63 Jahre nach Hiroshima - 40 Jahre Atomwaffensperrvertrag:
Atomwaffen abschaffen - Atomkraftwerke abschalten!
Pressemitteilung des Bundesausschusses Friedensratschlag
Kassel, 5. August 2008 - Zum Jahrestag des Atombombenabwurfs über
Hiroshima (6. August) und Nagasaki (9. August 1945) erklärt der Sprecher
des Bundesausschusses Friedensratschlag:
Mit zahlreichen Veranstaltungen im ganzen Land erinnert am 6. August die
Friedensbewegung an die Opfer des ersten Atombombeneinsatzes in Japan
vor 63 Jahren. Gleichzeitig fordert sie die vollständige atomare
Abrüstung und - als ersten Schritt - den Abzug der Atomwaffen, die noch
auf deutschem Boden lagern (Fliegerhorst Büchel).
Am 6. und 9. August 1945 warf die US-Luftwaffe die ersten
beiden Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki. Eine Druck- und Hitzewelle
bisher unbekannten Ausmaßes verwandelte die Städte in ein Inferno. Die
Angriffe kosteten 200 000 Menschen das Leben. Unzählige erlitten
grausame Verletzungen, viele sterben noch heute, teilweise in der 2. und
3. Generation, an den Folgen.
Nach neuesten Zahlen werden weltweit noch heute 26 000 nukleare
Sprengköpfe einsatzbereit gehalten. Und dies, obwohl vor 40 Jahren die
Atommächte den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet haben. Er beinhaltet
das Verbot der Verbreitung und die Verpflichtung zur Abrüstung von
Atomwaffen, zugleich aber auch das Recht auf zivile Nutzung der
Kernenergie. Nur die damaligen offiziellen fünf Atommächte (USA,
Sowjetunion, Frankreich, Großbritannien und China) durften Atomwaffen
besitzen. Gleichzeitig verpflichtete der Vertrag sie, ihre Arsenale
unter internationaler Aufsicht zu reduzieren und die entsprechende
Technologie nicht an andere Länder weiterzugeben.
Leider verlief die Geschichte anders als es der Vertrag vorschreibt.
Z.B. werden heute insbesondere von der USA neue, präzisere Atomwaffen
entwickelt. Das ist erstens ein eklatanter Verstoß gegen den
Atomwaffensperrvertrag (insbesondere Artikel VI) und wird zweitens zu
einer neuen atomaren Aufrüstungsspirale führen. Es geht hierbei vor
allem um kleinere (mini nukes) und bunkerbrechende Atomwaffen (bunker
busters). Je kleiner die Atomwaffen, desto niedriger wird die
Hemmschwelle, sie auch einzusetzen. Dabei ist zu beachten, dass die
kleinsten dieser neuen Generation von Atomwaffen immer noch etwa so viel
Sprengkraft haben wie die Hiroshima-Bombe! Die USA haben deutlich
gemacht, dass sie solche Waffen auch als Erste einsetzen werden, unter
anderem auch in ihrem weltweiten sogenannten "Krieg gegen den Terror"
und auch gegen Staaten, die selbst nicht über Atomwaffen verfügen.
So lange die USA den Ersteinsatz von Atomwaffen in Erwägung ziehen und
so lange sich die atomaren Habenichtse von ihnen bedroht fühlen, werden
diese die Neigung haben, selbst nach Atomwaffen zu streben. Der Irak
konnte 2003 angegriffen werden, weil er keine Atomwaffen hatte. Und die
USA wussten das. Nordkorea ist nicht angegriffen worden, weil es vor
einigen Jahren sich in den Besitz von Atomwaffen gebracht hat und aus
dem Atomwaffensperrvertrag austrat. Der Vertrag wird künftig nur dann
eine Chance haben, wenn die großen Atomwaffenmächte mit der atomaren
Abrüstung Ernst machen.
Umgedacht werden muss aber auch hinsichtlich der Verbreitung von
Nukleartechnologie für zivile Zwecke. Der Vertrag verspricht ja den
Nichtatomwaffenstaaten, beim Aufbau ziviler Kernkrafteinrichtungen zu
helfen. Wie schwer es ist, die Grenze zu bestimmen, die zwischen der
zivilen und der militärischen Nutzung liegt, sieht man gegenwärtig am
Streit um das iranische Atomprogramm. Da der weltweite Ausstieg aus der
Atomenergie zurzeit unrealistisch ist, bleibt nur die Option auf
schärfere Kontrolle durch die Wiener Atomenergiebehörde. Aber auch die
wird von den nuklearen Habenichtsen nur dann akzeptiert, wenn die
Großmächte ihre Arsenale abrüsten. So ist auch zu verstehen, warum sich
die Bewegung der Blockfreien auf ihrer Konferenz vor wenigen Tagen im
Streit um das iranische Atomprogramm eindeutig hinter Teheran gestellt hat.
Der Kampf gegen die schrecklichste aller Massenvernichtungwaffen wird
nach Überzeugung des "Friedensratschlags" vom Engagement der Menschen
entschieden. Er wird erst dann erfolgreich sein, wenn es gelingt, die
Regierenden zur atomaren Abrüstung bis auf Null zu zwingen. Zugleich
muss sich die Einsicht durchsetzen, dass die "zivile" Nutzung der
Kernenergie eine energiepolitische Sackgasse ist. Atomwaffen abschaffen
und Atomkraftwerke abschalten - das ist die überlebensnotwendige Losung
für das 21. Jahrhundert.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
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