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König stützt Putschisten

Thailands Militärjunta gibt sich per Interimsverfassung umfassende Macht

Von Thomas Berger *

Zwei Monate nach dem Militärputsch in Thailand hat sich die Junta um Armeechef General Prayuth Chan Ocha mit einer Interimsverfassung zumindest für die kommenden Monate weitreichende Vollmachten gesichert. König Bhumibol Adulyadej hatte das Gesetzeswerk am Dienstag gebilligt. Dem herrschenden Nationalen Rat für Frieden und Ordnung (NCPO) erlaubt das Regularium, jederzeit die Befugnisse von Exekutive, Legislative und Judikative zu übernehmen, wenn »die Sicherheit des Staates« es erforderlich macht. Die jetzt formulierte Verfassung soll so lange gelten, bis eine neue erarbeitet, vom König abgesegnet und in Kraft gesetzt ist. Dies könnte ungefähr ein Jahr dauern. Dem 36köpfigen Verfassungsrat sollen für die direkte Arbeit 120 Tage eingeräumt werden. Bestimmt werden seine Mitglieder vom 220köpfigen Übergangsparlament, über dessen Zusammensetzung – unter Berücksichtigung der verschiedenen Bevölkerungs- und Berufsgruppen – wiederum der Militärrat entscheidet. Daneben soll es einen Nationalen Reformrat mit 250 Mitgliedern geben.

Politiker, die bislang in ihren Parteien eine tragende Funktion hatten, sollen den Gremien nicht angehören. So will die Junta neuen Streit zwischen den verfeindeten Lagern vermeiden. Einfache Parteimitglieder könnten aber sehr wohl nominiert werden, verlautete aus Bangkok. Eine zusätzliche Hürde ist noch dadurch geschaffen, daß den Mitgliedern des Verfassungsrates ausdrücklich untersagt ist, in den zwei Jahren nach Inkrafttreten der von ihnen erarbeiteten neuen Verfassung tragende politische Ämter einzunehmen. Ob der NCPO-Vorsitzende Prayuth für die gesamte Übergangszeit das Amt des Premierministers anstrebt oder beispielsweise Luftwaffenchef Prajin Juntong den Vortritt läßt, scheint derzeit noch offen. Die beiden hohen Militärs werden turnusgemäß im September von ihren Posten in den Streitkräften abgelöst.

Die Machtfixierung der Junta sorgt jedenfalls nicht nur im Inland für Kritik. In einer Stellungnahme griff jetzt auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) das Regime scharf an. Die Führung in Bangkok habe mit ihren Kriegsrechtsvollmachten »ein System erzwungenen Lächelns« etabliert, das grundlegende Freiheiten der Menschen massiv einschränke, so der HRW-Asien-Direktor Brad Adams. Daß die Junta, wie von Human Rights Watch angeprangert, beispielsweise die Medien gängele, wies Außenamtssprecher Sek Wannamethee jedoch nachdrücklich zurück. Sein Chef, der amtierende Außenminister Sihasak Phuangketkeow, nutzt derweil das gerade in Brüssel stattfindende Ministertreffen von EU und ASEAN, um einmal mehr aus der Sicht der thailändischen Militärführung die Notwendigkeit der Machtübernahme im Mai zu erläutern.

Das Verständnis für den Putsch hält sich auf internationaler Ebene aber weiter in Grenzen. Wenig hilfreich ist in diesem Zusammenhang auch, daß zum Beispiel die Anklagen wegen Majestätsbeleidigung in jüngster Zeit stark zugenommen haben. So wurden die Anträge auf Freilassung gegen Kaution, die ein 24jähriger Student und ein 53jähriger Schneider gestellt hatten, jüngst zum wiederholten Male abgewiesen. Beiden wird vorgeworfen, den König verunglimpft zu haben.

Derweil hat die Junta die Übergangszahlungen für frühere Abgeordnete vorläufig eingestellt. Auf monatlich 15000 bis 42000 Baht, also umgerechnet maximal 1000 Euro, beläuft sich das Überbrückungsgeld, das ehemaligen Parlamentariern Unterstützung bis zur Wiedereingliederung ins Berufsleben gewähren sollte. Dafür hatten diese zuvor fünf Prozent ihrer Diäten in einen speziellen Fonds eingezahlt, der mit Steuergeldern aufgestockt wird.

* Aus: junge Welt, Freitag 25. Juli 2014


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