Gemeinsam querstellen
Antifaschistisches Bündnis ruft bundesweit zur Blockade des "Nationalen Antikriegstages" der "Autonomen Nationalisten" in Dortmund auf
Von Markus Bernhardt *
Dortmunds Neonazis wollen es erneut wissen. Bereits zum sechsten Mal in
Folge mobilisieren sie zu einem sogenannten Nationalen Antikriegstag,
der in diesem Jahr am 4. September in der Ruhrgebietsmetropole
stattfinden soll. Die Stadt gilt seit Jahren als Hochburg der
neofaschistischen »Autonomen Nationalisten«. Regelmäßig kommt es zu
Angriffen der Rechten auf Jugendliche aus der alternativen Szene,
Privatwohnungen von Antifaschisten, Büros von Linkspartei und Bündnis
90/Die Grünen, linke Buchläden und andere Einrichtungen.
Relativ ungestört von Polizei und Justiz gelang es den militanten
Rechtsextremen in den letzten Jahren, vor allem im Stadtteil Dorstfeld
ein Klima der Angst zu etablieren. So befinden sich unter anderem rund
um den dortigen Wilhelmplatz diverse Wohngemeinschaften
neofaschistischer Führungskader. Betroffen von den neonazistischen
Pöbeleien und gewalttätigen Übergriffen sind maßgeblich Bürgerinnen und
Bürger mit Migrationshintergrund sowie linksalternative Jugendliche.
Aufmarschtag
Die Dortmunder »Autonomen Nationalisten« sind wahrscheinlich die
mobilisierungsfähigste und aktivste neofaschistische Gruppierung in ganz
Nordrhein-Westfalen. Der von ihnen ins Leben gerufene »Nationale
Antikriegstag« gilt neben dem sogenannten »Trauermarsch« in Dresden, als
wichtigster Aufmarschtag der militanten Rechten. Sie mißbrauchen den von
der Friedensbewegung begangenen Antikriegstag für ihre Propaganda. Denn
mit letzterem wird an den Überfall der Nazis am 1. September 1939 auf
Polen erinnert, der den Beginn eines unvergleichbaren Raub- und
Vernichtungskrieges darstellte und über 50 Millionen Menschen das Leben
kostete.
Das bundesweite antifaschistische Bündnis »Dortmund stellt sich quer!«
ruft nun dazu auf, die neuerliche Provokation der Neonazis mittels
Blockaden zu verhindern. »Wir wollen an die Erfolge von Dresden und Köln
anknüpfen und den Neonazis die Stadt streitig machen«, so Peter Neuhaus,
Sprecher des Bündnisses am Dienstag gegenüber junge Welt. Unterstützung
erhalten die Gegner der Rechtsradikalen von diversen Antifa- und
Migrantengruppen, Gewerkschaftsorganisationen sowie Landtags- und
Bundestagsabgeordneten. Darüber hinaus engagieren sich Prominente wie
Oskar Lafontaine und Hans Modrow, der Liedermacher Konstantin Wecker
sowie die Tochter des früheren Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in
Deutschland, Heinz Galinski, Evelyn Hecht-Galinski.
Neonaziroute
Trotz der breiten Unterstützung durch diese Persönlichkeiten und durch
über 120 Organisationen kündigte die Dortmunder Polizei für den
4.September an, ein Null-Toleranz-Konzept gegen die Antifaschisten
durchsetzen zu wollen. Diese gehen davon aus, daß wie im Vorjahr weit
mehr als 5000 Beamte den Aufmarsch der Neonazis schützen werden.
Zumindest offiziell macht die Dortmunder Polizei derzeit noch ein
Geheimnis aus der für den 4. September vorgesehenen Route der Neonazis.
Antifaschisten gehen jedoch davon aus, daß die nördliche Innenstadt den
Rechten wieder als Aufmarschgebiet zur Verfügung gestellt werden soll.
Unterdessen wurde am vergangenen Freitag (30. Juli) dem Antifaschisten
Yussuf K. vor dem Dortmunder Amtsgericht der Prozeß gemacht. Die
Staatsanwaltschaft hatte dem Neonazigegner Körperverletzung mittels
schweren Werkzeuges vorgeworfen, obwohl dieser im Rahmen der Proteste
gegen den »Nationalen Antikriegstag« 2009 einzig eine leere Getränkedose
in Richtung pöbelnder Neonazis geschmissen hatte. Obwohl sich selbst der
Beamte, der K. festgenommen hatte, nicht genau an den Sachverhalt
erinnern konnte, wurde der Antifaschist zur Ableistung von 80
Arbeitsstunden verurteilt.
* Aus: junge Welt, 4. August 2010
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