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"Wir hoffen auf entschlossenen Widerstand"

Antifa-Bündnis will "Nationalen Antikriegstag" in Dortmund mittels Blockaden verhindern

Ann-Kathrin Herbst ist Sprecherin des antifaschistischen Bündnisses "Dortmund stellt sich quer!"



ND: Am 4. September wollen sogenannte Autonome Nationalisten anlässlich des Antikriegstages in Dortmund aufmarschieren. Ihr Bündnis ruft bundesweit zu Protesten auf. Warum bundesweit?

Herbst: Der »Nationale Antikriegstag« der Neonazis soll in diesem Jahr zum sechsten Mal infolge in Dortmund stattfinden. Unser Bündnis hat sich Anfang 2009 konstituiert, weil wir aufgrund der massiven Bedrohungen und Gewalttaten, die von den Dortmunder Naziaktivisten ausgehen, der Überzeugung waren, Antifaschisten weit über die Stadtgrenzen hinaus mobilisieren zu müssen. Wir wollen an unseren Erfolg aus dem letzten Jahr anknüpfen und hoffen diesmal auf noch entschlosseneren antifaschistischen Widerstand.

Im vergangenen Jahr stoppte die Polizei Ihre Demonstration nach nur wenigen Metern. Rufen Sie deshalb nun zu Blockaden auf?

Natürlich spielen die polizeiliche Repression und die gewalttätigen Übergriffe der Beamten im letzten Jahr eine Rolle bei unseren Überlegungen. Maßgeblich ist jedoch für uns, dass es im Februar in Dresden erstmalig gelungen ist, den größten Aufmarsch der Neofaschisten mittels Blockaden zu stoppen. Warum sollte das beim zweitgrößten Aufmarsch der militanten Nazis nicht gelingen? Schließlich gab es auch in früheren Jahren in Dortmund bereits erfolgreich verlaufende Blockaden, die die Nazis zumindest für einen gewissen Zeitraum stoppen konnten.

Wie viele Rechte erwarten Sie im September?

Wir rechnen mit bis zu 2000 Teilnehmern, da die Nazis sowohl bundesweit als auch im europäischen Ausland mobilisieren. Außerdem sind die »Autonomen Nationalisten« in Dortmund deutlich mobilisierungsfähiger und aktiver als anderswo. Seit 2000 gab es vier von Neofaschisten ermordete Personen und die Liste der gewalttätigen Angriffe und Anschläge auf alternative Treffpunkte, Privatwohnungen und Wahlkreisbüros wird immer länger. Zudem ist davon auszugehen, dass Dortmunds Polizeipräsident Hans Schulze (SPD) den diesjährigen Aufmarsch nicht verbieten wird. Schließlich ist er bereits im letzten Jahr vor den Gerichten gescheitert - unseres Erachtens aufgrund schlampiger Begründungen. Das Verbot wirkte jedoch für viele auswärtige Nazis demobilisierend.

Wie ist der aktuelle Stand Ihrer Mobilisierung?

Wir gehen aktuell in die heiße Phase über. Erste Mobilisierungsveranstaltungen haben bereits stattgefunden, unser Mobilisierungsmaterial liegt vor, und es kam in den vergangenen Wochen zu mehreren Aktionen unseres Bündnisses mit Dortmunder Nazigegnern. Unser Blockadeaufruf wurde von verschiedenen Antifagruppen unterstützt wie beispielsweise der Antifaschistischen Linken Berlin, Migrantenverbänden, der LINKEN und der DKP, aber auch vom Liedermacher Konstantin Wecker, dem Bundesjugendsekretär von ver.di, Ringo Bischoff, und verschiedenen Landtags- und Bundestagsabgeordneten. Wir denken, dass wir mit dieser Breite der Bündnisunterstützer relativ gut aufgestellt sind. Außerdem planen wir derzeit Aktionen gegen die Rechtsextremisten von »Pro NRW«, die Mitte Juli in Dortmund aufmarschieren wollen.

In Ihrem Aufruf für den 4. September erteilen Sie Kriegen eine deutliche Absage. Behindert dies nicht eine breite gesellschaftliche Aktion gegen die Nazis?

Keineswegs. Faschismus und Krieg sind zwei Seiten einer Medaille. Es kommt nicht von irgendwoher, dass Nazis versuchen, sich als Gegner von Kriegen zu inszenieren und damit bei der Bevölkerung punkten wollen. Die Mehrheit der Bundesbürger lehnt Kriege wie den in Afghanistan ab. Auch wir sind uns einig, gegen die aggressive Kriegspolitik Deutschlands, der NATO und der USA mobil zu machen. So erklärt sich auch die Unterstützung, die wir durch die Friedensbewegung und andere Gegner von Krieg und Besatzung erfahren.

Fragen: Stephan Göhlke

* Aus: Neues Deutschland, 23. Juni 2010


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