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Struck an der Uni Düsseldorf: „Bundeswehr ist und bleibt eine Friedensarmee“

Kritischer Diskurs wurde vorzensiert – Friedensbewegung: „Ein paranoides Sicherheits-Szenarium“

Im Folgenden informieren wir über einen an sich ganz unproblematischen Vorgang: Ein Institut der Uni Düsseldorf lädt als Gastredner einen Minister zu sich ein, lädt die Öffentlichkeit zu dem Vortrag ein und freut sich auf eine gute Resonanz. Da in diesem Fall der Minister dem Verteidigungsministerium vorsteht und sich durch markante Reden und Äußerungen (z.B.: Deutschland „am Hindukusch verteidigen“) einen Namen gemacht hat, rief die Düsseldorfer Veranstalter auch die Friedensbewegung auf den Plan. Deren Vertreter, zunächst auf der Liste der geladenen Gäste, wurden indes wieder ausgeladen. Die Offenheit des Ministeriums und die akademische Diskursfreudigkeit haben offenbar doch enge Grenzen.

Wir dokumentieren den Vorgang in Form
  1. einer Presseerklärung der beiden friedensbewegten Menschen, die erst ein- und dann wieder ausgeladen worden waren,
  2. der Rede des Ministers Peter Struck in einer amtlichen Kurzfassung (von der Homepage des Ministeriums), und
  3. in Form eines Berichts eines Teilnehmers über die Veranstaltung.



Pressemitteilung 31.1.2004:

Kritische Gäste beim Düsseldorfer Vortrag von Verteidigungsminister Struck wieder ausgeladen - Mit großem Polizeiaufgebot wurde in der NRW-Landeshauptstadt ein paranoides Sicherheitsszenario inszeniert

In einem Stern-Interview hatte sich Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) 2004 gewünscht, die großen Umwälzungen der deutschen Militärpolitik würden in Parlament und Gesellschaft kontrovers diskutiert. Von der Düsseldorfer Universitätsrede des Ministers am 31.1.2005 wurden nun Kritiker der neuen sicherheitspolitischen Vorstellungen kurzfristig wieder ausgeladen. Seitens des Veranstalters, des 2003 gegründeten "Düsseldorfer Instituts für Außen- und Sicherheitspolitik/DIAS" (http://www.dias-online.org/ oder http://www.jura.uni-duesseldorf.de/universitaet.shtml), kam es dabei zu einem beispiellosen Procedere.

Die Düsseldorfer Friedensaktivistin Erika Bosch und der freie Publizist Peter Bürger (Theologe, Pax Christi-Mitglied) hatten sich gemeinsam zum Struck-Vortrag angemeldet und eine herzliche Bestätigung nebst Anfahrtsbeschreibung erhalten. Am Samstag Abend vor der Veranstaltung meldete sich jedoch ein Mitarbeiter des Instituts, Herr Argirakos, besorgt bei Frau Bosch. Er wollte u.a. wissen, welche Fragen (!) die Angemeldeten beim Struck-Vortrag stellen wollten. (Das darauf genannte Themenbeispiel "Auslandseinsätze der Bundeswehr" qualifizierte er umgehend als "zu radikal".) Die beiden Düsseldorfer Wohnanschriften von Bürger und Bosch wurden während dieses Telefonates als BKA-verdächtigte Orte linksradikaler Szenen genannt.

In der Folge kam es zur Streichung von der Gästeliste, obwohl nach Auskunft des DIAS-Mitarbeiters keine definitiven sicherheitspolitischen Bedenken vorliegen würden. Die Veranstaltung selbst war kurzerhand zur geschlossenen, nicht-öffentlichen Gesellschaft erklärt worden. Weder ein weiteres Telefonat und Gesprächsangebot am Montag noch eine Intervention der Bundestagsabgeordneten Karin Kortmann (SPD) führten zu einer Rücknahme der DIAS-Entscheidung. Die beiden Ausgeladenen vermuten den Grund für das inquisitorische Vorgehen der Veranstalter in ihrem Protest gegen neue militärische Zielvorgaben, die weder im Grundgesetz noch im Völkerrecht zu finden sind. Sie hatten dazu im Vorfeld einen Internet-Text veröffentlicht (http://www.antikriegsbuendnis-duesseldorf.de/). Darin zitieren sie u.a. das European Defence Paper (Mai 2004) und eine Rede des Bundesverteidigungsministers vom 9.11.2004. In beiden Zitaten werden Wirtschafts- und Rohstoffinteressen ausdrücklich als "sicherheitspolitische" Aufgabenstellungen benannt.

Mit großem Polizeiaufgebot hatte sich das Düsseldorfer Universitätsgelände am Abend des Struck-Vortrages in ein paranoides Sicherheits-Szenarium verwandelt. Mit Härte wurden protestierende Mitglieder der Antifa vom Eingang verdrängt, obwohl sie die Besucher durchgehen ließen. Als Mitglieder der Düsseldorfer Friedensbewegung resümieren Peter Bürger und Erika Bosch: "Diese Veranstaltung ist schon im Kleinen ein Beleg für die Ausblendung ziviler Konfliktlösungsstrategien in den militärpolitischen Denkfabriken und überdies ein denkbar schlechtes Omen für die gesellschaftliche Debatte über neue Militärdoktrinen."

Verantwortlich für diese Pressemitteilung:
Peter Bürger, (Theologe; freier Publizist; seit 1980 Mitglied der Int. Kath. Friedensbewegung Pax Christi; einer der Sprecher des Ökumenischen Friedensnetzes Düsseldorfer Christinnen & Christen www.ofdc.de).
Erika Bosch, (Künstlerin; Mitglied bei "Menschen für den Frieden Düsseldorf" www.antikriegsbuendnis-duesseldorf.de; eine der Sprecherinnen des "Ökumenischen Friedensnetzes Düsseldorfer Christinnen und

„Bundeswehr ist und bleibt eine Friedensarmee“

Berlin, 01.02.2005 - Im Rahmen der zweiten Düsseldorfer Rede, veranstaltet vom Düsseldorfer Institut für Außen- und Sicherheitspolitik (DIAS), sprach Bundesverteidigungsminister Peter Struck zur "Transformation und deutsche Sicherheitspolitik im 21. Jahrhundert".

Ralf Alexander Lords führte im Rahmen der DIAS durch das Programm und begrüßte den Minister der Verteidigung Peter Struck als Ehrengast des Abends. Lords betonte die Wichtigkeit des Transformationsprozesses der Bundeswehr für die Sicherheitspolitik.

Die Bundeswehr, so Struck, werde bis zum Jahre 2010 ein neues Gesicht haben. Viele Dinge würden sich ändern müssen. An Bewährtem müsse aber auch festgehalten werden.

Struck setzte sich an dieser Stelle verstärkt für die Wehrpflicht ein. Sie sichere gleichermaßen die gesellschaftliche Integration der Streitkräfte und ihre hohe Professionalität. Gleichzeitig wäre eine Berufsarmee wirtschaftlich nicht finanzierbar, und aus sozialen Gesichtpunkten nicht positiv für die Gesellschaft. Der Bundeswehr würde zudem der Nachwuchs entzogen, den sie dringend zur Erfüllung ihrer Aufgaben brauche.

Ein eigenes Bild von der Lage der Rekruten machte sich der Verteidigungsminister, als er vor wenigen Tagen überraschend junge Soldaten in der Grundausbildung besuchte. Diese jungen Männer, so Struck, waren gerade acht Tage in der Grundausbildung und sähen die "Zeit beim Bund" als Chance.

Bundeswehr im Einsatz

Das Gesicht der Bundeswehr habe sich aber auch schon in den letzten Jahren erheblich verändert, erklärte Struck. Noch vor wenigen Jahren sei ein Einsatz von Bundeswehrsoldaten am Hindukusch undenkbar gewesen. Heute sei die Bundeswehr in der Lage schnell und effektiv weltweit in Krisen einzugreifen. Rund 400 deutsche Soldaten sind zurzeit in Indonesien. "Wir werden dort solange Hilfe leisten, wie wir vor Ort gebraucht werden", betonte der Minister.

Auch der Einsatz in Afghanistan sei keine Routine. Die Gegend sei alles andere als befriedet. An dieser Stelle sprach sich Struck wiederum gegen eine Zusammenlegung der Operationen ISAF und Enduring Freedom aus. Er betonte den unterschiedlichen Charakter der zwei Mandate. Das Hilfsmandat ISAF könnte durch die Vermengung mit dem Kampf gegen den Terrorismus beschädigt werden und aufgebautes Vertrauen verspielt werden.

Die Bundeswehr beteilige sich aktiv am Wiederaufbau des Irak, wenn auch nicht auf irakischem Boden. Bisher wurden Mechaniker und Fahrlehrer in den Vereinigten Arabischen Emiraten ausgebildet. Der Frieden auf dem Balkan ist sehr labil und es bedarf nur einem Funken um alles wieder in Brand zu stecken. "Deswegen werden wir auch auf dem Balkan mit Soldaten vor Ort bleiben", erklärte Struck.

Das Aufgabenspektrum der Bundeswehr habe sich enorm in den letzten Jahren verändert. "Sicherheit und Verteidigung," so der Minister, "haben geografische und inhaltliche Erweiterungen erfahren." Dies wiederum erfordere auch militärische Antworten, die dem neuartigen Spektrum an Gefahren und Bedrohungen entsprechen.

Mit Blick auf das 50jährige Jubiläum der deutschen Streitkräfte erklärte der Verteidigungsminister abschließend: "Die Bundeswehr ist eine Friedensarmee. Wir haben 50 Jahre lang für Frieden in unserem Land gesorgt. Genau diese Aufgabe werden wir auch in der Zukunft erfüllen."

Nicole Hammerschmidt/bho

Quelle: www.bmvg.de

Grundgesetz vergessen - Völkerrecht ist nichts mehr wert

In Düsseldorf lud das Institut für Außen- und Sicherheitspolitik (DIAS) am 31. Januar zu einer öffentlichen Veranstaltung in die Heinrich-Heine-Universität mit Bundesverteidigungsminister Peter Struck. Kurzfristig wurde diese zu einer geschlossenen Gesellschaft umfunktioniert. Hinein kam nur noch, wer auf der Anwesenheitsliste stand. Kritiker sollten draußen bleiben. Selbst nicht geladene Medienvertreter wurden erst einmal am Eingang aufgehalten. Vertreter der Rüstungsindustrie u.a. Rheinmetall, Generale der Bundeswehr, die Herren des berüchtigten Industrieclubs und "Bürgervertreter" wie Gabriele Henkel sollten unter sich bleiben. Sie allein durften zumindest drinnen ungestört den Ausführungen des Bundesverteidigungsministers lauschen.

Damit dies möglich wurde verweigerte Polizei und Staatsschutz Andersdenkenden gewaltsam den Zutritt. Doch so ganz gelang dies nicht. Am Eingang des Gebäudes versammelten sich im strömenden Regen etwa 40 Demonstranten, die darauf aufmerksam machten, das die Bundeswehr zu einer kriegsfähigen Angriffsarmee gemacht werde. Zeitweise gelang es ihnen den Eingang zu blockieren, was Einfluss auf die Teilnehmerzahl im Hörsaal hatte. Ein Viertel der Plätze blieb unbesetzt. Besonders fiel auf, das viele Stühle der DIAS Ehrengäste frei waren. Struck selbst ging darauf nicht ein, als der Leiter der Veranstaltung dies auf das Wetter schob und meinte, es werde sicherlich noch voller. Der Minister, die Versammlungsleitung und die Zuhörer mussten enttäuscht werden. Es blieb dabei.

Minister Struck selbst erläuterte in 45 Minuten die neue Militärpolitik der Bundesregierung. Die Interessen des deutschen und europäischen Kapitals. Die Bundeswehr habe keine reine Funktion der Landesverteidigung mehr. Bis 2010 werde sie die Voraussetzungen haben, überall in der Welt eingesetzt werden zu können. Das sehe er als seine Aufgabe. Er wiederholte, dass Deutschland nicht mehr nur am Hindukusch verteidigt werde und fügte hinzu, dass so etwas sicherlich vor einigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre.

Die Befürchtungen der Demokraten draußen bestätigten sich mit dieser Veranstaltung. Sie wiesen schon im Vorfeld daraufhin, dass durch die Verteidigungspolitischen Richtlinien von 2003 die aggressive Politik Deutschlands noch einfacher wird. Diese sehen vor, das künftige Einsätze weder hinsichtlich ihrer Intensität noch geographisch eingegrenzt werden. Der politische Zweck bestimmt dann den Ort, Dauer und die Art des Einsatzes. Durch die EU-Verfassung werden erstmalig weitreichende militärische Interventionsmöglichkeiten und eine Verpflichtung zur Aufrüstung für die Mitgliedsstaaten festgeschrieben.

Herbert Schedlbauer


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