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"Der Schwur der Häftlinge von Buchenwald weist in die Zukunft"

60 Jahre nach der Befreiung: Kundgebung in Weimar und Buchenwald - Die Rede des Bundeskanzlers im Wortlaut - Der "Schwur von Buchenwald" im Wortlaut

Aus Anlass der Gedenkfeiern zum 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald am 10. April 2005 dokumentieren wir im Folgenden:



Die Nachrichtenagenturen berichteten am 10. April 2005 über die zentralen Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag der Befreiung des KZ Buchenwald etwa wie folgt:

Vertreter von Politik, Opferverbänden und ehemalige Häftlinge haben in Weimar mit einer zentralen Gedenkfeier der Befreiung der NS-Konzentrationslager vor 60 Jahren gedacht. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erinnerte an die zahllosen Menschen, die in den Lagern "dem Hunger, den Krankheiten, dem sadistischen Terror und dem systematischen Mord" zum Opfer fielen. Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, warnte vor einem Wiedererstarken des Rechtsextremismus in Deutschland.
Die Vergangenheit könne nicht ungeschehen gemacht werden, betonte Schröder. "Aber aus der Geschichte, aus der Zeit der tiefsten Schande unseres Landes, können wir lernen." Die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus, an Krieg, und Völkermord sei Teil der deutschen Identität und zugleich "eine bleibende moralische Verpflichtung".
Gemeinsam mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und weiteren Vertretern von Politik und Opferverbänden gedachte Schröder anschließend auf dem ehemaligen Appellplatz in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald mit einer Kranzniederlegung und einer Schweigeminute der Opfer. An den Gedenkfeierlichkeiten nahmen rund 1200 internationale Gäste teil, darunter rund 550 frühere Häftlinge und auch ehemalige Angehörige der US-Armee.
Der ehemalige Buchenwald-Häftling und frühere spanische Kulturminister Jorge Semprún erinnerte in einer eindrucksvollen Rede daran, dass es bald keine Überlebenden mehr aus Nazi-Lagern wie Buchenwald oder Dachau geben werde. "Es wird keine unmittelbare Erinnerung mehr geben, kein direktes Zeugnis, kein lebendiges Gedächtnis: Das Erlebnis jenes Todes wird zu Ende gegangen sein", sagte Semprún. In zehn Jahren seien es vor allem die überlebenden jüdischen Kinder und Jugendliche von Auschwitz und Birkenau, die "zum Bewahrer und Verwalter aller Erfahrungen der Vernichtung werden".
Der Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora, Bertrand Herz, appellierte an die junge Generation, Intoleranz und Ausgrenzung aufgrund der Nationalität, Herkunft und Religion nicht zuzulassen und für Demokratie einzutreten.
In Buchenwald kamen insgesamt 56.000 Menschen aus mehr als 30 Nationen ums Leben. Nur 21.000 Häftlinge erlebten ihre Befreiung am 11. April 1945. In vielen anderen KZ-Gedenkstätten wie Bergen-Belsen und Ravensbrück finden in den kommenden Wochen ebenfalls Gedenkfeiern zum 60. Jahrestag der Befreiung statt.
(AFP)

In der jungen Welt vom 11. April 2005 hieß es über die zentrale Feier u.a.

Zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesrepublik wurde der Befreiung der faschistischen deutschen Konzentrationslager mit einer zentralen Gedenkfeier gedacht. Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) erinnerte in einer Rede im Deutschen Nationaltheater in Weimar an die ungezählten Menschen, die in den Lagern »dem Hunger, den Krankheiten, dem sadistischen Terror und dem systematischen Mord« zum Opfer fielen. (...)

Die Vergangenheit könne nicht ungeschehen gemacht werden, betonte Schröder. »Aber aus der Geschichte, aus der Zeit der tiefsten Schande unseres Landes, können wir lernen.« Die nachgeborenen Generationen würden es nicht zulassen, daß Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit wieder eine Chance bekommen. Schröder erklärte: »Als am 11. April 1945 die US-Armee das Lager Buchenwald erreichte, war es eine Befreiung von außen sowie zugleich – und das darf eben nicht vergessen werden – eine Befreiung von innen und auch viel politischer Aufbruch.«

Vermächtnis

Gemeinsam mit Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) und weiteren Vertretern von Politik und Opferverbänden gedachte Schröder anschließend auf dem ehemaligen Appellplatz in der KZ-Gedenkstätte Buchenwald mit einer Kranzniederlegung und einer Schweigeminute der Opfer. An den Gedenkfeierlichkeiten nahmen rund 1200 internationale Gäste teil, darunter rund 550 frühere Häftlinge und auch ehemalige Angehörige der US-Armee. Stellvertretend für die junge Generation übergab Steffen Trostorff, der Enkel eines Buchenwaldhäftlings, an Schröder das »Vermächtnis von Buchenwald«. Trostorff verlas die Erklärung mit dem Appell an die Regierungen aller Nationen, für Freiheit, Frieden und soziale Gerechtigkeit einzustehen, an der Stelle, an der vor 60 Jahren über 20000 Überlebende den Schwur von Buchenwald leisteten. Darin hieß es, die Idee, daß eines Tages Gerechtigkeit in der Welt herrsche, habe den Überlebenden geholfen, am Leben zu bleiben. Doch dies sei nicht Wirklichkeit geworden. »Überall auf der Welt entbrennen immer wieder Kriege und bringen Zerstörung und Armut für die Zivilbevölkerung«, erklärte Trostorff.

Lebendiges Gedächtnis

Der ehemalige Buchenwald-Häftling und frühere spanische Kulturminister Jorge Semprún erinnerte daran, daß es bald keine Überlebenden mehr aus Nazi-Lagern wie Buchenwald oder Dachau geben werde. »Es wird keine unmittelbare Erinnerung mehr geben, kein direktes Zeugnis, kein lebendiges Gedächtnis: Das Erlebnis jenes Todes wird zu Ende gegangen sein«, meinte Semprún, dessen Rede an dieser Stelle von Zwischenrufen unterbrochen wurde: In zehn Jahren seien es vor allem die überlebenden jüdischen Kinder und Jugendlichen von Auschwitz und Birkenau, die »zum Bewahrer und Verwalter aller Erfahrungen der Vernichtung werden«.

Der Präsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora, Bertrand Herz, appellierte an die junge Generation, Intoleranz und Ausgrenzung aufgrund der Nationalität, Herkunft und Religion nicht zuzulassen und für Demokratie einzutreten. (...)

Aus: junge Welt, 11. April 2005




Gemeinsam für eine Welt des Friedens

Aufruf der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora/Freundeskreis e.V. zum 60. Jahrestag der Selbstbefreiung des KZ Buchenwald (Auszüge)

Sechzig Jahre nach der Selbstbefreiung des Konzentrationslagers Buchenwald droht Deutschland von einem unrühmlichen Stück Vergangenheit eingeholt zu werden: Faschisten marschieren gegen den Protest demokratischer Demonstranten und von der Polizei abgeschirmt, aber ungehindert auf öffentlichen Straßen; Nazis verschiedener Parteien werden in Landtage gewählt ... und einer Vielzahl faschistischer Organisationen ist es erlaubt, ihre Propaganda und Politik legal zu verbreiten.

Die Bundesregierung stützt unmittelbar oder indirekt die Kriege der USA gegen Afghanistan und Irak, was nationalistische Emotionen weckt und verstärkt sowie latente Großmachtträume wieder hoffähig macht. Die Unternehmen stellen den erkämpften sozialen und arbeitsrechtlichen Standard der Beschäftigten grundsätzlich in Frage und wollen damit auch eine Entsolidarisierung in der Gesellschaft erreichen. Die Massenarbeitslosigkeit und die berufliche Perspektivlosigkeit vieler junger Menschen erzeugt ein Klima der permanenten Zukunftsangst und der fremdenfeindlichen Ressentiments gegenüber vermeintlich anderen. Vor diesem Hintergrund erscheint das im Schwur von Buchenwald konzentrierte Vermächtnis der politischen Häftlinge des KZ Buchenwald so aktuell wie eh und je. ...

Deshalb rufen wir alle Antifaschistinnen und Antifaschisten auf: Machen wir die Gedenkveranstaltung zum 60. Jahrestag der Selbstbefreiung am 10. April 2005 in Buchenwald zu einer eindrucksvollen Kundgebung des gemeinsamen Zieles einer neuen Welt des Friedens, der Freiheit, der sozialen Sicherheit und der Solidarität!

(Aus dem Aufruf der Lagergemeinschaft Buchenwald-Dora/Freundeskreis e.V. zum 60. Jahrestag der Selbstbefreiung des KZ Buchenwald).
Internet: www.kz-buchenwald.de





Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder bei der Gedenkfeier anlässlich des 60. Jahrestages der Befreiung der nationalsozialistischen Lager am 10. April 2005 in Weimar. (Mitschrift)

Sehr verehrte, liebe ehemalige Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald,
verehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr verehrten Damen und Herren!

Viele von Ihnen sind heute aus Israel, aus den Vereinigten Staaten von Amerika und aus den europäischen Nachbarstaaten hier nach Weimar gekommen. Sie haben die Hölle der Konzentrationslager erlitten und haben überlebt.

Zahllose Ihrer Mithäftlinge aber, Familienangehörige, Freunde, starben in diesen Lagern, sie fielen dem Hunger, den Krankheiten, dem sadistischen Terror und dem systematischen Mord zum Opfer. Ihrer gedenken wir heute gemeinsam.

Sie, die Sie heute hierher gekommen sind, sind die Hüter authentischer, unmittelbarer Erinnerung. Sie haben erlebt und erlitten, was eine bis zum Äußersten gesteigerte Unmenschlichkeit anzurichten im Stande ist.

Ich verneige mich vor Ihnen, vor den Opfern und ihren Angehörigen.

Meine Damen und Herren, am Anfang von Sempruns großem Roman über Buchenwald steht der Erzähler vor eben einer Buche und bewundert für einen Moment die schlichte winterliche Schönheit des Baumes. Dann wird er von der Stimme und der auf ihn gerichteten Waffe eines SS-Mannes in das Lagerleben zurückgerissen. Buchenwald - ein eigentlich schönes Wort, das dennoch täuscht, denn die Namen der Orte rufen Erinnerungen wach.

Zum einen: der Klang des Namens Weimar - ein Ort unvergleichbarer kultureller Blüte. Weimar steht für Humanität, Aufklärung, Idealismus und - nach 1918 - für einen demokratischen Neubeginn in Deutschland. Und zum anderen: Buchenwald auf dem Ettersberg - vierzig Hektar Kälte und Grausamkeit, die absolute Negation jeglicher Kultur. Der Ort steht für Unmenschlichkeit, geistige Finsternis, Barbarei.

Es ist das räumliche Nebeneinander von Kultur und Barbarei, das uns so sprachlos macht. Wir möchten vor diesem Hintergrund das Unfassbare begreifen, das doch jede menschliche Vorstellungskraft übersteigt. Um zu verstehen, sind wir auf die Erinnerungen der Überlebenden angewiesen. Sie sind unsere Verbindung zu eben dieser Vergangenheit.

Der Tod der Millionen, das Leid der Überlebenden, die Qualen der Opfer - sie begründen unseren Auftrag, eine bessere Zukunft zu schaffen. Vergangenheit können wir weder ungeschehen machen noch wirklich bewältigen. Aber aus der Geschichte, aus der Zeit der tiefsten Schande unseres Landes, können wir wohl lernen:

Wir, die Nachgeborenen, die Vertreter eines anderen, eines demokratischen Deutschlands, wir wollen und wir werden nicht zulassen, dass Unrecht und Gewalt, dass Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in unserem Land jemals wieder eine Chance bekommen.

Die Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus, an Krieg, Völkermord und Verbrechen ist Teil unserer nationalen Identität geworden. Daraus folgt eine bleibende moralische und politische Verpflichtung.

Uns leiten die Werte der Aufklärung und der französischen Revolution, die Tradition des Humanismus, die Idee einer freien und sozial gerechten Gesellschaft, aber auch die Erfahrung des Widerstandes gegen jede Form der Tyrannei. Diese Werte müssen und werden wir jeden Tag aufs Neue verteidigen.

Deshalb, so denke ich, ist es gut, dass junge Erwachsene aus verschiedenen europäischen Staaten heute hier sind. Sie treffen Zeitzeugen, sie sprechen mit ehemaligen Häftlingen, und sie helfen so mit, deren Erinnerungen für zukünftige Generationen zu bewahren.

Aber die Erinnerung hat die Eigenheit, mit der Zeit zu verblassen, kraftlos zu werden, gelegentlich fern dem heutigen Leben zu erscheinen. Weil das so ist, sind die Orte so wichtig, die sich ganz der Erinnerung widmen und die Vergangenheit überzeugend in unsere Gegenwart holen. Diese Orte mahnen uns, der Versuchung zum Vergessen oder zum Verdrängen entschieden zu widerstehen.

Verehrte Anwesende, das Konzentrationslager war, wie Eugen Kogon geschrieben hat, eine Ordnung ohne Recht, in die der Einzelne hineingeworfen wurde, gezwungen, jeden Tag um ein Leben zu kämpfen, das seinen Bewachern nichts bedeutete. Die Allgegenwart von Terror und Tod, Willkür, Misshandlung und Demütigung hatte zum Ziel, dem Einzelnen seine eigene Persönlichkeit, seine Selbstachtung, ja seine Würde zu nehmen. Aber es gab unter den Gefangenen Solidarität, die Behauptung von Humanität, den Willen zu Mitgefühl und Opferbereitschaft.

In gewissen Grenzen hat das tägliche Widerstehen, hat der Zusammenhalt von Häftlingen aus ganz Europa dem Vernichtungswillen in den Lagern entgegen gearbeitet. Spätestens seit Stalingrad wuchs die Zuversicht, dass Hitler den Krieg verlieren würde. Mit welcher Begierde, mit welcher Hoffnung jedes Gerücht vom Kriegsgeschehen, vom stetigen Vormarsch der Alliierten in den Lagern aufgenommen wurde, kann man sich kaum vorstellen.

Als am 11. April 1945 die US-Armee das Lager Buchenwald erreichte, war es eine Befreiung von außen sowie zugleich - und das darf eben nicht vergessen werden - eine Befreiung von innen und auch viel politischer Aufbruch. So verfasste der Staatsrechtler Hermann Louis Brill zusammen mit Gleichgesinnten aus ganz Europa ein, wie er es nannte, "Manifest der demokratischen Sozialisten des ehemaligen Konzentrationslagers Buchenwald." Das "Manifest" und in gleicher Weise der "Schwur der Häftlinge von Buchenwald" weisen in die Zukunft. Sie beschworen eine Ordnung des Friedens und einen neuen europäischen Geist in Freiheit.

Ehemalige Gefangene, Politiker wie Brill oder der große französische Sozialist Léon Blum, wirkten an diesen ersten Schritten in ein freiheitliches Nachkriegs-Europa mit. Dies taten auch Schriftsteller, Journalisten und Künstler. Lassen Sie mich, stellvertretend für viele andere, die Nobelpreisträger Elie Wiesel und Imre Kertesz, die Schriftsteller Bruno Apitz und Danuta Brzosko-Medryk sowie den Künstler Jósef Szajna nennen.

Wir verdanken ihnen, aber auch allen anderen, mehr, als wir mit Worten im Stande sind auszudrücken. Sie haben großen Anteil daran, dass Totalitarismus und Menschenverachtung, für die die Konzentrationslager Inbegriff waren, eben nicht dem Vergessen ausgeliefert wurden.

Verehrte Anwesende, meine Damen und Herren, Buchenwald mit all seinen Schrecken steht für das Unrechtsregime des 20. Jahrhunderts: für den Nationalsozialismus und seine Opfer.

Es hat aber auch eine zweite, weniger bekannte Geschichte - eine Geschichte des Stalinismus, die nicht vergessen werden darf. Aus dem KZ Buchenwald wurde bis 1950 das sowjetische Speziallager Nr. 2. 1958 wurde das ehemalige Konzentrationslager zur "Nationalen Mahn- und Gedenkstätte Buchenwald" der DDR erklärt. Die erste frei gewählte Volkskammer hat dann Buchenwald als Ort des nationalen Gedenkens in den Einigungsvertrag eingebracht.

Meine Damen und Herren, das Europa der Freiheit, des Friedens und der Demokratie, das wir in den vergangenen fünfzig Jahren aufgebaut haben, hat gewiss viele Wurzeln. Aber die tiefste Wurzel reicht zurück in die dunkelsten Jahre des 20. Jahrhunderts, in die Jahre, als der stumme Terror der Lager sich über eben dieses Europa legte. In diesen Lagern entstand die tiefe Entschlossenheit, es nie wieder so weit kommen zu lassen. Aus diesen Lagern stammt die eindringlichste Mahnung, sich den Kräften des Unrechts und der Tyrannei in jeglicher Form entgegenzustellen.

Der langjährige Präsident des Internationalen Buchenwald-Komitees, Pierre Durand, sagte zum 56. Jahrestag der Befreiung von Buchenwald: "Unser langes Leben hat uns gelehrt, dass man nie aufgeben darf, dass man im Herzen die Flamme der Hoffnung und den Willen bewahren muss, eine bessere Welt aufzubauen, eine Welt, die der Menschheit würdig ist."

Das, meine Damen und Herren, ist der Auftrag, unter dem wir, die Nachgeborenen, stehen. Das ist unsere Verpflichtung gegenüber denjenigen, die in Buchenwald und in anderen Lagern gelitten haben und gestorben sind.

Dieser Auftrag gilt über Generationen hinweg. Er galt für die, die vor uns Verantwortung trugen. Er gilt für uns, und er wird für die gelten, die nach uns kommen. In Deutschland wird dieser Auftrag immer gelten. - Ich danke Ihnen.

Quelle: Homepage der Bundesregierung: www.bundesregierung.de




Der Schwur von Buchenwald

Kameraden!

Wir Buchenwalder Antifaschisten sind heute angetreten zu Ehren der in Buchenwald und seinen Außenkommandos von der Nazibestie und ihrer Helfershelfer ermordeten 51 000 Gefangenen!

51 000 erschossen, gehenkt, zertrampelt, erschlagen, erstickt, ersäuft, verhungert, vergiftet, abgespritzt,

51 000 Väter, Brüder, Söhne starben einen qualvollen Tod, weil sie Kämpfer gegen das faschistische Mordregime waren,

51 000 Mütter und Frauen und Hunderttausende Kinder klagen an:

Wir lebend gebliebenen, wir Zeugen der nazistischen Bestialitäten sahen in ohnmächtiger Wut unsere Kameraden fallen. Wenn uns eines am Leben hielt, dann war es der Gedanke:

Es kommt der Tag der Rache!

Heute sind wir frei!

Wir danken den verbündeten Armeen der Amerikaner, Engländer, Sowjets und allen Freiheitsarmeen, die uns und der gesamten Welt Frieden und das Leben erkämpfen. Wir gedenken an dieser Stelle des großen Freundes der Antifaschisten aller Länder, eines Organisatoren und Initiators des Kampfes um eine neue demokratische, friedsame Welt F. D. Roosevelt. Ehre seinem Andenken!

Wir Buchenwalder, Russen, Franzosen, Polen, Tschechen, Slowaken und Deutsche, Spanier, Italiener und Österreicher, Belgier und Holländer, Engländer, Luxemburger, Rumänen, Jugoslawen und Ungarn, kämpften gemeinsam gegen die SS, gegen die nazistischen Verbrecher, für unsere eigene Befreiung.

Uns beseelte die Idee: Unsere Sache ist gerecht – Der Sieg muß unser sein!

Wir führten in vielen Sprachen den gleichen, harten, erbarmungslosen, opferreichen Kampf, und dieser Kampf ist noch nicht zu Ende. Noch wehen Hitlerfahnen! Noch leben die Mörder unserer Kameraden! Noch laufen unsere sadistischen Peiniger frei herum! Wir schwören deshalb vor aller Welt auf diesem Appellplatz, an dieser Stätte des faschistischen Grauens:

Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den Richtern der Völker steht!

Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neue Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel. Das sind wir unseren gemordeten Kameraden, ihren Angehörigen schuldig.

Zum Zeichen Eurer Bereitschaft für diesen Kampf erhebt die Hand zum Schwur und sprecht mir nach:

W I R S C H W Ö R E N !

* Ansprache in französischer, russischer, polnischer, englischer und deutscher Sprache auf der Trauerkundgebung des Lagers Buchenwald am 19. April 1945.





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