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Großmanöver behindern

Sachsen-Anhalt/Niedersachsen: Friedensaktivisten wollen gegen internationale Militärübung "Jawtex" protestieren. Kundgebungen und Blockaden an Bundesstraße 71 geplant

Von Susan Bonath *

In den kommenden beiden Wochen werden weite Teile Nord- und Mitteldeutschlands zum militärischen Aufmarschgebiet. Mit »Jawtex« (Joint Air Warfare Tactical Exercise) startet die Bundeswehr am heutigen Montag ihr größtes internationales Manöver von Luftwaffe, Heer und Marine seit den 80er Jahren (siehe dazu jW vom 19.4.). Es soll bis zum 23. Mai andauern. Über 4200 Soldaten aus Deutschland, Frankreich, Italien, Slowenien, Griechenland, Finnland, Österreich, Ungarn, den Niederlanden, der Türkei, der Schweiz und den USA beteiligen sich an der Kriegsübung mit dem Schwerpunkt Luftangriffe und -abwehr. Die Kampfjets, darunter Tornados und Eurofighter, sowie Drohnen und Helikopter, werden vorwiegend über Sachsen-Anhalt und das Wendland (Niedersachsen) donnern. Das »Bündnis gegen das Militärmanöver, NATO und Krieg«, ein Zusammenschluß von Verbänden der Friedensbewegung und Anwohnern, ruft zu Protesten vor allem in diesem Gebiet auf.

Die erste Aktion ist am Mittwoch in der Altmarkstadt Salzwedel (Sachsen-Anhalt) geplant. Am 21. Mai wird dann eine Demonstration in Lüchow im Wendland stattfinden. Das Bündnis ruft außerdem zu zivilem Ungehorsam während des gesamten Manövers auf. »Wir werden täglich blockieren, und zwar an Kreiseln und Kreuzungen auf der Bundesstraße B71 zwischen Magdeburg und Celle sowie an Zufahrten zu Kasernen«, heißt es im Aufruf des Bündnisses. Die Straße sei der Dreh- und Angelpunkt für den Militärverkehr am Boden. Beginn der Aktionen ist jeweils »fünf vor zwölf«. Die Aktivisten wollen damit den Übungsablauf behindern. Der 23. Mai soll »Blockadetag« werden, ebenfalls entlang der B71 – unter dem Motto »Das wird ein Nachspiel haben«. »Wir wollen den Soldaten die Abreise so unkomfortabel wie möglich machen«, kündigt das Bündnis an.

Mit »Dröhnung« müssen Anwohner vor allem im westlichen Sachsen-Anhalt und nordöstlichen Niedersachsen rechnen. Dort sind mehrere Flugkorridore vorgesehen, die das Militär ganztägig, mit Ausnahme der Nachtstunden und des Wochenendes, in Beschlag nehmen will. Auch Tiefflüge bis zu einer Untergrenze von 70 Metern sind geplant. Gesteuert wird die Übung vom Fliegerhorst Holzdorf an der Grenze zwischen Sachsen-Anhalt und Brandenburg, wie Klaus Sattler, Sprecher des Luftwaffenzentrums Kalkar (Nordrhein-Westfalen) auf jW-Anfrage mitteilte. Dort wurde ein Containerdorf errichtet. Angeflogen werden sollen besonders die jeweils gut 90 Quadratkilometer großen Truppenübungsplätze Klietz bei Stendal (Altmark) sowie Altengrabow nahe Magdeburg. In Klietz ist zudem eine große Luftlandeopereration der Fallschirmjäger geplant. Eingebunden sind aber auch die anderen Übungsplätze und Militärflughäfen im norddeutschen Raum. In Schleswig-Holstein betrifft das Hohn und Schleswig, in Niedersachsen Munster, Bergen, Wittmund und Faßberg, in Mecklenburg-Vorpommern Rostock-Laage. Scharf geschossen werden soll ausschließlich in Munster und Bergen in der Lüneburger Heide.

»Jawtex« ersetzt die bisher von der Bundeswehr organisierte Großübung »Elite«. Bis 2008 fand diese jährlich, danach alle zwei Jahre in Süddeutschland statt. Während »Elite« nach Angaben der Bundeswehr explizit auf elektronische Kampfführung ausgerichtet war, zielt »Jawtex« darauf ab, »übergreifende Kampfszenarien der Luft-, Marine- und Bodeneinheiten« zu trainieren. Den Fokus legt die deutsche Armee dabei auf das Proben von Luftangriffen und -abwehr sowie Lufttransport und Bergung von Verletzten. Nach Angaben des Bundesverteidigungsministeriums kostet das Manöver die deutschen Steuerzahler mehr als drei Millionen Euro. Mit den Konflikten in der Ukraine oder anderen aktuellen Kriegseinsätzen von Bundeswehr und NATO habe die lange geplante Großübung nichts zu tun, beteuert das Militär.

* Aus: junge welt, Montag, 12. Mai 2014


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