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"... bis die Pläne begraben sind"

Tschechien: Weiter Protest gegen Raketenschild

Jan Tamás ist Sprecher der tschechischen Initiative gegen den Bau des von den USA geplanten Radarsystems zur Raketenabwehr, »Ne základnám«. Ungeachtet des Wechsels im Präsidentenamt der USA und möglicher Modifizierungen der Pläne wollen die tschechischen Gegner des »Raketenschilds« ihre Proteste fortsetzen. Mit dem Prager sprach für Neues Deutschland Peter Nowak.



ND: Wer trägt die Proteste gegen die geplante Stationierung eines Radarsystems der USA in Tschechien?

Tamás: In der Bewegung engagieren sich über 50 Organisationen, darunter Bürgermeister der von der geplanten Stationierung betroffenen Orte, Gewerkschafter, Mitglieder der Kommunistischen und der Sozialdemokratischen Partei, der Grünen und der Humanisten. Ich bin Sprecher der »Gewaltfreien Bewegung gegen das Radarsystem«, die parteiunabhängig ist und sich im Dezember 2007 gegründet hat. Im Juni waren Jan Bednar und ich für drei Wochen im Hungerstreik, der in Tschechien großes Aufsehen erregte und der Bewegung gegen das Radarsystem Aufschwung verschaffte.

Welche Motive bewegen die Protestierenden?

Die Gründe unterscheiden sich natürlich bei den verschiedenen Gruppen. Die Menschen aus der von der Stationierung betroffenen Region wollen in erster Linie verhindern, dass die Anlagen dort aufgebaut werden. Viele Kritiker befürchten, dass sich das Radarsystem gegen Russland richtet und dadurch in den außenpolitischen Beziehungen neue Konflikte entstehen. Eine zentrale Rolle nimmt die noch weitgehend ungeklärte Frage ein, welche Folgen die Strahlung für die Gesundheit der Menschen und für die Umwelt hat.

Welche Verankerung hat der Widerstand in der tschechischen Bevölkerung?

Nach Umfragen lehnen etwa 70 Prozent der Bevölkerung die Stationierung ab. Mehr als hunderttausend Menschen haben eine Petition für ein landesweites Referendum über die Stationierung des Radarsystems unterzeichnet. Ein solches Referendum ist nach unserer Verfassung möglich. Doch die Ausführungsbestimmungen sind noch immer nicht erlassen worden. Auch die gegenwärtige Regierung unter Einschluss der tschechischen Grünen verschleppt die Umsetzung des Referendumsgesetzes, um eine Abstimmung der Bevölkerung über das Raketensystem zu verhindern.

Haben die Grünen in der Regierung also ihre Grundsätze über Bord geworfen?

Der von den Grünen nominierte Außenminister Karel Schwarzenberg gehört ebenso wie der Parteivorsitzende zu den entschiedenen Befürwortern des Radarsystems. Viele Mitglieder und Wähler der Grünen sind allerdings entschiedene Gegner dieser Pläne. Es gibt in der Protestbewegung auch Zweifel, ob die tschechischen Sozialdemokraten, die in der Opposition gegen die Stationierung sind, als Regierungspartei diese Linie beibehalten würden. Deshalb verlassen wir uns auch nicht auf Parteien.

Die Regierungsparteien haben nur eine hauchdünne Mehrheit und können sich deshalb auch in der Stationierungsfrage keines Sieges im Parlament sicher sein. Hatte der Präsidentenwechsel in den USA Auswirkungen auf die Haltung der Gegner der Radarstation?

Nein, den Aktivisten ist bewusst, dass ein neuer USA-Präsident keine komplett andere Politik macht. Wir werden so lange protestieren, bis die Radarpläne endgültig begraben sind.

Am Mittwoch (18. Feb.) werden Sie in Brüssel sein. Aus welchem Anlass?

Wir sehen die Raketenstationierung als eine europäische Frage, und daher wird eine Delegation der tschechischen Radargegner am 18. Februar im EU-Parlament über unsere Arbeit informieren. Dabei wollen wir deutlich machen, dass sich die tschechische Regierung mit dem Festhalten an den Radarplänen gegen den Willen der großen Bevölkerungsmehrheit stellt.

* Aus: Neues Deutschland, 18. Februar 2009


130 Czech Mayors protest US Missile Defense

The Czech Republic and Poland: US Trojan Horses to divide Europe?

Prague, February 16, 2009

Three buses filled with Czech Mayors from the League of Mayors against the Radar and activists from the Nonviolence Movement will travel to Brussels to meet Members of the European Parliament on Wednesday and to protest against the "Star wars" plan. They have been invited to attend a public hearing about the controversial US Missile Defense enlargement into the Czech Republic and Poland. While in Brussels they will meet with several MEPs, Belgian Senators and the Vice-president of the European Parliament Luisa Morgantini. They will also attend a public rally against the radar held outside the European Parliament building.

Dozens of Czech Mayors will be accompanied by citizens from across the country and what originated as a plan to invite 40 people is now a two-day trip of 130. The mayors represent a delegation of a total of 130 Czech mayors who publicly oppose the project. The trip of the mayors is also supported by 13 of the total 14 heads of regional governments as well as many mayors from other European countries. As polls show, approximately 70% of Czechs are also against the plan.

It's not by chance that after the fall of the Berlin wall, the United States rapidly opened the doors of NATO to ex-socialist countries. In this way they were able to train the military and political leaders so that they would be closer to their interests.

At the beginning of 2009 one of these "Trojan Horses", the Czech Republic, took over the Presidency of the European Union; precisely for this reason we are carrying the protest to the heart of the European Parliament and we will ask it to express itself on this fundamental question", said Giorgio Schultze, Europe for Peace.

A press briefing will take place prior to the departure of the buses in Rokycany at 7pm tomorrow (Tuesday, February 17) in front of the Winter Stadium.

Program for Wednesday, February 18 in Brussels:

  • 10:00 first rally outside the European Parliament (Luxembourg Plaza)
  • 12:00 meeting of delegation with the members of the Belgian Senate
  • 14:00 main demonstration and event "The invisibles" (Luxembourg Plaza)
  • 14:45 Jan Tamas (Nonviolence Movement) and Josef Vondrasek (Mayor of Rozmital) will speak at the GUE/NGL meeting in the European Parliament
  • 15:30 meeting of delegation with MEP Jill Evans
  • 16:00 meeting of delegation with vice-president of the EP Luisa Morgantini
  • 16:30-18:00 public hearing in European Parliament, building ASP, room 1G3
  • 19:00 departure of the 3 buses back to Prague


The protest will be supported by many people across Europe with events taking place simultaneously in Madrid, Copenhagen, Berlin, Rome, Palermo, Florence, Milan, Turin, Budapest and Buenos Aires. Many international organizations are also supporting the protest, including Mayors for Peace, Pax Christi International, World Without Wars and Europe for Peace.

The Nonviolence Movement formed from the activity of a group of Czech humanists in December 2007. It aims to nonviolently oppose the US missile defense base planned to be installed in the Czech Republic. The movement gained wider recognition with the hunger strike of two of its founders Jan Tamas and Jan Bednar in May 2008, the following sequential hunger strike with more than 160 participants, as well as international conferences on the US Missile Defense and disarmament. Its website is www.nenasili.cz. The League of Mayors against the Radar was founded in August 2007 and currently unites 54 mayors. Its website is www.StarostoveProtiRadaru.eu.

Quelle: www.nenasili.cz


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