Krieg aus dem Weltraum - Angriff auf Computersysteme
Die Furcht der USA vor einem informationstechnologischen "Pearl Harbour"
Die folgenden Beiträge haben wir dem Internet entnommen. Das ist dem Thema auch durchaus angemessen. Der letzte Beitrag ist zwar schon gut zwei Jahre alt, ist aber immer noch interessant zu lesen und aktuell.
Der designierte US-Verteidigungsminister Donald
Rumsfeld war Leiter von zwei Kommissionen zur nationalen
Sicherheit, die sich für die Aufrüstung im Weltraum ausgesprochen
haben. 1998 legte die Kommission die Rechtfertigung zum Aufbau
des umstrittenen nationalen Raketenabwehrsystems (NMD) vor, jetzt
warnt der Bericht der zweiten von Rumsfeld geleiteten Kommission
vor einem
"Pearl Harbor im Weltraum". "Wenn die USA ein 'Pearl Harbor im Weltraum' vermeiden wollen,
dann muss die Möglichkeit eines Angriffs auf die
US-Weltraumsysteme ernst genommen werden", heißt es in dem
Bericht. Während der Clinton-Regierung sprach man noch von einem
elektronischen Pearl Harbor und beschwor die Verletzlichkeit der
USA, die mehr als alle anderen Staaten von Computersystemen
abhängen. Ganz ähnlich die Argumentation der
Rumsfeld-Kommission, nur dass die bedrohte Infrastruktur sich nun
im Weltraum befindet: "Die USA hängen stärker vom Weltraum ab
als jede andere Nation. Doch die Bedrohung der USA und ihrer
Alliierten im und durch den Weltraum erhält nicht die
Aufmerksamkeit, die sie verdient." Und auch sonst gleicht sich die
Argumentation: "Wer den USA gegenüber feindlich eingestellt ist,
kann sich auf dem globalen Markt die Mittel zur Lahmlegung,
Störung oder Vernichtung von US-Weltraumsystemen durch den
Angriff auf Satelliten oder auf Kommunikationsverbindungen von
oder zu Bodenstationen besorgen, die die Satelliten steuern und ihre
Daten verarbeiten."
Um solche Risiken herabzusetzen, müsse nicht nur mehr Geld in die
technische Aufrüstung investiert werden, sondern sei auch eine engere
Kooperation zwischen dem Militär und den Geheimdiensten
notwendig, vor allem mit dem CIA und dem National
Reconnaissance Office, das für die Aufklärungssatelliten
verantwortlich ist.
Seit November leitet David Jeremiah die Kommission, nachdem
Rumsfeld von Bush als Verteidigungsminister vorgeschlagen wurde.
Der ehemalige Admiral sagte, die USA insgesamt, vor allem aber das
Verteidigungsministerium und die Geheimdienste, seien nicht sehr gut
darauf vorbereitet, die im 21. Jahrhundert anfallenden Aufgaben zum
Schutz der Nationalen Sicherheit zu bewältigen. Die USA würden bei
wachsender Angewiesenheit auf Kommunikationssatelliten für
Mobiltelefone, auf GPS-Geräte sowie auf die Infrastruktur für
Spionage und Bodenstationen immer leichter angreifbar: "Menschen
wie Osama bin Laden", so Jeremiah, könnten zunehmend leichter
Zugriff auf die Kapazitäten von Satelliten erhalten, überdies könnten
sie die Bodenstationen bedrohen. Die Kommission erkenne zwar die
heiklen Probleme, die alles beträfen, was mit offensiven und
defensiven Waffen im Weltraum zu tun habe, aber sie schlage
trotzdem vor, dass der US-Präsident die Möglichkeit haben sollte,
"Waffen im Weltraum einzusetzen, um Drohungen abzuschrecken
oder, falls notwendig, sich gegen Angriffe auf US-Interessen zu
verteidigen."
Quelle: www.heise.de
Abschreckung im Zeitalter nach dem Kalten Krieg
Von Florian Rötzer
Die neue Bush-Regierung wird militärisch vornehmlich auf Stärke setzen;
der designierte Verteidigungsminister Rumsfeld will mehr Geld für
Aufrüstung und setzt auf das nationale Raketenabwehrsystem und die
Geheimdienste
Die amerikanische Verteidigungspolitik dürfte sich, wie vieles andere, ändern,
wenn der neue Präsident George W. Bush sein Amt am 20. Januar übernimmt
und Donald Rumsfeld wie vorgesehen zum Verteidigungsminister ernennt. Der
hat schon einmal die Schlagworte geprägt und gesagt, dass Schwäche
provozierend sei. Er ist nicht nur für die Realisierung des von der
Clinton-Regierung unter Druck seitens des Kongresses begonnenen, aber
zurückgestellten Raketenabwehrsystems (NMD), sondern warnte auch vor der
Möglichkeit eines "Pearl Harbor im Weltraum". Hatte die Clinton-Regierung
ihr Profil in Sachen nationaler Sicherheit mit den Bedrohungen durch Infowar,
Cyberterrorismus und biologischen Waffen geprägt, so scheint die
Bush-Regierung in den alten Fußstapfen von Ronald Reagan wieder ganz auf
breite Aufrüstung zu setzen.
Rumsfeld, bereits Verteidigungsminister unter Präsident Ford von 1975 bis 1977 und
Leiter von zwei Kommissionen über das Raketenabwehrsystem und die möglichen
Gefahren für die US-Satelliten, lebt noch in den Kategorien des Kalten Kriegs und einer
Politik der Abschreckung. Aufrüsten, Stärke, Weiterdrehen an der Rüstungsschraube -
das ist die Welt des neuen Verteidigungsministers mit dem einfach Slogan: "Schwäche
lädt die Menschen ein, Dinge zu tun, an die sie sonst gar nicht gedacht hätten." Die Welt
habe sich seit dem Kalten Krieg zwar verändert, räumt Rumsfeld ein, mit dem alten
Feind Russland habe man eine friedlichere Beziehung, aber sie sei weiterhin gefährlich
und eigentlich noch gefährlicher: "Wir wissen, dass die Macht der Waffen heute weitaus
größer als in den vergangenen Zeiten ist, und wir wissen, dass mit der Abnahme der
Spannungen am Ende des Kalten Krieges die Ausbreitung dieser Möglichkeiten um sich
greift."
Im Zeitalter der Globalisierung müsse man das US-Militär erfolgreich ins 21.
Jahrhundert leiten, damit es weiterhin "seine lebenswichtige Rolle für die Erhaltung und
den Ausbau des Friedens soweit wie möglich in die Zukunft hinein einnehmen" könne.
Die Grundlage des Friedens sei eine "starke, einsatzbereite und moderne Armee". Dazu
muss natürlich das Budget aufgestockt, die Gehälter müssen erhöht und die Armee sollte
möglichst schnell technisch modernisiert werden, um Feinde abzuschrecken: "Eine
wirksame Abschreckung kann nicht mehr allein auf der Aussicht auf Bestrafung durch
einen großen Gegenschlag beruhen. Sie muss auf einer Kombination von offensiven
Nuklearwaffen und nicht-nuklearen Verteidigungsmaßnahmen basieren, die zusammen
wirken, um möglichen Feinden die Wahrnehmung der Chancen und Vorteile unmöglich
zu machen, die aus der Bedrohung unserer Streitkräfte, unseres Vaterlandes oder
unserer Alliierten mit Massenvernichtungswaffen oder durch deren Einsatz entstehen."
Wichtig sei vor allem auch die Stärkung der Geheimdienste und der Ausbau der
Informationstechnologie: Eine moderne CCCI- Infrastruktur (Command, Control,
Communication, Intelligence) sei die Grundlage der militärischen Handlungsfähigkeit.
Zum Ausbau der Geheimdienste und der Überwachungskapazitäten gehört für Rumsfeld
natürlich auch die Weltraumtechnologie - und "die Möglichkeit, sie gegen
unterschiedliche Angriffsarten zu schützen."
Insgesamt wird bereits die Grundlage für noch höhere Ausgaben für die Rüstung gelegt,
als sie bislang von Bush vorgesehen waren. Der hatte während des Wahlkampfes davon
gesprochen, das Budget für das Verteidigungsministerium für die nächsten 10 Jahre um
45 Milliarden Dollar zu erhöhen und mehr als 70 Milliarden Dollar für neue
Waffensysteme im Weltraum und für U-Boote auszugeben. Rumsfeld deutet gar nicht
leise an, dass das bei weitem nicht genug sein wird: "Wir müssen zusammen arbeiten,
wenn wir die Probleme ausreichender Finanzierung lösen wollen. ... Wir werden neue
Dollars in nicht gewöhnlichen Mengen finden müssen." Wie solche Erhöhungen mit den
ebenfalls versprochenen Steuerkürzungen zusammen gehen sollen, wird Bush freilich
noch zeigen müssen, zumal wenn der wirtschaftliche Boom weiterhin abflaut.
Ein eben veröffentlichter Pentagonbericht, der unter der Leitung von Howard Baker
entstanden ist, kommt zur rechten Zeit und rechtfertigt die Aufrüstungsintentionen, die
der USA nicht nur teuer kommen werden, sondern auch zu einer neuen weltweiten
Aufrüstungsspirale führen könnten. Angesichts des von der Bush-Regierung geförderten
Planes, ein nationales Raketenabwehrsystem aufzubauen, nähern sich bereits Russland
und China immer weiter einander an. Bekanntlich führt nicht nur Schwäche zu Gefahren,
sondern auch betont zur Schau gestellte Stärke. Neben dem amerikanischen
Oberbösewicht bin Laden steht nun auch wieder Russland als Bedrohung im Visier,
denn gerade die wirtschaftlichen Probleme des Landes mit den großen Waffenvorräten
könnten dazu führen, dass sich Diebe, Terroristen und Organisiertes Verbrechen diese
Waffen aneignen können.
In dem Bericht heißt es, so der noch amtierende Verteidigungsminister und ehemalige
republikanische Senator William Cohen, dass mindesten 25 Staaten (Iran, Irak, Libyen,
Nordkorea ...) bereits die Möglichkeit oder dabei sind, sie zu erwerben, nukleare,
chemische oder biologische Massenvernichtungsmittel einzusetzen. Gerade die
militärische Überlegenheit verführe die "bösen Staaten" (rogue states) dazu,
"asymmetrische Mittel" zu entwickeln, um das die Achillesferse der USA anzugreifen.
Dazu komme, dass die Massenvernichtungswaffen zunehmend auch in die Hände von
terroristischen oder fanatischen Einzelnen und Gruppen geraten werden könnten: "Die
Nachfolger von Osama bin Laden haben bereits mit Giftgasen trainiert."
Quelle: telepolis, 14.01.2001
Infowar gegen die USA
Von Florian Rötzer
Schlimmer als Pearl Harbor
Seitdem man vom Infowar spricht, kam auch der Vergleich mit dem
überraschenden Angriff der Japaner im Jahr 1941 auf Pearl Harbor in Hawaii
auf. Er zeigte, wie verwundbar auch die ansonsten weit überlegene Streitmacht
der USA war, und bereitete gewissermaßen den Eintritt in das nukleare
Zeitalter durch den Abwurf von Atombomben auf Japan vor. Um den
Amerikanern die Größe der Bedrohung durch den Infowar plausibel zu machen
und sie auf erneute Aufrüstungsvorhaben der Staates vorzubereiten, spricht
man daher gerne von einem "elektronischen Pearl Harbor".
Das aber ist Richard Clarke, dem Nationalen Koordinator des neu
eingerichteten Critical Infrastructure Assurance Office nicht genug. Für ihn
stellt der Infowar eine noch weitaus bedrohlichere Zukunft dar, als der
Vergleich mit Pearl Harbour suggeriert. Das erläuterte er auf der von
Defense Week organisierten Konferenz über die "Verteidigung der kritischen
nationalen Infrastruktur" am 7. Dezember.
Es sei schon gut, den Ausdruck "elektronisches Pearl Harbour" zu verwenden, um die
Aufmerksamkeit der Menschen zu erhalten, doch man dürfe damit die Unterschiede
nicht verwischen. Während ein Angriff mit Informationswaffen die ganze Nation treffen
und auf die zivile Infrastruktur sowie die industrielle Macht der USA gerichtet sein
würde, sei Pearl Harbor nur ein lokales Ereignis gewesen, das die Wirtschaft nicht
bedroht habe. Deshalb konnte man damals auch erfolgreich zurückschlagen. Ein Infowar
aber könnte dieselben Folgen wie ein schweres Erdbeben im ganzen Land haben und
alles lahmlegen.
Damals wußte man zwar nicht, ob, wann und wo die Japaner angreifen, aber man
kannte immerhin die Größe und die Ausstattung der japanischen Streitmächte: "Wir
können aber beispielsweise nicht die feindlichen Kriegsschiffe in einem elektronischen
Krieg zählen. Wir können die Stärke des Gegners nicht abschätzen." Daher sei es auch
im Unterschied zur Bedrohung durch einen Feind mit herkömmlichen Waffen sehr
schwer, den Kongreß und das amerikanische Volk davon zu überzeugen, daß man sich
angemessen aufrüsten muß. Gespenstisch also ist der im buchstäblichen Sinne virtuelle
Infowar, solange er nicht wirklich losgeht. Wichtig sei auch, daß ein elektronischer
Angriff sich nicht auf die Flotte oder die Luftwaffe, sondern auf die Zerstörung der
nationalen Infrastruktur richten werde.
Warum aber sind die USA heute so bedroht durch den Infowar? Man habe in den
letzten 20 Jahren, so Clarke, Amerika total umgebaut, ohne daß man sich dafür
entschieden oder der Kongreß dementsprechende Gesetze verabschiedet habe. Jetzt
aber seien alle wichtigen Infrastrukturen des Landes, mitsamt dem Militär und der
Wirtschaft, von computergesteuerten System abhängig. Das habe man erst spät
gemerkt. Ursache sei der der Übergang ins nächste Jahrtausend und das
Jahr-2000-Problem gewesen. Plötzlich mußte man einen Fehler in den
Computersystemen beheben, den man vor kurzem noch gar nicht wahrgenommen hatte.
Verpaßt man die Fehlerbehebung, "dann hat man kein Unternehmen mehr." Und weil
sich dadurch für jedermann gezeigt habe, daß alle von Computern und
computergesteuerten Systemen abhängig geworden sind, dann treffe wohl auch zu, daß
alle durch einen Infowar bedroht sind.
Wieder einmal müssen für die Größe der Bedrohung die beiden 14-Jährigen Hacker -
solar Sunrise - herhalten, die im Februar 1998, während des Konflikts mit dem Irak, in
die Computer des amerikanischen Militärs eindringen konnten und Tausende von
Passworten heruntergeladen sowie Hintertüren eingebaut hatten. Zunächst habe man
dies für einen irakischen Angriff gehalten, doch "wenn zwei Vierzehnjährige das tun
konnten, dann können Sie sich vorstellen, was ein entschlossener Feind anrichten
könnte." Zudem habe ein Angriff einer Abteilung des Verteidigungsministeriums auf
militärische Computersysteme die fehlenden Schutzvorrichtungen demonstriert. Man
habe, ohne entdeckt zu werden, in die Systeme eindringen und sie weitgehend steuern
können. Nachdem man Überwachungssysteme für das unbefugte Eindringen angebracht
habe, konnte man erkennen, daß es im Laufe einer Woche Tausende von Versuchen
gebe, in Computer des Verteidigungsministeriums, der Regierung und der
Privatwirtschaft einzudringen. Warum aber das Eindringen in einige Computer, wie dies
bei den jungen Crackern der Fall war, gleich die Bedrohung eines Black-Outs für das
ganze Land mit sich bringt, wird durch die Panikmache nicht deutlicher.
Clarke warnt, daß man viel Zeit - und vermutlich auch Geld - brauche, um sich gegen
solche Angriffe wirksam zur Wehr setzen zu können, also um so reagieren zu können,
wie die Amerikaner es vor 57 Jahren im Fall von Pearl Harbor machen konnten. Man
brauche unbedingt Überwachungssysteme, die sofort den Versuch eines Eindringens
melden. Sie müßten überdies vernetzt sein, so daß ein Angriff auf ein Computersystem
allen anderen mit Informationen über die Methode gemeldet werde, und sie müßten den
Angriff abwehren können. Um hier effektiv zu sein, müßte man ein KI-Programm
entwickeln, das in Echtzeit die Computer überprüft und Hintertüren, logische Bomben
und trojanische Pferden entdecken kann.
Ein solches Netz von Warnsystemen müßte alle Computersysteme der amerikanischen
Regierung verbinden, aber es wäre genauso dringend im privatwirtschaftlichen Sektor
erforderlich: "Systeme, die privaten Unternehmen gehören und von diesen betrieben
werden, stellen mehr als 90 Prozent der telekommunikativen und elektrischen Kapazität
dar, die vom Verteidigungsministerium und anderen staatlichen Behörden benötigt wird.
Wenn man die privatwirtschaftlichen Telekoms und Strom-, Banken- und
Transportnetzwerke abschaltet, dann hat man dieses Land zerstört." Daher müsse man
eben nicht nur die Regierung, sondern auch die Wirtschaft schützen und in die
Verteidigungsmaßnahmen einbeziehen. Das ist die Botschaft, die immer wieder durch
die neue Strategie des Schutzes der Infrastruktur beschworen wird.
Und dann schlägt Clarke noch eine Ausbildungsoffensive vor, denn man brauche einfach
mehr Computerspezialisten. Für die Regierung sei es wegen der großen Nachfrage
schwer, diesen die Gehälter zahlen zu können, die sie auf dem freien Markt erhalten.
Deswegen übersteige die Zahl der Arbeitsangebote bei weitem die Zahl der qualifizierten
Bewerber. Wenn man also mehr Computerspezialisten ausbildet, hat man nicht nur
genügend Kräfte für die Sicherheitsaufgaben, sondern senkt man auch deren Marktwert.
Auch so könnte die militärische Strategie, die die nationale Infrastruktur schützen will, in
das Ausbildungssystem und den freien Markt eingreifen.
Quelle: telepolis, 10.12.1998,
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