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Braune Friedensfreunde?

Massenblockaden sollen Neonaziaufmarsch am Sonnabend in Dortmund verhindern

Von Carsten Hübner *

Für den 4. September mobilisiert die militante Neonaziszene zu ihrem »6. Nationalen Antikriegstag« nach Dortmund. Erwartet werden mehrere hundert Teilnehmer aus dem In- und Ausland. Antifaschisten wollen den rechten Aufmarsch mit friedlichen Blockaden stoppen.

Mit einer bundesweiten Kampagne mobilisiert das Spektrum der »Autonomen Nationalisten« für den kommenden Sonnabend nach Dortmund. Anlass ist der Internationale Antikriegstag der Friedensbewegung am 1. September, der nationalistisch und völkisch umgedeutet und für das extrem rechte Lager vereinnahmt werden soll. Bereits das Motto der Veranstaltung »Gegen imperialistische Kriegstreiberei und Aggressionskriege« offenbart die Unterwanderungsstrategie. Zudem finden sich im Aufruf zahlreiche Fragmente, die so oder so ähnlich auch von linken und demokratischen Organisationen verwendet werden könnten.

Doch bei genauerem Hinsehen wird schnell deutlich, dass es hier nicht um eine von internationaler Solidarität inspirierte globale Friedensordnung geht, sondern um ein weltweites Apartheidsystem hierarchisch strukturierter Lebens- und Einflusssphären. Die Gleichheit aller Menschen wird als »ewiggestriges« und »wesensfremdes Menschenbild des Liberalismus« gebrandmarkt. Eine solche »Gleichmacherei«, so heißt es in dem Aufruf weiter, bedeute »in Wirklichkeit ideologischer und wirtschaftlicher Imperialismus« und damit Krieg.

Propaganda mit der »Eigenart aller Völker«

Das Gegenmodell der »volksbewussten Freiheitsbewegungen weltweit« sei deshalb »das Anerkennen und Betonen der Eigenart aller Völker«, die in »souveränen Volksstaaten« ihren Ausdruck finden müsse. Gleichzeitig wird die »Masseneinwanderung nach Deutschland und Europa« ebenso als ein Krieg bezeichnet wie der »immer hysterischer betriebene Schuldkult und die Lüge über deutsche Verbrechen während des 2. Weltkrieges«.

Als Redner sind in diesem Jahr, neben den beiden »alten Herren« der militanten Neonaziszene, dem Hamburger Christian Worch und Gottfried Küssel aus Österreich, auch Dennis Giemsch und Andy Knape vorgesehen. Giemsch gilt als zentrale Figur der »Autonomen Nationalisten« im östlichen Ruhrgebiet. Knape ist Landesvorsitzender der Jungen Nationaldemokraten in Sachsen-Anhalt. Mit Dr. Pierre Krebs vom »Thule Seminar« in Kassel soll außerdem einer der bekanntesten europäischen Volkstumsesoteriker zu Wort kommen.

Wie schon in der Vergangenheit mobilisiert auch in diesem Jahr ein breites Bündnis demokratischer und antifaschistischer Gruppen und Organisationen gegen den Aufmarsch. Nach den Erfolgen in Dresden und Berlin soll auch in Dortmund versucht werden, die rechte Demonstration mit friedlichen Massenblockaden zu verhindern. Dafür gibt es unter anderem die Unterstützung des früheren Vorsitzenden der Linkspartei, Oskar Lafontaine, der es in einem Schreiben als »unerträglich« bezeichnete, »dass hunderte Neonazis versuchen wollen, sich in Dortmund als Friedensfreunde zu inszenieren«. »Wir alle wissen«, so Lafontaine, »dass Neonazis – egal, ob aus den Reihen der NPD oder der sogenannten Freien Kameradschaften – für Krieg, Völkermord und Rassismus stehen.«

»Nationaler Antikriegstag« seit 2005

Am »1. Nationalen Antikriegstag« im September 2005 hatten knapp 250 Neonazis teilgenommen. Ihre Zahl stieg bis 2008 kontinuierlich auf 1200 an. Nach mehreren, in letzter Instanz allerdings gescheiterten, Verbotsversuchen fanden im vergangenen Jahr dann mit 700 Personen deutlich weniger Anhänger des extrem rechten Spektrums den Weg nach Dortmund.

* Aus: Neues Deutschland, 31. August 2010


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