Der Bundestag hat entschieden: Vertrauen in den Kanzler - Ermächtigung für den Bundeswehreinsatz
Bundeswehreinsatz an Vertrauensfrage gekoppelt: ein verfassungsrechtlich fragwürdiges Verfahren - Von "politischer Nötigung" und "Gewissenssplitting"
Eine Mehrheit von 336 Abgeordneten aus der rot-grünen Koalition sprach am 16. November 2001 dem Kanzler ihr Vertrauen aus und stimmte damit gleichzeitig der Bereitstellung von Bundeswehr-Soldaten für den Einsatz im "Krieg gegen den Terror" zu. 326 Abgeordnete stimmten dagegen. 662 Stimmen wurden abgegeben, Enthaltungen gab es nicht.
Die vier Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Winfried Hermann, Christian Simmert und Annelie Buntenbach stimmten gegen den Bundeswehreinsatz und damit gegen Kanzler Schröder. Auch die frühere SPD-Abgeordnete Christa Lörcher, die einen Tag vor der Abstimmung aus der Fraktion ausgetreten war, stimmte mit Nein.
Damit hielten sich die Abgeordneten der Grünen an einen "Kompromiss", den sie am Morgen vor der Abstimmung bekannt gegeben hatten. Vier der acht Kriegsgegner der Grünen wollten mit Nein stimmen, vier mit Ja. Damit sollte der rot-grünen Koalition die eigene Mehrheit gesichert werden. Die Opposition stimmte geschlossen gegen Schröder und den Bundeswehreinsatz. Drei CDU/CSU-Parlamentarier und ein Mitglied der PDS-Fraktion gaben keine Stimme ab.
Die Verknüpfung von Bundeswehreinsatz-Antrag und Vertrauensfrage ist ein
höchst problematisches Instrument. Schon die Vertrauensfrage allein darf nach der allgemeinen Rechtsauffassung nur in besonders zugespitzten Ausnahmefällen angewandt werden.
Das Bundesverfassungsgericht, würde es sich heute mit dieser Frage
befassen, käme möglicherweise zum Ergebnis, dass hier mit dem Instrument
der Vertrauensfrage missbräuchlich umgegangen wurde. Im schriftlichen
Urteil des Zweiten Senats des BVerfGE vom 16. Februar 1982 hieß es: Der
Bundeskanzler soll das Verfahren nach Art. 68 GG (Vertrauensfrage) "nur
anstrengen dürfen, wenn es politisch für ihn nicht mehr gewährleistet
ist, mit den im Bundestag bestehenden Kräfteverhältnissen
weiterzuregieren. Die politischen Kräfteverhältnisse im Bundestag müssen
seine Handlungsfähigkeit so beeinträchtigen oder lähmen, dass er eine
vom stetigen Vertrauen der Mehrheit getragene Politik nicht sinnvoll zu
verfolgen vermag." (BVerfGE, 62,1, Leitsatz 6)
Die Vertrauensfrage von Gerhard Schröder war von der Sache her
vollkommen überflüssig. Denn einmal hatte seine Bundesregierung für den
inhaltlichen Antrag (Bundeswehreinsatz) eine überaus deutliche Mehrheit
von 90 Prozent plus X, sodass das Stellen der Vertrauensfrage als dem
letzten Mittel, eine Parlamentsmehrheit hinter sich zu bringen,
überhaupt nicht erforderlich war. Zum anderen wäre dem Kanzler -
unabhängig von dem konkreten Antrag zum Bundeswehreinsatz - mit
Sicherheit das Vertrauen mit ausreichender Stimmenzahl ausgesprochen
werden. Im Fall der 1982 vom damaligen Kanzler Kohl gestellten Vertrauensfrage urteilte das Bundesverfassungsgericht - im Blick auf die Auflösung des Parlaments infolge eines negativen Votums auf die Vertrauensfrage - eindeutig: "Eine Auslegung dahin, dass Art. 68 GG einem Bundeskanzler, dessen ausreichende Mehrheit im Bundestag außer Zweifel steht, gestattete, sich zum geeignet erscheinenden Zeitpunkt die Vertrauensfrage negativ beantworten zu lassen mit dem Ziel, die Auflösung des Bundestages zu betreiben, würde dem Sinn des Art. 68 GG nicht gerecht. Desgleichen rechtfertigen besondere Schwierigkeiten der in der laufenden Wahlperiode sich stellenden Aufgaben die Auflösung nicht." (BVerfGE 62,1, Leitsatz 7) In der Urteilsbegründung legte das BVerfG dar, dass eine wesentliche Voraussetzung für die verfassungsrechtliche Unbedenklichkeit der Bundestagsauflösung (nach Art. 68 GG) darin bestand, dass der Bundeskanzler davon ausgehen musste, keine "dauerhafte stabile parlamentarische Mehrheit" zustande bringen zu können (BVerfGE 61,1, C. III, 1). In mehreren abweichenden Meinungen zur Begründung des Urteils wurde auf diesen Punkt besonderer Wert gelegt. Es wurde nämlich bestritten, dass es sich damals um eine "instabile" parlamentarische Mehrheit oder gar um eine "Krisenlage" gehandelt habe (z.B. Dr. Rinck, Dr. Rottmann). Die Parlamentsauflösung sei demnach nicht verfassungskonform gewesen.
Was für die Auflösung des Bundestags gilt, muss auch für die Vertrauensfrage selbst gelten. Denn ersteres ist unmittelbar an letzteres gekoppelt. Art. 68 Abs. 1,1 GG lautet: "Findet ein Antrag des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen." Gerhard Schröder wollte sich aber nicht damit begnügen, dass ihm von den Koalitionsfraktionen lediglich das Vertrauen ausgesprochen wird. Er wollte mehr. Nach der erfolgreichen Vertrauensabstimmung zeigte sich der Bundeskanzler "sehr, sehr" zufrieden mit dem Ergebnis. Mit der Entscheidung, so Schröder, sei eines "glasklar". Sie stelle eine "Ermächtigung der Bundesregierung" für den Militäreinsatz im Anti-Terror-Kampf dar. Das Votum des Bundestages könne "durch nichts und niemanden" revidiert werden. "Das gilt ausdrücklich auch für Parteitage, gleich welcher Couleur." (Zit. nach Netzeitung, 16.11.2001) Als nächstes stehen die Parteitage der Grünen (Rostock) und der SPD (Nürnberg) bevor.
Die Absicht des Kanzlers lag also weder darin, sich einer
Parlamentsmehrheit in der Sachfrage Bundeswehreinsatz zu versichern,
noch darin, eine evtl. brüchig gewordene Koalition hinter sich zu
versammeln. Beides kann er nach Lage der Dinge jederzeit haben. Die Koppelung beider Fragen aber bewirkte, dass sowohl ein großer Teil der Befürworter des Bundeswehreinsatzes als auch die geringe Zahl der Gegner des Bundeswehreinsatzes gezwungen waren, gegen ihre eigene Überzeugung abzustimmen. Denn die CDU/CSU- und die FDP-Opposition, die sich beide
mit der Regierungskoalition für die Entsendung der Bundeswehr
ausgesprochen haben, wurden veranlasst, gegen den Antrag zu stimmen, da
sie ja - als Opposition - dem Regierungschef nicht das Vertrauen
aussprechen können. Und die wenigen Abweichler in den
Regierungsfraktionen, die ihrem Gewissen gemäß gegen den
Bundeswehreinsatz stimmen wollten, wurden genötigt, gegen ihre
Überzeugung abzustimmen. Auf der Strecke blieb die Gewährleistung des
repräsentativen freien Abgeordnetenmandats nach Art. 38 GG. Politische
Nötigung ist daher der angemessene Begriff für die Koppelung von Antrag
und Vertrauensfrage in diesem besonderen Fall.
Die Fraktion der Grünen hat indessen die parlamentarische Praxis des Bundestags mit einer weiteren Innovation beschenkt: dem Gewissenssplittung. Der "Kompromiss" der acht Abweichler, allesamt überzeugte Kriegsgegner, bestand darin, die Hälfte von ihnen gegen den Antrag, die andere Hälfte für den Antrag stimmen zu lassen. Noch ist nicht abzusehen, welche Folgen sich daraus für den parlamentarischen Alltag ergeben, wenn diese Kreation zur Mode wird.
Peter Strutynski
Um den Abweichlern in den Regierungsfraktionen eine Zustimmung zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr doch noch schmackhaft zu machen, hatten SPD- und Grünen-Fraktion einen Entschließungsantrag ausgearbeitet, in dem Grundlinien des Kampfes gegen den Terrorismus entworfen werden, die weniger umstritten sind. Außerdem wurde eine zwischen SPD und Grünen ausgehandelte Protokollnotiz zum Regierungsantrag abgegeben, in der die Einsatzbedingungen der Bundeswehr etwas präziser gefasst sind. Beide Texte dokumentieren wir im Folgenden. (Den Antrag der Bundesregierung zur Entsendung der Bundeswehr finden Sie hier!)
Entschließungsantrag
der Fraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen zum Antrag der Bundesregierung "Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte bei der Unterstützung der gemeinsamen Reaktion auf terroristische Angriffe gegen die USA auf Grundlage des Art. 51 der Satzung der Vereinten Nationen und des Art. 5 des Nordatlantikvertrags sowie der Resolutionen 1368 (2001) und 1373 (2001) des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen".
Der Deutsche Bundestag wolle beschließen:
1.Ziel der weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus
ist es, die Urheber, Hintermänner und Unterstützer der Terrorangriffe vom 11.
September zur Rechenschaft zu ziehen und die andauernde Gefahr weiterer und
möglicherweise noch verheerenderer Anschläge abzuwehren. Jeder Staat steht in
der Pflicht, alles Notwendige und heute Leistbare zum dauerhaften Schutz der
eigenen Bevölkerung, des Friedens, der internationalen Sicherheit und Stabilität
sowie der offenen Gesellschaft zu tun.
Der Deutsche Bundestag begrüßt die Beiträge der Bundesregierung, die darauf
abzielen, im Rahmen einer politischen Gesamtstrategie die Sicherheit der Bürger
durch kurz- und langfristige Maßnahmen gegen den internationalen Terrorismus zu
stärken.
2.Der Deutsche Bundestag bekräftigt seine Überzeugung, dass der Kampf gegen
den Terrorismus mit militärischen Mitteln allein nicht zu gewinnen ist. Der Kampf
gegen den Terror kann nur gelingen, wenn vor allem auch politische, ökonomische
und humanitäre Maßnahmen ergriffen werden. Die internationale
Staatengemeinschaft muss dauerhafte Anstrengungen für eine politische und
ökonomische, sicherheitsdienstliche und polizeiliche, ordnungs- und
strukturpolitische sowie humanitäre Zusammenarbeit unternehmen, um diesen
Herausforderungen zu begegnen. Dafür hat die VN-Resolution 1373 die Grundlage
gelegt. Der Deutsche Bundestag begrüßt den Einsatz der Bundesregierung zur
Herausbildung und Festigung der globalen politischen Allianz gegen den Terror. Die
Bundesregierung wird aufgefordert, sich weiterhin verstärkt dafür einzusetzen, dass
in der Europäischen Union und den G-8-Staaten, den Vereinten Nationen und
anderen internationalen Organisationen die Kooperation bei der umfassenden
Bekämpfung der Ursachen des Terrors intensiviert wird.
3.Der Deutsche Bundestag teilt die Auffassung, dass in den Terrorangriffen des 11.
September eine zynische Missachtung weltweit gültiger humanitärer Grundsätze
und über Kulturgrenzen hinweg geteilter Wertauffassungen zum Ausdruck
gekommen ist. Gerade deshalb ist es unverzichtbar, dass bei den Antworten auf
diese Herausforderung diese humanitären Grundsätze und Wertauffassungen
beachtet und bewahrt bleiben. Dies gilt auch für die militärischen Maßnahmen
gegen die Kommandozentren des Al-Qaeda-Netzes und gegen das
Taliban-Regime, das diese schützt. Bei der Planung und Durchführung der
militärischen Maßnahmen und bei der Wahl der dabei nötigen Einsatzmittel muss
das Prinzip der Verhältnismäßigkeit und der größtmöglichen Vermeidung ziviler
Opfer Beachtung finden. Militärische Einsätze zur Bekämpfung der Terroristen
müssen so durchgeführt werden, dass sie den politischen Zusammenhalt der
Anti-Terror-Koalition nicht gefährden, weitere Eskalationen vermeiden und die
politische Perspektive eines befreiten Afghanistan nicht behindern.
4.Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass die Bundesregierung sich verbindlich
bereit erklärt hat, den Deutschen Bundestag und die zuständigen Ausschüsse
ausführlich und kontinuierlich über ihre eigenen Beiträge im Kampf gegen die
Herausforderungen des Terrorismus zu informieren.
5.Der Deutsche Bundestag begrüßt, dass die Bundesregierung nach dem 11.
September zusätzlich humanitäre Maßnahmen für Afghanistan bereitgestellt hat.
Die Bundesregierung hat so schnell und energisch wie kein anderes Land die Mittel
für humanitäre Hilfe von 16 auf 86 Millionen DM heraufgesetzt und sich als
Vorsitzende im Rahmen der Afghanistan Support Group für eine internationale
Kooperation eingesetzt. Der Deutsche Bundestag erklärt schon heute seine
Bereitschaft, sich für weitere Hilfsleistungen einzusetzen, wenn dies erforderlich
werden sollte. Darüber hinaus wird es maßgeblich darauf ankommen, substanzielle
Hilfe für den Wiederaufbau in Afghanistan zu leisten. Der Deutsche Bundestag
fordert die Bundesregierung auf, vor allem im Rahmen der EU alles zu tun, um eine
großzügige und rechtzeitige Aufbauhilfe zu gewährleisten.
6.Der Deutsche Bundestag unterstützt die Initiativen der Bundesregierung, sich
gemeinsam mit den Staaten der Europäischen Union und mit den Vereinigten
Staaten aktiv in den politischen Planungs- und Vorbereitungsprozess für die
politische Zukunft Afghanistans einzuschalten (Post-Taliban-Prozess) und dabei
erfolgreich für eine Vorgehensweise zu werben, die geeignet ist, unter Beteiligung
aller politischen und ethnischen Gruppen im Land selbst und im Exil eine
dauerhafte politische Lösung für Afghanistan einzuleiten und damit die Katastrophe
von nunmehr 22 Jahren Bürgerkrieg nachhaltig zu überwinden. Wichtig ist dabei,
dass die politische Lösung für die Zukunft Afghanistans nicht von außen oktroyiert
wird, dass sie aber in einer Übergangsphase von den Vereinten Nationen
abgesichert wird und sich auf ausreichende internationale Hilfen zum Wiederaufbau
des Landes abstützen kann.
7.Dem Terrorismus kann der Nährboden dauerhaft nur entzogen werden, wenn die
internationale Gemeinschaft auch ihre Anstrengungen verstärkt, lange schwelende
Regionalkonflikte zu lösen, die immer wieder einen Nähr- und Resonanzboden für
den Terrorismus bilden. Die mit den Verbündeten abgestimmten
Vermittlungsbemühungen des Außenministers im Nahost-Konflikt nehmen dabei
eine Schlüsselrolle ein.
Der Deutsche Bundestag unterstützt insbesondere die intensiven Bemühungen der
Bundesregierung, die Eskalation der Gewalt im Nahen Osten zu stoppen und dem
Friedensprozess zwischen Israel und den Palästinensern neue Impulse zu
verleihen. Der Deutsche Bundestag bringt seine Hoffnung zum Ausdruck, dass die
internationale Kooperation in der Anti-Terror-Allianz auch dazu beitragen wird, die
regionalen Konflikte in Kaschmir, auf dem Balkan und in Zentralasien einer
friedlichen und fairen Regelung zuzuführen. Die Bundesregierung wird aufgefordert,
in ihren Anstrengungen nicht nachzulassen, vor allem die EU im Rahmen der
Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik in die Lage zu versetzen, eine
aktivere Rolle bei der Krisenbewältigung und Konfliktprävention zu spielen.
8.Den neuen globalen Bedrohungen wird auf Dauer nur mit einer konsequenten
zivilen Konfliktbearbeitung und Krisenprävention entgegengewirkt werden können.
Auf der Grundlage eines umfassenden Sicherheitsbegriffs bedeutet dies, den
Ausgleich zwischen Arm und Reich ins Zentrum einer globalen Friedenspolitik zu
rücken. Der Deutsche Bundestag ist der Überzeugung, dass die Anstrengungen
weltweit erheblich verstärkt werden müssen, die Lebenssituation der bedürftigen
Menschen nachhaltig zu verbessern, ihre Teilhabe an politischen und
gesellschaftlichen Entscheidungen zu ermöglichen und ein Leben in Würde für alle
Menschen sicherzustellen. Damit werden die Möglichkeiten des internationalen
Terrorismus eingeschränkt, kulturelle, soziale, wirtschaftliche und politische
Missstände sowie Unterentwicklung für seine Interessen zu instrumentalisieren.
Eine humane Globalisierung kann dazu beitragen, die Kluft zwischen
Entwicklungs- und Industrieländern nicht weiter wachsen zu lassen. Der Deutsche
Bundestag begrüßt die Erklärung des Bundeskanzlers, das international
vereinbarte Ziel, 0,7 Prozent des BIP für Entwicklungszusammenarbeit
bereitzustellen, schrittweise umzusetzen. Das gilt auch für die Initiative der
Bundesregierung, die internationalen Entwicklungsziele der Millenniumserklärung
der VN-Generalversammlung vom September 2000 zu unterstützen.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, das im April 2001
verabschiedete Aktionsprogramm 2015 zur Armutsbekämpfung zügig umzusetzen.
Verstärkte Unterstützung bei der Demokratisierung sowie Beteiligung der
betroffenen Bevölkerung an Entscheidungsprozessen sind in diesem
Zusammenhang zentral. Wir müssen der weltweiten Solidarität gegen Terrorismus
mit einem Bündnis für globale Gerechtigkeit eine dauerhafte Grundlage geben.
Die anstehenden internationalen Konferenzen, wie die Konferenz zu "Financing for
Development" im März oder der Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung im
September 2002 bieten gute Gelegenheiten, dieses Bündnis durch konkrete
Beschlüsse voranzubringen.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, eine Vorreiterrolle in der
Bekämpfung des Welthungers einzunehmen. Gemeinsam mit der FAO soll ein
bilateraler Fonds zur Stärkung der ländlichen Räume in den ärmsten Regionen der
Welt aufgelegt werden. Zusammen mit dem World-Food-Programm soll die Hilfe für
die Not leidenden Menschen in Afghanistan und angrenzenden Ländern deutlich
aufgestockt werden.
9.Von besonderer Bedeutung ist die Bereitschaft muslimisch geprägter Staaten, an
der Bekämpfung des von afghanischem Territorium ausgehenden Terrorismus
mitzuwirken. Der Deutsche Bundestag bekräftigt seine Überzeugung, dass die
Ablehnung des Terrorismus von der überwältigenden Mehrheit der Muslime in der
Welt geteilt wird. Die kontinuierliche Fortsetzung des Dialogs zwischen den
Kulturen und mit den Religionen ist wesentliche Voraussetzung für eine langfristige
politische Kooperation und das friedliche Zusammenleben in multikulturellen
Gesellschaften. Der Deutsche Bundestag hält es für besonders wichtig, dass die
Bundesregierung den Dialog der Kulturen auch mit den notwendigen finanziellen
Mitteln ausstattet. Für wünschenswerte und gebotene Anstöße sind rechtzeitige
Entscheidungen über die künftige Mittelausstattung erforderlich.
10. Der Deutsche Bundestag begrüßt die Aussagen des Außenministers vor der
56. Generalversammlung der Vereinten Nationen am 12.11.01 zur Rolle der
Vereinten Nationen als Dach für alle Friedensbemühungen in Afghanistan und zur
Verrechtlichung der internationalen Beziehungen. In diesem Zusammenhang fordert
der Deutsche Bundestag die Bundesregierung auf, sich für die weltweite
Ratifizierung des Statuts von Rom für den Internationalen Strafgerichtshof
einzusetzen.
Der Internationale Strafgerichtshof kann Völkermord, schwere Kriegsverbrechen
und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ahnden. Er ist auch geeignet, bei
Terroranschlägen wie in New York, Washington und Pennsylvania als
"ausgedehnten oder systematischen Angriffen gegen die Zivilbevölkerung" tätig zu
werden. So kann der Internationale Strafgerichtshof zu einem Instrument bei der
Terrorismusbekämpfung werden.
Protokollnotiz
Die Bundesregierung sichert dem Deutschen Bundestag und den beteiligten
Ausschüssen kontinuierliche Unterrichtung über alle den Einsatz bewaffneter
deutscher Streitkräfte im Rahmen dieses Mandats betreffende Fragen zu.
Spätestens nach der Hälfte des in Ziffer 4 des Antrags der Bundesregierung
genannten Zeitraums wird die Bundesregierung dem Deutschen Bundestag einen
bilanzierenden Gesamtbericht über den Einsatz der bewaffneten deutschen
Streitkräfte vorlegen. Zu Ziffer 3 des Antrags stellt die Bundesregierung klar, dass
die dort genannten Operationsziele sich allein gegen das terroristische Netzwerk
bin Ladens, Al Quaeda, und diejenigen, die es beherbergen oder unterstützen,
richten.
Für den Fall einer wesentlichen Abweichung der zahlenmäßigen Aufgliederung der
eingesetzten bewaffneten deutschen Streitkräfte von den in Ziffer 5 des Antrags
genannten Werten wird die Bundesregierung die Fraktionen oder - in
Sitzungswochen - die Fachausschüsse des Deutschen Bundestages vorher
konsultieren. Dabei umfasst die Aufgabe der Spezialkräfte polizeilich-militärische
Aufgaben wie zum Beispiel Geiselbefreiung, Verhaftungen o. Ä.
Zu Ziffer 7 des Antrags weist die Bundesregierung darauf hin, dass das
Einsatzgebiet weit gefasst werden musste, um Transport-, Schutz- und
Sicherungsmaßnahmen im Gebiet gem. Art. 6 des Nordatlantikvertrags und den
Seegebieten Nord-Ost-Afrikas sowie eine flexible Stationierung der bewaffneten
deutschen Streitkräfte in der Nähe des Konfliktherdes zu ermöglichen. Der
Stationierungsort muss dabei keineswegs identisch sein mit dem möglichen
operativen militärischen Einsatzgebiet. Es ist nicht beabsichtigt, in Ländern
außerhalb Afghanistans, in denen es derzeit keine Regierung gibt, deutsche
bewaffnete Streitkräfte ohne Befassung des Deutschen Bundestages einzusetzen.
Zu Ziffer 8 des Antrags versichert die Bundesregierung, dass der Einsatz deutscher
bewaffneter Streitkräfte mit Ausnahme der im Rahmen von Austauschprogrammen
bei Streitkräften anderer Nato-Nationen verwendeten deutschen Soldaten (Ziffer 5,
letzter Absatz des Antrags) unter deutschem Kommando stattfinden wird. Die
letztendliche Entscheidung über den konkreten Einsatz der deutschen bewaffneten
Streitkräfte liegt ausschließlich bei der Bundesregierung.
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