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Sabotage an der Heimatfront

Rege Proteste gegen Kriegspolitik: Bundesregierung zählt seit 2010 bei der Bundeswehr 91 "Sachbeschädigungen"

Von Frank Brendle *

Fahrzeuge und Einrichtungen der Bundeswehr stellen ein kontinuierliches Ziel antimilitaristischer Aktionen dar. Die Bundesregierung teilte auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke (Die Linke) mit, es habe von 2010 bis Juli 2013 insgesamt 91 »Sachbeschädigungen« zum Schaden der Bundeswehr gegeben. 83 dieser Aktionen sind nach Einschätzung der Sicherheitsbehörden links motiviert, in acht Fällen sei die Motivation nicht geklärt.

Die Antwort der Bundesregierung war Ende der Woche, noch bevor Jelpke sie selbst an die Öffentlichkeit bringen konnte, offenbar aus dem Verteidigungsministerium der Bild-Zeitung zugespielt worden. Die bezeichnet sämtliche Aktionen gegen die Bundeswehr pauschal als »Anschläge« und das mutmaßliche Täterspektrum als »Linksextremisten« – eine Sprachregelung, die von anderen bürgerlichen Medien umgehend übernommen wurde.


Verteidigungsexperte Omid Nouripour (Grüne) wird in der BILD mit folgenden Worten zitiert:
"Es ist unfassbar, wie die Bundeswehr zu einem Feindbild wird, obwohl doch die Politik die Entscheidung über Auslandseinsätze trifft. Wer Kritik an den Einsätzen üben will, sollte sich an die dafür Zuständigen wenden – das sind die Abgeordneten."



Allerdings sind 69 dieser Aktionen lediglich einfache Sachbeschädigungen. Das schließt unter anderem auch Graffiti etwa an Außenwänden von Kasernen ein. Selbst Bild räumt ein, daß dabei auch Beschädigungen von Hinweistafeln oder Werbeständen der Truppe erfaßt werden. Dazu kommen 14 Brandstiftungen, meist an Bundeswehrfahrzeugen. Schließlich werden noch acht »gefährliche Eingriffe in den Luft-, Bahn- und Straßenverkehr« aufgelistet, das sind etwa Sabotageaktionen an Zubringern zu Militärstandorten. Die Zahl der Attacken liegt konstant bei 26 oder 27 pro Jahr. Aus einer früheren Anfrage von Jelpke geht hervor, daß seit 2010 insgesamt 31 Militärfahrzeuge beschädigt worden sind – dabei waren die 16 Fahrzeuge, die Ende Juli in einer Kaserne in Havelberg ausbrannten, noch nicht mitgezählt. Diese Tat wird ebenfalls als »linksmotiviert« ausgewiesen. Sicher ist das allerdings nicht: Die Polizei hatte zwar zunächst ein Fahrzeug in einem nahegelegenen antimilitaristischen Camp beschlagnahmt, mußte diese »Spur« aber wieder fallenlassen. Das LKA in Magdeburg war am Freitag nicht für einen Kommentar zu erreichen. Jelpke kündigte an, dem nachzugehen.

Der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK), Monty Schädel, kommentierte im jW-Gespräch die Zahlen mit den Worten: »Wenn die Bundeswehr Krieg in alle Welt trägt, darf sie sich nicht wundern, wenn sie dafür auch im eigenen Land Widerstand spürt.«

Sabotageaktionen gegen den Krieg fänden die Unterstützung der DFG-VK, wie andere Aktionen auch: »Kriminell und verbrecherisch sind diejenigen, die Krieg führen und vorbereiten«, so Schädel. Auch Jelpke bekräftigte gegenüber jW, es gebe »keinen Grund, ausgerechnet die Friedensbewegung zu kriminalisieren«.

* Aus: junge Welt, Montag, 19. August 2013

Zur Antwort der Bundesregierung:

Bundestags-Drucksache




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