der Europäischen Union einzusteigen.
Optionen für den Plan B
Nach dem NEIN in Frankreich und den Niederlanden ist ein für den
EU-Verfassungsvertrag positives Votum in Großbritannien nahezu
ausgeschlossen. Die Wahrscheinlichkeit, dass in Dänemark, Irland,
Tschechien oder Polen der EU-Verfassungsvertrag bei den dortigen
Referenden eine Mehrheit bekommt wird immer geringer. Doch die
Regierenden wollen ganz nach dem Motto "business as usual"
weitermachen: "Der Ratifikationsprozess in den Mitgliedstaaten muss
weitergehen", forderte Bundeskanzler Gerhard Schröder ebenso wie
Barroso und andere. Gleichzeitig wurde eine Neuverhandlung des
Vertrages ausschlossen. So wird Unmut unter der Bevölkerung geschürt.
Gemäß der getroffenen Vereinbarung, die auch im EU-Verfassungsvertrag
in Artikel IV-443 (4) festgehalten ist, dass die EU-Staats- und
Regierungschefs über das weitere Vorgehen beraten werden, sobald vier
Fünftel, also 20 der EU-Staaten den Vertrag ratifiziert haben, möchte
man wohl zumindest dieses Etappenziel erreichen. In der Zwischenzeit
sollen schon mal Nägel mit Köpfen gemacht werden. Eine detaillierte
Darstellung der möglichen Optionen wurde vom Centrum für angewandte
Politikforschung (CAP) der Bertelsmannstiftung erstellt, dem wohl
wichtigsten Think Tank was die Ausgestaltung des Verfassungsvertrags
anbelangt. Die CAP-Autoren schlagen vor, in der nun eintretenden
Zwischenphase soviel wie möglich Bestimmungen irreversibel in die
Praxis umzusetzen: "Die frühzeitige Implementierung bestimmter
Verfassungsneuerungen wird nicht nur die Entscheidungs- und
Handlungsfähigkeit der EU-25 verbessern. Darüber hinaus werden
politische Tatsachen geschaffen, von denen die EU-Mitgliedstaaten auch
im Falle eines endgültigen Scheiterns der Verfassungsratifikation nur
schwerlich abrücken können." Dies könnte beispielsweise den weiteren
Ausbau der Europäischen Rüstungsagentur betreffen. Die eigentliche
Schwierigkeit ist allerdings, dass Regelungen, die substanziell in das
bestehende Mächtegleichgewicht der Union eingreifen, grundsätzlich
ratifizierungspflichtig sind und damit nicht durch die Hintertür
umgesetzt werden können. Damit die diesbezüglichen Bestimmungen des
Verfassungsvertrages, insbesondere die Neuregelung der
Stimmengewichtung zu Gunsten der EU-Großmächte, in Kraft treten
können, ist aber dessen Annahme durch sämtliche Mitgliedsstaaten, also
auch den NEIN-Sagern, erforderlich. Für ein Inkrafttreten des
Vertrages müssten entweder die JA-Länder eine neues Staatenbündnis auf
der Grundlage des EU-Verfassungsvertrages bilden, oder aber die
NEIN-Sager aus der Union austreten, beziehungsweise dem Vertrag doch
noch zustimmen. Eine wie auch immer geartete Koexistenz innerhalb der
Europäischen Union zwischen Staaten, die auf Grundlage des
Nizza-Vertrages und denen, für die der EU-Verfassungsvertrag
Geschäftsgrundlage ist, ist schlicht unmöglich.
Deshalb ist es für die Regierenden von außerordentlichem Interesse,
dass es unter allen Umständen zur Annahme des Verfassungsvertrages
kommt, weshalb Europa-Ideologen, wie der Sozialdemokrat Jo Leinen
bereits ein neuerliches Referendum in Frankreich anstreben. Der
luxemburgische EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker äußerte sich
diesbezüglich schlicht, dass die "Länder, die NEIN gesagt haben, sich
mit der Abstimmungsfrage erneut auseinandersetzen werden müssen." Als
Extrembeispiel denken die CAP-Autoren sogar die Möglichkeit an, in
Frankreich könne "ein zweites Referendum mit der Frage nach der
Zukunft der französischen EU-Mitgliedschaft verbunden werden." Mit
solch einer Drohkulisse, verbunden mit konkreten Maßnahmen für
"Intensives politisches Marketing" soll die französische Bevölkerung
dann zur Einsicht bewogen werden. Die EU-Ideologen lernen aus ihrem
Scheitern bei der Abstimmung vor allem, dass sie in Zukunft die
Propagandamaschinerie besser ölen sollten, um alle, die sich ihrem
Projekt eines neoliberalen und militaristischen Europa widersetzen,
auch in Zukunft als Nationalisten diffamieren zu können. Die besondere
Attraktivität einer Verabschiedung des Verfassungsvertrages im
Gesamtpaket liegt darin, dass es deutlich schwieriger sein wird, die
ebenfalls konsensuell erforderliche Ratifizierung einzelner Aspekte zu
erreichen. Man wird allerdings sehen müssen, inwieweit diese Option
auch nur kurzfristig eine Zukunft hat, da es augenblicklich fraglich
ist, ob überhaupt genug Länder den Vertrag ratifizieren werden. Zudem
spielt der englische Premierminister Tony Blair angesichts der trüben
Aussichten auf eine Annahme in Großbritannien bereits mit dem
Gedanken, das Referendum dort auszusetzen, um seine politische Zukunft
nicht zu gefährden.
Damit wäre aber der Verfassungsvertrag endgültig gescheitert, da ein
erzwungener Austritt Frankreichs oder sogar mehrerer Länder aus der EU
undenkbar ist. Für diesen Fall überlegen sich die EU-Strategen
gegenwärtig eine weitere Option. Sie sähe vor, wesentliche Aspekte,
insbesondere die Stimmengewichtung, aus dem Gesamtpaket auszugliedern
und stattdessen über Änderungen der europäischen Verträge zu
beschließen. Dies würde zwar dennoch eine Ratifikation durch sämtliche
Einzelstaaten erfordern, zöge aber nicht zwingend Referenden nach
sich, womit deren Verabschiedung wahrscheinlicher würde. Laut
CAP-Studie betrifft dies "vor allem die Neuerungen der
EU-Institutionen. Hierzu gehören unter anderen die Einführung eines
Präsidenten des Europäischen Rates, die Etablierung des
Entscheidungsverfahrens der 'doppelten Mehrheit', die Verkleinerung
der Kommission, die Ausweitung von Mehrheitsentscheidungen im
Ministerrat und die Schaffung des Amtes eines EU-Außenministers sowie
die Stärkung der Rechte des EP und der nationalen Parlamente." In fast
allen dieser Fälle "wäre jedoch eine förmliche Änderung der
europäischen Verträge erforderlich. Anstelle einer umfassenden
Neuverhandlung könnten einzelne Aspekte des Verfassungsvertrages
herausgegriffen (z.B. die "doppelte Mehrheit") und im Wege einer
kurzfristig einberufenen Regierungskonferenz
("Mini-Regierungskonferenz") oder über eine Inkorporation in künftige
Beitrittsverträge in Kraft gesetzt werden. Da nur einige wenige
Änderungen der europäischen Verträge zu beschließen wären, könnten die
meisten Mitgliedstaaten auf die Durchführung eines neuen Referendums
verzichten."
Man möchte also die Entscheidungskompetenz über die künftige
Ausrichtung der Europäischen Union wieder weg von ihren BürgerInnen
und hin zu den Regierungen verlagern. Allerdings dürfte sich besonders
die Neuregelung der Stimmgewichtung als extrem schwierig erweisen.
Insbesondere Polen, aber auch alle mittelgroßen- und kleinen EU-Länder
werden hierdurch massiv benachteiligt, was der Hauptgrund für
Warschaus ursprünglich heftigen Widerstand gegen den
Verfassungsvertrag war. Die damals von Deutschen ausgerechnet an Polen
gerichteten Drohungen, etwa von CAP-Leiter Werner Weidenfeld, um das
Land "umzustimmen", ließen an Schärfe nichts vermissen: "Polen wird
sehr schnell spüren, was es bedeutet, alleine den historischen Kurs
Europas aufhalten zu wollen. Von der Finanzplanung bis zur
Strukturpolitik wird der polnischen Regierung ein eisiger Wind ins
Gesicht wehen - was naturgemäß die Verhandlungsbereitschaft wachsen
lässt und die innenpolitische Bereitschaft zum Kompromiss fördert."
Nachdem mit Spanien, Polens letzter Verbündeter seine Position
gewechselt hatte, gab das Land zwar seinen Widerstand gegenüber dem
Verfassungsvertrag auf, ob solche Drohungen es aber dazu bewegen
werden, eine solche Regelung, die ausschließlich zu Gunsten der
EU-Großmächte ist, außerhalb eines umfassenden Gesamtpakets namens
Verfassung zu schlucken, ist mehr als zweifelhaft.
Verfassung ist abgelehnt - jetzt auch die Militarisierung ablehnen!
Zwar ist damit zu rechnen, dass Europas Strategen versuchen werden, im
militärpolitischen Bereich auf ein "Weiter so!" zu drängen und
konsequent den Pfad in Richtung einer hochgerüsteten global
kriegsführenden Militärmacht EU weiter zu beschreiten, dieses
Bestreben entbehrt aber nach dem Referendum in Frankreich jeglicher,
schon vorher fraglichen Legitimation. Trotzdem setzt z.B. der
CDU-Außenpolitiker Karl Lamers als Konsequenz aus dem französischen
Referendum noch eins drauf wenn er fordert, die EU-Armee "könnte
Katalysator einer gemeinsamen Außenpolitik und Gegenstück zu einer
gemeinsamen Währung sein." Berlin und Paris müssten ihre "im
vergangenen Jahr begonnene Initiative für eine europäische Armee
wieder aufgreifen und gemeinsam mit Spanien entschlossen
vorantreiben." In diesem Kontext sind auch Rufe nach einer verstärkten
Zusammenarbeit auf Grundlage von Nizza wie in der Süddeutschen Zeitung
zu sehen: "Mindestens acht Regierungen könnten sich zu einer
'verstärkten Zusammenarbeit' zusammentun. Das erlaubt der EU-Vertrag
von Nizza, bis auf weiteres die einzige Geschäftsgrundlage der
Europäischen Union." Solch ein Projekt wie es Lamers vorschlägt, ist
aber kaum auf Grundlage des gültigen Nizza-Vertrages möglich, der
unmissverständlich klarstellt, verstärkte Zusammenarbeit "kann nicht
Fragen mit militärischen oder verteidigungspolitischen Bezügen
betreffen." Trotzdem soll nicht eine Abkehr, sondern eine
Intensivierung des EU-Kriegskurses für deutsche Konservative die
französische Abstimmung nach sich ziehen.
Was aber bedeutet das NEIN für die Linke an kommenden Aufgaben?
Zum einen ist bemerkenswert, dass unisono von den neuen sozialen
Bewegungen bis zum DGB das Ergebnis als Forderung nach einem
sozialeren Europa interpretiert wird. Alle Umfragen in Frankreich über
die Hauptmotivation des NEIN bestätigen diese Sichtweise klar. Das
bedeutet, dass jetzt der Kampf gegen Neoliberale und Europa-Ideologen
um einen anderen Verfassungsvertrag begonnen werden muss. Diese
Auseinandersetzung muss von links offensiv mit eigenen Eckpunkten für
einen anderen Verfassungsvertrag angegangen werden. Ein kompletter
Gegenentwurf macht keinen Sinn, da es über die konkreten
Zuständigkeiten der verschiedenen EU-Institutionen und bzgl.
detaillierter Regelungen in einem möglichen zukünftigen
EU-Verfassungsvertrag in der Linken, der Friedensbewegung und der
globalisierungskritischen Bewegung sehr unterschiedliche Auffassungen
gibt. Die Verständigung auf Grundsätze ist hier eine gute Möglichkeit,
doch Einigung zu erzielen.
Die Ablehnungen müssen nun auch inhaltlich Ernst genommen werden, das
gilt auch für die Militarisierung der Europäischen Union, sie verliert
mit den Ergebnissen der Referenden in Frankreich und den Niederlanden
ihre Grundlage. Genau die inhaltliche Kritik, die wir am
Verfassungsvertrag geübt haben (Neoliberale Wirtschaftspolitik,
Militarisierung und inhaltsleere Grundrechtscharta) müssen wir nun
vertiefen. Die Politik der EU insbesondere in diesen Bereichen muss
nun auch von den sozialen Bewegungen stärker in den Blick genommen
werden. Dies gilt insbesondere auf militär- und außenpolitischem Gebiet.
Mit der Absage an die Strategen der EU und an diesen
EU-Verfassungsvertrags ist damit auch jede vertragliche Übereinkunft
zur EU-Militarisierung gescheitert. Daraus folgt nicht nur, dass
dieser Prozess sofort zu stoppen ist, sondern vielmehr, dass die
konkreten Schritte zur Militarisierung, die im Vorgriff auf den
Verfassungsvertrag bereits umgesetzt oder eingeleitet wurden, nun
zurückgenommen werden müssen.
Dies gilt es nun in den Mittelpunkt der kommenden Kampagnen der
Friedensbewegung zu stellen. Was die Staats- und Regierungschefs unter
sich auf den EU-Gipfeln vereinbart haben, muss nach dem Scheitern des
EU-Verfassungsvertrages zugunsten einer zivilen EU zurückgenommen
werden. Das bedeutet konkret, um nur einige Stichworte der
EU-Militarisierung der letzten Jahre zu nennen:
-
Auflösung der Battle Groups und den Verzicht auf das vorgesehene
Aufstellungsprogramm der Schlachtgruppen
- Auflösung der Rüstungsagentur
- Ende der militärischen Kerneuropaprogramme d.h. keine Umsetzung der
"strukturierten Zusammenarbeit"
- Stopp der Aufrüstungsprojekte, die die EU für die globale
Kriegsführung fit machen sollen
- keine weitere heimliche Umsetzung einer Aufrüstungsverpflichtung
- Beendigung der engen Kooperation der EU mit der NATO und in diesem
Zusammenhang eine Kündigung des Berlin Plus-Rahmenabkommens, dass den
Rückgriff auf NATO-Kapazitäten regelt
- Beendigung von Militäreinsätzen der EU, die beispielsweise mit der
ALTHEA-Mission in Bosnien für eine Ausweitung des Einsatzspektrums in
Richtung militärische Terrorbekämpfung und Kriegen zur angeblichen
"Abrüstung" Dritter für die EU-Interventionstruppen, als vorbereitende
Testfelder dienen
Ausblick
Das Scheitern des EU-Verfassungsvertrags eröffnet die Möglichkeit für
eine andere Politik. Dies gilt insbesondere für den Bereich der
Militär- und Außenpolitik. Es wird jetzt darum gehen, die aus der
Kritik am EU-Verfassungsvertrag gewonnenen Punkte in konkrete
Kampagnen gegen die EU-Militarisierung umzusetzen. Das man hierbei die
politische Klasse, Militärs und Kapital als Gegner und große Teil der
Bevölkerung als mögliche Verbündete hat, sollte als Ansporn begriffen
werden, um die versteinerten Verhältnisse der EU-Militarisierung zum
Tanzen zu bringen.
Tobias Pflüger, Imi e.V. Tübingen, Mitglied des Europäischen Parlaments
Quelle:http://www.imi-online.de/2005.php3?id=1176
2.6.2005
Jetzt eine friedenspolitische Offensive starten!
Erklärung des pax christi-Generalsekretärs Reinhard J. Voß nach den Volksabstimmungen zum EU-Verfassungsvertrag in Frankreich und den Niederlanden
Nachdem das französische und das niederländische Volk den
EU-Verfassungsvertrag abgelehnt haben, kommt es jetzt - unabhängig vom
Fortgang des Ratifizierungsprozesses - darauf an, die Diskussion darüber zu
eröffnen, welchen Rahmen, welche Ziele und welche Grundwerte das Vereinte
Europa haben soll und wird. Das Ziel ist eine Weiterentwicklung der Union in
Richtung eines zivilen, demokratischen, solidarischen und ökologischen
Europas.
Insbesondere gilt es die friedenspolitische Handlungsfähigkeit der
europäischen Union zu stärken. Europa muss sich mehr noch als bisher als
politische Vermittlungsinstanz in den Konfliktregionen der Welt betätigen.
Das hohe Ansehen, dass der europäische Einigungsprozess genießt, muss in
eine politische Strategie übersetzt werden, die der Konfliktbearbeitung
weltweit von Nutzen ist. Eine derartige friedenspolitische Offensive der
europäischen Staaten vermag bei den Bürgerinnen und Bürgern der EU das
Vertrauen in die Kraft der Gemeinschaft zurück zu gewinnen, das zur
Akzeptanz einer gemeinsamen Verfassung notwendig ist.
Um diesen Prozess voran zu bringen, wird die deutsche Sektion von pax
christi ihre Arbeit noch mehr als bisher dem friedenspolitischen Profil
Europas widmen, besonders im Dialog mit Gruppen in Frankreich und Polen. Die
europäische Vision muss aus ihrer gegenwärtigen bürokratischen und
politischen Engführung heraus kommen und neu in der Bevölkerung diskutiert
und vertieft werden. Nur so können die ernst zu nehmenden Ängste und Sorgen
über Sozialabbau, politische Entmündigung und militärische Großmachtpolitik
abgebaut und damit weitere gemeinsame Schritte gegangen werden.
Wir glauben weiterhin und mehr denn je an dieses Europa als Hort für
Menschenrechte, Gerechtigkeit, Frieden und Ökologie, als Friedensprojekt und
weltweit ansteckendes Beispiel.
Bad Vilbel, den 1.6.2005
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