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Nach Rede vor Atomwaffenkonferenz: Kritik an deutschem Staatsminister

Die Friedensbewegung kritisiert Staatsminister Hoyers Rede vor der New Yorker Atomwaffenkonferenz. Er setze sich nicht genug für eine Welt ohne Atomwaffen ein.

VON ANDREAS ZUMACH *

Die Rede des Staatsministers im Auswärtigen Amt, Werner Hoyer (FDP) vor der New Yorker Überprüfungskonferenz zum "Vertrag über die Nichtverbreitung von Atomwaffen" (NPT) hat bei der Kampagne "Für eine Zukunft ohne Atomwaffen" - einem breiten Bündnis aus Organisationen der Friedensbewegung, Kirchen, Gewerkschaften und Politik - große Enttäuschung und Kritik ausgelöst.

Hoyer habe sich nur in allgemeiner Form zur atomaren Abrüstung bekannt, sei aber "mit keinem Wort auf das konkrete Ziel einer Konvention zur Abschaffung aller Atomwaffen eingegangen", kritisierten SprecherInnen der Kampagne. "Damit ist der Staatsminister weit hinter den vorherigen Reden von UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon sowie der Außenminister Indonesiens und Österreichs zurückgeblieben, die alle baldige Verhandlungen über eine Atomwaffenkonvention gefordert haben", erklärte Lars Pohlmeyer von der Internationalen Ärztevereinigung für die Verhütung des Atomkrieges (IPPNW). Zudem sei Hoyer auch hinter den im April verabschiedeten interfraktionellen Beschluss des Bundestags für eine Welt ohne Atomwaffen zurückgefallen.

Die Friedensbewegung hatte die Bundesregierung aufgefordert, sich auf der Überprüfungskonferenz über allgemeine Abrüstungsbekenntnisse hinaus konkret hinter die Forderung nach Verhandlungen über eine Atomwaffenkonvention zu stellen und sich für eine entsprechende Vereinbarung in der Abschlusserklärung der Konferenz zu engagieren.

Als "unzureichend" kritisierte die Kampagne auch die Äußerungen Hoyers zum Abzug der noch in Deutschland lagernden US-amerikanischen Atombomben. Es sei die "Absicht der Bundesregierung, den Abzug dieser taktischen Atomwaffen in Vereinbarung mit unseren Nato-Partnern zu erreichen", erklärte der Staatsminister.

Diese Absicht hatte bereits die rot-grüne Bundesregierung Schröder/Fischer nach ihrem Amtsantritt 1998 verkündet und nach erstem Widerspruch aus Washington bald wieder aufgegeben. Deshalb hatte die Kampagne die Bundesregierung aufgefordert, die Souveränität Deutschlands wahrzunehmen und bei der New Yorker Überprüfungskonferenz "durch die Ankündigung des unilateralen Abzugs der US-Atomwaffen aus Deutschland Dynamik in den gesamten Abrüstungsprozess zu bringen".

Hoyer sprach sich dafür aus, in der noch für dieses Jahr angekündigten neuen Nato-Strategie "die Rolle der Atomwaffen herabzustufen". Dafür gibt es jedoch nach den bisherigen Nato-internen Beratungen keine Anzeichen. Ohne entsprechend veränderte Strategie aber, sagen deutsche Nato-Diplomaten, wird es auch keinen gemeinsamen Beschluss über den Abzug der US-Atombomben aus Deutschland und den anderen vier Stationierungsländern Belgien, Niederlande, Italien und Türkei geben. "Wer den Abzug mit der Nato-Strategie koppelt, schiebt ihn auf den Sankt-Nimmerleins-Tag", kritisierte IPPNW-Pressesprecherin Angelika Wilmen.

* Aus: taz, 6. Mai 2010

Hier geht es zur Rede Hoyers:

"Die nuklearwaffenfreie Welt muss unser gemeinsames Ziel sein".

Hoyer in New York, 4. Mai 2010

(...) In diesem Zusammenhang steht auch die Absicht der Bundesregierung, die noch in Deutschland lagernden taktischen Kernwaffen im Einvernehmen mit unseren Verbündeten abzuziehen. Auch setzen wir uns dafür ein, dass im Strategischen Konzept der NATO die Rolle von Kernwaffen weiter reduziert wird. Ich begrüße, dass die USA sich dies in ihrer nationalen Nuklearstrategie bereits zu eigen gemacht haben. Auf dem informellen Treffen der NATO-Außenminister in Tallinn vor zehn Tagen haben wir bereits gemeinsam eine vertiefte Diskussion dieser Fragen im Bündnis aufgenommen. (...)

Hier geht es zur ganzen Rede.


Hoyer im November 2009 bei den Mayors for Peace"

"Die Stationierung von taktischen US-Atomwaffen in Deutschland ist ein Relikt des Kalten Krieges"

Rede von Staatsminister Werner Hoyer beim Treffen der deutschen Mitgliedsstädte des „Mayors for Peace“ - Netzwerkes „Abrüstungspolitische Vorhaben und Ziele der neuen Bundesregierung“
30.11.2009
AUSZUG

(...) Gerade aus deutscher Perspektive ist es wichtig, dass in den wieder in Gang gekommenen Abrüstungsprozess auch die taktischen Nuklearwaffen einfließen. Die Stationierung von taktischen US-Atomwaffen in Deutschland und einigen weiteren europäischen NATO-Mitgliedstaaten ist heute ebenfalls ein Relikt des Kalten Krieges. Diese Waffen, die einst für den Einsatz auf dem "Gefechtsfeld" konzipiert wurden, sind seit dem Ende der Konfrontation zweier hochgerüsteter Blöcke in Europa militärisch obsolet.

Dennoch ist immer noch eine – wenn auch inzwischen geringe – Zahl von taktischen US-Nuklearwaffen in Deutschland und einigen weiteren europäischen NATO-Mitgliedstaaten stationiert. Russland verfügt weiterhin über eine große Zahl dieser Waffen, die außerhalb aller Kontrollmechanismen stehen. Dabei wären sie für Terroristen ideale Werkzeuge des Schreckens – klein, leicht zu transportieren und mit verheerender Wirkung.

Auch hier zeigt sich, dass Nuklearwaffen heutzutage nicht mehr Sicherheit schaffen, sondern ein Risiko und eine Belastung darstellen. Die zu Beginn der 90er Jahre von den USA und Russland einseitig verkündeten Abrüstungsschritte, die immerhin zur Beseitigung von heutzutage absurd anmutenden Waffen wie atomaren Minen geführt haben, reichen daher nicht mehr aus.

Die neue Bundesregierung ist bereit, auch auf diesem Gebiet die Initiative zu übernehmen. Sie wird sich - im Gleichklang mit den Zielen der Obama-Administration - für den Abzug der noch in Deutschland lagernden Atomwaffen einsetzen. Bundesaußenminister Westerwelle hat hierzu bereits das Gespräch mit den USA und unseren NATO-Verbündeten aufgenommen. Wir werden unsere Motive sorgfältig erklären müssen, denn noch ist das Festhalten an in Europa stationierten Nuklearwaffen Bestandteil der gültigen NATO-Strategie. Und manche unserer Verbündeten sehen darin immer noch ein politisches Symbol für den Zusammenhalt des Bündnisses und das Einstehen für die Bündnisgarantie. Wir werden daher bei den Beratungen über das neue Strategische Konzept der NATO, das der Jubiläumsgipfel von Straßburg und Kehl im April dieses Jahres in Auftrag gegeben hat, sehr klar sagen, dass wir voll für die Beistandsgarantie des Artikels 5 einstehen. Aber es stünde schlecht um die NATO, wenn ihr Zusammenhalt im 21. Jahrhundert vom Festhalten an einem obsoleten Waffensystem abhängt. (...)


Quelle: Website des Auswärtigen Amts, www.auswaertiges-amt.de




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