Nazis klagen gegen Verbote
Am Wochenende droht erneut ein »Nationaler Antikriegstag«
Von Marcus Meier *
Dortmund, die rechtsextreme Hochburg
Westdeutschlands, steht vor einem
heißen Wochenende. Nazis mobilisieren
für ihren »Nationalen Antikriegstag
«. Es wäre der achte.
Heute Abend (31. Aug.) will die militante
Dortmunder Naziszene zusammen
mit Kameraden aus allen Teilen
der Republik im Stadtteil Lütgendortmund
aufmarschieren und
zwei Nazirockbands aufspielen
lassen. Morgen (1. Sept.) soll eine Nazidemonstration
durch Dortmunds Innenstadt
führen. Die Nazis wenden
sich dagegen, dass deutsche Soldaten
in Kriegseinsätze geschickt
würden, »die einzig den Interessen
der internationalen Weltmächte«,
darunter Israel, dienten. Dass sie
dennoch »keine Pazifisten« seien,
pflegen die Nazis immer wieder zu
betonen. Ihre Aktionen finden stets
um den Jahrestag des deutschen
Überfalls auf Polen statt.
Zwar hat die Polizei Dortmund
die geplanten Naziaktionen verboten
und in dieser Woche bereits
mehrere Aktionen unterbunden.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
und das Oberverwaltungsgericht
Münster bestätigten
die Verbote. Doch das war schon
oft der Fall – und die Nazis obsiegten
vor dem Bundesverfassungsgericht.
Vielleicht überzeugt die Karlsruher
Roben ja diesmal, dass der
Demonstrationsanmelder dem in
der letzten Woche verbotenen
»Nationalen Widerstand Dortmund
« angehört. Mit den Versammlungen
werde dem verfügten
Verbot zuwidergehandelt, finden
zumindest die Gelsenkirchener
Richter. Derweil mobilisieren die
Nazis weiterhin für Konzert und
Aufmarsch.
»Ich hoffe, dass das Verbot bestehen
bleibt, aber es ist sehr
sinnvoll, wenn die antifaschistische
Mobilisierung weiter geht«,
sagt Azad Tarhan, stellvertretender
Landessprecher der Linkspartei
in NRW. Das Ziel müsse die
Verhinderung der Naziaufmärsche
sein – notfalls, indem man sich den
Nazis in den Weg setzt. »Wie auch
im letzten Jahr wird es gewaltfreie,
deeskalative Blockaden geben«, so
Tarhan, der im Bündnis »Dortmund
stellt sich quer« aktiv ist.
Doch die Polizei mache den
Bürgern Angst, weil ihr das Prinzip
des zivilen Ungehorsams widerstrebt.
»Das ist die selbe Show wie
jedes Jahr«, ärgert sich Tarhan
über polizeiliche »Gefährdungsanalysen
« – mit Nazigegnern als
Gefahr. »Auch in diesem Jahr haben
wir Nazigegner ein klares
Konzept, das nicht auf Eskalation
setzt«, versichert Tarhan.
Vom »faktischen Verbot« einer
antifaschistischen Demonstration
spricht unterdessen das eher autonome
»Alerta!«-Bündnis. Der
Vorwurf an die Polizei: Die Demonstranten
dürften am Freitag
nicht im Ortskern Lütgendortmunds
gegen das drohende Nazikonzert
demonstrieren. Sie würden
»mit einschränkenden Auflagen
und Routenänderungen behindert
«. Die Polizei begründe dies
mit einer »erhöhten Gefahrenprognose
«. Die ergebe sich daraus,
dass das »Alerta!«-Bündnis dazu
aufrufe, die Nazitreffen »zu blockieren,
zu sabotieren, zu verhindern.
« Die Strategie sei es, antifaschistische
Arbeit als extremistisch
zu verunglimpfen.
Ein Polizeisprecher wies dies
gestern gegenüber »nd« als »Propaganda,
an der vieles nicht
stimmt« zurück. Die Polizei müsse
ein unmittelbares Aufeinandertreffen
von Nazis und Antifaschisten
im Zentrum Lütgendortmunds
verhindern. Doch die »Alerta!«-
Verantwortlichen hätten ein Kooperationsgespräch
mit der Polizei
abgebrochen. Danach habe die
Polizei ihnen einen Auflagenbescheid
geschickt, der eine gegenüber
der Anmeldung veränderte
Demoroute festlegt.
* Aus: neues deutschland, Freitag, 31. August 2012
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