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International gegen Uranabbau

Anti-Atom-Bewegung bereitet zwei weltweite Aktionstage vor

Von Bernhard Clasen, Münster *

Anti-Atomkraft-Initiativen aus aller Welt wollen in diesem Jahr den Uranabbau in den Mittelpunkt ihrer Proteste rücken.

Polnische, deutsche, russische, türkische, niederländische und afrikanische Atomkraftgegner wollen enger zusammenarbeiten. An gemeinsam organisierten internationalen Aktionstagen soll eine weltweite Stilllegung der Uranindustrie gefordert, sollen die Machenschaften von Atomkonzernen wie Rosatom, Areva, RWE, E.on und Urenco aufgedeckt werden. Ein afrikanischer Atomkraftgegner wird auf einer Vortragsreise über die verheerenden Folgen des Uranabbaus informieren. Darauf einigten sich am Wochenende über 200 Anti-Atom-Aktivisten und Dutzende von Umweltorganisationen aus dem In- und Ausland auf der Urankonferenz im westfälischen Münster.

Inhaltlicher Schwerpunkt der Konferenz war der Uranabbau. Die Umweltbewegung, so Udo Buchholz vom Arbeitskreis Umwelt Gronau, habe in der Vergangenheit Atomtransporte gestoppt. Mit der Konferenz wolle man die öffentliche Aufmerksamkeit auf den gesamten Uranzyklus, einschließlich des Abbaus, richten. Gleichzeitig, so Mitveranstalter Matthias Eickhoff, habe man mit der Konferenz eine Grundlage für internationale Aktionen geschaffen.

Uran, der Stoff, aus dem die strahlenden Träume der Atomwirtschaft sind, ist weltweit nach wie vor heiß begehrt. Zwar sei der Bedarf nach Fukushima um ungefähr zehn Prozent gesunken, wie Peter Diehl, Experte vom World Information Service on Energy, berichtete, doch die Suche nach neuen Vorkommen gehe weiter.

Auch dem russischen Atomkonzern Rosatom, so Vladimir Slivjak von der Umweltgruppe »Ecodefense «, werde bereits in vier Jahren ein Uran-Defizit ins Haus stehen. Zwar gebe es im russischen Norden noch nicht ausgebeutete Vorkommen. Diese ließen sich jedoch aus technischen Gründen frühestens 2020 ausbeuten. Vor diesem Hintergrund kaufe sich die russische Atomwirtschaft weltweit in Uranminen ein.

Wie ein roter Faden zog sich die Bitte »Wir brauchen eure Unterstützung « durch die Wortbeiträge der Redner. Türkische Umweltgruppen baten russische Umweltschützer um Unterstützung gegen die vom russischen Atomkonzern Rosatom geplanten AKW in der Türkei. Polnische Grüne baten Fachleute aus Deutschland und Niger, in Polen über die ökologischen Folgen von Uranabbau zu sprechen, Umweltgruppen aus Deutschland baten ihre russischen Kollegen um weitere Informationen zu den Aktivitäten von Rosatom, ein niederländischer Aktivist bedankte sich bei Umweltorganisationen aus dem Ausland für die rege Teilnahme an Aktionen gegen das Atomkraftwerk Borssele. Diesen Protesten sei es zu verdanken, dass die Pläne für einen weiteren Reaktorblock zunächst auf Eis gelegt wurden.

In diesem Jahr will die Anti- Atom-Bewegung an zwei Tagen weltweit auf die Straße gehen: am 11. März, dem Jahrestag der Katastrophe von Fukushima, und am 29. September, dem Jahrestag der ersten Katastrophe der Atomwirtschaft: 1957 hatte eine Explosion in der Plutoniumfabrik Majak am Ural große Mengen radioaktiver Stoffe freigesetzt, darunter Isotope wie Strontium-90, Cäsium-137 und Plutonium-239.

* Aus: neues deutschland, 6. Februar 2012


Vernetzt gegen Uranindustrie

Internationale Urankonferenz in Münster fordert weitere Protestaktionen. Großdemonstrationen am Fukushima-Tag geplant

Von Iris Toulas **


Die Stillegung der gesamten Nuklearindustrie hat eine internationale Urankonferenz gefordert, an der am Wochenende in Münster 200 Atomkraftgegner aus dem Niger, Rußland, Frankreich, Polen, der Türkei, den Niederlanden und Deutschland teilnahmen. Ziel des Treffens war die bessere internationale Vernetzung und die Planung von Aktionen gegen den Abbau und die Anreicherung von Uran sowie gegen die Herstellung von Brennelementen. Träger der Konferenz, die am Sonntag mit einer Kundgebung vor der Urananreicherungsanlage im 60 Kilometer entfernten Gronau endete, waren 35 Anti-Atomkraft-Initiativen sowie Umweltverbände aus mehreren Ländern.

Ein Schwerpunkt des Treffens war die Situation in Zentralafrika, wo unter menschenunwürdigen und umweltschädlichen Verhältnissen Uranerz abgebaut wird. Um die Bevölkerung in Deutschland über diese Zustände zu informieren, beschlossen die Teilnehmer eine Vortragsreise mit Atomkraftgegnern aus dieser Region. Gefordert wurde außerdem, Uranmunition und Atomwaffen aller Art weltweit zu ächten.

Deutliche Kritik wurde an der Politik der Bundesregierung geübt, die trotz des versprochenen Atomausstiegs am Export von Uranbrennstoffen in alle Welt festhält. Die Konferenz forderte daher auch die sofortige Stillegung der Urananreicherungsanlage im westmünsterländischen Gronau sowie der Brennelementefabrik in Lingen, die nach jetzigem Stand unbegrenzt weiter produzieren sollen.

Ein internationaler Aktionstag am 29. September soll diese Forderung unterstreichen. Vorgesehen sind Proteste vor Niederlassungen der am Uranhandel beteiligten Konzerne Areva (Frankreich), Rosatom (Rußland) sowie Urenco, E.on und RWE in Deutschland und den Niederlanden. Allein aus Gronau wurden nach Angaben von Experten 27000 Tonnen Uranmüll nach Rußland exportiert. Diese Atommüllfuhren waren 2009 durch internationalen Widerstand gestoppt worden.

Auch auf den Jahreshauptversammlungen von RWE und E.on am 19. April bzw. 3. Mai wollen Atomkraftgegner die sofortige Stillegung der Urananreicherungsanlage Gronau zum Thema machen. Die Betreiber sollen zahlen. Zunächst finden jedoch am 11. März – dem Jahrestag der Atomkatastrophe von Fukushima – sechs Demonstrationen in deutschen Städten statt. Eine von ihnen hat die Urananreicherungsanlage von Gronau als Ziel. Die Konferenz unterstützt auch die für diesen Tag vorgesehene 300 Kilometer lange Menschenkette im französischen Rhone-Tal.

** Aus: junge welt, 6. Februar 2012


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