"Beendigung des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr entlastet den Haushalt um eine Mrd. EURO - sofort"
Dokumentiert: Sparvorschläge der Friedensbewegung / "Hände weg vom Sozialstaat!"
Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag, mit der er sich in die Debatte um den Schuldenabbau einmischt.
10 Sparvorschläge der Friedensbewegung
Presseerklärung des Bundesausschusses Friedensratschlag
-
Sparen - aber richtig: Beim Militär beginnen!
- Hände weg vom Sozialstaat!
- Die Beendigung des Afghanistankriegs bringt sofort eine Milliarde
- Friedensbewegung unterbreitet zehn Sparvorschläge
Kassel/Hamburg, 10. Juni 2010 - Die Sozialabbaupläne der Bundesregierung
werden von Gewerkschaften und sozialen Bewegungen rundweg abgelehnt.
Die Friedensbewegung zeigt darüber hinaus, wo Einsparungen erzielt
werden können, die niemandem weh tun - außer vielleicht den Militärs und
den Rüstungsprofiteuren. Der Bundesausschuss Friedensratschlag nennt in
einer Erklärung zehn konkrete Sparvorschläge.
Das Sparpaket der schwarz-gelben Koalition ist an sozialen Grausamkeiten
nicht zu überbieten. Statt von den Reichen und Superreichen, von
Spekulanten und Banken zu holen, werden die Armen zur Ader gelassen. Und
die bisherigen Ankündigungen auch im Militärbereich zu sparen, sind
reine Augenwischerei. Während in den anderen Haushaltsbereichen "Nägel
mit Köpfen" gemacht und konkrete Einsparpotentiale benannt wurden, wird der Verteidigungsetat (EP-Einzelplan 14) mit Samthandschuhen angefasst. Keine konkrete Spar-Vorgabe, stattdessen lediglich Prüfaufträge, wo denn evtl. gespart werden könnte. Demgegenüber wird der grundgesetzwidrige Auftrag, die Interventionsfähigkeit der Bundeswehr zu erhöhen ("... Optimierung der Strukturen der Bundeswehr an den Erfordernissen der Befähigung zum Einsatz ...") in Stein gemeißelt.
Die Eckpunkte des Sparpakets legen fest, die Auswirkungen eines
Personalabbau von 40.000 Berufs- und Zeitsoldaten auf "die
sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands, die Einsatz- und
Bündnisfähigkeit, Fragen der Beschaffung, die Strukturen und den
Gesamtumfang der Bundeswehr sowie der Wehrform und deren Ausgestaltung"
zu überprüfen. Diskutiert werden z.B. Standortschließungen oder die
Aussetzung der Wehrpflicht.
(1) Eine Reduzierung von 40.000 der insgesamt 188.000 Berufs- und
Zeitsoldaten (davon 57.000 Berufs- und 131.000 Zeitsoldaten) und deren
Folgen könnten laut Eckpunktepapier in den Jahren 2011 bis 2014 einen
Einspareffekt von vier Milliarden Euro erbringen. Das ist mit 4,6
Prozent mager, wenn man den Anteil des Verteidigungshaushalts am
gesamten Bundeshaushalt von etwa zehn Prozent zum Maßstab nimmt. Ab 2013
könnte sich der EP 14 demnach von derzeit 31,1 auf 29,1 Mrd. Euro reduzieren. Ein Aussetzen der Wehrpflicht, die aber ebenfalls noch nicht beschlossene Sache ist, würde etwa 600 Millionen Euro jährlich sparen. Der daran grundgesetzlich gekoppelte Zivildienst kostet die SteuerzahlerInnen ebenso viel. Durch die Abschaffung der Zwangsdienste würden etwa 1,2 Mrd. Euro jährlich eingespart werden können.
(2) Die Beendigung des Afghanistaneinsatzes der Bundeswehr würde den
Bundeshaushalt direkt um jährlich etwa eine Milliarde Euro entlasten -
und zwar sofort. Die andere Auslandseinsätze brächten zudem etwa 300
Mio. Euro im Jahr.
Weitere Einsparpotenziale liegen im Bereich militärischer Ausrüstungen
und Bewaffnungen.
(3) Da wäre zunächst das mobile taktische Luftverteidigungssystem MEADS,
das sich zusammen mit den USA und Italien noch in der Entwicklung
befindet, und die Aufgabe haben soll, ab 2015 Bundeswehrsoldaten im
Auslandseinsatz gegen Marschflugkörper und ballistische Raketen zu
schützen. Der deutsche Kostenanteil beläuft sich auf gegenwärtig knapp
vier Milliarden Euro. MEADS würde eine Ausweitung der
Militärinterventionen von NATO und EU ermöglichen und zum Unfrieden in
der Welt beitragen. Das Projekt muss und kann problemlos abgebrochen werden.
(4) Die Beschaffung von insgesamt elf Großdrohnen des Typs "Global Hawk"
bzw. "Euro Hawk" bis 2015 für insgesamt rund ein Milliarde Euro würde
die Bundeswehreinsätze weltweit noch ausweiten. Auch hierfür gibt es
keine Kaufbeschlüsse, so dass einem Verzicht vertraglich nichts im Wege
steht. Gleiches gilt für die Marineversion des Transporthubschraubers NH
90. Es liegt dem Hersteller bisher lediglich eine deutsche
Absichtserklärung über den Kauf von 38 MH 90 vor, die ca. 1,8 Mrd. Euro
ab 2015 verschlingen würden.
(5) Schwieriger und damit kostenträchtiger sind Ausstiege aus
Vertragsbindungen für vier Fregatten des Typs F 125, die von 2016 bis
2018 für 2,8 Milliarden Euro in Dienst gestellt werden sollen, und für
zwei U-Boote des Typs 212, die für 2012 bis 2014 für knapp eine
Milliarde Euro bestellt sind. Zur Ausrüstung dieser U-Boote soll der
lenkbare Flugkörper IDAS für 130 Millionen Euro ab 2016 zählen. Auch
darauf kann verzichtet werden. Verzichtet werden kann auch auf den
dritten Einsatzgruppenversorger, der bis 2012 für rund 250 Mio. Euro
beschafft werden soll.
(6) Noch schwieriger umzusetzen wäre die Reduzierung von bestellten
Stückzahlen von 80 Kampfhubschraubern Tiger (ca. 5 Mrd. Euro inklusive
Bewaffnung bis 2014) und 134 Transporthubschrauber NH-90 (ca. 4 Mrd.
Euro bis über 2016 hinaus). Über die im Juli 2009 bestellten 405
Schützenpanzer Puma für 3,1 Mrd. Euro bis 2020 ließe sich sicherlich
auch nur eine Reduzierung von Stückzahlen aushandeln.
(7) Einsparpotenziale lassen sich auch im Bereich der Ausrüstungen
finden, die die weltweite Führungsfähigkeit der Bundeswehr verbessern
soll. Hier gibt es diverse Projekte mit einem Volumen von knapp 5 Mrd.
Euro, die bis über das Jahr 2016 hinaus veranschlagt sind. Der Verzicht
auf etwa die Hälfte des Volumens wäre durchaus realistisch.
(8) Die Ausstattung von rund 8.000 Infanteristen der Bundeswehr mit dem
System "Infanterist der Zukunft - Erweitertes System", für die ab 2012
die Serienlieferung anlaufen soll, unter der Voraussetzung, dass bis
Anfang nächsten Jahres die Vorserienlieferung zur Zufriedenheit
ausfällt, kann durchaus noch gestoppt werden.
(9) Für die restlichen 37 der insgesamt 180 Eurofighter (Tranche 3 B)
fehlt das Geld. Etwa 3 Mrd. Euro seien dafür zusätzlich nötig. Im Jahr
2012 muss darüber entschieden werden, ob die Tranche 3 B bestellt wird.
Wenn gespart werden soll, dann kann auf die restlichen 37 Eurofighter
verzichtet werden.
(10) Weitere Einsparmöglichkeiten ließen sich auch unter den kleineren
Projekten finden, aber auch durch Nicht-In-Dienst-Stellen von
Angriffswaffen wie Korvetten oder Stilllegungen von Waffensystemen, die
der Angriffsfähigkeit dienen.
Somit ließen sich von heute auf morgen Summen einsparen, die beim
Doppelten, wenn nicht beim Drei- oder Vierfachen des Volumens liegen,
die das Eckpunkte-Papier von Schwarz-Gelb vage in Aussicht stellt.
Wenn die gegenwärtige Krise wirklich sinnvoll genutzt werden soll, dann
muss zuallererst dort gespart werden, wo der Reichtum und wo die Waffen
wohnen: Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan, Beendigung der übrigen
Auslandseinsätze (die Bundesmarine verplempert z.B. vor dem Libanon 40
Mio. EUR pro Jahr), Abschaffung der Zwangsdienste, Streichung
kostspieliger Rüstungsprojekte, die doch nur die Interventionsfähigkeit
verbessern sollen.
Der Bundesausschuss Friedensratschlag ruft die Friedensbewegung dazu
auf, sich am kommenden Samstag, 12. Juni, an den bundesweiten
Demonstrationen "Wir zahlen nicht für eure Krise" in Berlin und Stuttgart zu beteiligen.
Die Losung der Friedensbewegung lautet: "Wir zahlen nicht für eure Kriege".
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Lühr Henken, Hamburg
Peter Strutynski, Kassel
Zurück zur Bundeswehr-Seite
Zur Seite "Friedensbewegung"
Zur Presse-Seite
Zurück zur Homepage