Hiroshima und Nagasaki mahnen: Abschaffung aller Atomwaffen
Von Claus Schreer, München *
Seit dem Abwurf der US-Atombomben auf Hiroschima und Nagasaki im August 1945 gehört der
Kampf für die Abschaffung aller Atomwaffen zu den zentralen Zielen der Friedensbewegung in
allen Ländern der Welt.
Heute – 67 Jahre später – ist der Ersteinsatz von Atomwaffen immer noch Bestandteil der
Militärstrategie der NATO. Und obwohl sich alle Kernwaffenmächte im Atomwaffensperrvertrag
feierlich zur nuklearen Abrüstung verpflichtet haben, gibt es bis heute keinerlei substanzielle
Fortschritte.
Auch nach dem – im letzten Jahr in Kraft getretenen- Abrüstungs-Vertrag verfügen die beiden
atomaren Supermächte USA und Russland immer noch über 90 Prozent aller weltweit existierenden
Nuklearwaffen. Der vielgelobte NEW-START Vertrag ändert überhaupt nichts an der atomaren
Überlegenheit Russlands und der NATO gegenüber allen anderen Ländern der Welt.
Um die weltweite atomare Abrüstung wirklich in Gang zu setzen und andere Atomwaffenstaaten
mit einzubeziehen, müssten die USA und Russland ihre Arsenale von derzeit je 8000
Atomsprengköpfen mindestens auf das Niveau Chinas, d.h. auf etwa 200 Sprengköpfe reduzieren.
Doch die Abschaffung aller Atomwaffen steht – trotz aller Bekenntnisse zur weltweiten atomaren
Abrüstung – gar nicht auf der politischen Agenda der US-Regierung und der Regierungen der
NATO-Staaten. Sie vor allem sind es, die alle weiteren Schritte zur atomaren Abrüstung torpedieren
und verhindern.
Die US-Regierung beharrt selbstherrlich auf dem Recht zum Ersteinsatz von Atomwaffen und rüstet
ihr Nukleararsenal weiter auf. Für die nächsten 10 Jahre hat US-Präsident Obama ein 92 Milliarden
Dollar - Programm zur Modernisierung der amerikanischen Atomsprengköpfe und der
entsprechenden Trägerwaffen genehmigt.
Das derzeitige Haupthindernis für weitergehenden Abrüstungsschritte ist jedoch die NATO-Raketenabwehr, deren Aufbau von den USA massiv vorangetrieben wird.
Laut offizieller Propaganda dient diese Raketenabwehr als Schutzschild zur Abwehr eines Angriffs.
Aber: Kein Land der Welt bedroht die USA oder die NATO-Staaten und der eigentliche Zweck der
Raketenabwehr ist nicht der Schutz vor einem Angriff, sondern der Schutz vor militärischen
Gegenmaßnahmen der von den USA oder der NATO angegriffenen Staaten. Ein funktionierender
Raketenschutzschirm soll die USA und Europa unverwundbar machen. Er wäre der Freibrief zum
Krieg gegen jeden denkbaren Gegner.
Die Verhinderung der Raketenabwehr ist deshalb nicht nur die Vorraussetzung für weitere
Abrüstungsvereinbarungen mit Russland, sie ist auch die entscheidende Voraussetzung dafür, dass
sich alle anderen Staaten am Abrüstungsprozess beteiligen.
Aber nicht nur die Raketenabwehr, sondern auch die unumschränkte militärische Überlegenheit der
USA und ihrer NATO-Verbündeten in der konventionellen Kriegsführung, mit der sie andere
Länder bedrohen, stehen der Verwirklichung einer globalen Null-Lösung im Wege.
Das NATO-Militärbündnis verfügt über die modernsten, hochentwickeltsten Waffensysteme der
Welt, über Kriegsflottenverbände auf allen Weltmeeren und über rund 800 Militärstützpunkte rund
um den Globus. Staaten, die sich von einem Angriff der USA und NATO existentiell bedroht sehen, werden sich – solange sie der stärksten Militärmaschinerie der Welt hoffnungslos unterlegen sind –
auf atomare Abrüstungsvereinbarungen niemals einlassen.
Wenn die von der Friedensbewegung seit Jahrzehnten geforderte Abschaffung aller
Atomwaffen jemals erreicht werden soll, dann reichen allgemeine Appelle an die Atommächte nicht aus. Dann müssen die Hindernisse beseitigt werden, die diesem Ziel im
Wege stehen. Dann müssen wir die Hochrüstungsprogramme der USA und der NATO bekämpfen, mit denen die
imperialistischen Staaten ihren globalen Machtanspruch durchsetzen wollen. Einen anderen und
einen kürzeren Weg gibt es nicht.
Auch von der Bundesregierung hören wir bis heute nur wohlfeile Lippenbekenntnisse, Bekenntnisse
zu einer Welt ohne Atomwaffen und Versprechungen, dass man sich für den Abzug der in
Deutschland stationierten US-Atomwaffen einsetzen werde. Nichts als leere Worte, denen bis heute
keinerlei Taten folgen.
Auf dem US-Stützpunkt in Büchel lagern heute immer noch ca. 20 Atomwaffen mit einer
Sprengkraft von jeweils mehreren Hiroshima-Bomben. Im NATO-Einsatzfall sollen sie mit
Tornado-Flugzeugen der Bundeswehr und von Piloten des Jagdbombergeschwaders 33 auf Ziele
des Gegners abgeworfen werden.
Ich finde, damit dürfen wir uns nicht abfinden. Denn die Bundesregierung könnte – wenn sie es wollte – selbstverständlich unverzüglich selbst handeln. Die Bundesregierung könnte die „nukleare Teilhabe“ Deutschlands in der NATO sofort
beenden. Dafür braucht sie weder die Genehmigung der USA, noch die der anderen NATOVerbündeten.
Und genau das sollten wir von ihr verlangen.
-
Die Bundesregierung muss die Bereitstellung der 46 deutschen Tornado-Flugzeuge für den
Atomwaffeneinsatz sofort beenden.
- Die Bundesregierung muss die Ausbildung und die Übungsflüge der Bundeswehr für den
Abwurf der in Deutschland stationierten Atomwaffen sofort einstellen – und
- die Bundesregierung muss das Stationierungsabkommen für die Lagerung der US-Atomwaffen
in Deutschland sofort kündigen.
Mit diesen konkreten Forderungen sollten wir alle Parteien und alle Abgeordneten im Bundestag
konfrontieren.
Noch etwas zum Schluss:
Ein besonderer Skandal ist es, dass die Bundessregierung, die sich scheinheilig mit Bekenntnissen
zur atomaren Abrüstung hervortut, gleichzeitig modernste, speziell als Atomwaffenträger gebaute
U-Boote nach Israel liefert und sich damit an der atomaren Aufrüstung und der Verschärfung der
Konflikte im Nahen Ostens beteiligt. Diese gefährliche und verantwortungslose Politik muss
gestoppt werden.
Dazu will die Kampagne „Kein Krieg gegen Iran“ beitragen. und meine Bitte an Euch ist es, diese
Kampagne zu unterstützen und mitzuhelfen, den von Israel und den USA angedrohten Krieg gegen
den Iran zu verhindern,bei dem Deutschland – wie Günter Grass sagte – zum Zulieferer eines
Verbrechens werden könnte.
* Quelle: www.isw-muenchen.de
Bei dem vorliegenden text handelt es sich um das redemanuskript zur Hiroshima-Nagasaki-Veranstaltung am 8. August 2012 in München.
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