NATO-Tagung: Abzug der Atomwaffen aus Deutschland nicht auf der Tagesordnung
Friedensbewegung will mit "Dringlichkeitskampagne" Druck auf die Bundesregierung erhöhen - Presseerklärung
Im Folgenden dokumentieren wir eine Presseerklärung aus der Friedensbewegung, die sich mit der bevorstehenden NATO-Tagung befasst. Ursprünglich hatten sich viele Hoffnungen darauf gerichtet, dass der Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland von der Bundesregierung auf die Tagesordnung in Brüssel gesetzt würde. Nun scheint es so zu sein, dass dem nicht so ist.
Pressemitteilung-
Abzug aller Atomwaffen aus Deutschland:
- Von Rot-Grün und FDP gefordert
- Bundesregierung kneift
- NATO-Gipfel ohne Diskussion?
- Dringlichkeitsaktion der Friedensbewegung
Kassel, 7. Juni - Die Friedensbewegung ist empört über die
Umfallerqualitäten von rot-grüner Bundesregierung und FDP, erklärte ein
Sprecher des Bundesausschusses Friedensratschlag am Dienstag in Kassel.
Stein des Anstoßes: Noch vor wenigen Wochen haben Verteidigungsminister
Peter Struck, Außenminister Fischer und FDP-Vorsitzender Westerwelle
versprochen, sich für den Abzug der in Büchel (Rheinland-Pfalz)
gelagerten US-Atomraketen aus Deutschland einzusetzen. Jetzt scheinen
sie bereits wieder den Schwanz einzuziehen, sagte Peter Strutynski.
Das sind die Fakten und Versprechungen:
(1) In Deutschland lagern bis zu 150 US-Atomraketen, davon 130 in
Ramstein und 20 in Büchel. Nach neuesten Informationen des SPIEGEL
sollen die 130 Atomsprengköpfe aus Ramstein bereits abgezogen worden
sein, sodass nur noch die 20 Sprengköpfe in Büchel übrig wären. Eine
offiziellen Bestätigung dafür fehlt allerdings.
(2) Vor der Überprüfungskonferenz des Atomwaffensperrvertrags erhob die
FDP die Forderung, die USA mögen doch die Atomwaffen aus Deutschland
abziehen. Einem Antrag an den Bundestag vom 12. April 2005 zufolge soll
die Bundesregierung "bei den amerikanischen Verbündeten darauf (zu)
drängen, dass die bis heute in Deutschland stationierten taktischen
Nuklearwaffen der USA abgezogen werden".
(3) Am 29. April erklärte die Grünen-Fraktion in einer Pressemitteilung
u.a.: "Ein rascherer Verzicht auf die nukleare Teilhabe und ein
vollständiger Abzug der US-Atomwaffen aus Europa könnten den Bemühungen
um nukleare Abrüstung und Nonproliferation neue und wichtige Impulse geben."
(4) Und der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Gert Weisskirchen, äußerte sich wenig später in einem Zeitungsinterview folgendermaßen: "Die Parlamentarier sind dazu da, klar und deutlich zu sagen, was nötig ist. Das bedeutet auch: die Atomwaffen auf deutschem Boden zum Verschwinden zu bringen." (Frankfurter Rundschau, 3. Mai 2005)
(5) Außenminister Joschka Fischer nannte die Forderung, die verbliebenen
Nuklearwaffen aus Deutschland abzuziehen, "eine vernünftige Initiative",
mit der sich die Bundesregierung "ernsthaft" befassen werde (AFP, 2. Mai
2005). Verteidigungsminister Peter Struck kündigte kurz darauf an, "dass
wir in den Gremien der NATO dieses Thema ansprechen werden" und meinte:
"Wir werden das in Absprache mit den anderen Verbündeten, in deren
Ländern auch noch Atomwaffen stationiert sind, zu klären haben." (dpa,
6. Main 2005)
Das ist der Umfaller der Woche:
Am Donnerstag und Freitag, den 9. und 10. Juni 2005, treffen sich in
Brüssel die Verteidigungsminister der NATO-Staaten und die Nukleare
Planungsgruppe der NATO. Das wäre der geeignete Ort, um den deutschen
Wunsch nach einem Abzug der Atomwaffen sowie nach Beendigung der
atomaren Teilhabe vorzubringen. Der belgische Verteidigungsminister ließ
inzwischen aber wissen, dass Peter Struck in dieser Angelegenheit nicht
mit ihm Kontakt aufgenommen habe und das Thema bislang auch
nicht auf der Tagesordnung des NATO-Treffens stehe. Für die rot-grüne
Koalition hat die Forderung nach Abzug aller US-Atomwaffen aus
Deutschland offenbar keine Dringlichkeit mehr. Nach einem
"Spiegel-Online"-Bericht vom 4. Juni will Berlin das Thema definitiv
nicht auf die Tagesordnung der Nuklearen Planungsgruppe der NATO setzen.
Das ist ein Skandal: Auf der einen Seite wochenlang in der
Öffentlichkeit posaunen, dass sich die Bundesregierung für den Abzug der
Atomwaffen einsetzen werde, und auf der anderen Seite den Schwanz
einziehen, wenn die Gelegenheit dazu bestünde. Dies auch noch mit dem
bevorstehenden Wahlkampf zu begründen, wie es der "Spiegel" nahelegt,
grenzt an rot-grünen Selbstmord. Nach Umfragen von
Meinungsforschungsinstituten sind bis zu 95 Prozent der Bevölkerung hier
zu Lande für den Abzug der Atomwaffen. Möchte die abdankende Regierung
nur noch bei den verbliebenen fünf Prozent punkten?
Heute und morgen beteiligen sich viele Friedensinitiativen unter dem
Dach des Trägerkreises "Atomwaffen abschaffen - bei uns
anfangen!", dem auch der Bundesausschuss Friedensratschlag angehört, an
einer Dringlichkeitskampagne, mit der Verteidigungsminister Struck,
Außenminister Fischer und Bundeskanzler Schröder per e-mail oder Fax zur
Einlösung ihres Versprechens aufgefordert werden. Die e-mail-Aktion kann
über das Internet erfolgen, und zwar über die "Pressehütte Mutlangen":
www.pressehuette.de.
Für den Bundesausschuss Friedensratschlag:
Peter Strutynski (Sprecher)
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