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"Illegales Treiben der USA auf deutschem Boden"

Proteste auch in den USA: Aktivisten blockierten den Stützpunkt Creech im Bundesstaat Nevada. Gespräch mit Elsa Rassbach *


Elsa Rassbach ist Journalistin und Filmemacherin, seit 50 Jahren in deutschen und US-Friedensbewegungen aktiv und Vertreterin des US-Friedensbündnisses United National Antiwar Coalition (UNAC) in Deutschland.

Ende vergangener Woche ist es vor dem US-Militärstützpunkt Creech (US-Bundesstaat Nevada) zu Protesten und Aktionen gegen Drohneneinsätze gekommen. Was genau ist passiert?

Bei der Aktion »Shut Down Creech« haben am Freitag mehr als 100 Aktivisten die Schließung des Stützpunkts gefordert. Die Demonstranten legten sich auf die Straßen zu den zwei Eingängen zur Basis, um die Drohnenpiloten zu hindern, an diesem Tag ihre Arbeit aufzunehmen. Der aufgestaute Verkehr war über zwei Kilometer lang. Die Polizei forderte die Protestierenden auf, sich von den Straßen zu entfernen. Obwohl sie ruhig liegen blieben, wurden 34 von ihnen verhaftet. Sie werden im April vor Gericht gestellt, werden sich aber als »nicht schuldig« erklären. Unter ihnen befanden sich auch Aktivisten wie Brian Terrell, die schon 2009 beim ersten Protest in Creech dabei waren. Damals wurden 14 von ihnen wegen unbefugten Betretens der Basis verhaftet; die darauf folgenden Prozesse brachten das Thema des Drohnenkriegs erstmals an die Öffentlichkeit. Das war der Beginn der Anti-Drohnen-Kampagnen überhaupt.

Obwohl die gezielte Tötung von Menschen durch Drohnen in der Bundesrepublik den Tatbestand des Mordes darstellt, kooperiert der Militärstützpunkt in Ramstein mit dem in Creech. Über welche Erkenntnisse verfügen Sie?

Drohnenpiloten aus Creech und anderen Stützpunkten in den USA töten fast täglich per Joystick Menschen. Bei jedem dieser Anschläge sterben durchschnittlich 28 Unbeteiligte, darunter Kinder. Die Drohnen sind in der Nähe des Ziels z.B. an der Küste Afrikas oder in Afghanistan stationiert. Von dort wird ein Signal der Drohne per Satellit nach Ramstein gesendet und dann über ein Glasfaserkabel in die USA, wo die Piloten sitzen.

Und warum toleriert das die deutsche Bundesregierung?

Sie könnte es beenden, indem sie das Stationierungsabkommen mit den USA kündigt und neu aushandelt. Die Bundesregierung möchte aber nicht wahrhaben, dass das illegale Treiben der USA auf deutschem Boden eine Gefahr auch für die Sicherheit Deutschlands und seiner Bürger bedeutet. Die USA verfolgen seit den Anschlägen von New York eine Politik, die der europäischen Auffassung von Völkerrecht und Menschenrecht widerspricht. Danach darf der US-Präsident jeden auf der Welt verhaften oder töten lassen, den er mit Hilfe der CIA als Terrorist ausgemacht haben will. Nicht nur in Afghanistan oder Pakistan, sondern auch in Boston oder theoretisch auch in Russland. Das Europäische Parlament hat dieses US-Vorgehen im Februar 2014 vehement mit einer gemeinsamen Entschließung zurückgewiesen. Die mit überwältigender Mehrheit – 534 gegen 49 Stimmen! – beschlossene Resolution fordert die Mitgliedsstaaten auf, dafür zu sorgen, dass sie »im Einklang mit ihren rechtlichen Verpflichtungen keine rechtswidrigen gezielten Tötungen verüben oder solche Tötungen durch andere Staaten begünstigen«.

Sie engagieren sich bereits seit Jahren gegen den Einsatz von Drohnen. Haben Sie noch Hoffnung, dieses mörderische Vorgehen irgendwann stoppen zu können?

Ich bin ich nicht gegen jede Drohnentechnologie sondern gegen eine Politik, die diese Geräte zur Tötung von Menschen einsetzt. Nach der Entschließung des Europäischen Parlaments bin ich zuversichtlich, dass wir hier in Europa den Mord durch Drohnen beenden könnten und zwar durch die Schließung der Satelliten-Relais-Station in Ramstein. Die etwa 650 Menschen, die dort arbeiten, müssen dann eben einen anderen Job machen. Die Anschaffung bewaffneter Drohnen durch die Bundeswehr ist bis jetzt verhindert worden; die Diskussion zu diesem Thema ist für ganz Europa wegweisend.

Interview: Markus Bernhardt

* Aus: junge Welt, Mittwoch, 11. März 2015


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